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Fahrraddiebe: Der Trend zum Profi

Wer ein Fahrrad liebt, der diebt?

Es ist nichts Neues, dass Fahrräder oft gestohlen werden. Auch nicht, dass in Regensburg recht viele Fahrräder gestohlen werden. Neu ist aber der Trend zum Profi.

Freie Auswahl: Radl-Stellplatz an der Uni. Foto: Riehl

Abends stellt sie ihr Rad in den Fahrradraum, abgesperrt. Gerade erst ist Cleo (Name der Redaktion bekannt) in die neue Wohnung gezogen, da ist mit Job und Studium wenig Zeit geblieben, ihr Mountainbike zu nutzen. Aber wenn es etwas ruhiger wird, setzt sie sich wieder aufs Bike und radelt los. Cleos Fahrrad hat einen vierstelligen Wert. „Ein Luxus, den ich mir geleistet hab.“ Das hat leider auch ein dreister Langfinger so gesehen. Am nächsten Morgen ist ihr Rad weg, aus dem Fahrradraum im Hinterhof gestohlen. Ihr Rad fehlt als einziges, die vielen anderen Räder hat der Dieb nicht angerührt. Er hat sich nicht mal die Mühe gemacht, und das Schloss vor Ort geknackt, sondern es einfach aus dem Hinterhof der Anlage durch das Treppenhaus hinaus getragen. Cleos Rad war ein lohnendes Ziel, darauf hatte der Dieb es abgesehen. Und er hat sich den Wohnkomplex vorher schon angeschaut, sonst hätte er nicht von dem Fahrradraum im Hinterhof gewusst. Ein Profi.

Fahrrad stehlen ist nicht schwer…

Und damit ist er auch kein Einzelfall. Die Diebstähle von Fahrrädern nehmen allgemein zu. Allein auf Regensburger Stadtgebiet verzeichnete die Polizei vergangenes Jahr etwa 1.600 Fahrraddiebstähle. Die Dunkelziffer ist aber höher, wie auch Pressesprecher Michael Rebele erklärt. Oft würden die Fälle der Polizei überhaupt nicht gemeldet. Wohl auch, weil die Chance, das Rad wieder zu bekommen, gering ist. Nur in etwa 10 bis 20 Prozent der Fälle, bezogen auf die Oberpfalz, kommt das Fahrrad wieder an den Besitzer zurück. Oft könnten die Geschädigten den Beamten nur dürftige Informationen über das gestohlene Rad liefern. Damit seien die Chancen auf eine erfolgreiche Fahndung gering, so Rebele.

Gutes Rad ist teuer

Gerade deswegen sind wertvolle Drahtesel wie der von Cleo immer öfter das Ziel von Langfingern: Das Risiko ist gering, der Gewinn groß.Und die werden dabei immer dreister. So beläuft sich der Schaden, der durch Fahrraddiebe im vergangenen Jahr entstand insgesamt 850 000 Euro, schätzt Pressesprecher Rebele. Fahrraddieb sei mittlerweile ein regelrechter Berufszweig geworden.

Der Profi

Der professionelle Fahrraddieb ist meist Einzeltäter, so Rebele. Er späht mittlerweile ganze Wohngegenden nach lohnenden Objekten aus, um später zurückzukehren und die teuren Räder auszusortieren und mitzunehmen. Das geht recht fix, nach einigen Minuten ist der Dieb meist wieder unterwegs, unbehelligt. Gerade an Orten, wo sich die Räder ballen, schlägt er zu, an Uni, DEZ oder an Wohnkomplexen wie bei Cleo. Und weil er Profi ist, will er möglichst viel Gewinn mit der Beute zu erzielen. Gerade dieser Sektor nimmt stark zu bei den verzeichneten Fahrraddiebstählen und treibt mittlerweile auch exotische Blüten. Da landen hunderte gestohlene Räder einfach im PKW oder LKW mit Zielort Osteuropa. Aber das sind Einzelfälle, meint Polizeipressesprecher Rebele, meist werden die Räder in Einzelteile zerlegt, die dann bequem über Internetplattformen verkauft werden. Das hat gleich mehrere Vorteile: Einzelteile kann man einerseits schwieriger nachverfolgen, andererseits wird so mehr Gewinn gemacht wie mit dem Verkauf des gesamten Rads. Deswegen lautet der oft wiederholte Rat der Polizei, möglichst viele Informationen über das Rad zu sammeln, etwa die individuelle Rahmennummer und ähnliches, damit dann die Fahndung erleichtert wird. Abseits dessen scheint die Polizei wenig gegen den Trend zum „Fremdradprofi“ tun zu können. Die Fahndung verläuft in vielen Fällen erfolglos und um präventiv tätig zu werden, fehlt es der Polizei vermutlich an Personal, ein latentes Problem, mit dem die Polizei in Bayern generell zu kämpfen hat. Also kann man wenig tun außer besondere Vorsicht walten zu lassen und die paar Euro mehr für ein stabiles, vernünftiges Schloss zu investieren. Cleo indes sitzt wieder fest im Sattel. Sie hat ihr altes Mountainbike aus dem Frühruhestand geholt und radelt auf dem, bis sie sich ein neues leisten kann.
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Kommentare (14)

