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Trotz gravierender Lücken

Ergebnis einer städtischen Untersuchung: Regensburger NS-Rüstungsproduzent Wiedamann nicht entlastet

Kurzzeitig wurde das sanierte Wiedamann-Haus in der Brückstraße abgefeiert als Ort, an dem Juden versteckt worden seien. Während sich diese Vermutung rasch zerschlug, kommt nun auch eine städtische Auftragsarbeit trotz erheblicher Lücken zu dem Ergebnis: Der Zinngießer Ernst Wiedamann war alles andere als ein Gegner des NS-Regimes.

Das Wiedamann-Haus in der Brückstraße: teure Wohnungen und ein artist in residence-Programm statt eines geheimen Judenverstecks. Foto: Werner

Fast nichts ist übrig geblieben vom „Sensationsfund“ im Wiedamann-Haus, der Ende 2022 überregionale Schlagzeilen machte. Fast drei Jahre ist es her, als die Mittelbayerische Zeitung verkündete: Dass der Besitzer Wiedamann, „hier während der Nazi-Zeit Juden versteckte“. Von einem geheimen Zimmer war die Rede.

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Nun kommt auch eine Untersuchung der Stadt zu dem Ergebnis: Weder war der damalige Firmenbesitzer, der Zinngießer Eugen Wiedamann, nach Aktenlage ein Gegner des NS-Regimes wie damals kolportiert, noch gab oder gibt es irgendwelche belastbare Hinweise, dass wer auch immer in einer Geheimkammer „während der Nazi-Zeit Juden versteckte“. Anstatt der ersehnten Sensation bleiben in der Brückstraße nur hochpreisige Wohnungen, darunter eine, die das Kulturreferat für ihr Programm artists in residence angemietet hat. (Diesen Samstag werden die residence-Räume erstmals öffentlich präsentiert, die entsprechende Internetseite verschweigt die NS-Belastung des Hauses.)

Zur Erinnerung: Bereits im März 2023 hatte sich die Stadtverwaltung distanziert von der allzu schönen Story vom Judenversteck. Diese sei nur „ein Produkt der Medien“ gewesen. Zuvor aber hatte auch ein städtischer Denkmalschützer dieses Produkt mit Gerüchten und zweifelhaften mündlichen Überlieferung befeuert.

Nach der geplatzten Sensation: Interner Auftrag an Wiedamann-Expertin

Im Zuge der Distanzierung beauftragte Kulturreferent Wolfgang Dersch bereits im März 2023 die städtische Kunsthistorikerin Caroline-Sophie Ebeling mit der Klärung der NS-Vergangenheit der Firma Wiedamann und ihrer mutmaßlichen Geheimkammer. Ebeling gilt als Expertin für Wiedamanns Zinnkunst. Die Firmengeschichte der Zinngießer hat sie in ihrer Dissertation („Silber“ für jedermann – die Zinnkunst der Firma Wiedamann, 2021) untersucht und dabei auch eine Kunstausstellung mit Katalog auf die Beine gestellt.

Von einer Sensation war die Rede, von Assoziationen mit dem Anne-Frank-Haus – doch die Behauptung, dass hier Regime-Gegner versteckt worden sein sollen, ist durch nichts zu belegen. Foto: Effenhauser/Stadt Regensburg

Nun, zweieinhalb Jahre später, kann man die Rechercheergebnisse der Kunsthistorikerin Ebeling im aktuellen Band der Verhandlungen des Historischen Vereins (Bd. 165, Pustet Verlag 2025) nachlesen. Wer allerdings irgendetwas über das „Geheimzimmer“ oder „versteckten Juden“ erfahren will, wird enttäuscht. Ebeling verliert dazu kein einziges Wort. Auch nicht, wieso sie überhaupt weitere Forschungen zu Wiedamann anstellte, wer oder was der Anlass dazu war.

Wiedamann – nur ein Objekt der Nazis und kein Nutznießer?

In der Einleitung ihres gut dreißigseitigen Aufsatzes (Auswirkungen der nationalsozialistischen Politik auf die Regensburger Zinngießerei Wiedamann) heißt es lapidar: Während sich ihre Dissertation einer „kunsthistorischen Aufarbeitung der Firmenerzeugnisse“ widmete, fokussiere der aktuelle Aufsatz „stärker auf diesen Zeitabschnitt und die Auswirkungen der NS-Politik in Wirtschaft und Gesellschaft auf diesen regionalen Familienbetrieb.“

Schon ein Blick auf die Semantik des Titels deutet an, dass Wiedamann vor allem als ein Objekt von politischen Auswirkungen betrachtet werden soll. Nicht als Nutznießer oder Akteur der Kriegswirtschaft eines verbrecherischen Regimes.

Obgleich Ebeling schon in ihrer Dissertation (abgeschlossen 2019) enthüllte, dass die Firma Wiedamann sowohl serielle Rüstungsgüter für den Nazi-Rüstungskonzern Messerschmitt als auch einzigartige Kunstwerke für Reichsmarschall Herrmann Göring fertigte, blieben damals auch Lücken und Fragen, die nun im Nachgang geklärt werden sollten.

Richard und Eugen Wiedamann auf der Frankfurter Herbstmesse 1951. Quelle: Ebeling 2021, Historisches Museum Regensburg

Unklar war beispielsweise, inwieweit Wiedamann als kriegswichtiger „Spezialbetrieb“ mit dem NS-Regime zusammengearbeitet und von diesem profitiert hatte. Ob der Seniorchef der Firma, Eugen Wiedamann, oder sein Sohn und Mitinhaber, Richard, Funktionsstellen im NS-Regime innehatten, ob und mit welchem Ergebnis sie die Entnazifizierungsverfahren durchlaufen haben.

