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PNP-Herausgeber mit brauner Vergangenheit: die Legenden von Hans Kapfinger – wissenschaftlich demontiert

In einer preisgekrönten Dissertation vergleicht der Historiker Michael Hellstern die Entstehungsgeschichten von Mittelbayerischer Zeitung und Passauer Neue Presse. Deren Gründer könnten unterschiedlicher kaum sein: Karl Friedrich Esser war SPD-Politiker und saß im KZ, Hans Kapfinger war ein NS-Profiteuer, der sich später als Regimegegner ausgab und unter dem sich die PNP zur „Kaderschmiede für rechtskonservative oder sogar rechtsextreme Journalisten“ entwickelte.

Die Dissertation vergleicht die Entstehung und Anfangszeit von MZ und PNP.

Als die Alliierten nach der Zerschlagung des Naziregimes vor 80 Jahren nach Lizenzträgern für größere Regionalzeitungen suchten, wählten sie für Ostbayern zwei Personen, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Der politisch Verfolgte SPD-Politiker Karl Friedrich Esser erhielt im Oktober 1945 die Lizenz mit der Nummer 3 für die Mittelbayerische Zeitung. Die Nummer 16 für die Passauer Neue Presse wurde Dr. Hans Kapfinger erteilt, einem Journalisten, der während des NS-Regimes gut verdiente, hetzte und sich später als Regimegegner ausgab.

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In seiner Dissertation, die nun bei Pustet erschienen ist, untersucht und vergleicht der Historiker Michael Hellstern die Entstehungsgeschichte von MZ und PNP. Unter dem Titel Meinungsmacher mit dunkler Vergangenheit analysiert er unter anderem, aus welchem politischen Umfeld die beiden Lizenzträger stammen und welchen Lebenslauf die neuen Redakteure hatten.

Das Problem nach 1945: zu wenige „hervorragende, begabte und demokratische Deutsche“

Die Suche nach solchen Redakteuren gestaltete sich schwierig. Das zeigt ein von Hellstern untersuchter interner Bericht der amerikanischen Militärregierung vom Herbst 1945. Dieser stellte fest, dass es zu wenige „hervorragende, begabte und demokratische Deutsche“ für die Lizenzträger-Stellen gab.

Die Hoffnung, „dass aus den Kriegsgefangenenlagern und von Seiten der Flüchtlinge bessere Redakteure dazustoßen würden“, erfüllte sich nicht. Man versuchte deshalb sogar, „ins Ausland emigrierte Journalisten aufzuspüren und diesen eine Rückkehr nach Deutschland zu ermöglichen.“ Doch auch das gelang nicht.

Ab Ende des Jahres 1945 wurden die strengen Kriterien der amerikanischen Presseoffiziere langsam aufgeweicht und immer mehr belastete Journalisten kehrten in die Schreibstuben der neuen Redaktionen zurück.

Die PNP unter Kapfinger: bedenkliche Artikel im NS-Jargon

Hellstern wertet in seiner Arbeit (mit dem Untertitel: Die Heimatpresse in Bayern von 1945 bis 1962 am Beispiel der Passauer Neuen Presse und der Mittelbayerischen Zeitung) erstmals auch den Nachlass des für Bayern zuständigen US-Presseoffiziers Ernst Langendorf aus. Der SPD-nahe Journalist Langendorf war 1933 nach seiner in einer Zeitung veröffentlichten scharfen Kritik an Hitler in die USA emigriert und „kam als Angehöriger der US-Army 1945 zurück nach Deutschland“.

Danach „war er von 1945 bis 1948 OMGUS-Presseoffizier in München“ und damit beauftragt „Lizenzen an neugegründete Zeitungen zu vergeben“. Sein Nachlass liegt im Archiv des Instituts für Zeitgeschichte in München.

Laut Hellstern liefert dieser Nachlass insbesondere wichtige Archivalien und Erkenntnisse zur Vergangenheit von PNP-Gründer Hans Kapfinger. Hellstern fand unter anderem Unterlagen, wonach „die US-Amerikaner wiederholt Ermittlungen gegen Kapfinger aufnahmen“, als immer mehr Zweifel an seiner Vita aufkamen und er in der PNP mehrfach bedenkliche Artikel im NS-Jargon veröffentlichte.

