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Münchner Hungerstreik: Ein verlogener Arzt verursachte Räumung

Pressemitteilung der „Medical Group“ zu den Ereignissen im Protestcamp vom 22.- 30.06.2013 am Rindermarkt in München Wir sind Vertreter_innen der Medical Group des Hunger- und Durststreiks von Non-Citizens am Münchner Rindermarkt, die aus unterschiedlichen heilberuflichen Professionen  zusammengesetzt ist. Unter uns befinden sich Ärzt_innen, Krankenpfleger_innen,  Hebammen, Rettungssanitäter_innen sowie Medizinstudierende. Auf Grund der teilweise unrichtigen und polemischen Berichterstattung der vergangenen Wochen haben wir beschlossen, eine Stellungnahme abzugeben: Von Beginn an war die allein zu diesem Protestcamp gegründete Medical Group anwesend. Rund um die Uhr waren Mediziner_innen vor Ort, denen von den Non-Citizens großes Vertrauen entgegengebracht wurde. Zu keiner Zeit wurde uns der Zutritt zum Camp verwehrt. Die Personen, die sich in diesen Streik begaben, wurden zu Beginn über alle uns bekannten möglichen Folgen einer Nahrungs- und Flüssigkeitskarenz informiert und traten dennoch in  vollem Bewusstsein über die Konsequenzen und aus eigenem Antrieb in den Hunger- und Durststreik. Es war im Laufe des Protests immer eine Person der Medical Group innerhalb oder nahe an  der Absperrung (Camp), um Vitalparameter zu erheben und sich des aktuellen  Gesundheitszustands einer jeden protestierenden Person zu versichern. Darüber hinaus überwachten sich die Streikenden gegenseitig in kleinen Gruppen und alarmierten uns sofort bei auffälligem Verhalten ihrer Mitstreikenden. Es war Konsens der Protestierenden, dass bei Bewusstlosigkeit sofort Notärzt_innen und Sanitäter_innen ins Camp gerufen werden. Diese wurden in ihrer Arbeit zu keinem Zeitpunkt behindert. Nachts gab es in unserer Gruppe die Routine des viertelstündlichen Weckens, um sicherzugehen, dass alle Personen bei Bewusstsein waren. Die Zuverlässigkeit der Zusammenarbeit zwischen Protestierenden, Medical Group und  Sanitäter_innen/Notärzt_innen war auch der Stadt hinreichend bekannt. Wir hatten uns darauf verständigt, ein regelmäßiges Update der aktuellen Situation an die Einsatzkräfte vor Ort weiterzugeben. Am Mittwochvormittag fand ein Treffen zwischen der Verantwortlichen des Sozialreferats, des Einsatzleiters der Feuerwehr, dem diensthabenden Notarzt und drei Verantwortlichen der Medical Group statt. In diesem Treffen wurde die Struktur und Funktionsweise der Medical Group erklärt und die gute Kooperation mit den Einsatzkräften vor Ort, sowohl von notärztlicher, als auch von städtischer Seite ausdrücklich begrüßt. Das Sozialreferat sah nach diesem Treffen keinen Anlass zur Intervention mehr, da sich die Organisation der Medical Group, sowie die Zusammenarbeit mit von der Stadt gestelltem medizinischem Personal auch in den darauffolgenden Tagen als reibungslos erwies. Die Behauptung, es seien keine Ärzt_innen ins Camp vorgelassen worden, ist schlicht falsch. Die Streikenden haben ihre freie Arztwahl in Anspruch genommen und solidarische  Ärzt_innen konsultiert. Nichtsdestotrotz nutzte ein von der Stadt angewiesener Arzt der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns während eines Notfalls am Samstagabend die Gelegenheit, in das Camp einzudringen, obwohl sich ein Vertrauensarzt der Medical Group in Zusammenarbeit mit den Notärzt_innen und Sanitäter_innen bereits um den Streikenden kümmerten. Er berichtete der Presse später, es hätten „40-45 Menschen ohnmächtig/apathisch auf dem Boden gelegen“. Die Aussage dieses Arztes begründete laut Politik in derselben Nacht die Räumung. Im Camp befanden sich zu diesem Zeitpunkt 47 Personen, einige der  Streikenden waren (noch) im Krankenhaus. Das Camp bestand aus verschiedenen Zelten  und einzelnen abgetrennten Bereichen. Niemals hätte der Arzt einen Überblick über alle sich im Camp befindenden Personen erlangen können, als er einen dieser Bereiche mit max. 12 Schlafplätzen betrat, von denen wiederum nur ca. die Hälfte von liegenden Menschen genutzt wurden (welche das Geschehen sehr wach verfolgten!). Außerdem standen oder saßen ca. 15 Streikende zu diesem Zeitpunkt vor den Zelten, u.a. wegen des Notfalls. Angesichts der Unwahrheiten des KV-Arztes und der daraus resultierenden, für die Streikenden furchtbaren Konsequenz der Räumung mutet es sehr befremdlich an, dass nun der damals anwesende Vertrauensarzt der Medical Group rechtliche Konsequenzen zu befürchten hat – zumal es zu dem Vorfall etliche Augenzeug_innen gibt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Anführung von humanitären Gründen für die Räumung niemals ausschlaggebend gewesen sein kann, da sie die gesundheitlich beeinträchtigten Hunger- und Durststreikenden bewusst in akute Lebensgefahr brachte. Außerdem wurde Streikenden, die bei der Polizei noch bis zu sieben Stunden nach der Räumung festgehalten wurden, keine ärztliche Hilfe angeboten. Wir verurteilen vehement die Diffamierung des Camps in der Öffentlichkeit, in der den Streikenden jegliche Meinungs- und Entscheidungsbildung abgesprochen wurde, sowie auch die Räumung friedlich streikender Menschen, vor allem die ausgeübte Gewalt an den Hunger- und Durststreikenden sowie den Kindern und der Schwangeren. Mitglieder der Medical Group München, 20. Juli 2013
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