Trotz vieler neuer Details und der erneuten Sichtung des vom Historischen Museums erworbenen Wiedamann-Nachlasses werden relevante Zusammenhänge und Hintergründe auch im vorliegenden Aufsatz kaum geklärt.

Wiedamanns Betriebsordnung für NS-Zwangsarbeit hatte tödliche Folgen

Laut Ebeling ergaben ihre aktuellen Nachforschungen jedoch, dass die „hier zusammengetragenen Fakten Wiedamann als Produzenten für die Kriegsmaschinerie des ‚Dritten Reiches‘ nicht entlasten“. Mit sogenannten Ostarbeitern und sowjetischen Kriegsgefangenen habe die Zinngießerei Wiedamann die gestellten „Herausforderungen“ bewältigt, „nachdem der NS-Staat rechtliche Normen und Regeln der Wirtschaft zu eigenem Nutzen ausgehebelt hatte“.

Wiedamann handelte im NS-Regime zwar „opportun“, habe aber „dabei in der Tat nur einen geringen Spielraum als Familienbetrieb gegenüber der auf Krieg umorientierten Großindustrie“ gehabt, so Ebelings Bewertung. Es ergebe „sich das Bild, dass Ostarbeiter bei Wiedamann neutral behandelt wurden. Die Kriegsgefangenen ebenso, solange sie die Betriebsordnung einhielten.“

Wer sich nicht an die „Betriebsordnung“ der Wiedamanns hielt, sprich nicht unentwegt für den Profit der Zinngießer und die NS-Rüstung arbeitete, sei aber bei den Nazi-Behörden gemeldet und angezeigt wurden.

Denunziation aus „fehlender Weitsicht“?

An einem Beispiel, im Falle der Denunziation des sowjetischen Kriegsgefangenen und Unteroffiziers Michail Miljanenko, attestiert Ebeling den Wiedamanns „fehlende Weitsicht“, da „mit der Meldung von dessen Insubordination das Leben des Kriegsgefangenen leicht aufs Spiel“ gesetzt worden sei. Welche Folgen Wiedamanns Meldung für das Leben Miljanenko tatsächlich gehabt hatte, erwähnt Ebeling nicht.

Aus den einschlägigen und leicht zugänglichen (Online-)Archiven hätte sie entnehmen und referieren können, dass Miljanenko nach der Denunziation verhaftet und ins Konzentrationslager nach Flossenbürg verschoben wurde. Miljanenko war einer von vielen Millionen Sowjetbürgern, die ihre Zwangsarbeit für Nazi-Deutschland und die Denunziation durch Nazi-Betriebsführer nicht überlebten.

Hunderte von toten Zwangsarbeitern in Regensburg

Für die Stadt Regensburg stellte das Standesamt nach Kriegsende und auf Anordnung der US-Militärregierung Listen mit den Namen, Geburtstag und -ort, der Todesursache und den Begräbnisorten zusammen: fast 700 tote „Russen“ und über einhundert „Ukrainer“ wurden gezählt. Hinzu kämen nicht amtlich erfasste oder nicht gemeldete und schnell verscharrte Tote in unbekannter Zahl. Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene, die vor allem für nationalsozialistische Betriebe bis zum Tode schuften mussten, durch Arbeit vernichtet wurden.

Die meisten Gräber wurden längst aufgelöst oder eingeebnet, die Erinnerung an sie durch Nicht-Erwähnen und Verschweigen, bis auf randständige Ausnahmen, getilgt.

Parteinahme und Sympathie für die Zinngießer

Mit einer Mischung aus einfühlsamer Sympathie für den vom NS-Regime vernutzten kleinen Kunstbetrieb Wiedamann und einem befremdlichen Desinteresse hinsichtlich der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beschreibt Ebeling die Zinngießer vor allem als ein Objekt der NS-Kriegswirtschaft. Als ein um seine Existenz kämpfenden „Kleinproduzenten auf unterster lokaler Ebene“, der sich immer wieder um Kriegsbefangene bemühen musste, um zu überleben.

Die für ihre Recherchearbeit angeblich herangezogenen Analysekategorien „Handlungsspielräume und Zwangslagen“ werden nicht wirklich angewandt, und wenn dann nur unkritisch und mit einer grundlegenden Sympathie für den auch im NS-Regime wirtschaftlich sehr erfolgreich handelnden Familienbetrieb Wiedamann, der seinen Reichtum mit der Ausbeutung nationalsozialistischer Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen erzielte. Darunter russische Frauen und Mädchen, die im Wiedamann-Haus in der Brückstraße wohnten und wohl Hausarbeiten verrichten mussten.

Mit Zinngeschirr von Eugen Wiedamann geschmückter Reichssaal zum Besuch Hitlers im Oktober 1933 Quelle: Museen der Stadt Regensburg.

Ebeling beklagt „dauernd drohende Betriebsausfälle“, spricht von einem „zermürbten“ Arbeitsklima „in der Firmenleitung“ und dass sich man sich immer wieder um Kriegsgefangene bemühen musste, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können.

Bereits Ende März 1942 habe Wiedamann zusammen mit zwei namentlich nicht genannten Regensburger Firmen beim zuständigen Rüstungskommando Nürnberg „den Bau einer Baracke für ca. 20 Mann“ beantragt. „Für die Unterbringung sowjetischer ‚Arbeiter‘, mutmaßlich Kriegsgefangener“. Die damals auch erhoffte Zuweisung von sowjetischen Gefangenen sei ausgefallen, diese sei stattdessen an große Firmen wie Messerschmitt oder die Reichsbahn gegangen.

