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Flüchtlingsproteste: Sollten Aussagen erpresst werden?

Pressemitteilung von Unterstützer_innen der hunger- und durststreikenden Asylsuchenden am Münchener Rindermarkt Wir sehen uns aufgrund der aktuellen Diffamierungen in der Öffentlichkeit dazu gezwungen, eine Erklärung als Unterstützer_innen herauszugeben, obwohl dies gegen unsere Prinzipien verstößt, einzig unterstützend zu agieren. Unsere Namen und die Zugehörigkeit zu politischen Gruppen spielen keinerlei Rolle, weil dies nicht unser Protest ist, sondern der Protest der Asylsuchenden (Non-Citizens) selbst. Hierbei handelt es sich um eine sowohl theoretische als auch praktische Erkenntnis, die sich innerhalb der letzten anderthalb Jahre dieses Protests herauskristallisiert hat und in mehreren Erklärungen der streikenden Asylsuchenden selbst nachvollziehbar gemacht worden ist. Die Zurückhaltung der Unterstützer_innen ist also nicht auf deren vermeintliche konspirative Rolle zurückzuführen, sondern lediglich auf einen respektvollen Umgang mit den Forderungen und Wünschen derjenigen, von denen dieser Protest ausgeht. Die Aufgaben der Unterstützer_innen sind ganz klar begrenzt auf Logistik, medizinische Versorgung (Medi-Gruppe), Betreuung des Infopunktes, Weiterleitung der Anfragen von Medien sowie Bereitstellung von Dolmetscher_innen. Sowohl auf inhaltlicher Ebene des Streiks als auch auf die Wahl der Protestmittel haben wir keinerlei Einfluss genommen. Wir waren zu keinem Zeitpunkt involviert in die Entscheidungen, was sich beispielsweise daran gezeigt hat, dass wir keinen Zutritt zu den Plenarsitzungen hatten, es sei denn wir taten dies in der Rolle als Dolmetscher_innen. Das angebrachte Absperrband galt daher nicht nur den Passant_innen, von deren Großteil immer wieder verbale Attacken ausgingen, sondern auch uns, damit wir den Bereich nur betraten, wenn es die Streikenden wünschten. Die Mediziner_innen der Medi-Gruppe hatten jedoch während des gesamten Zeitraums uneingeschränkten Zugang zum Camp. Es gab einzelne Personen, die als Medien-Gruppe in Absprache mit den Non-Citizens allgemeine Informationen über den faktischen Verlauf des Protestes in deutscher Sprache an die Presse weitergaben. Außerdem spielte Ashkan Khorasani eine wichtige Rolle als Übermittler zwischen Asylsuchenden und Presse sowie gegenüber politisch-städtischen Vertreter_innen. Dabei hat er nach außen stets betont, kein Sprecher sondern lediglich ein Übermittler der Forderungen der Asylsuchenden zu sein. Er hatte in diesem Sinne auch keine Verhandlungsmöglichkeiten, sondern konnte und wollte nur die politisch-administrative Reaktion auf die klare Forderung der Non-Citizens zurück in das Camp vermitteln. Als ehemaliger Non-Citizen steht er durch eine lange Zeit der Zusammenarbeit in engstem Kontakt mit den Streikenden, war aktuell nicht aktiv am trockenen Hungerstreik beteiligt, sondern hatte eine besonders enge Rolle als Unterstützer inne. Dennoch wird nun von Seiten der Presse und der politisch-administrativen Ebene versucht, ihn als Führer und Sprecher zu betiteln, der im Alleingang über die Köpfe der Streikenden hinweg und in Gefährdung deren Lebens nach außen hin entschieden hätte und dabei lediglich seine individuelle politische Propaganda betrieben hätte. Diesem Bild widersprechen auch wir als Unterstützer_innen hier vehement – parallel dazu, dass auch die Non-Citizens diesen Punkt schon mehrfach in Gesprächen und Erklärungen klargestellt haben. Zur Räumung in den frühen Morgenstunden am Sonntag, den 30.6.: Die Befürchtung, dass es zu einer Räumung kommen kann, stand stets im Raum. Allerdings rechneten wir nicht mit einer derart brutalen polizeilichen Aktion, da die Verantwortlichen für die Entscheidung zur Räumung ein äußerst großes Risiko für die bereits geschwächten Personen eingingen. Die Ankündigung der Versammlungsauflösung erfolgte ohne jegliche Übersetzung und rechtswidrigerweise erst nach dem Eindringen ins Camp. Die Polizei nahm in ihrer Vorgehensweise weder Rücksicht auf den Gesundheitszustand der geschwächten