Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino

Unterstützen Sie unabhängigen Journalismus für Regensburg!

Hallo. Schön, dass Sie hier lesen oder kommentieren. Fast noch mehr freuen würden wir uns, wenn Sie die Arbeit von regensburg-digital mit einem kleinen (gern auch größerem) Beitrag unterstützen. Wir finanzieren uns nämlich nur zu etwa einem Drittel über Werbeanzeigen. Und für die gibt es bei uns auch ausdrücklich keine zusätzliche Gegenleistung, etwa in Form von PR-Artikeln oder Native Advertising.

Mehr als zwei Drittel unseres Budgets stammt aus Spenden – regelmäßige Beiträge von etwa 300 Mitgliedern im Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.

Anders ausgedrückt: Wir bauen auf Sie – mündige Leserinnen und Leser, die uns freiwillig unterstützen. Seien Sie dabei – mit einem einmaligen oder regelmäßigen Beitrag. Herzlichen Dank.

Spenden Sie mit
Kolumne

Morgen, Regensburg! Von Konzepten, Klagen und Klos

Manche heiße Diskussion stellt sich als Nullnummer heraus, manche Konzepte verdienen den Namen nicht und manche Bratwurst geht die Öffentlichkeit nichts an. Außerdem starten wir einen Podcast-Testballon und rufen zu Spenden an das Autonome Frauenhaus auf. 

1. Regensburg, deine Toiletten

Irgendwo im Internet ist bekannt geworden, dass… Nein. Ernsthaft. In einem Meinungstext in der Mittelbayerischen Zeitung habe ich kürzlich gelesen, dass Unisex-Toiletten, die die Grünen am 23. Oktober im Verwaltungsausschuss beantragt haben, „weiter heiß diskutiert“ werden würden, ja, dass das Thema sogar „polarisiert“.

Nun muss ich gestehen, dass diese anscheinend heiße Debatte im Speziellen und das Thema Unisex-Toiletten im Allgemeinen an mir ein wenig vorbeigegangen ist. Es war in meinen Augen ein eher nachrangiger Punkt, der da auf der Tagesordnung stand. Aber dass irgendetwas anderes wichtiger sei, oder ob wir den keine anderen Probleme haben, kann man immer sagen. Es ist ein Null-Argument, um nicht zu sagen: dumm.

WERBUNG

Mir persönlich erschließt sich, vermutlich altersbedingt, nicht ganz, warum eine Unisex-Toilette ein Vorteil sein soll für Menschen, die sich in in der Geschlechterdualität männlich-weiblich nicht wiederfinden. Wenn es eine Toilette für alle ist, so das Konzept, dann werden dort auch cis-Männer ihr „Geschäft verrichten“ und gerade das mag ja bei Menschen, die sich in den Kategorien männlich-weiblich nicht wiederfinden, für Unwohlsein sorgen.

Klo mit verbesserungswürdigem Hygienestandard. Ein Symbolbild aus einer anderen Stadt. Foto: Aigner

Wenn man ein geschlechtergerechtes Klo, einen Schutzraum für Frauen, Lesben, inter*, nicht-binäre, trans* und agender Personen schaffen möchte, dann halte ich das Konzept der FLINTA-Toilette für nachvollziehbarer. Hier bleiben besagte cis-Männer außen vor, also Männer, die sich mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugeschrieben wurde.

Andererseits hat Regensburg definitiv ein Toiletten-Problem, sowohl, was deren Anzahl als auch deren Zustand betrifft. Insofern ist jede zusätzliche Toilette sinnvoll und auch eine Unisex-Toilette kann man so gestalten, das sie von FLINTAs benutzt werden kann, etwa durch Kabinen. Bei der „Luxustoilette“ am Schwanenplatz kann man, wie von den Grünen vorgeschlagen, zum Beispiel einfach die Schilder an den Kabinen entfernen. Thema erledigt.

Vor diesem Hintergrund kann ich an dem Grünen-Antrag zumindest nichts Schlechtes erkennen, aber weil der ja so „heiß diskutiert“ worden sein und „polarisiert“ haben soll, habe ich mir die Aufzeichnung der entsprechenden Sitzung angehört (hier gibt es die noch für ein paar Wochen).