Wie die Lebens- und Sterbesituation der in Baracken untergebrachten Gefangenen sich gestaltete und zunehmend verschlechterte, wieso die Sterberaten der sowjetischen Kriegsgefangenen so extrem hoch waren, darüber weiß Ebelings Recherche nichts zu berichten. 

Enge Zusammenarbeit mit NS-Stadtverwaltung verschwiegen

Ende März 1944 wurde im Zuge der „vom Führer befohlenen Jägerfertigung“ auch im Wiedamannschen Betrieb die „Arbeitszeit auf 72 Stunden pro Woche angehoben und Sonntagsarbeit eingeführt“, schreibt Ebeling. Dass die Firma Wiedamann für dieses letzte Aufbäumen der NS-Rüstungswirtschaft auch eine neue Fabrik für die Zulieferung von Messerschmitt als Produzent der Jäger bauen sollte und wollte, und dafür vom Nazi-Bürgermeister Otto Schottenheim eigens ein städtisches Grundstück mit Bahnanschluss für den An- und Abtransport von gefangenen gehaltenen Zwangsarbeitern zugeschustert bekam, erwähnt sie bezeichnenderweise nicht. Trotz ihres Verweises auf die im Stadtarchiv erhaltenen Plänen für den besagten Fabrikneubau.

Im April 1944 wies Nazi-Oberbürgermeister Schottenheim dafür, laut erhaltenen Akten, das städtische Liegenschaftsamt an, „dass der Fa. Eugen Wiedamann auf Veranlassung des Jägerstabes das zur Betriebsverlagerung benötigte stadteigene Grundstück – Teilf. Aus Fl.Nr. 868 Gemarkung Grünthal I – sofort zur Verfügung zu stellen ist“ (hier genauer).

Der Plan für den Rüstungsbetrieb der Wiedamanns in Wutzlhofen vom November 1943. Handschriftlicher Vermerk: “Die Verlagerung sieht die sofortige Errichtung der Halle für die mechanische Fertigung vor, damit diese Abteilung noch in diesem Jahr aus der Brückstraße heraus verlegt werden kann. Die Gießerei und Drückerei soll so bald als möglich nachgezogen werden.” Aus dem Akt: ZR II 8545.

Stattdessen betont Ebeling für Wiedamann lästige Details wie, dass die „Zuschläge für Feiertagsarbeit während der Ostertage von den Betriebsführern bezahlt werden (mussten)“ Oder: „Wiedamann wurde in der Existenz bedroht und war damit erpressbar – wie sich auch anhand der Situation seiner Arbeitskräfte“ gezeigt habe. „Die Verlagerung der außergewöhnlichen und angeordneten Produktionskosten auf die Privatbestriebe“ [sic!] hätten „Folgen für die Arbeiterinnen und Arbeiter gehabt“. Welche verrät Ebeling nicht. Ebensowenig, dass mit der Anzahl der Beschäftigten (1944: 39) das Jahreseinkommen der Firmeninhaber stetig anstieg: Laut Eigenangaben im Spruchkammerverfahren verdiente etwa Richard Wiedamann 1944 stolze 35.000 Reichsmark.

Wiedamann – ein Familienbetrieb ohne Netzwerke?

Die Liste der zu konstatierenden Auslassungen und gravierenden Mängel in Ebelings Aufsatz ist lang. Ins Auge sticht etwa, dass sie die Firmeninhaber der Zinngießerei völlig getrennt von der gesellschaftlichen Entwicklung und anderen Regensburger NS-Figuren, also ohne Netzwerke, Kontakte und Beziehungen, zeichnet. Dabei hätte Ebeling beispielsweise bequem auf die Recherchen von regensburg-digital zurückgreifen oder verweisen können.

Sie hätte etwa die enge persönliche Verflechtung mit und seinen Persilschein für den NS-Multifunktionär Walter Boll (wie Wiedamann Mitglied der Männerunde Schlaraffia) thematisieren können, der die Wiedamanns als NS-Kunstwart protegierte. Oder auch jene enge Verbindung ansprechen können, die bestanden mit dem seit den 1920er Jahren als rechtsextremen Antisemiten auftretenden Verleger Gustav Bosse und dem Dunstkreis des Regensburger Kunst- und Gewerbevereins, der sich unter der Führung des Nazis Bosse selbst gleichschaltete.

Foto der Hochzeit von Richard Wiedamann und Johanna Cetto 1931 in saal an der Donau. Hintere Reihe stehend in der Mitte: Max Wissner. Sitzend in der Mitte: Eölfriede und Kommerzienrat Ernst Catto, schräg dahinter stehend: Johanna Wiedamann, geb. Cetto, und Richard Wiedamann. Erste Reihe stehend: Hanns von Walther, Gustav Bosse, Eugen Wiedamann (v.l.). Foto: Historisches Museum Stadt Regensburg

Selbst die engen, in städtischen Kunstausstellungen stets betonten Verbindungen der Wiedamanns mit dem stadtbekannten Maler Max Wissner (1873–1959) beschweigt Ebeling. Obwohl sie ihn und sein Porträt des „Russenknaben Wladimir“ (ein jugendlicher russischer Zwangsarbeiter der Familie) in einer Fußnote erwähnt und obendrein krude Entlastungs-Überlegung zu „Rassenporträt“ und „Untermenschen“ anstellt. Dass Wissner zur Entnazifizierung seines Gönners Richard Wiedamann (HJ-Sportreferent und Gefolgschaftsführer seit 1933 bis 1945) einen bezeichnenden Persilschein ausstellte, darüber lässt Ebeling ihre Leserschaft uniformiert.

