Geldverschwendung der Stadt Regensburg am Hollerweg: Fläche besichtigt, aber Biotop nicht erkannt
Nach Veröffentlichung unseres letzten Berichts zu dem überteuerten Grundstücksankauf am für den Bebauungsplan Hollerweg und mehrfacher Nachfragen, erklärt die Stadt Regensburg nun: Man hat die Fläche im Vorfeld doch in Augenschein genommen. Doch so ein Biotop sei nur schwer zu erkennen.
Die Biotope auf der angekauften Fläche am Hollerweg. Die grünen Punkte wären theoretisch bebaubar.
Am 24. Juni wird die aktualisierte Biotopkartierung für das Regensburger Stadtgebiet erstmals öffentlich vorgestellt. Unserer Redaktion liegt bereits jetzt ein Auszug für die zwei Hektar vor, die 2022 für mehrere Millionen von der Stadt für das geplante Baugebiet am Hollerweg in Keilberg angekauft wurden.
Wer Planzeichung und Legende betrachtet, muss zu dem Schluss kommen, dass hier keinerlei Bebauung möglich ist. Lediglich vereinzelte Punkte sind als artenarmes Grünland und damit theoretisch bebaubare Fläche gekennzeichnet. Der Rest: gesetzlich geschützter Sandmagerrasen und gesetzlich geschütztes artenreiches Extensivgrünland.
Sandmagerrasen „nicht immer und auf den ersten Blick erkennbar“
Entgegen unserer letzten Berichterstattung stellt die Stadt Regensburg nach mehrfachem Nachhaken nun klar: Sowohl im Zuge der Kaufverhandlungen als auch nach dem Ankauf der zwei Hektar, kolportierter Preis rund sieben Millionen Euro, habe es „wiederholt Ortstermine – auch mit verschiedenen städtischen Ämtern“ gegeben.
Aber: „Bei keinem dieser Termine war für die Beteiligten erkennbar, ob bzw. inwiefern Sandmagerrasen vorlag.“ Dieser sei „nicht immer und auf den ersten Blick als solche erkennbar“, sagt die städtische Pressestelle. Und auch im Kataster und der damaligen Biotopkartierung sei dieser nicht verzeichnet gewesen.
Veraltete Biotopkartierung war bekannt
Dass diese Biotopkartierung veraltet war, wusste die Stadt allerdings bereits seit spätestens 2021. Im damals beschlossenen Beschluss zur Aufstellung eines ersten Bebauungsplans für den Hollerweg und noch vor dem Ankauf der Fläche, hieß es bereits:
„Die zuständigen Ämter haben bereits rückgemeldet, dass die Kartierungen (der Biotope, Anm. d. Red.) nicht mehr in Lage und Umfang mit dem Bestand übereinstimmen.“
Vor diesem Hintergrund ist nur schwer zu verstehen, warum eine genauere Begutachtung der Fläche unterblieb. Dass es am Keilbergs Sandmagerrasen gibt ist nämlich bekannt.
Stadt ging von Dauergrünland aus
Unklar bleibt auch, ob sich das Biotop nach dem Ankauf 2022 noch weiter vergrößert haben könnte. Andere, angrenzende Flächen privater Investoren wurden weiter als Ackerland bewirtschaftet, um bis zur Bebauung die Entstehung eines Biotops zu verhindern.
Das war bei den zwei Hektar, die von der Stadt gekauft wurden, nicht der Fall. „Man ist bei Abschluss des Kaufs davon ausgegangen, dass es sich bei der angesprochenen Fläche um Dauergrünland handelt“, so die Auskunft der Pressestelle. Dieses habe man weiter so genutzt, wie zuvor – also das Gras gemäht und antransportiert.
Genaue Prüfung beim Umwandlung in Ackerland, aber nicht beim Ankauf für mehrere Millionen
„Ein sofortiges Umbrechen von Dauergrünland in Ackerland nach dem Erwerb wurde als aktive Maßnahme, um ein mögliches Biotop zu verhindern, durch die städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht veranlasst“, heißt es weiter.