Um es kurz zu machen: Zumindest was den Stadtrat betrifft, ist diese Darstellung schlicht und ergreifend falsch. Die Oberbürgermeisterin hält das Thema für sinnvoll, auch der Planungsreferent. Die CSU spricht von einem „sehr vernünftigen Vorschlag“ und sogar AfD-Stadtrat Thomas Straub hat dem Antrag zugestimmt, wenngleich versehen mit ideologischem Gedöns („Partikularinteressen“). Beschluss: einstimmig. Insofern war der Meinungstext, der Gegenteiliges behauptet ein, billiges Wortspiel, Griff ins Klo.

Eine halbwegs positive Toiletten-Nachricht gibt es auch noch. Weil das Klo am Neupfarrplatz aufgrund der dort regelmäßig untragbaren Zustände nun dauerhaft geschlossen ist, wurden jetzt zumindest drei Dixies aufgestellt. Die Sanierung des Neupfarrplatz-Klos soll „zeitnah“ angegangen werden. Zeit wird’s.

2. Eine Fleißarbeit in Sachen Marktwesen

Ein anderes Thema, das ebenfalls am 23. Oktober im Verwaltungsausschuss besprochen wurde, war das „Marktkonzept“, mit dessen Erstellung das Ordnungsamt, genauer gesagt die Abteilung Marktwesen, seit über fünf Jahren beschäftigt war. Der entsprechende Auftrag des Stadtrats stammt vom Juni 2020.

Der städtische Chefjurist Dr. Walter Boeckh. Foto: Archiv/Staudinger

Man kann natürlich Verständnis haben für die wortreichen Erklärungen von Rechtsreferent Walter Boeckh, warum das so lange gedauert hat. Personelle Engpässe, langwierige Krankheitsfälle in der zuständigen Abteilung, die „zeitaufwändige Gewinnung von Beschickerinnen und Beschickern“ für bestehende Märkte – und natürlich die Corona-Pandemie, die einiges durcheinandergebracht habe.

Andererseits frage ich mich schon, warum man fünf Jahre braucht, um am Ende ein 61 Seiten starkes Papier vorzulegen und es auch noch als Konzept zu bezeichnen, wo es doch nicht mehr ist, als eine Zusammenstellung der Märkte, die es schon gibt – inklusive Christkindlmärkte und Dult (hier als PDF). Da kann man die Anekdoten, die Walter Boeckh zu jedem Markt zu erzählen wusste, für noch so unterhaltsam halten – das ist kein Konzept, sondern eine solide gemachte Fleißarbeit.

Ansonsten liefert das Papier die Erkenntnis, dass die Stadt es nicht oder kaum schafft, dauerhaft funktionierende Märkte an anderen Orten zu etablieren. Diverse Versuche im Wohngebiet auf der Nibelungenkaserne – gescheitert. Ein Wochenmarkt auf dem noch in Entstehung befindlichen Wohngebiet auf der Prinz-Leopold-Kaserne – derzeit „nicht sinnvoll“. Ein größerer Viktualienmarkt auf dem Neupfarrplatz – „problematisch“.

Hat das mit dem Bio-Donaumarkt hinbekommen: Daniel Frost Foto: as

Man muss also zur Kenntnis nehmen, dass sich die darauf spezialisierte Abteilung bei der Stadt schwertut damit, neue Märkte zu etablieren oder am Laufen zu halten. Die Kritik von Florian Rottke (Brücke) fand ich wohltuend. Er bezeichnete die gescheiterten Bemühungen für den Neupfarrplatz als „Armutszeugnis“. Die Stadt schaffe dort offenbar nicht mehr, „als die Leute sechs Wochen lang mit Glühwein vollzupropfen“.

Ein Privater, Daniel Frost, hat es hingegen geschafft, den Bio-Donaumarkt mittlerweile zu einem fixen Treffpunkt mit einem stabilen Stamm an Beschickern zu machen und mit dem Bio-Bauernmarkt im Gewerbepark ein weiteres Projekt auf die Beine gestellt zu haben.

Vielleicht sollte sich auch die Abteilung Marktwesen daran orientieren, was Frost richtig macht – ohne all die Infrastruktur, die der Stadt Regensburg zur Verfügung steht – und nicht nur Gebühren nehmen und, zumindest in der Vergangenheit, auch noch blöd daherzureden.

Die Debatte zum „Marktkonzept“ kann man ebenfalls hier anhören.

