Ein neues Frauenhaus für Regensburg ist nötig – und möglich. Finden sich genügend Spender?
252 gewaltbetroffene Frauen haben im letzten Jahr Hilfe beim Autonomen Frauenhaus gesucht. Platz war nur für 30. Jetzt könnte der Trägerverein eine Immobilie erwerben. Doch dafür braucht es die Unterstützung der Regensburgerinnen und Regensburger.

Es ist eine Chance, wie es sie gerade in Regensburg mit seinem überhitzten Immobilienmarkt nur selten gibt. Im 45. Jahr seines Bestehens hat der Verein „Frauen helfen Frauen“ die Möglichkeit, ein zusätzliches Gebäude zu erwerben, um ein neues Frauenhaus zu schaffen und das ohnehin denkbar knappe Angebot an anonymen Wohnmöglichkeiten für Frauen auszubauen, die vor häuslicher Gewalt fliehen. Meist zusammen mit ihren Kindern.
Aktuell bietet der 1980 gegründete Verein im Autonomen Frauenhaus in Regensburg zwölf, der Sozialdienst katholischer Frauen acht Wohnungen an. Hier gibt es neben einem Zimmer umfassende Unterstützung und Begleitung auf dem Weg in ein gewaltfreies Leben. Viel zu wenig angesichts des Einzugsgebiets. Finanziell getragen wird das Frauenhaus von Stadt und Landkreis Regensburg sowie von Neumarkt, Kelheim und Cham. Doch in der Realität werden vereinzelt Frauen aus ganz Deutschland aufgenommen.
Seit Jahren eine Auslastung von über 100 Prozent
Im vergangenen Jahr suchten 252 Frauen Hilfe beim Autonomen Frauenhaus. Aufgenommen werden konnten lediglich 30. Neben den emotionalen Gründen – Zusammenbleiben der Kinder wegen, Angst und dem übermächtigen Gefühl, sich in einer ausweglosen Situation zu befinden – scheitere die Trennung von einem gewalttätigen Partner oft genug an faktischen Gründen, sagt Ingeborg Heindl, Mitarbeiterin beim Autonomen Frauenhaus. „Als alleinerziehende Frau eine eigene Wohnung zu finden, ist überall schwierig. In Regensburg ist es fast unmöglich.“
Der Mangel an Frauenhaus-Plätzen ist kein spezifisches Regensburger Problem. Seit 2018 gibt es mit der von Deutschland unterzeichneten Istanbul-Konvention das erste rechtsverbindliche Instrument, das Mindeststandards für den Schutz, die Rechte und die Unterstützung von Frauen festlegt, die von Gewalt betroffen sind.
Folgt man dieser Konvention und der darauf aufbauenden Kienbaum-Studie, dann fehlen in Deutschland rund 14.000 Frauenhaus-Plätze. Das Autonome Frauenhaus Regensburg war in den zurückliegenden fünf Jahren durchgängig zu mehr als 100 Prozent ausgelastet.
„Das ist ein unerträglicher Zustand.“
Notaufnahmen, nennt man das. Daneben bemühen sich die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, Betroffene irgendwo anders unterzubringen – überregional in anderen Einrichtungen. Manchmal schaffen Betroffene es auch, bei Freunden oder der Familie unterzukommen. „Das ist ein unerträglicher Zustand“, beklagt Heindl.
Zum Vergleich: Eine Recherche von Correctiv vor drei Jahren ergab bundesweit eine durchschnittliche Auslastung in Frauenhäusern von 83 Prozent – sprich: an 303 von 365 Tagen gibt es keinen Platz.
Immobilie würde mehrere Lücken schließen
Die Immobilie, die nun in Regensburg angekauft werden könnte, würde acht zusätzliche Plätze bieten. „Räumlichkeiten und Lage wäre für unsere Zwecke sehr gut geeignet.“ Das Haus verfügt über einen ebenerdigen Eingang, sowie einen Aufzug – und würde damit endlich einen barrierefreien Zugang für Frauen mit körperlichen Beeinträchtigungen ermöglichen. „Sie erfahren häufiger Gewalt und finden auch überregional kaum für ihre Bedürfnisse angepasste Schutzplätze.“
Auch gäbe es Platz für Frauen mit vielen Kindern, ausreichend Raum für Kinderspiel-, und Beratungsräume, für gemeinschaftliche Küchen und Wohnzimmer sowie einen Garten für die Bewohnerinnen und ihre Kinder.
Allein aus eigener Kraft kann „Frauen helfen Frauen e.V.“ den Immobilienkauf nicht stemmen – auch nicht über Kredite. Man ist auf Spenden angewiesen. „Wir hoffen, dass sich die Gesellschaft als Ganzes auch verpflichtet fühlt“, so Heindl. Denn Gewalt gegen Frauen ist ein allgegenwärtiges Thema.
Gewalt in der Partnerschaft geht quer durch alle Schichten
Im Jahr 2023 wurden 132.966 Frauen Opfer von Gewalt durch ihren Partner oder Ex-Partner. Ein Anstieg um mehr als fünf Prozent. „Das zieht sich quer durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten“, so Heindl. „Es ist ein Mythos, dass das ein importiertes Problem wäre oder dass es nur Randgruppen betrifft.“
Es ist lediglich das „Hellfeld“, also Taten, die auch bekannt werden. Das Bundeskriminalamt, von dem diese Zahlen stammen, geht von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus.
Die Taten reichen von Bedrohung und Stalking – allein letzte Woche wurden zwei solche Fälle, „Nachstellung“ genannt, in Regensburg verhandelt – bis hin zu Freiheitsberaubung, Körperverletzung, Vergewaltigung und Mord. 2023 lag die Zahl der versuchten Femizide bei 938. Davon endeten 360 tödlich. Anders ausgedrückt: Es wurde fast jeden Tag eine Frau ermordet, weil sie eine Frau ist. Heindl: „Darauf liegt kaum ein Fokus – weder von der Politik noch von der Gesellschaft.“
Wer die Situation für gewaltbetroffene Frauen in Regensburg verbessern möchte, kann das Autonome Frauenhaus hier unterstützen:
Kontoinhaberin: Frauenhaus Regensburg – Frauen helfen Frauen e. V.
IBAN: DE35 7505 0000 0000 1647 56
BIC: BYLADEM1RGB (Sparkasse Regensburg)
Trackback von deiner Website.