Dass es auch im nationalsozialistischen Regensburg tragfähige und weitreichende Netzwerke gab, ist eine Binse. Der im Stadtmuseum beschäftige Historiker Roman Smolorz (der mit Ebeling übrigens auch zu den Zinngießern Wiedamann forscht und von ihr mehrfach als Referenz genannt wird), betont die Bedeutung von diesen Netzwerken seit Jahrzehnten zu Recht. Auch für die Wiedamanns haben diese bestanden, das Naziregime überdauert und NS-Funktionäre sogar über die für sie entbehrungsreiche Zeit der Entnazifizierung getragen.

So schrieb beispielsweise der vormalige Nazifunktionär Boll als Angestellter der Wiedamanns die Firmengeschichte um, nachdem ihn die US-Militärregierung 1945 aus seinen vielen NS-Ämtern entfernte. Ebelings Recherche beschweigt die Netze der Wiedamanns konsequent.

Belastendes Selbstzeugnis wird verschwiegen

Ebenso konsequent ignoriert Ebeling ein so zentrales wie belastendes Ego-Dokument des Juniorchef Richard Wiedamann. Im Dezember 1942, als die Kunstproduktion im Hause Wiedamann fast ganz versiegt war und Kriegsgefangene in den Rüstungswerkstätten Wiedamann im Schichtbetrieb für den „Endsieg“ arbeiteten mussten, brüstete sich Richard Wiedamann in einer NS-Broschüre mit einem ganz besonderen Ankäufer seiner Kunst:

„Zu meinen stolzesten Erfolgen in Deutschland rechne ich die wiederholten Ankäufe des Führers.“

(Aus: Eugen Wiedamann, Zinngerät 1943)

Ergriffen vom eigenen Werdegang beschreibt Richard in diesem sehr persönlich gehaltenen Text seine Entwicklung „zum allein verantwortlichen Betriebsführer“. Dabei versäumt er es nicht, etwa der NS-Organisation DAF (Deutsche Arbeitsfront) für die „abermalige Vergrößerung“ seines Betriebs zu danken.

Trinkgeschirr präsentiert auf der Zweiten Deutschen Architektur- und Kunsthandwerk-Ausstellung im Münchner Haus der Deutschen Kunst, 1938. Quelle: DIE KUNST IM DRITTEN REICH (Herausgegeben vom Beauftragten des Führers für die gesamte geistige und weltanschauliche Erziehung der NSDAP, 1/1939)

In ihrer Dissertation (2021) erwähnt Ebeling diese Broschüre von 1943 noch versteckt in einer Fußnote, allerdings ohne den belastenden Inhalt zu referieren. In dem nun in den Verhandlungen des Historischen Vereins erschienen Aufsatz taucht die sicherlich zutreffende Selbstbeschreibung des Richard Wiedamann und sein Stolz auf die Führer-Ankäufe überhaupt nicht mehr auf.

Dabei stellt diese Selbstbeschreibung eine bedeutsame Quelle dar, die jede seriöse Forschung anführen und betonen würde, ja muss. Ebeling tut dies nicht.

Wiedamann als Opfer der Nazis und US-Truppen

Als letztes Beispiel für die nicht selten problematische Arbeitsweise und Schlussfolgerungen Ebelings soll noch der Aspekt Rohstoffe genannt werden.

Mit dem Krieg 1939 wurde der Handel von Metallen bekanntlich kriegswirtschaftlich kontingentiert. „Vor allem die Lage der Zinnbestände“ habe sich, so Ebeling, zunehmend verschlechtert, was zu sogenannten Metallspenden und Beschlagnahmung von metallenen Gegenständen führte.

Auch die Wiedamann’sche Werkstatt sei davon betroffen gewesen. Wegen der Engpässe bei der Zuteilung von Rohstoffen habe Wiedamann „1939 harte finanzielle Einbußen verkraften“ müssen, so Ebeling.

Doch dem nicht genug: „Auch nach Kriegsende und dem Untergang des NS-Regimes“ hatte, so Ebeling, „die Firma weiterhin mit Beschlagnahmungen von Eisen und Metallen zu kämpfen.“ Im Juli 1945 hätten „U.S.-Truppen das Lager der Firma in Saal an der Donau requiriert und u.a. Maschinen, Rohstoffe (ca. 15 t Zinn), ein Motorrad, Musterkataloge, Kunstwerke uvm. entwendet (nicht beschlagnahmt).“

So gibt Ebeling die Angaben Wiedamanns aus einem Antrag für Kriegsentschädigungen von Mitte der 1950er ungeprüft wieder. Wie es sein konnte, dass die Firma Wiedamann im Juni 1945 noch 15 Tonnen Zinn gebunkert hat, die zuvor der Nazi-Kriegswirtschaft entzogen worden sein müssen, das wäre eine zu klärende Frage gewesen.

Rätselhaft bleibt dabei vor allem, wieso Ebeling sich die Rede von den stehlenden US-Truppen zu eigen und die Firma Wiedamann letztlich auch zu einem Opfer der amerikanischen Armee machen will.