  • Oje...

    |

    “Die Diebstähle von Fahrrädern nehmen allgemein zu. Allein auf Regensburger Stadtgebiet verzeichnete die Polizei vergangenes Jahr etwa 1.600 Fahrraddiebstähle.”

    Wirklich? Eine Zunahme? Ohne konkrete Vergleichszahlen (z.B. Diebstähle in R. in den Jahren 2008, 2009, 2010) ist die isolierte Zahl 1.600 schlicht eine Hausnummer, die über einen möglichen Trend rein gar nichts aussagt.

  • Oje...

    |

    Lieber Herr Riehl,
    mich würden die Vergleichzahlen aus den Vorjahren und damit der langjährige Trend wirklich interessieren – könnten Sie die noch nachliefern? Danke vorab!

  • Benjamin Riehl

    |

    Lieber Oje…,

    die Zahl der aufgenommen, d.h. bei der Polizei gemeldeten Fälle für die Jahre 2005- 2010:

    2005: 886 gemeldete Fälle auf Stadtgebiet
    2006: 943 Fälle
    2007: 790 gemeldete Diebstähle
    2008: 784 Fälle
    2009: 715 Fälle gemeldet
    2010: 894 Fälle auf Stadtgebiet.

    Dazu muss man aber natürlich auch bedenken, dass zu diesen die Dunkelziffer von vermutlich einigen hundert Fällen kommt, bei denen der Diebstahl nicht der Polizei gemeldet wurde.
    Ich hoffe ich konnte weiterhelfen.

    B. R.

  • Oje...

    |

    Danke für die schnelle Antwort!

    Die Zahlen sind allerdings in der Tat bemerkenswert: Zwischen 2005 und 2010 ein Pendeln zwischen 700 und 950 – und dann im Vorjahr ein Hochschießen auf 1600. Da stellt sich allerdings auch gleich die Frage: Ist der wahre Grund wirklich allein eine derart starke Zunahme der Diebstähle?

    Alternativ könnte der Grund nämlich auch daran liegen, dass
    – anders gezählt wurde
    – die Anzeigerate gestiegen ist
    – sich sonstige Parameter verändert haben (z.B. Einwohnerzahl, Erfassungsraum, etc.)

    In Gesamtdeutschland hat sich die Zahl der (angezeigten) Diebstähle in den vergangenen Jahren nämlich nicht wesentlich verändert (er ist trendmäßig sogar zurückgegangen):

    2006 368.308
    2007 372.045
    2008 358.049
    2009 345.346
    2010 306.559
    2011 328.748

    Regensburg als krasser Ausreißer? Wäre interessant zu erfahren, welche Gründe die Polizei dafür anführt.

  • Giovanni Langnese

    |

    Meine Mitbewohnerinnen wurden 2011 auch irhrer Räder beraubt.

    Als sie dann zur Polizei am Minoritenweg gegangen sind um die Sache anzuzeigen mussten sie sich anschnauzen lassen, was sie denn dort wollten und der Polizeibeamte protestierte, die Formalitäten zu erledigen und legte den Mädels auch gleich die Sinnlosigkeit und Dreistigkeit ihres für ihn zeitraubenden Anlieges dar.

    Ich kann verstehen, wenn sich diese Scheiße niemand antun will und keiner den Diebstahl zur Anzeige bringt. Die Dunkelziffer der gestohlenen Fahrräder muss ergo sehr hoch sein.

  • Hans Hauser

    |

    Nur mal so ein kleiner Erfahrungsbericht, welches Interesse die Polizei in Regensburg daran hat, Fahrraddiebstähle aufzuklären:
    Vor knapp 2 Jahren verschwand mein Fahrrad, angekettet an den Fahrradständer im Vorgarten des von mir bewohnten Hauses. Das teure Schloss war mit einem glatten Schnitt durchtrennt worden und lag noch neben dem Ständer. Die Anzeige des Diebstahls bei der PI Minoritenweg dauerte ewig, aber wurde leidlich freundlich aufgenommen.
    5 Werktage später hatte ich Post von der Staatsanwaltschaft im Kasten, der Täter konnte nicht ermittelt werden, das Verfahren wird eingestellt.
    Wenn man von den 5 Tagen die Postlaufzeiten abzieht, und die Bearbeitung durch das Verschicken eines Standardbriefes, weiss man, welche Ermittlungen da angestellt wurden, nämlich gar keine.
    So sieht Polizeiarbeit in Regensburg auch aus. Ist halt nicht so spannend, nach einem Fahrrad zu suchen. Da macht es doch viel mehr Spass, wenn man ein bisschen rumballern kann …

  • Einwender

    |

    @ Hauser und Langnese

    Drastisch sind Eure Schilderungen und korrekturbedürftig.