Protestierenden, noch auf die Anwesenheit der Kinder sowie einer schwangeren Frau. Unser Versuch, das Eindringen der Einsatzkräfte zu verhindern, geschah in Absprache mit den Streikenden. Dabei war unser Widerstand bei der Räumung ausschließlich gegen die polizeilichen Einsatzkräfte gerichtet und explizit nicht gegen die Rettungswägen und Mediziner_innen vor Ort. Wir sprechen von einer Situation, in der Menschen, die sich seit fünf Tagen im trockenen Hungerstreik befanden, noch schlafend vom USK überrannt und tätlich angegriffen worden sind. Es gibt Videoaufnahmen und Fotos, die beweisen, dass Durststreikende gegen ihren Willen von der Polizei gewaltsam herausgeschleift wurden. Andere wurden in Handschellen abgeführt, in Gewahrsam genommen und über Stunden festgehalten. Die medizinische Versorgung, die diese Räumung legitimieren sollte, blieb bei diesen Menschen während der gesamten Inhaftierung – bis zu sieben Stunden – allerdings aus! Teile der Presse wurden von der Polizei aktiv daran gehindert, während der Räumung zum Protestcamp durchzukommen. Die Art und Weise, wie die Polizei das Camp gestürmt hat, zeigt genau, dass dies kein humanitärer Einsatz war, sondern dass dieses Camp aus politischen Gründen und um jeden Preis geräumt werden sollte. Dabei wurde der mögliche Tod von Menschen billigend in Kauf genommen. Die Sorge des Jugendamtes und des Sozialreferats um die am Camp anwesenden Kinder während der vorangegangenen Tage erscheint umso lächerlicher in Anbetracht des traumatischen Erlebnisses bei diesem Polizeieinsatz. So ein Trauma lässt sich nicht wiedergutmachen, indem die Kinder temporär in Vier-Sterne-Hotels untergebracht werden, wie es kurz nach dem Einsatz geschah. Die Protestierenden wurden nach eigenen Angaben kurz nach ihrer Unterbringung in Hotels, Krankenhäusern und anderen Unterkünften unter massiven Druck von Polizeibeamten gesetzt, um Aussagen gegen Ashkan Khorasani zu treffen. Dies zeigt einmal mehr, dass es einzig und allein um die Auflösung eines unliebsamen Protests ging, dessen Beteiligte nun mit größter Vehemenz ruhiggestellt werden sollten. Mit der Verdrehung von Tatsachen und frei erfundenen Unterstellungen haben die Zuständigen es geschafft, mit Hilfe der Presse ein Bild von diesem Protest zu konstruieren, das dem realen Geschehen nicht entspricht. Auch die Meldung, dass den Streikenden eine Aufenthaltsgenehmigung nach Artikel 23 in Aussicht gestellt wurde, war gelogen. Von den Behörden war keinerlei Angebot gemacht worden. Stattdessen waren die Verhandlungen ohne weiteres für gescheitert erklärt worden. In Anbetracht dessen, dass die Politik durch Falschaussagen Gründe für die Räumung inszeniert und somit die Presse für ihre Zwecke instrumentalisiert hat, macht deutlich, wie schäbig der Vorwurf der Instrumentalisierung gegen die Unterstützer_innen dieses Protests ist. Gerade wegen dieser unsauberen, unlauteren Methoden sowie dem Verzicht auf eine rechtmäßige Auflösung der Versammlung, die Räumung um 5:00 Uhr morgens und damit ohne jede Öffentlichkeit, wie auch die fehlende medizinische Versorgung der festgenommenen Durststreikenden, wäre eine kritische Berichterstattung notwendig gewesen. Es zeigt sich in der öffentlichen Darstellung dieses Protests deutlich, wie wieder einmal versucht wird, die Rolle der Asylsuchenden auf eine passive zu reduzieren, in der ihre Forderungen nicht als ihre eigenen verstanden werden und sie lediglich als unselbstständige und unkritische Objekte gesehen werden, die sich instrumentalisieren lassen. Es zeigt sich erneut eine zutiefst rassistische gesellschaftliche Haltung, in der nicht-deutschsprachigen Menschen die Fähigkeit des eigenständigen Denkens abgesprochen wird. Gerade durch diese Reaktion der Öffentlichkeit wird die berechtigte Kritik der Asylsuchenden an der Unterscheidung zwischen den Bürger_innen und Nicht-Bürger_innen bewiesen. Denn das Recht auf die freie Äußerung der Meinung ist das Recht jedes Menschen, ob mit oder ohne Ausweis! Unterstützer_innen der streikenden Asylsuchenden in München
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