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Vorstands-Trio stellt sich vor

Von Kulturbremsen, schrägen Ideen und solventen Mietern

Der Kunst- und Gewerbeverein hat einen neuen Vorstand. Vorne dran ein Diplomat, flankiert von zweien, die auch gern mal vom Leder ziehen.

Der neue Vorstand: Klaus Caspers, Georg Haber und Reiner Schmidt. Foto: Julia Knorr

Es ist ein schönes repräsentatives Gebäude, in dem der Regensburger Kunst- und Gewerbeverein seit den 20er Jahren in der Ludwigstraße residiert. Ein wirkliches Künstlerhaus ist es nie geworden. Trotz der schmiedeisernen Buchstaben, mit denen der etwas sperrige Name des Vereins über dem Eingangsbereich des Gebäudes prangt. Trotz der sieben bis acht Ausstellungen, die dort jedes Jahr im ersten Stock stattfinden und die sich eben nicht mittelalterlicher Buchmalerei oder der Schönheit sakraler Kunst verschrieben haben, die einen gehörigen Schwerpunkt städtischen Kunstverständnisses bilden. Highlights in der Vergangenheit war etwa die Ausstellung „Regensburg in den 20er Jahren“, die stattliche 16.000 Besucher angelockt hat; bei der Karikaturenausstellung vor einigen Jahren waren es immerhin noch an die 4.000.

Für ein Künstlerhaus fehlt das Geld

Ansonsten sind es weniger die Zuschauerzahlen, von denen sich die Organisatoren treiben lassen. Da ist es eher der Gedanke, zeitgenössischen und auch Regensburger KünstlerInnen ein Forum zu bieten. Und da können es auch mal weniger als 400 Besucher sein, die davon angelockt werden. 35.000 Euro steckt der Verein alljährlich ins Ausstellungsgeschehen. Abseits dessen ist für Idealismus weniger Geld da. Um das Haus zu erhalten und nach und nach zu „vitalisieren“ sind solvente Mieter gefragt. Kein Künstler mit kleinem Atelier, eben keine kleine Galerie oder Schauräume mit skurrilen Exponaten. Anfang Mai hat der Kunst- und Gewerbeverein einen neuen Vorstand gewählt. Und während der neue Vorsitzende Dr. Georg J. Haber bei der Einstandspressekonferenz eher auf sein „gewisses diplomatisches Geschick und ausgleichendes Moment“ setzt, Herausforderungen wie eben den weiteren Umbau des Gebäudes und ein „gemeinsames Kulturprogramm, das über Regensburg hinaus Wellen schlägt“, in den Fokus stellt, sind es die zwei, die ihm als Stellvertreter zur Seite stehen, die die Gelegenheit nutzen, um eben auch mal ein wenig vom Leder zu ziehen. Über das, was ihnen so stinkt im städtischen Kulturbetrieb.

„Kulturbremse ersten Ranges“

Da ist Klaus Caspers, selbst Künstler, Polit-Urgestein und selten um bärbeißige Bemerkungen verlegen, der anmerkt, dass er das Wort „Ehrenamt“ aus Politikermund bald nicht mehr hören könne, bei all der bürgerschaftlichen Aktivität, die hier beim Kunst- und Gewerbeverein geleistet werde. Wenn man nämlich mal eine Ausstellung aus den eigenen Räumen in städtische Besitztümer auslagern müsse, dann gehe es weniger um die Unterstützung des Ehrenamts, sondern „nur noch ums Abkassieren“. Das städtische Saalmanagement – eine „Kulturbremse ersten Ranges“ sei das. „Da sollte sich mal schleunigst was ändern.“

Soll aufgepeppt werden: Der Eingangsbereich beim Kunst- und Gewerbeverein.

Da ist Reiner R. Schmidt, 3. Vorsitzender und gleichzeitig auch Vorstand des „Neuen Kunstvereins“, der bemängelt, dass Regensburg, was zeitgenössische Kunst anbelangt, „doch noch hinterherhinkt“. Dass da noch einiges zu tun sei und dass da eben der Kunst- und Gewerbeverein ab dem kommenden Jahr verstärkt Gas geben wolle. Die städtische Galerie im Leeren Beutel sei da nämlich auch nicht gerade ein treibende Kraft, schiebt Caspers noch hinterher.

Kunsthalle am Schlachthof

Unisono wiederholen beide ihre schon öfter formulierte Forderung nach einer öffentlichen Kunsthalle. In den Alten Schlachthof gehöre die. Da habe man auch den Berufsverband Bildender Künstler und den Kunstverein GRAZ auf seiner Seite. Jetzt sei endlich die Stadt gefragt. Und als Haber diplomatisch anmerkt, dass man da auch mit der Stadt im Gespräch sei, von den anwesenden Journalisten kommt, dass da ja etwas angedacht sei, meint Caspers nicht ohne ein wenig zu lachen: „Ja, ja. Angedacht. Angedacht ist da die ganze Zeit irgendwas.“ Dann lacht auch Haber und geht zum nächsten Thema über. Die Chemie im neuen Vorstand scheint also zu stimmen. An der Spitze der alteingesessene Geschäftsmann mit diplomatischem Geschick – Haber ist Inhaber eines über Deutschland hinaus renommierten Metallrestaurierungsbetriebs, flankiert von zwei Urgesteinen, die nicht nur in der Kunst- und Kulturszene verhaftet, sondern auch bei diversen Bürgerinitiativen (Forum Regensburg, Arbeitskreis Kultur, Bürgerbündnis etc.) engagiert sind und waren, und die es gewohnt sind, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Zumindest an dieser Kombination an der Spitze dürfte das gemeinsame Ziel nicht scheitern, ab 2013 ein Ausstellungsprogramm auf die Beine zu stellen, das „abseits von Event-Kultur“ mit „schrägen Ideen“ und der „einen oder anderen Überraschung“ eben „über Regensburg hinaus Wellen schlagen“ soll. Um das vereinseigene Haus besser als das wahrnehmbar zu machen, was es ist – ein Raum für dieses Programm, ein Ort, wo Kunst sich abspielt, wird derzeit der Eingangsbereich modernisiert und umgestaltet. Ob das allein reicht, um ein weiteres Ziel zu erreichen, nämlich die Mitgliederzahl – derzeit gut 500 – zu erhöhen und den Verein mit dem sperrigen Namen vor allem wieder stärker für Jüngere attraktiv zu machen. Wohl nicht. Aber vielleicht entdecken sie den neuen Eingangsbereich ja nach einem Besuch im adidas-Shop. Der ist vor kurzem im Erdgeschoss beim Kunst- und Gewerbeverein eingezogen. Ein solventer Mieter halt…
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