Nach Burger-Wahl bei Regensburgs SPD: Vorsitzender und Stellvertreter werfen hin
Raphael Birnstiel und Alexander Roth übernehmen die Verantwortung dafür, dass Thomas Rudner als Favorit des Vorstands nicht gewählt wurde. Zudem sei „im innerparteilichen Umgang eine persönliche Grenze überschritten“ worden.
Der Stadtverbandsvorsitzende Raphael Birnstiel wirft die Brocken hin. Foto: as
Es hatte sich angekündigt und war stellenweise auch gefordert worden: Im Nachgang zu Wahl von Thomas Burger zum OB-Kandidaten für 2026 bei der Regensburger SPD haben zwei Vorstände am heutigen Montag ihren Rücktritt erklärt.
„Nach reiflicher Überlegung“ hätten sie sich entschieden, ihre Ämter „mit sofortiger Wirkung“ niederzulegen, schreiben der Vorsitzende Raphael Birnstiel und sein Stellvertreter Alexander Roth in einer Mail an den Vorstand, die unserer Redaktion vorliegt.
Verantwortung und persönliche Grenzen
„Wir übernehmen die Verantwortung dafür, dass der Vorschlag des Stadtverbandsvorstands auf der Delegiertenkonferenz keine Mehrheit gefunden hat“, heißt es zum einen. Zum anderen sei in den vergangenen Wochen „im innerparteilichen Umgang für uns eine persönliche Grenze überschritten“ worden.
Wie berichtet, hatte der geschäftsführende Vorstand Anfang April Thomas Rudner als OB-Kandidaten ins Spiel gebracht, nachdem der Rückzug von Gertrud Maltz-Schwarzfischer an die Süddeutsche Zeitung durchgesteckt worden war. Bei einer Sitzung des Gesamtvorstands wurde Rudner dann mit knapper Mehrheit als Vorschlag für die Delegiertenversammlung gewählt.
Bei der Versammlung selbst am Sonntag dann votierte eine deutliche Mehrheit (22 von 34 Stimmen) für Thomas Burger.
Interne Chats: „disoziale, narzistische und histrionische“ Personen
Bereits dort hatte Raphael Birnstiel sich gegen offenbar kursierende Behauptungen gewandt, er würde der CSU nahestehen. In internen Chatgruppen ging es noch weitaus deutlicher zur Sache. Von „Idioten“ ist dort die Rede, von „Pennern“, die „pervers und „egoistisch“ seien. Im Vorstand säßen „disoziale, narzistische und histrionische“ Personen, die eine „psychotherapeutische Behandlung“ beginnen sollten. Dem Vernehmen nach fehlte auf einer am Sonntag überreichten Glückwunschkarte der Stadtratsfraktion für Birnstiel, der gerade Vater geworden ist, Burgers Unterschrift.
Aus alledem zogen er und Roth nun ihre Konsequenzen.
Mail zum Rücktritt bleibt sachlich
„Wir engagieren uns ehrenamtlich, mit vollem Einsatz und dem Anspruch auf einen respektvollen Umgang miteinander“, heißt es in der Mail an den Vorstand, wo sich die schmutzigen Details nicht wiederfinden. „Diesen Punkt sehen wir für uns nicht mehr gegeben. Oder, um es mit Andrea Nahles zu sagen: ‘Ich gehe, weil ich glaube, dass es richtig ist.’“
Den verbliebenen Genossinnen und Genossen im Vorstand, wo Birnstiel knapp fünf Jahre den Vorsitz inne hatte, versprechen er und Roth einen geordneten und reibungslosen Übergang. „Wir wünschen dem gesamten Vorstand nur das Beste für die anstehende Kommunalwahl.“
Trackback von deiner Website.
Stephan
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Die SPD tut mal wieder, was sie mit Abstand am besten kann – und was sie bekanntermaßen von Triumph zu Triumph führt.
Man fühlt sich beim Hinschauen wie ein Gaffer bei einem schlimmen Verkehrsunfall.🫣
Mr. T.
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In Niveau und Vehemenz im innerparteilichen Grabenkampf steht die Regensburger SPD anscheinend der CSU und AfD gar nicht so viel nach.
Schade, wenn man im Kampf um die Posten und Deutungshoheit auf so ein tiefes Niveau fällt.
Hindemit
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Finde den parteiinternen Umgang mit R. Birnstiel unsäglich. Er ist ein sozial sehr engagierter und aufrichtiger Mensch. Als die Not sehr groß war, stellte er sich in den Dienst der SPD und übernahm Verantwortung. Solch einen Abgang hat er definitiv nicht verdient. Denke das wird der SPD schaden. Zum Glück hat er ja mit der Geburt seiner Tochter ein erfüllendes neues “Amt” übernommen, dafür wünsche ich Ihm viel Freude und gratuliere ihm herzlichst. Schwach Herr Burger!
Schwarzmeertanker
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Respekt. Wenigstens übernehmen die Verantwortlichen auch tatsächlich die Verantwortung und treten zurück. Eine in der Politik selten gewordene Tugend.
Jürgen Wydra
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SPD macht SPD-Sachen, kommunal, landesweit und im Bund. Sie stellt sich immer selbst ein Bein. Als ob der Verlust der sozialdemokratischen Ausrichtung und die Seeheimerisierung der Partei nicht genug wäre.
Dieter
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An Peinlichkeit eigentlich kaum zu überbieten. Der Ton, der ganze Stil ist selbst für die Regensburger SPD unwürdig.
Franz Josef Avestruz
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Überfällig…
Dominik Müller
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Mr.T. “In Niveau und Vehemenz im innerparteilichen Grabenkampf steht die Regensburger SPD anscheinend der CSU und AfD gar nicht so viel nach.”
