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Max-Wissner-Ausstellung

Wenn Kasperl der Seriöse ist

Das Kasperltheater von Christoph Maltz zur Max Wissner-Ausstellung hat zwar gelegentliche Schwächen, spricht aber offen an, was Kurator und Kunst- und Gewerbeverein nicht zustande bringen: die notwendige kritische Ausseinandersetzung mit Leben und Werk des Malers.

Max Wissner im Gespräch mit der KI.

Vieles ist anders geworden für das Kasperltheater Larifari. Die Zeiten der großen politischen Skandale, deretwegen der Kasperl so manchen König oder dessen Prinzregenten am Galgen aufknüpfen durfte, sind vorüber. Kasperlhausen ist Staatstheater geworden.

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Weil Magister Maltz nicht über die dafür notwendige „ethische Schreibhemmung“ verfügt, von fehlender politischer Korrektheit ganz zu schweigen, wird er kurzerhand entlassen. Eine KI hat seinen Job übernommen und schreibt am Fließband gewaltfreie Stücke. Deshalb steht der Kasperl allein mit all den Puppen, die Maltz ihm vermacht hat vor dem Alten Rathaus, um sie in der dortigen bodenlosen Sackgasse zu entsorgen.

So das grobe Setting von „Kasperl muss ins Parodies“, des Erwachsenenstücks, das Christoph Maltz und Daniel Rimsl derzeit im Kunst- und Gewerbeverein zur Vorstellung bringen. Ein Begleitprogramm zur Max Wissner-Ausstellung, die dort gerade gezeigt wird.

Habsburg, Halb-Dersch, Holladiria

Es hat durchaus seine Momente, wenn von König Hans bis Jörg Haider altbekannte Stars vergangener Maltz-Stücke die Sackgasse hinab geschmissen werden. Oder wenn Kulturreferent Lunger, Kasperlhausener Pendant des längst in den Ruhestand verabschiedeten Kulturreferenten Klemens Unger, von kulturbegeisterten Delfinen schwärmt und dem Hause Habsburg huldigt, während der aktuelle Kulturreferent nur zum „Halb-Dersch“, einer Lederhose auf zwei Beinen, degradiert wird. Oder wenn „Wahrheitspapst“ Benedikt zum Holladiria anstimmt: „So ein Kindesmissbrauch war für mich nie problematisch, sondern durchaus nötig und gewollt systematisch.“

Der Kasperl prügelt den Papst zum Singen.

Doch man merkt dem Stück an, dass daran bis am Tag vor der Premiere gearbeitet und umgeschrieben wurde, dass es zunächst wohl tatsächlich nur eine eher harmlose Slapstick-Begleitung im Schlaraffia-Stil werden sollte. Jenem, so die Eigenbeschreibung, kunstsinnigen und humorvollen Männerbund, dem Max Wissner angehörte.

Ebenso wie Walter Boll, dessen Rolle während der NS-Zeit und in der Nachkriegsgesellschaft nun endlich aufgearbeitet werden soll. Ebenso wie Zinngießer, Kriegsgewinnler und NS-Profiteur Eugen Wiedamann.

„document Dummheit Brückstraße 4“

„Aus Zinn Gold gemacht“ worden sei damals im Firmensitz der Wiedamanns in der Brückstraße 4, weiß Kulturreferent Lunger dem Kasperl zu berichten. Der Umstand, dass ein Geheimzimmer im Wiedamann-Haus einen Hype um ein angebliches Judenversteck und „Assoziationen mit dem Anne-Frank-Zimmer“ auslöste, veranlasst Lunger gar zur Idee, dort das „document Dummheit Brückstraße 4“ einzurichten, vielleicht sogar – ziemlich böse – ein Hans-Frank-Haus.

Halb-Dersch (links) trifft Lunger (rechts): Kulturreferenten unter sich.

Es sind solche Momente und Spitzen, die den Parodies-Kasperl im Kunst- und Gewerbeverein auszeichnen.

Es brauche eine Aufarbeitung von Wissners Rolle in der NS-Zeit, fordern Kasperl und Wissner höchstselbst. Der huscht als schwäbelnde Nebenerscheinung immer wieder durch die Szenerie (schön geschnitzt von Helmut Wolf). Ein „Strafstück“ im Kasperltheater sei dafür vielleicht die richtige Idee, um all die Verstrickungen aufzuarbeiten, fabulieren die beiden, ehe sich das erste Stück des Staatstheaters Kasperlhausen dem Ende zuneigt.

Kasperl macht, was der Kurator meidet

Das geforderte Strafstück ist das Ganze freilich nicht geworden, auch wirkt der Hinweis ganz am Schluss ein wenig wie nachträglich „drangepappt“. Aber es ist bemerkenswert, dass es just der Kasperl ist, der das Thema NS-Verstrickungen offen anspricht, und damit seriöser agiert als der Kunst- und Gewerbeverein und Kurator Stefan Reichmann, die einfach nur schöne Bilder zeigen wollten, ohne eine auch nur halbwegs kritische Auseinandersetzung mit Leben und Werk Wissners.

Bezeichnend ist auch, dass man sich vor der offiziellen Premiere zu einer geschlossenen Vorstellung mit Vereinsgrößen, geladenen Gästen und politischer Prominenz traf – nicht dass da noch jemand blöd fragt.


„Kasperl muss ins Parodies“, noch heute und vom 6. bis zum 9. Juli, jeweils um 19 Uhr im Kunst- und Gewerbeverein.


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Kommentare (3)

  • xy

    |

    Kommentar gelöscht. Sie haben einen Monat Sendepause zum Abkühlen.

  • Casper

    |

    Mensch Kasperl,
    hast du denn nicht mitbekommen, dass ein jüdischer Gönner den Wissner Max in den 20ern gefördert und eine Jüdin ihm sogar ein Bilder abgekauft hat und er mit einem anderen Juden vor 1933 echt schlaraffenmässigen Umgang gehabt hatte?

    Da kann er doch kein Nazi nicht gewesen sein! Und, wenn er einer gewesen wäre, dann würde das den Reichmann doch erschauern, wenn er “ihn als Nazi kennen lernen müsste”. So stand es diese Woche sogar in der MZ!

    Mensch Kasperl, dieses Mal bist du nicht auf der Seite der Guten!

  • Jakob Friedl

    |

    Kampf der Kulturreferenten: Halbdersch+KI vs Halbwelt-Lunger!

Kommentare sind deaktiviert

drin