Zum Schicksal des Michail Miljanenko

Zum Schluss soll hier noch kurz auf das Schicksal des oben genannten sowjetischen Kriegsgefangenen Michail Miljanenko eingegangen werden; den 1914 in Wizebsk (heute Belarus) geborenen und im Sommer 1942 von den Nazis gefangengenommenen Unteroffizier. Laut Ebeling geht aus den im Historischen Museum erhaltenen Schriftverkehr hervor, dass Wiedamann den ihm zugeteilten Zwangsarbeiter Miljanenko im Sommer 1944 beim zuständigen Rüstungskommando gemeldet habe.

Der Grund: Miljanenko habe sich „weiterhin ‚unwillig‘ und ‚renitent‘ gezeigt“. Wiedamann habe von daher eine weitere Beschäftigung abgelehnt und „energisches“ Durchgreifen und Ersatz gefordert, „denn sonst würden die übrigen Gefangenen daraus eine Methode entwickeln.“ Diese Meldung sei Wiedamann „als nur konsequent“ erschienen, so Ebeling lapidar, die ansonsten zum weiteren Schicksal Miljanenkos schweigt.

Die Effektenkarte des Michail Miljanenko Beruf: Kgf: (Kriegsgefangener). Keine persönlichen Sachen beim Zugang ins KZ-Flossenbürg am 15. Februar 1945. Er starb am 12. März 1945. Quelle: Arolsen-Archives.

Laut der öffentlich zugänglichen Datenbank des Arolsen-Archives wurde der damals 30jährige Unteroffizier Miljanenko Mitte Februar 1945 verhaftet und laut Auskunft der Gedenkstätte Flossenbürg als politischer Schutzhäftling ins dortige Konzentrationslager verbracht. Von dort aus wurde er Ende März ins KZ Natzweiler verschoben. Gestorben ist Michail Miljanenko kurz vor Kriegsende, am 12. März 1945; Todesursache unbekannt. Begraben wurde er laut Recherchen der amerikanischen Armee in Offenburg.

Eugen Wiedamann hat mit seiner Meldung an das Rüstungskommando das Leben von Michail Miljanenko nicht nur leicht aufs Spiel gesetzt, sondern mit seinem energischen Durchgreifen einen absehbaren Vernichtungsprozess in Gang gesetzt und in dessen Tod Kauf genommen. Der nationalsozialistischen Betriebsordnung und des privaten Profits wegen.

Das Schicksal von Michail Miljanenko öffentlich sichtbar am Wiedamann-Haus zu dokumentieren, ihm beispielhaft für die nationalsozialistische Zwangsarbeit mitten im Rüstungsstandort Regensburg stellvertretend zu gedenken, das wäre eine Aufgabe der vielfach beschworenen aber in dieser Hinsicht bislang hohlen städtischen Erinnerungskultur.

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Kommentare (17)

  • Christian Huber

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    Wie “praktisch” wäre das für dieses Projekt gewesen, hätte man mit Eugen Wiedamann einen “zweiten Oskar Schindler” hier in Regensburg gehabt. Nur… Es fehlen die Beweise. Somit bleibt er nur der Fabrikant, der wie viele andere für die Nazis Rüstungsgüter hergestellt hat

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  • Manfred van Hove

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    Auch meinem Großvater wurden zwei französische Kriegsgefangene zur Bewirtschaftung e´seines Bauernhofs zugewiesen. Man setzte so deutsche Frontsoldaten frei und sorgte für Verpflegung und Unterkunft für die Gefangenen. Wehren konnte man sich dagegen nicht.
    Spätestens seit 1944 war jeder Widerstand tödlcih und um ungschoren davonzukommen, haben sich die meisten weggeduckt, um zu überleben. Wer das heute kritisiert, verkennt die damalige Zeit. Die meisten, die heute dem Mutigen spielen, hätten nicht anders gehandel, insbesondere wegen der sog. Sippenhaft.
    Eine ähnliche Untersuchung würde ich mir auch für die Domspatzen in der Nazizeit wünschen.

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  • Mr. T.

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    Manfred van Hove, es stimmt schon, dass der Widerstand irgendwann brandgefährlich wurde. Aber war zuvor genug Widerstand da gewesen? Hätte mehr Widerstand das ganze Übel vielleicht verhindern können? Schwer zu sagen.
    Kooperation oder Opportunismus konnten es erwiesenermaßen nicht verhindern.
    Vielleicht lernen wir ja daraus und warten nicht wieder, bis der Widerstand so tödlich ist, dass dies uns als glaubwürdige Ausrede für fehlenden Widerstand gereicht.

    Es ist ja schon wieder so weit, dass man verantwortlich gemacht wird, wenn in einem braunen Haushalt das Essen anbrennt, sobald man sich öffentlich mit unserem antifaschistischen Grundgesetz solidarisiert.

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  • Christian Huber

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    Mr. T – Den Teufel mit dem Belzebub austreiben war noch nie erstrebenswert. Wenn Ihre Kommunisten, die Sie immer so elegant als Antifaschisten bezeichnen, die Straßenkämpfe in den 20er Jahren gewonnen hätten, wäre die damalige Deutsche Demokratie zur Sowjetrepublik unter Josef Stalin geworden. Und ob das friedlicher gewesen wäre, darf sicher bezweifelt werden.

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  • Mr. T.

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    Ach Christian Huber, meine Kommunisten waren es sicher nicht. Davon halte ich auch nichts. Aber es war ja nicht nur die Wahl zwischen Kommunismus und Faschismus, Dazwischen war schon auch noch die Demokratie. Antifaschismus ist Demokratie und nicht Kommunismus. Einfach mal ins Grundgesetz schauen. Ist ja nicht so schwer. Grundgesetz ist Antifaschismus pur,

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  • Max Kreitmair

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    Kommentar gelöscht. Die immergleiche Debatte der immergleichen Beteiligten mit den immergleichen “Argumenten” nervt.