Begründung: Dafür hätte es eine Genehmigung gebraucht. Bemerkenswert: Im Rahmen eines solchen Genehmigungsverfahrens wäre das passiert, was die Stadt im Vorfeld des Ankaufs unterließ: „Die umzubrechende Fläche wäre unter anderem auf das Vorliegen gesetzlich geschützter Biotope geprüft worden.“
Ein Fehler, der vermeidbar war
Damit kann man es drehen und wenden, wie man will: Die dafür Verantwortlichen bei der Stadtverwaltung haben für einen völlig überteuerten Preis eine Fläche als Bauland angekauft, die sich dafür nicht eignet. Ohne eine entsprechende Prüfung, die selbst bei einer Umwandlung von Grünland in Ackerfläche vorgeschrieben gewesen wäre.
Dieser millionenteure Fehler wäre bei entsprechender Sorgfalt, die man angesichts der im Raum stehenden Summe erwarten muss, vermeidbar gewesen. Am 29. Juli soll das Thema nun in öffentlicher Sitzung im Planungsausschuss diskutiert werden.
Trackback von deiner Website.
Mr. T.
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Natürlich kann man das nicht so einfach im Augenschein sehen, ob eine Flurfläche ein Biotop ist, aber das muss doch über Kartierungen verifiziert werden, dabei auch die Qualität der Kartierungen berücksichtigt werden. Man muss doch wissen, was man kauft.
Ohne hier gleich mal ein Cui Bono ins Spiel bringen zu wollen, aber wie viele Nutznießer dieses Fehlers gab es eigentlich? War das ein Eigentümer, der da verkauft hat oder waren es mehrere?
tom lehner
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@ Mr.T.:
Das böse N Wort… “Nutznießer”.. und “Man muss doch wissen, was man kauft.”
Meinen Sie? Das kennen wir doch alle, diese “Impuls-” oder “Muß ich haben Käufe”. Warum sollte das den Flurflächenspezialisten nicht auch passieren? Da läuft man nichts ahnend durch die mit Baukränen vollgestellten Gassen und plötzlich fällt der Blick auf ein nicht als Biotop gekennzeichnetes Bauerwartungslandpotential. Bei der derzeitigen Wohnungssituation muß man einfach zugreifen.
Und nein, ein Biotop ist nicht so leicht als solches erkennbar. Darüber sind wir uns einig oder?
Lisa
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so ein Biotop sei nur schwer zu erkennen‘
Es stellt sich natürlich schon die Frage wie hätte der Verkäufer das erkennen sollen, wenn sogar Fachleute Schwierigkeiten haben.
Dieter
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“Schwer zu erkennen.”
Wer ist also dieses Genie mit den Argusaugen, der es letztendlich richtig erkannt hat? Das muss ja schon eine übermenschliche Leistung gewesen sein.
Burgweintinger
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“Damit kann man es drehen und wenden, wie man will: Die dafür Verantwortlichen bei der Stadtverwaltung haben für einen völlig überteuerten Preis eine Fläche als Bauland angekauft, die sich dafür nicht eignet.”
Das Geld der anderen gibt sich immer leichter aus als das Eigene!
Reiner
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Eine Nachfrage beim Landesamt für Umwelt hätte gereicht.
In der Kartierung steht: Artenreiche Extensivwiesen und Halbtrockenrasen. Was ist daran so schwer?
Niemand kauft ein Grundstück auf welchem sich mal eine Autowerkstatt befand ohne Bodengutachten. Mit den Augen sieht man da in der Regel auch nichts!!
Ebenso ist eine Umwandlung von Dauergrünland in Acker schwierig. Wenn ein Acker 5 Jahre als solcher nicht bewirtschaftet wird, entfällt der Ackerstatus.