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König Ludwig I.

„Monarchie ist manchmal ganz nett.“ Ein König und ein halber eröffnen am Freitag die Landesausstellung in Regensburg

Am Freitag wird die Bayerische Landesausstellung zu König Ludwig I. in Regensburg eröffnet. Bei einem Rundgang vorab nimmt Museumsdirektor Richard Loibl vor allem dessen stiefmütterliche Behandlung Ostbayerns aufs Korn.

Am Freitag kommt König Ludwig mit Lola Montez (alias Anna Günther und Holger Matthias Wilhelm) zur Ausstellungseröffnung. Foto: Stefan Effenhauser

Dipferlscheißer. Dieses Wort rutscht Richard Loibl fast heraus, als er davon erzählt, wie detailversessen Ludwig I. war. Selbst die Frage, ob der Heizer in der Bibliothek eine Livree tragen solle, klärte der bayerische König persönlich. Ebenso entschied er über die Farbe von Eisenbahnwaggons. Er konnte wohl schlecht delegieren.

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„Bi doch a weng lockerer. Wos hod der denn? “, ruft Loibl durch die Jahrhunderte in den Donausaal. Dort hat der Direktor des Museums der Bayerischen Geschichte eine kleine Gruppe zu einem Vorabbesuch der diesjährigen Bayerischen Landesausstellung eingeladen, die am Freitag in Regensburg eröffnet wird.

Der größte bayerische König?

Ob Ludwig I. der größte bayerische König war, diese Frage ist Titel der Ausstellung, beantworten bei diesem Rundgang weder Loibl noch Rainhard Riepertinger, in diesem Jahr zum letzten Mal Projektleiter der Landesausstellung. Es hängt halt davon ab, welche Maßstäbe man anlegt.

Ludwig hat zweifellos viel bewegt, als er 1825 ein Königreich übernahm, das nach Kriegen, Revolutionen und Umwälzungen fast bankrott war. Er ließ Fabriken bauen, verbesserte die Gesundheitsversorgung und gründete Klöster neu, um ein drohendes sozial- und bildungspolitisches Desaster abzuwenden.

Kunst und Architektur blühten unter seiner Herrschaft auf: Walhalla, Befreiungshalle, die Regensburger Domtürme, das Münchner Siegestor. Auch die Eisenbahn von Lindau nach Hof, die Bayern mit Sachsen verband, wurde unter ihm geplant – obwohl der König kein Freund dieses neuen Verkehrsmittels war, wie Riepertinger anmerkt.

„Für Ostbayern war Ludwig I. ein abgehobener Herrscher, der sich abgewandt hatte.“

Von Lobhudelei oder monarchistischem Kitsch bleibt die Ausstellung jedoch weit entfernt, zumindest wenn Loibl durch die Stationen führt. Der gebürtige Niederbayer nimmt Ludwig I. übel, wie wenig er Ostbayern beachtete.

Klostergründungen im Bayerischen Wald? Fehlanzeige. Der Anschluss der Glas- und Granitindustrie an den Rest Bayerns? Verpasst. Bauprojekte abseits von Walhalla und Befreiungshalle? Keine. „Für Ostbayern war Ludwig I. ein abgehobener Herrscher, der sich abgewandt hatte.“ Dort herrschte gähnende Leere. Ludwig war ein Zentralist, fixiert auf die Landeshauptstadt München.

Rainhard Riepertinger (li.) und Richard Loibl haben die Ausstellung federführend konzipiert. Foto: as

Auch das zunehmend autoritäre „Regierungsgehabe“ des Königs, seine Einschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit und sein vielfältiges Scheitern spart die Ausstellung nicht aus. Der Bau des Ludwig-Main-Donau-Kanals „ist voll in die Hose gegangen“, sagt Loibl. Mit über 100 Schleusen war es schneller, über die Weltmeere zu reisen. „Das war das erste Private-Public-Partnership-Projekt, das scheiterte. Wie alle folgenden.“

„Nein, Ludwig I. ist nicht im Starnberger See ertrunken…“

Die Landesausstellung setzt auf multimediale Präsentation, mit viel Liebe zum Detail. Historische Dokumente, Exponate und Gemälde beleuchten Ludwigs zwiespältiges Verhältnis zu Verfassung und Parlament. Sie zeigen auch den wachsenden Unmut und Spott, den seine Affäre mit Lola Montez auslöste – etwa in Karikaturen, die ihn unter ihrem Rock sitzend darstellen. Dieses bekannteste amouröse Abenteuer Ludwigs entwickelte sich am Ende zur international wahrgenommenen Staatsaffäre. Eine Medieninstallation zeigt den König ungeschönt, mit den Pockennarben, die ihn zum Verfechter von Impfungen machten. „Auch damals gab es Impfgegner.“

Eine überlebensgröße Medieninstallation zeigt lebensechte Porträts des Königs. Foto: as

Ein Webstuhl lässt die Lärmbelastung der Arbeiterinnen in der Textilindustrie spür-und hörbar werden. In einem Tunnel wartet eine virtuelle Eisenbahn in Lebensgröße. Für jüngere oder weniger geschichtsaffine Besucher erklären kurze Filme im WhatsApp-Stil die „wichtigsten Fragen“, so Loibl. Zum Beispiel: „Nein, Ludwig I. ist nicht im Starnberger See ertrunken, und er hat auch nicht Schloss Neuschwanstein gebaut.“

Chance 1848 „völlig verpennt.“

Einen „historischen Fehler“ habe Ludwig I. begangen, als er sich 1848 gegen die Revolution stellte. „Er hätte die Leitfigur werden können, die damals gesucht wurde. Das hat er völlig verpennt.“ So dankte Ludwig ab, und Bayern wurde ins preußisch dominierte Deutsche Reich gezwungen – militaristisch, undemokratisch. „Den Bayern blieben Reservatsrechte.“ Aus all dem könne man viel lernen, meint Loibl. Vor allem: „Monarchie ist manchmal ganz nett. Aber als Regierungssystem ist sie nicht mehr zeitgemäß.“ Das werde man auch bald in Amerika sehen.

Am Freitag kommt König Ludwig, verkörpert durch den Schauspieler Holger Matthias Wilhelm persönlich nach Regensburg. Und Ministerpräsident Markus Söder. Es gibt also doch etwas monarchischen Kitsch. Vielleicht wird dann die Frage beantwortet, wer nun der größte König Bayerns ist. Bislang.

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