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  • Manfred Martin

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    Es gab in der Nazizeit genügend Demokraten, aus der SPD, USPD und der Kirche, die gemerkt haben, welch Verbrecher in der NSDAP die Macht übernommen haben! Leider waren es zu wenig, die nicht so dumm waren und mit erhobener rechter Hand und Heil Hitler schreiend durch Gegend marschierten. Aus Guten Morgen und Grüß Gott wurde „Heil Hitler“.
    Auch meine Familie in Hof, eine Arbeiterstadt, waren Gegner! Zwei Brüder meines Großvaters, haben in Hof die Blockwarte verprügelt. Es dauerte nicht lange daß sie nach Dachau kamen und dann in Flossenbürg ermordet wurden! Meine Großeltern haben zusammen mit ihrer Hausgemeinschaft ihren jüdischen Hausarzt im Spitzboden ihres Hauses versteckt! Sie waren aber so klug, dass die Kinder der Hausgemeinschaft bei der Hitlerjugend waren!
    Übrigens waren 1945 8.500.000 verblödete Deutsche, die aktive Mitglieder der NSDAP!
    Übrigens gibt es in der ZDF Mediathek einen guten Film, der aufklärt, wie sich der faschistische Wahsinn in Bayern entwickelte.
    https://www.zdf.de/filme/sturm-kommt-auf-100

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  • tom lehner

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    Das es 80 Jahre dauern muß zu derartigen Erkenntnissen zu gelangen ist erschreckend und doch “So normal”. Dafür gibt es genügend Beispiele in Regensburg und anderswo. Die Berichte, Zeugnisse und Diskussionen zu diversen “Kommunalen Größen und ihren Verdiensten” und ihren tatsächlichen Rollen im Dritten Reich untermauern das eindrücklich. Es gibt genügend Material in den Archiven, Museen und Gedenkstädten um zu verstehen wie es dazu kommen konnte. Wie der Nationalsozialismus die Gesellschaft von Tag zu Tag mehr vergiftete. Bei ZDF Info läuft das in Dauerschleife.

    Der Haken daran ist das man es wollen muß. Das es in totalitären Systemen auch Gewinner gibt ist ja nichts neues. Gerade die Großindustrie hat sich sehenden Auges den Nationalsozialisten angebiedert. Man hat sich nicht “Weggeduckt” sondern weiter Geschäfte gemacht. Egal ob das Oberhausen, Essen oder Regensburg war. Hitler war darauf angewiesen und für Bohlen und Halbach, den Quandts und einigen anderen war das eine ganz einträgliche Allianz. Sie waren einer der Steigbügelhalter Hitlers. Das sich “Totalitäre” Systeme das gerne zu eigen machen weiß Putin, XI Jinping, aber auch Trump für sich zu nutzen.

    Was viele vergessen, ist das der Nationalsozialismus schon damals mit größter Effizienz Propaganda betrieben hat. In gleichgeschalteten Zeitungen, im Rundfunk, im Kino und auch schon im Fernsehen. Die Dekadenz und der Größenwahn des Zentrums haben letztendlich den finalen Stein gesetzt der Hitler zu Macht gelangen ließ. Das funktioniert im Übrigen damals wie heute sehr gut. Zudem beschleunigen die sozialen Medien die Verbreitung von Fremdenfeindlichkeit, rechter Fake News und Propaganda exorbitant. Der neue Volksempfänger nennt sich Smartphone.
    Was heute mit “Stadtbild” umschrieben wird, war damals das “Juden sind hier unerwünscht”.

    Das “Die Deutschen” in der “Es war eine andere Zeit” keine Wahl hatten stimmt so nicht. Die Menschen hatten Sie. Die Aktion T4, also die “Euthanasie”, die “Vernichtung unwerten Lebens”, das Töten psychisch Kranker oder behinderter Menschen, gedacht als “Rassenhygienische Maßnahme”, wurde wegen zunehmenden Protesten aus dem Lager der Kirchen, zumindest im großen Stil eingestellt.
    Der Anfang dafür findet sich in unzähligen Schriften der Nationalsozialisten und manifestiert sich bereits in den Nürnberger Rassegesetzen von 1933.

    Das es 80 Jahre dauert zu derartigen Erkenntnissen zu gelangen ist erschreckend und doch “So normal”. Dafür gibt es genügend Beispiele in Regensburg und anderswo. Die Berichte, Zeugnisse und Diskussionen zu diversen “Kommunalen Größen und ihren Verdiensten” und ihren tatsächlichen Rollen im Dritten Reich untermauern das eindrücklich.

    Man muß weder “Kommunist” noch “Links” sein um sich darüber zu wundern.

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  • Josef Brandl

    |

    @v. Hove und alle:
    Weder in dem o.g. Artikel noch in dem kritisierten von Ebeling geht es um Widerstand, oder um die Vorstellung, sich in der Nazizeit nicht wehren zu können, wie sie meinen.

    Sondern, m.E. wie die Studie Ausbeutung von Zwangsarbeitern, Denunziation und den Profit der Wiedamanns beschreibt oder weglässt.

    Eine ähnlich vertuschende Untersuchung für die Domspatzen in der Nazizeit gibt es schon: die Auftragsarbeit der Domspatzen, die der im Text erwähnte R. Smolorz verfasste. Ein emeritierter, auf NS-Geschichte spezialisierter Professor urteilte damals: Smolorz wollte den Domchor und Schrems so unbeschadet und gut wie möglich davonkommen lassen. Genauso wie Ebeling die Wiedamanns.

