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Biotope statt Baugebiet

„Skandal“ am Regensburger Keilberg: Bebauungsplan auf der Kippe und Millionen verschleudert?

Eine unbedachte Frage in der öffentlichen Sitzung des Stadtrats brachte es an den Tag: Die Stadt Regensburg hat bei dem ambitionierten Baugebiet am Keilberg ein Riesenproblem und vermutlich Flächen zu einem völlig überteuerten Preis angekauft.

Die geplanten Wohnbauflächen am Keilberg. Wie viel davon stehen als Biotop unter Schutz? Foto: as

Es ist bereits nach 18 Uhr, als die Fragestunde im Regensburger Stadtrat am vergangenen Donnerstag eine hitzige Wendung nimmt. Christian Janele und Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer geraten aneinander. Janele, Stadtrat der CSB, spricht von einem „Skandal“, den man kürzlich erfahren habe. Er will wissen, welche Maßnahmen nun ergriffen werden und wie es mit dem Bebauungsplan am Hollerweg weitergehen soll. Mehrfach wird er von der Oberbürgermeisterin scharf unterbrochen. Das sei nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, betont sie. Schließlich gibt Janele nach.

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Wer diese Passage in der kürzlich veröffentlichten Aufzeichnung der besagten Sitzung nachhören möchte, der sucht vergeblich. Sie wurde herausgeschnitten. So geschickt, dass es nicht auffällt. Doch dass man da etwas gelöscht habe, das lässt die städtische Pressestelle nicht gelten.

Man habe diesen Teil lediglich „nicht veröffentlicht“, so die Sprachregelung. Begründung: Christian Janele habe mit seiner Frage „vertrauliche Inhalte aus nichtöffentlicher Sitzung im öffentlichen Teil preisgegeben“. Und die konnte zwar hören, wer zu dem Zeitpunkt noch im Sitzungssaal saß, doch im Nachgang geht das niemanden etwas an. So die Haltung der Stadt.

Bebauungsplan 287: Große Pläne für den Keilberg im Jahr 2023

Nach Recherchen unserer Redaktion hat das Thema, das Janele angesprochen hat, tatsächlich das Potenzial für einen Skandal. Es geht um den Bebauungsplan 287 am Hollerweg im Stadtteil Keilberg – eine Fläche von über sieben Hektar, vorgesehen für Wohnbebauung. Ein ambitioniertes Vorhaben, das die Stadt seit fast einem Jahrzehnt vorantreiben will.

Als der Bebauungsplan 2023 vom Stadtrat aufgestellt wurde, freuten sich mehrere Fraktionen darüber in entsprechenden Pressemitteilungen. „Mit dem Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan 287/Keilberg-Hollerweg geht ein lange gehegter Wunsch im Stadtteil in Erfüllung“, sagte zum Beispiel Dr. Klaus Rappert, Sprecher der SPD-Fraktion im Stadtplanungsausschuss.

Bezahlbarer Wohnraum, Vergabe von Grundstücken in Erbpacht, genossenschaftlicher Wohnungsbau, Berücksichtigung von Ehrenamtlichen bei der Grundstücksvergabe und ein Entwicklungssprung für den Stadtteil Keilberg – das waren die Visionen. Bereits 2024 sollten die Regularien für die Grundstücksvergabe festgelegt werden.

Biotope statt Baugebiet – steht die komplette Planung auf der Kippe?

Doch seitdem – gut zwei Jahre später – ist es still um diesen Bebauungsplan geworden. Und wenn es stimmt, was aus nichtöffentlichen Informationen durchgesickert ist, die die Oberbürgermeisterin dem Stadtrat vergangene Woche mitgeteilt hat, steht nicht nur das gesamte Projekt auf der Kippe, sondern es wurde auch Geld im siebenstelligen Bereich verschwendet.

Das Problem: Die Stadt hat vor zwei Jahren größere Flächen zur Bebauung angekauft, die dafür wohl nicht oder nur in sehr geringem Umfang geeignet sind. Es handelt sich um wertvolle Biotope, die die Umsetzung des Bebauungsplans schwierig bis unmöglich machen. Die Rede ist von Magerrasen, besonders schutzwürdig und nicht ohne weiteres an anderer Stelle auszugleichen.