3. Live-Geplauder zum Nachhören

Am letzten Sonntag habe ich mit Adam Lederway von Ghost Town Radio mal wieder live über alles mögliche geplaudert, was in Regensburg so los war. Nach langer Pause. Über ein halbes Jahr liegt die letzte „Regensburg Analog“-Show zurück. Insofern möge man es mir nachsehen, wenn ich mich gelegentlich etwas in Rage gequatscht habe. Zumindest mir hat es gefallen.

Wir starten nun mal den Versuch, die Aufzeichnung (leicht geschnitten) als Podcast anzubieten. Vielleicht machen wir das jetzt öfter. Alles kann, nichts muss.

4. Das Autonome Frauenhaus braucht Geld

Am Mittwoch war ich bei einem Prozess, in dem ein Mann verurteilt wurde, der seine Ex-Frau über einen Monat bedroht und beleidigt hatte – strafbar als Nachstellung. Zitiert habe ich in der ausführlichen Reportage nur eine vergleichsweise harmlose Passage aus den zahlreichen Nachrichten, die er ihr geschrieben hat.

Die Gewaltphantasien, die in der Verhandlung verlesen wurden, waren teils derart explizit und detailliert, dass ich das niemandem zumuten wollte.

Ich kann das Dilemma, in dem sich das Gericht befand bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen. Worte sind nicht dasselbe wie Taten, Alkoholismus ist eine Krankheit, die in die Urteilsfindung einfließen muss, und es wurde von allen Beteiligten bestätigt, dass der Angeklagte in nüchternem Zustand zumindest halbwegs verträglich gewesen sein soll: ein Jahr und vier Monate ohne Bewährung.

Dass aber aus Worten immer wieder Taten werden, gerade wenn Männer nach einer Trennung auf ihre Ex-Partnerin losgehen, lässt sich sehr eindrücklich belegen. Im letzten Jahr gab es fast jeden Tag einen Femizid – Frauen wurden umgebracht, weil sie Frauen sind. Die Täter sind in den meisten Fällen die Ex-Partner und das erste halbe Jahr nach einer Trennung ist das gefährlichste.

Entgegen rassistisch motivierter Darstellungen ist das auch kein importiertes Problem, sondern zieht sich quer durch alle Gesellschafts- und Altersschichten. Vor diesem Hintergrund frage ich mich schon, ob man dem Mann nach seiner Haftentlassung nicht entsprechende Auflagen machen kann, die auch überwacht werden. Sicher aufwändig – und sicher notwendig.

Der 42-Jährige war auch innerhalb der Ehe schon gewalttätig geworden – ein Umstand, der bei der Urteilsfindung und in keinem der Plädoyers eine Rolle spielte. Dass er sich von einem Gerichtsbeschluss, der ihm jedweden Kontakt zu seiner Ex-Frau untersagte, ebensowenig beeindrucken ließ wie von zwei Gefährderansprachen, belegen seine Taten eindrucksvoll.

Die Ex-Frau des Mannes hatte noch Glück, dass die Behörden so schnell reagiert und ihn binnen eines Monats weggesperrt haben. Wie Richter Daniel Killinger selbst anführte, gibt es Fälle, in denen (vornehmlich) Männer ihren Ex-Partnerinnen über Jahre hinweg nachstellen, ohne dass dies spürbare Konsequenzen hat.

Ich habe keine Patentlösung parat – man kann jemanden auch nicht auf Verdacht über Jahre wegsperrren. Was man aber zumindest tun kann, wenn man das Thema Gewalt gegen Frauen ernst nimmt, auch abseits aufgeregter Debatten über irgendwelche spektakulären Fälle, ist die Unterstützung von Frauenhäusern, von Schutzräumen, in die sich Betroffene flüchten und ihr Leben neu organisieren können.

Es ist seit Jahren bekannt, dass es zu wenig Plätze gibt und diese Schutzräume chronisch unterfinanziert sind. Im Autonomen Frauenhaus Regensburg gab es im vergangenen Jahr über 252 Anfragen, aufgenommen werden konnten 30 Betroffene.

Kommende Woche wird es dazu einen etwas ausführlicheren Text geben. Den Spendenaufruf des Autonomen Frauenhauses Regensburg veröffentliche ich aber schon mal hier. Der Trägerverein „Frauen helfen Frauen“ hat aktuell die Chance, eine Immobilie zu erwerben, um zusätzliche Plätze zu schaffen. Dazu braucht es Geld. Hier ist das Spendenkonto:

Konto: Sparkasse Regensburg

IBAN: DE35 7505 0000 0000 1647 56

BIC: BYLADEM1RBG

Wer es ernst meint mit mehr Schutz für Frauen vor Gewalt, sollte sich beteiligen.