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  • Mr. B.

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    Zu Christian Huber
    12. November 2025 um 21:45 | #
    Eine wirklich gute Antwort.

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  • Ms. R.

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    Liebe Diskutierende,
    Es ist sehr interessant, dass hier sehr viel über die möglichen Haltungen Einzelner während der NS-Zeit diskutiert wird. Was mich schockiert, ist die Gegenwart.
    Hier liegt eine Untersuchung vor, die im Auftrag der Stadt Regensburg verfasst wurde. Sie weist Lücken und Ausdrucksweisen auf, die an Menschenfeindlichkeit grenzen bzw. schlichtweg menschenfeindlich sind. Wir alle wissen, dass Verschweigen und Verharmlosung eine sehr effiziente Geschichtsumdeutung darstellen. Hier wurden Menschen verschleppt und zur Zwangsarbeit eingesetzt. Menschen starben und wurden als Verfügungsmasse behandelt. Dies im Rahmen „Herausforderung“ um in Kriegszeiten die Produktion aufrecht zu erhalten, darzustellen, wird dem Elend und dem ganzen NS-System nicht gerecht. Genau dieses System lebt weiter, das ist es doch, was diskutiert werden muss.

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  • Volker Artmann

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    Ein guter Verlgeich von C.H. Der Spruch „Den Teufel mit dem Belzebub austreiben“ lässt sich treffend auf die politische Situation in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg anwenden, als Kommunisten und Nationalisten auf den Straßen kämpften und dabei die junge Weimarer Demokratie immer weiter in die Zange nahmen. Was als Widerstand gegen ein autoritäres System begonnen hatte, endete in einem Teufelskreis, bei dem beide Seiten versuchten, das „Übel“ des jeweils anderen zu bekämpfen, ohne zu erkennen, dass sie nur eine andere Form des Übels heranzogen, das den demokratischen Staat gefährdete. Nach dem Ersten Weltkrieg war Deutschland politisch zerrissen. Der Krieg hatte die Gesellschaft tief gespalten, und die Weimarer Republik stand vor massiven wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen. Die Weimarer Verfassung, die als Antwort auf die Niederlage im Krieg und die revolutionären Bewegungen geschaffen wurde, war von Anfang an von vielen Seiten angegriffen. Während die Kommunisten versuchten, das „Kapitalismus“-System zu stürzen und durch eine sozialistische Revolution zu ersetzen, betrachteten die Nationalisten die Demokratie als schwach und zerrüttet, als Folge des „Dolchstoßes“ von links und als Verrat an der „nationalen Ehre“. Beide Ideologien – die Kommunisten auf der linken Seite und die Nationalisten auf der rechten – versuchten, das jeweils andere System zu verdrängen, doch statt die Demokratie zu schützen, trugen sie nur zu ihrer Zerstörung bei. Die Kommunisten, die den Kapitalismus und den Imperialismus bekämpfen wollten, strebten eine sozialistische Gesellschaft an. Doch die Gewalt, die von beiden Seiten ausgeübt wurde, führte lediglich zu einer weiteren Form der Repression, einem autoritären Staat, der – ganz im Sinne des Spruchs „Den Teufel mit dem Belzebub austreiben“ – die Demokratie noch weiter erdrosselte. Letztlich führte der Kampf zwischen diesen beiden politischen Extrempositionen dazu, dass sich der Teufel in Form des autoritären Nationalismus als die dominante politische Kraft durchsetzte, als die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen.
    In der heutigen Zeit erleben wir einen ähnlichen Kreislauf von politischen Auseinandersetzungen – allerdings in einem anderen Kontext. Die wiedererstarkte Rechte, repräsentiert durch populistische, nationalistische und sogar faschistische Bewegungen, stellt in vielen westlichen Ländern, einschließlich Deutschlands, eine zunehmende Bedrohung für die demokratischen Institutionen dar. Dabei bedient sich diese Rechte zunehmend autoritärer Rhetorik und setzt auf die Polarisierung der Gesellschaft. Ihre Vorstellungen von „Volksgemeinschaft“ und „Staatsführung“ rufen Erinnerungen an die dunklen Zeiten des Nationalsozialismus hervor.

    Dem gegenüber stehen Gruppen wie die Antifa, anarchistische Bewegungen und diverse linke Strömungen, die diesen autoritären Nationalismus bekämpfen und für eine vielfältige, offene Gesellschaft eintreten. Doch auch diese linken Kräfte, die sich gegen Faschismus und Rassismus positionieren, gehen oft mit radikalen Mitteln vor, sei es durch Proteste, Blockaden oder sogar Gewalt. Wie im historischen Kontext des frühen 20. Jahrhunderts kann man hier die Frage stellen: Bekämpfen sie den „Teufel“ der rechten Bewegung mit dem „Belzebub“ des linken Extremismus?

    Die Vorstellung, dass sich der radikale Kampf gegen eine Bewegung mit einer anderen, ebenfalls radikalen Bewegung bekämpfen lässt, birgt Risiken. Während die Bekämpfung des aufkommenden Rechtsextremismus durchaus notwendig ist, kann die methodische Gewalt und die Spaltung durch linke Radikale das gesellschaftliche Klima weiter vergiften und zu einer weiteren Eskalation führen. Auch hier stellt sich die Frage, ob der Versuch, den Teufel zu vertreiben, nicht einfach einen neuen, gefährlichen Belzebub heraufbeschwört, der der Demokratie letztlich genauso schadet wie der erste.