Kapfinger begrüßte die Verhaftung von Sozialdemokraten und Kommunisten

Kapfinger begann seine journalistische Karriere 1927 im BVP-nahen Straubinger Tagblatt und stieg dort zum Chefredakteur auf. Wie andere BVP-Blätter schrieb auch Kapfinger bis zur Machtübernahme gegen die aufstrebende Nazipartei an. Eigenen Angaben zufolge habe er damals geschrieben: „Man sollte Adolf Hitler und die Mitglieder des neuen Reichskabinetts auf ihren Geisteszustand untersuchen lassen, bevor man sie vereidigt.“ Daraufhin sei er verhaftet und mit Berufsverbot belegt worden.

Hellstern bezweifelt diese Darstellung – insbesondere, weil die Verhaftung Kapfingers vom 4. Mai 1933 „fast drei Monate nach der Veröffentlichung dieser Artikel erfolgte und daher in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu diesen stand.“ Die Angaben zur Haftdauer seien zudem widersprüchlich und nicht belegbar.

Nach der Machtübernahme der Nazis schwenkten Kapfinger und das Straubinger Tagblatt (wie andere BVP-Blätter auch) auf die Linie des NS-Regimes ein. Kapfinger begrüßte Anfang März 1933 beispielsweise die Verhaftung von Sozialdemokraten und Kommunisten und ihre Verschleppung ins Konzentrationslager Dachau.

Von NS-Größen protegierter Schriftleiter einer NS-Werbeschrift

Entgegen den von Kapfinger selbst gestrickten und von vielen Medien bis heute am Leben gehaltenen Legenden hatte er „fast die gesamte Zeit des ‚Dritten Reiches‘ über stets eine Festanstellung im Pressewesen und wurde vermutlich von NS-Größen protegiert“, so Hellstern.

Kapfinger habe „die Verfolgung von Andersdenkenden und NS-Gegnern“ befürwortet. Er habe „Propagandaartikel über ‚Arisierungen‘ in besetzten Gebieten in ganz Europa“ geschrieben, selbst „ein ‚arisiertes‘ Grundstück“ erworben und als Schriftleiter einer NS-Werbezeitschrift gut verdient.

Nach dem Krieg gab Kapfinger sich als ein „Verfolgter des NS-Regimes“ aus. Er behauptete unter anderem seine Beteiligung an einer antinazistischen Widerstandsgruppe und eine massive Benachteiligung im NS-Regime. Belege für diese Legenden Kapfingers fand Hellstern nicht.

PNP betrieb von der Stasi gesteuerte Hetzkampagne gegen Willy Brandt

Seine Untersuchungen ergaben stattdessen, dass Kapfinger sich nach dem Ende des NS-Regimes 1945 in Berlin als KPD-Mitglied tarnte. Ab Frühjahr 1946 verschrieb sich der Lizenzträger der PNP dann der relativ starken Bayernpartei. Sein „Schüren von Ressentiments gegen Flüchtlinge und Fremde“ (insbesondere gegen Displaced Persons, also Überlebende des NS-Regimes) und die Veröffentlichung antisemitisch unterfütterter Berichte führten zu mehreren Rügen und scharfer Beobachtung seitens der US-Presseoffiziere. In einem Leitartikel  mit dem Titel „Die wahren Schuldigen“ von 1951 führt Kapfinger anlässlich der Verhaftung des Staatskommisars Philipp Auerbach beispielsweise aus:

„„Sagen wir es ganz offen: Die jüdischen DPs sind die Hätschelkinder der
US-Amerikaner gewesen. Es war ein Verhängnis und ein Fehler, dass der
deutschen Polizei es nicht gestattet wurde, Ausländerlager zu betreten und
diese großen, umfassenden Schwindeleien beim Amt Auerbach wären
nicht vorgekommen, wenn die ausländischen DPs von der deutschen Polizei
hätten vernommen werden dürfen. […] Mittlerweile haben auch die
US-Amerikaner es eingesehen, dass es ein verhängnisvoller Fehler war,
jüdische Emigranten [H.i.O] in US-amerikanischer Uniform auf die Deutschen
loszulassen.” (Kapfinger in der PNP vom 17. März 1951, „Die wahren Schuldigen“)

Nach dem Niedergang der Bayernpartei wechselte Kapfinger zur obsiegenden CSU. Die PNP positionierte sich in der Folge als „Sprachrohr des politischen Katholizismus“. Später wurde die PNP Teil des Wahlkampfteams von Kapfingers Freund Franz Josef Strauß und betrieb maßgeblich eine von der Stasi gesteuerte Hetzkampagne gegen den SPD-Kandidaten Willy Brandt.