5. Auskunftsanspruch weggemetzgert

Eine Kleinigkeit noch. Kürzlich ist im Kommentarforum die Frage aufgetaucht, warum wir denn nichts mehr über die Auskunftsklage von Foodwatch zur früheren Metzgerei von Alois Rainer, CSU-Bundesminister für Landwirtschaft und Ernährung, berichten würden. Offenbar sei all das nur ein „Sturm im Wasserglas“ gewesen.

Das Thema in Kürze: In der Metzgerei von Alois Rainer gab es dieses Jahr eine Lebensmittelkontrolle. Die Verbraucherorganisation Foodwatch wollte wissen, was dabei herausgekommen ist. Die Metzgerei wurde kurz darauf geschlossen und das zuständige Landratsamt Straubing-Bogen verweigert nun die Auskunft mit der Begründung, dass es die Metzgerei ja nicht mehr gebe und deshalb kein Informationsinteresse bestehe.

Will nicht, dass die Öffentlichkeit von den Zuständen in seiner Metzgerei erfährt: Bundesernährungsminister Alois Rainer (CSU). Foto: Martin Rulsch, Wikimedia Commons

Dagegen klagt Foodwatch nun vor dem Verwaltungsgericht Regensburg. Genauer nachlesen lässt sich das in unserem Bericht vom Juli.

Berichtet haben wir seitdem nichts mehr, weil es (noch) nichts zu berichten gibt. Eine Sprecherin des Verwaltungsgerichts hat uns diese Wochen wieder bestätigt, dass es bei der Klage nichts Neues gebe. Das ist auch nicht sonderlich ungewöhnlich – wir haben an anderer Stelle schon darüber berichtet, wie lang es manchmal an Verwaltungsgerichten dauern kann.

Unabhängig davon halte ich die Ansicht für bizarr, dass es die Öffentlichkeit nichts angehen soll, wie es in der ehemaligen Metzgerei eines Bundesministers ausgesehen hat, der verantwortlich ist für Ernährung und Landwirtschaft. Die Verweigerungshaltung von Rainer und dem Landratsamt halte ich für skandalös – deshalb, und weil sich das Ganze in Regensburg abspielt, habe ich darüber geschrieben.

Damit ist noch gar nicht gesagt, dass in Rainers Metzgerei irgendetwas Schlimmes festgestellt wurde, aber wie sagt mancher bratwurtsaffine Exponent der CSU so schön: Wer nichts zu verbergen hat, hat doch nichts zu befürchten.

Schöne Restwoche!

Trackback von deiner Website.

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (4)

  • Paul

    |

    Servus tolles Portfolio
    gut geschrieben.

    “Regensburg, deine Toiletten”

    Wie schauts aus mit
    Toiletten in öffentlichen Grünanlagen und Spielanlagen (über 130) der Stadt Regensburg
    Thema Notdurft ????
    Wo?
    Wo sind denn welche?
    Barrierefrei?
    Publiziert und Info s darüber?

    Warum die Frage

    In den Grünanlagen und Spielanlagen ist den Benutzern untersagt die Notdurft außerhalb der Toilettenanlagen zu verrichten.
    Publiziert und Info s darüber?

    Grundlage

    Satzung für die Benutzung der öffentlichen Grünanlagen und Spielanlagen der Stadt Regensburg

    1
    0
  • gerhard hecht

    |

    nochmal! bitte unbedingt diese kolumne weiterführen! irgendjemand muss sich opfern, stadtratsdiskussionen und pressemitteilungen zu konsumieren und zu kommentieren! danke!

    0
    0
  • brenner

    |

    Beim Spendenaufruf für das Frauenhaus sollte noch der korrekte Name des Kontoinhabers angegeben werden. Bei mir zeigt die Empfängerprüfung (VoP) leider kein Match. Habe dann “Frauen helfen Frauen e.V.” eingegeben, auch keine Übereinstimmung. Freigabe hat (hoffentlich) trotzdem funktioniert.

    Wir leben in den Zeiten des Irrsinns…

    0
    0
  • strategos

    |

    Dr. Ecklhaft wieder mal in Hochform ;-)

    0
    0

Kommentieren

Ich bestätige, dass die hier von mir eingegebenen persönlichen Daten auf regensburg-digital.de bis auf Widerruf gespeichert werden dürfen.
drin