    In der heutigen politischen Landschaft hat sich der „Teufel“ in Form eines autoritären Nationalismus manifestiert, der durch populistische Bewegungen, wie die Alternative für Deutschland (AfD) und andere rechte Gruppierungen, wieder erstarkt ist. Diese Gruppen spielen mit Ängsten vor Migration, kulturellen Veränderungen und sozialer Ungleichheit, um Wähler zu mobilisieren, und setzen auf eine Politik der Ausgrenzung und Isolation. Die Reaktion darauf von Teilen der linken Bewegung, die sich in Form von Antifa- und anarchistischen Gruppen artikuliert, ist oft auf Konfrontation und Ablehnung ausgerichtet, was zu einer Verhärtung der Fronten führt.

    Die Gefahr ist, dass beide Seiten – sowohl die extreme Rechte als auch die radikale Linke – in ihrer Auseinandersetzung die Werte der Demokratie gefährden. Die Weimarer Republik zeigt uns, wohin es führen kann, wenn sich politische Bewegungen nicht auf die Demokratie selbst stützen, sondern auf der Straße ihre Macht demonstrieren und gewaltsame Auseinandersetzungen führen. Der demokratische Mittelweg, der den Dialog sucht und die Rechte aller respektiert, wird dadurch zunehmend an den Rand gedrängt.

    Es bleibt abzuwarten, ob die Gesellschaft die Lehren aus der Vergangenheit gezogen hat und ob der demokratische Staat stark genug ist, diesen extremen Kräften entgegenzutreten, ohne selbst zu zerbrechen. Die Herausforderung für uns heute ist es, zwischen den Extremen der Gesellschaft zu vermitteln, die Demokratie zu verteidigen und zu verhindern, dass das Bekämpfen des einen Übels das andere hervorruft.

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  • Roman Serlitzky

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    Fazit: Antifaschismus ist nicht automatisch Demokratie und Rechtstaatlichkeit

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  • R.S.

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    Da im obigen Artikel nicht darauf eingegangen wird, mit welcher Begründung Ebeling hinsichtlich der zivilen ZwangsarbeiterInnen schreibt:

    „Es wurde wohl auf eine den Verhältnissen entsprechend gute Behandlung der Genannten geachtet …“ (S. 372)

    „dass Ostarbeiter bei Wiedamann neutral behandelt wurden…“ (S. 376)

    habe ich die Passagen im Original nachgelesen.
    Dieses ist seit heute frei zugänglich unter:
    https://www.heimatforschung-regensburg.de/3430/

    Ebeling liefert leider keine Begründung dafür, sie spekuliert nur, um die Wiedamanns zu entlasten können. Dass sie im Nazi-Jargon von Ostarbeiter spricht, mag ich ihr als Kunstgeschichtlerin nicht ankreiden, da sie ja hinsichtlich NS-Geschichte keine besondere Expertise besitzt.

    Was ich der Leiterin der Städtischen Galerie aber sehr ankreiden muss, ist:
    dass sie sich nicht zur NS-Belastung von Max Wisser äußert und ihm stattdessen irgendwas andichtet;
    dass sie nicht erwähnt, dass der NS-Kulturobmann Walter Boll seinen Spezi Wissner in mehrere Nazi-Ausstellungen holte, oder dass Wissner die von den Nazis verfemten Bilder der Ausstellung „Entartete Kunst“ in den Räumen des Kunst- und Gewerbevereins in Regensburg aufhängte, nachdem Boll sie nach Regensburg holte.

    Ebeling weiß, dass Boll in der Nazizeit als Museumsleiter Bilder von Wissner aufkaufte, sie sind noch dort, erwähnt das aber nicht.

    Ebeling weiß, dass das von ihr erwähnte Bild mit dem „Russenknaben Wladimir“ einst Richard Wiedamann gehörte, der wiederum 1964 eine Gedächtnisausstellung im Kunst- und Gewerbeverein Regensburg für Wissner organisierte. Vielleicht, weil er einen Persilschein von Wissner bekam? was sie wiederum verschweigt.

    Was Ebeling weder referiert noch interessiert, ist ob der von ihr erwähnte „Russenknabe“ Wladimir Pluschewa, seine Mutter und zwei Schwestern die Ausbeutung als „Ostarbeiter“ bei den Wiedamanns überlebten, nachdem sie im Juli 1944 geben eine andere Familie ausgetauscht wurden.
    Es nicht unwahrscheinlich, dass auch die Mitglieder der Familie Pluschewa gegen die Nazi-Betriebsordnung im Hause Wiedamann verstoßen haben und der NS-Profiteur Wiedamann auch hier energisch durchgegriffen und denunziert hat.

    Die Leiterin der Städt. Galerie Ebeling hat sich mit ihrem aktuellen Aufsatz in meinen Augen mit der misslungenen Weißwaschung ihrer Zinn-Künstler als Wissenschaftlerin disqualifiziert.

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  • Mr. T.

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    Schlimm, wie hier und anderswo Rechte all denen Spaltung vorwerfen, die nicht den ehemals als konservative Mitte bekannten Gruppen auf ihrem Weg nach ganz rechts folgen, auf den sie sich von den Faschisten treiben lassen.

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  • Günther Herzig

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    Wo kann ich die Untersuchung der Stadt vom März 2023 nachlesen? Wer kann mir einen Tipp geben?

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  • Robert Werner

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    @ G. Herzig,
    im März 2023 hat sich die Stadtverwaltung nur distanziert und auf meine detaillierte Anfrage hin, von „ein Produkt der Medien“ gesprochen. Aber keine Untersuchung vorgelegt, nur die eben von Ebeling vorgelegte angekündigt.

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