Unzählige Prozesse und mehrfache Verurteilungen

Unzählige Unterlassungsklage gegen Kapfinger und von ihm eingereichte Klagen beschäftigten Gerichte innerhalb und außerhalb Passaus viele Jahre lang. Einige Verurteilungen folgten, darunter wegen Kuppelei. Ein Strafprozess wegen mehrfachen Meineides in der FIAG-Affäre wurde 1971 wegen attestierter Verhandlungsunfähigkeit Kapfingers eingestellt.

In den 1960er Jahren habe sich, so Hellsterns These, „die PNP zur ‚Kaderschmiede‘ für rechtskonservative oder sogar rechtsextreme Journalisten“ entwickelt. Ehemalige NS-Journalisten hätten „Teile ihres verinnerlichten Gedankenguts des ‚Dritten Reiches‘ an den journalistischen Nachwuchs“ weitergegeben.

Als Beispiele nennt Hellstern dafür Gerhard Frey („Deutschen Soldaten-Zeitung“, DVU), Enno von Loewenstern und Erwin Janik, „der bereits in jungen Jahren zur PNP stieß und von 1961 bis 1987 Chefredakteur blieb“.

Entlastungslegenden werden immer noch verbreitet

Im BR-Band “Tradition verpflichtet” wurde Hans Kapfinger von Astrid Freudenstein (Pustet, 1999) gelobhudelt.

Kapfingers Entlastungslegenden werden aktuell immer noch verbreitet. So etwa, wenig überraschend, auf der Homepage der Mediengruppe Bayern, dem Nachfolgekonzern der PNP. Aber auch im Eintrag des Historischen Lexikon Bayerns zur PNP, der von Markus Wennerhold stammt, dem Leiter der Bayerischen Staatsbibliothek Passau.

Der Bayerische Rundfunk hat sich dem legendären Werk Hans Kapfingers und seiner Familie sogar in Ton und Druck, ja fast unterwürfig angenommen. Als Teil einer Reihe von Radiosendungen im Jahre 1999 und unter dem programmatischen Titel: Tradition verpflichtet – Große Familien in Bayern hat der BR den NS-Profiteur Kapfinger zu einem aufrechten Gegner des NS-Regimes erklärt und dabei die ganze Unternehmerfamilie gewürdigt.

Die damalige BR-Autorin Astrid Freudenstein, eine ehemalige PNP-Volontärin und Stipendiatin der Kapfinger Stiftung, übernahm dafür kurzerhand Kapfingers Erzählungen. Irgendwelche eigene Recherchen stellte sie offenbar nicht an. Die Texte der Radiosendungen wurden im gleichen Jahr in einer Buchausgabe unter demselben Titel veröffentlicht.

Wie kam es zu der schmeichelhaften Würdigung der Kapfingers durch den Bayerischen Rundfunks?

Keine Erinnerung an schmeichelhafte Kapfinger-Würdigung

Auf Nachfrage erklärt Freudenstein, die 2026 als CSU-Kandidatin in der Regensburger Oberbürgermeisterwahl antritt, gegenüber regensburg-digital.de: „Ich kann mich lediglich daran erinnern, dass ich damals auf Wunsch meines damaligen und inzwischen verstorbenen Chefs, Kurt Hogl, ein Stück über die Familie [Kapfinger] für den Hörfunk produziert habe“. An die Inhalte habe sie aber keine Erinnerung.

Da sie, Freudenstein, das Thema Kapfinger „weder privat noch beruflich jemals wieder betroffen“ habe, bittet sie „um Verständnis“, dass sie „nicht mehr dazu sagen“ könne. Den Beruf als Journalistin übe sie seit 15 Jahren nicht mehr aus, die Arbeit Hellsterns kenne sie nicht. Freudensteins Antwort steht exemplarisch für die unreflektierte Traditionspflege zugunsten eines selbsternannten NS-Gegners, der in Wahrheit vom NS-Regime vielfach profitierte – beruflich und persönlich.