Wurden bei der Preisfindung landwirtschaftliche Grundstücke angesetzt – wie im früheren Flächennutzungsplan ausgewiesen? Oder war ein weitaus höherer Preis für ein Wohnbaugebiet Gegenstand der Verhandlungen – so wie im neuen Flächennutzungsplan, den die Stadt 2023 entsprechend geändert hat?

2023: Flächen „unerwartet (…) zum Kauf angeboten“

Letzteres scheint zumindest wahrscheinlich. Die Flächen seien der Stadt „unerwartet (…) zum Kauf angeboten“ worden, heißt es im Text zum Bebauungsplan von 2023. Es dürfte um eine Fläche von etwa zwei Hektar gehen, für die ein Preis zwischen sechs und acht Millionen Euro kolportiert wird. Ein Quadratmeterpreis, der weit jenseits von allem liegen würde, was landwirtschaftlich genutzte Flächen in Bayern und auch Regensburg kosten. Im Landkreis Regensburg wurden 2023 laut einer Erhebung des bayerischen Landesamts für Statistik 115.531 Euro für landwirtschaftliche Flächen bezahlt – pro Hektar.

Skizze des Bebauungsplans 287: Die Fläche 1466/1 wurde von der Stadt damals angekauft. Die Flächen 1436, 1437 und 1438 gehören einem Privatinvestor, der dort Fertighäuser errichten will. Plan: Stadt Regensburg


Die städtische Pressestelle gibt zu sämtlichen Fragen, die in eine solche Richtung gehen keinerlei Auskunft, „da dies Rechte und Belange Dritter tangiert und z.B. eine indirekte Ableitung des Kaufpreises ermöglichen würde“. Doch ist es nicht von öffentlichem Interesse, wenn die Stadt womöglich mehr als das Zwanzigfache dessen ausgibt, was eine Fläche tatsächlich wert ist?

Offen bleibt auch die Frage, wie so etwas passieren konnte. Die letzte veröffentlichte Biotopkartierung in Regensburg stammt aus den Jahren 2006 und 2007. Neue Erhebungen wurde in den Jahren 2022 und 2023 durchgeführt. Intern sind die Ergebnisse bereits seit geraumer Zeit bekannt – das war wohl auch der Anlass dafür, das die Oberbürgermeisterin die Stadträte letzte Woche mit der prekären Lage am Keilberg informiert hat.

Schon 2021 bekannt: Biotopkartierung ist veraltet

Wurde das Okay für den Ankauf aufgrund einer veralteten Aktenlage gegeben, ohne dass Fachleute aus dem Umweltamt die Fläche zuvor in Augenschein genommen hatten? Das wäre ein fatales Versäumnis – und zwar sehenden Auges.

Bereits 2021 hatte die Stadt versucht, einen Bebauungsplan für das Gebiet zu entwickeln. Ohne die zwei Jahre später zugekaufte Fläche. Ausdrücklich heißt es in dem damaligen Beschlusstext, dass die damals vorliegenden Kartierungen der Biotope „nicht mehr in Lage und Umfang mit dem Bestand übereinstimmen“.

Anders ausgedrückt: Die nicht oder nur mit erheblichem Aufwand bebaubaren Biotope am Keilberg können sich vergrößert und verlagert haben. Das ist offensichtlich passiert – und die Stadt Regensburg steht vor einem millionenteuren Scherbenhaufen.

Wie geht es weiter? Das weiß auch die Stadt nicht

Wie es nun weitergeht, dazu gibt die städtische Pressestelle keine aussagekräftige Auskunft. Man könne weder etwas zum Zeitplan sagen, noch dazu, welche Auswirkungen die neuen Erkenntnisse haben, ja nicht einmal dazu, ob auf den städtischen Flächen überhaupt gebaut werden kann. Das sei alles „Gegenstand des laufenden Planungsverfahrens und der laufenden Begutachtung“ – bei einem Bebauungsplan, der vor zwei Jahren auf den Weg gebracht wurde.

Am 24. Juli soll nun die neue Biotopkartierung für Regensburg endlich öffentlich vorgestellt werden. Dann wird man zumindest ein bisschen was darüber erfahren, wie fatal die Lage für die städtischen Baupläne am Keilberg tatsächlich ist. Und vielleicht fragt ja jemand im Stadtrat nach – sofern es nicht erneut gelöscht, pardon, „nicht veröffentlicht“ wird.