    Mir ist vor etlichen Jahren in Regensburg ein Rad gestohlen worden, meine Anzeige wurde von einem sehr aufmerksamen, freundlichen Beamten aufgenommen, der mir aber anschließend darlegte, wie gering die Aufklärung solcher Delikte anzusetzen wäre (ich konnte das Rad auch nur dem Aussehen nach beschreiben). Daraufhin habe ICH meine Anzeige zurück gezogen. Es bringt nichts, Polizisten mit aussichtslosen Arbeiten aufzuhalten.

    Vor ein paar Jahren hatte ich einen Verkehrsunfall, zu dem ich die Polizei rufen musste, weil der Unfallverursacher stur die Schuld auf mich zu schieben versuchte. Beide Polizisten, die zur Unfallstelle kamen, waren tadellos korrekt. Auch bei meiner späteren Zeugeneinvernahme wurde ich sehr freundlich behandelt.

    In zwei weiteren Angelegenheiten hatte ich in den vergangenen Jahren Kontakt mit der Polizei. Auch für diese beiden Fälle gilt: Die Polizisten traten tadellos korrekt und freundlich auf.

    Um unlauteren Vermutungen zuvor zu kommen: Ich bin nicht Polizist, ich habe keine Polizisten im Verwandten- oder Freundeskreis. Ihr aber solltet vielleicht nicht allzuschnell die Schubladen füllen und schließen.

  • Giovanni Langnese

    |

    @Einwender:

    Sie brauchen mich nicht zu korrigieren. Meine Beschreibung ist ein Erfahrungsbericht und somit eine Tatsache.

  • steffi

    |

    Lustig, der Artikel ist über fahrraddiebe und geschimpft wird über die polizei. die kann jetzt wirklich nichts dafür.

  • Oje...

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    Liebe Steffi,
    lustig, dass Sie so selektiv lesen… in den von Ihnen beanstandeten Kommentaren steht nämlich, dass die Polizei zwar nichts für die Diebstähle, aber wohl schon etwas für deren mangelnde Aufklärung kann (und zwar wegen Tatenlosigkeit).

    Klar, diese Tatenlosigkeit liegt wohl auch an der mangelnden personellen Ausstattung der P. – aber das wäre für Sie jetzt wohl schon wieder zu differenziert argumentiert, oder? (verzeihen Sie die Spitze)

  • Juanda

    |

    Nicht nur Fahrrad, sondern auch externe Festplatte. Ich habe sie, die ich am meinen Rücksack gestellt habe, am vergangenen Freitag vor dem Lesesaal Wirtschaft an der Uni verloren.

  • Dietmar

    |

    Ja vorgestern haben die Diebe 2 meiner Fahrräder aus dem
    Fahrradkeller gestohlen. Die waren aneinnander gekettet. DREIST!
    Wenn ich den erwische, der soll so schnell wie möglich von mir
    weglaufen.

  • wenniegru

    |

    den inhalt des artikels kann ich nur bestätigen. vor 2 tagen wurde mir auch ein gutes rad entwendet im naiven vertrauen zu glauben das wir in einem land leben wo ehrhrlichkeit gilt hatte ich es für 1/2 std nicht abgesperrt u. es stand vorm haus u. hätte ich nichts besseres zu tun als am fenster zu stehen hätte ich den dieb sogar gesehen. heute habe ich ein altes Rad aus dem keller geholt welches nichts mehr taugt u. an die selbe stelle gestellt u. auch das war innerhalb kurzer zeit verschwunden. so daß ich bestätigen kann das hier echte profidiebe am werk sind. ich werde die sache morgen der polizei berichten.

  • Rgbgin

    |

    Seit mein gutes Rad geklaut wurde (auch Schloss durchgetrennt und dagelassen und der Polizei gemeldet aber leider ohne Rahmennummer) fahre ich mit einem gebrauchten Schrotthaufen. Ich habe mir nicht die Mühe gemacht ein Schloss zu kaufen, bisher ist es auch tatsächlich nie weggekommen, welch Wunder

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drin