Karl Esser saß als SPD-Politiker im KZ

Als Kapfinger Anfang März 1933 im Straubinger Tagblatt die Verschleppung von Sozialdemokraten ins Dachauer Konzentrationslager begrüßte, befand sich auch der Regensburger SPD-Stadtrat Karl Friedrich Esser unter den Gefangenen. Er sollte nach dem Krieg Lizenznehmer für die MZ werden.

Geboren wurde Esser am 25. Februar 1880 im pfälzischen Landau. Als bayerischer Finanzbeamter kam er nach Regensburg, wo er von 1910 bis 1934 als Administrator der Dörnbergschen Waisenfonds-Stiftung wirkte und für die SPD diverse Funktionen und Ämter übernahm.

„Obwohl er kein ausgebildeter Journalist war“, habe Esser parallel journalistische Erfahrungen gesammelt und über 500 Artikel für die sozialdemokratischen Zeitungen „Volkswacht für Oberpfalz und Niederbayern“ und die „Neue Donaupost“ geschrieben, so Hellstern. Wegen anhaltenden Verfolgung durch Regensburger Nazis, zog Esser mit seiner Familie im Jahre 1934 nach München, wo er bis 1944 als Steuerfachmann arbeitete.

Erneute Verhaftung 1944

Wohl aus Selbstschutz und um „seine Familie vor den Nachstellungen der Gestapo zu schützen“, so Hellsterns Interpretation, trat er aus der SPD aus und in diverse NS-Organisationen ein. Die OMGUS-Akten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv belegen, dass Esser „zwischen 1936 und 1939 der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und darüber hinaus der NS-Volkswohlfahrt (NSV) und dem NS-Rechtswahrerbund(NSRB), der Berufsorganisation der Juristen in NS-Deutschland, beigetreten war.“ Zwischen 1937 und 1939 „war Esser zudem Blockwart und Zugführer des Reichsluftschutzbundes.“

Eine weitere Verhaftung im Zuge des gescheiterten Anschlags vom 20. Juli 1944, so wie dortige Misshandlungen und die insgesamt „über neunmonatige KZ-Haft“ konnte Esser dadurch aber nicht verhindern. Nicht zuletzt wegen seiner Verfolgungsgeschichte wählten amerikanische Presseoffiziere im August 1945 aus insgesamt 93 Bewerbern Karl Friedrich Esser aus.

Da die entstehende Zeitung anfangs „die kompletten Regierungsbezirke Oberpfalz und Niederbayern abdecken“ sollte, bekam sie die tatsächlich zu groß geratene Bezeichnung „Mittelbayerische Zeitung“.

NS-Belastete in der MZ-Gründungsredaktion

Für die seit Oktober 1945 erscheinende Mittelbayerische Zeitung holte der Lizenzinhaber Karl Esser einen Freund als Schriftleiter in die erste Redaktion: Josef Hämmerle. Hämmerle (geboren 1897 in Tübingen) war bis 1931 politischer Redakteur der Zentrumspartei und wechselte 1932 in die Redaktion des Regensburger Sonntagsblatt, das im Jahr 1938 in „Bistumsblatt“ unbenannt wurde.

Darin unterstützte er in Abstimmung und im Wechsel mit Bischof Michael Buchberger die Kriege und Hetze des NS-Regime – freilich im Ansinnen, die Belange der Katholischen Kirche zu verteidigen und im Glauben, dadurch ihre Eigenständigkeit zu sichern zu können. Laut Hellstern verschwieg Esser die NS-Belastung Hämmerles aber gegenüber der amerikanischen Militärbehörde.

Essers Gegenspieler und Mitglied der MZ-Gründungsredaktion Karl Debus (NSDAP-Mitglied von 1920 bis 1922, danach BVP und CSU) steckte der Militärregierung 1946 Hämmerles fortgesetzte Redakteurstätigkeit im ‚Dritten Reich‘ und seine Unterstützung des NS-Regimes im Bistumsblatt. Daraufhin wurde Hämmerle 1946 durch „das Office of Military Government for Bavaria (OMGBY) wegen pronationalistischer Berichterstattung angeklagt“ und in der Folge auf Anweisung der Militärregierung von der MZ-Redaktion ausgeschlossen.