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Kommentare (10)

  • Wuzzi

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    Das ist auch so eine (teure) Hinterlassenschaft der ehemaligen Planungsreferentin Schimpfermann.

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  • Mr. B.

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    oh weia, ich ahne doch nichts schlimmes?

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  • Studi

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    Der Witz der Sache besteht doch nicht darin dass fälschlicherweise Grundstücke gekauft wurden, sondern eher wie absurd es ist, dass Fläche sobald sie in bestimmten Gegenden zu Bauland wird, im Preis explodiert. Mal zum Nachrechnen: Wenn man 8 Millionen für 2ha Land bezahlt und darauf ein Baugebiet plant mit 400qm Grundstücken (was nicht besonders groß ist), dann kostet ein Grundstück 320tsd Euro. Das ist für mich nicht bezahlbarer Wohnraum. Hinzu kommen noch kosten für Erschließung die beim Verkauf in der Regel draufgeschlagen werden. Zum Vergleich: Hätte man den doppelten Preis einer Ackerfläche gezahlt, läge man bei 18.400euro pro Grundstück…

    Nicht die Baupreise müssen runter sondern die Grundstückspreise. Dann kann man sich den Artikel sparen.

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  • Gürteltier

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    Oh mei…

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  • growth mindset

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    Ja Kreuz-Birnbaum-Holler-Staudn.
    Ein als Biotop bezeichnetem Gebiet, kann nicht mit einer beliebigen Ausgleichsfläche, irgendwo, ausgeglichen werden. Sonst kann man sich den Naturschutz, Artenschutz, Biosphäre und Landschaftsschutz, an den Hut stecken. Bei aller wohlgemeinten Offensive für bezahlbaren, dringend notwendigen sozialen Wohnungsbau in Regensburg. Ob das dem sozialen Wohnungsbau dient? Man weiß es nicht. Klingt eher nach „Gelddruckmaschine“. 😊
    Stadtplanung beschäftigt sich mit der Erarbeitung und Realisierung von wünschenswerten, den menschlichen Bedürfnissen entsprechenden zukünftigen Zuständen einer Stadt. In der Regel ist sie staatlich institutionalisiert und ordnet verbindlich die Bodennutzung im Stadtgebiet. Dies umfasst sowohl die öffentliche und die private Bautätigkeit als auch die raumbezogene Infrastrukturentwicklung, im Idealfall unter Abwägung aller öffentlichen und privaten Belange mit dem Ziel der Konfliktminimierung. In Zeiten des Klimawandel und geforderter Schutzmaßnahmen, dagegen, gilt das umso mehr.

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  • Paul

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    Servus

    Ein Schelm der böses denkt.

    i würd sagen der Verkäufer hat a guads Geschäft macht.

    Wer auch immer was verbockt hat…..wird da was unternommen?

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  • Wolfi

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    Transparenz braucht man nicht. Geht dem Bürger doch nichts an was wir machen. Warum es überhaupt nicht-öffentliche Sitzungen ist eh eine Frage und weit weg vom demokratischen Grundverständnis.

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  • tom lehner

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    @ Studi: Das ist so alt wie das Gesetz das vorschreibt das Bauland Bauland werden muß bevor es bebaut werden darf. So haben viele Landwirte und Investoren und kommunale Insider ganz viel Geld gemacht.

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  • Mr. T.

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    Ich hoffe, der Bauer, der da seine sauere Wiese zum Baugrundpreis an die Stadt verkauft hat, lacht sich nicht krank. Trotz allem Neid auf diesen Coup wünsche ich ihm doch keine Krankheit.

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  • growth mindset

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    Bezahlbarer Wohnraum ist knapp, der “Bau-Turbo” der Regierung soll helfen. Kritiker bemängeln, das Gesetz ziele nicht zuerst auf günstige Wohnungen. Auch die Immobilienwirtschaft erkennt nur einen ersten Schritt. Das macht den Unternehmer, nach wie vor noch mürbe. Jetzt sollen Bauträger durch geringeren Aufwand wieder fürs Bauen begeistert werden. Hoffentlich gehen dabei schützenswerte Belange des Mieterschutzes und des Klimaschutzes (Bewahrung von Biotopen, Entsiegelung und Begrünung), dabei nicht baden.

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