Ungebrochene Verbindung zum hetzenden Bischof

Als Autor durfte Hämmerle laut Hellstern aber dennoch weiter für die Mittelbayerische Zeitung schreiben, „und nach neun Monaten auch wieder als Schriftleiter tätig werden.“ Alle Seiten hielten sich in der Causa Hämmerle bedeckt, in der MZ war darüber nichts zu lesen.

Im Jahre 1958 stieg Hämmerle zum stellvertretenden Chefredakteur der MZ auf. Seine ideologische und religiöse Verbindung zu Bischof Buchberger blieb laut Hellstern ungebrochen bestehen.

In einem Hämmerle-Artikel anlässlich einer Romreise im Jahr 1948 durfte Buchberger „das Narrativ der ‚sauberen Wehrmacht‘ verbreiten“. So behauptete der Regensburger Bischof, dass die römische Bevölkerung Deutschland angeblich dankbar sei, weil die Wehrmacht Rom nicht zerstört habe:

„Die Römer […] haben der deutschen Wehrmacht wegen ihrer Disziplin, Ordnung und Anständigkeit ein gutes Andenken bewahrt.“

Zudem, so Hellstern, „hetzte Buchberger im Text wie schon während der NS-Zeit gegen den Bolschewismus – nur eben diesmal in einer Lizenzzeitung.“ Die Causa Hämmerle kann als beispielhaft für den dubiosen Umgang mit NS-belasteten Journalisten gelten.

Bekanntes unterfüttert, Neues und Skandalöses aufgedeckt

Die mittlerweile mit dem Nachwuchsförderpreis des Vereins für Ostbairische Heimatforschung ausgezeichnete Dissertation von Michael Hellstern zeichnet die Geschichten der Gründungen und die Entwicklungen der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neue Presse detailliert und gekonnt nach.

Sie belegt viele bislang nur teils, oder von SPIEGEL-Berichten bekannte Details mit neuen Quellen, bringt eine Vielzahl von überraschenden Erkenntnissen, arbeitet bizarre Zusammenhängen heraus und bringt Skandalöses mit Belegen ans Tageslicht – etwa die Absetzung eines Lizenzinhabers (Karl Debus) wegen sexueller Übergriffe am Arbeitsplatz.

Hellsterns Arbeit bereichert die jeweiligen Lokalgeschichten und Forschungsstände immens. Sehr hilfreich für einen leichteren Überblick beim Lesen wäre ein kleiner biographischer Anhang mit den wichtigsten Akteuren der sich oft turbulent verändernden Heimatpresse gewesen.

Auszeichnung am 14. Mai in Passau

Dass die Passauer Neue Presse die Mittelbayerische Zeitung im Herbst 2021 aufgekauft hat (oder: Letztere an die PNP verscherbelt wurde), passt gut ins Bild von existenziellen Kämpfen am Zeitungsmarkt. Und bestens zur fast schon legendären Expansionspolitik des PNP-Gründers Kapfinger, der stets eine monopolartige Vorherrschaft anstrebte.

Michael Hellstern brauchte sich damit nicht mehr auseinandersetzen, denn bereits im Juni 2021 hatte er seine Dissertation zu den Meinungsmachern mit dunkler Vergangenheit (eingereicht an der LMU München, betreut von PD Dr. Thomas Schlemmer und Prof. Andreas Wirsching, Institut für Zeitgeschichte) abgeschlossen. Anlässlich der Verleihung des Nachwuchsförderpreises des Vereins für Ostbairische Heimatforschung stellt Hellstern seine Arbeit am 14. Mai an der Passauer Universität vor.

Michael Hellstern: Meinungsmacher mit dunkler Vergangenheit. Die Heimatpresse in Bayern von 1945 bis 1962 am Beispiel der Passauer Neuen Presse und der Mittelbayerischen Zeitung. Pustet Verlag. 49 Euro.

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Kommentare (2)

  • Manfred

    |

    Sollen wir jetzt die MZ nicht mehr lesen?

    0
    2

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