Immerhin waren anders als bei den Grünen keine falschen eidesstattlichen Erklärungen im Spiel, die dem Wahlkampfmanager Audretsch ein sicheres Bundestagsmandat bescherten. Intrigen gibt es in jeder Partei, und sie sind entgegen Ihrer Formulierung in keiner Partei die Regel. Und auch nicht bei den Linken seltener als bei den Rechten.
Benjamin Riehl
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Sicher ein großer Verlust für die Regensburger SPD. Und zu Bürger kursiert ja schon das Sprichwort “Bürger wählen, Freudenstein bekommen.” Mal sehen was das dann wird nächstes Jahr.
Michael
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In meinem Bekanntenkreis sind viele in der Regensburger SPD aktiv. Sie haben vor allem von Raphael Birnstiel geschwärmt – davon, wie er die Partei zur Ruhe gebracht, politisch neu belebt und ihr ein gesundes Selbstbewusstsein zurückgegeben hat. Nach Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, in denen die SPD nur noch als Plakatiertruppe der Fraktion wahrgenommen wurde, war das eine echte Zäsur.
Doch selbst unter den engagiertesten Mitgliedern macht sich inzwischen Frust breit. Der Umgang von Thomas Burger und der Oberbürgermeisterin mit der Partei – geprägt von Eigeninteressen und fehlender Wertschätzung – hat tiefe Spuren hinterlassen. Es ist von außen kaum vorstellbar, was sich in den letzten Wochen hinter den Kulissen abgespielt haben muss.
Alexander Roth durfte ich bereits einmal persönlich erleben – ein außergewöhnlich kluger und klar denkender junger Mann. Auch über ihn wurde in meinem Umfeld nur positiv gesprochen. Offenbar hat er der Partei in kürzester Zeit eine frische Richtung gegeben und sie strategisch auf Höhe der Zeit geführt. Die Wahlkampfvorbereitungen sollen bereits weit fortgeschritten gewesen sein.
Als politisch interessierter Regensburger hätte ich mich auf diesen Wahlkampf mit einer mutigen, erneuerten SPD wirklich gefreut. Stattdessen stehe ich nun wieder vor der Wahl zwischen kleineren Übeln. Die SPD im derzeitigen Zustand – dominiert von Burger und der Oberbürgermeisterin – ist für mich ähnlich unwählbar wie die Dame aus dem Rottal.
Theo
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Die Regensburger SPD zerlegt sich mal wieder selbst. Gute Nacht spd.
Günther Herzig
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Ich gerate bestimmt nicht leicht in den Verdacht Anhänger der SPD zu sein, beobachte jedoch mit Interesse seit Jahrzehnten, was für Strömungen in der Partei herrschen, schwächer werden oder auch stärker.
Natürlich bedeutet Parteizugehörigkeit in einem kommunalen Bereich durchaus etwas anderes als im Landes- oder Bundesrahmen.
Politische Parteien sind keine Vereine im klassischen Sinne, auch wenn sie sich rechtlich oft als eingetragene Vereine organisieren. Sie haben eine besondere verfassungsrechtliche Stellung gemäß Artikel 21 des Grundgesetzes und unterliegen dem Parteiengesetz, das ihre Aufgaben und Strukturen regelt.
Wer in einem Verein mitarbeitet, sei es ein Sportverein oder ein Verein jeglicher Art mit hehren Zielen (Gemeinnützigkeit) fühlt sich erinnert an beliebige Vereinsmeierei.
Ohne mich weiter in Details verlieren zu dürfen, bin ich fassungslos über die von mir natürlich mangels genauerer Kenntnisse nur zu vermutenden Grabenkämpfe in der Regensburger SPD.
Da es im bevorstehenden kommunalen Wahlkampf eher um die Zukunft der Stadt geht, als um die Befindlichkeiten einzelner Partei- (Vereins-) Mitglieder kommt der Beachtung der Mitbewerber bei der Wahl damit eine höhere Bedeutung zu.
Soweit ich mich zutreffend erinnere, schien Joachim Wolbergs in seiner Zeit als Oberbürgermeister und auch schon vorher den parteiinternen Dschungel besser im Griff zu haben, als es sich aktuell für die Spitzen der Partei in Regensburg vermuten lässt. Ob ich als Außenstehender mit meiner Beurteilung eher richtig oder falsch liege, steht dahin und ist nicht wirklich wichtig.
Ich lese zurzeit das 83 Seiten starke Manuskript eines „Strategieansatzes für die SPD“, so die Überschrift. Der Verfasser, der Programm-Kommission nach meiner Kenntnis nicht angehörend, schreibt mir:
„Ich habe gerade auch wieder einen kleinen Text verbrochen (beigefügt), der in der SPD allerdings wohl wiederum nichts bewirken wird“.
Die Partei vergeudet in ihr schlummerndes Humankapital. Das ist schade!
Kommentierung
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Spannend – dem Subtext entnehme ich, die SPD und Die Grünen werden für links gehalten.
Zum Glück gibt es übrigens mehr als 2 Parteien. Wenn einen SPD und Union nicht überzeugen, gibt es im hiesigen Parlamentarismus über ein halbes Dutzend weiterer Optionen.
JoMe
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Wahnsinn, echt jetzt… bin gespannt, ob da irgendwer die Courage hat, sich mal ehrlich zu entschuldigen und die zwei (wenn man sich die Kommentare so anschaut, waren das wohl noch die letzten Vernünftigen in dem Haufen) wieder ins Boot zu holen. Oder ob das wieder gnadenlos ausgesessen wird und alles weiterläuft wie gehabt.
Wie nennen wir diesen leicht abgewandelten Politikstil von Wolbergs, Hartl und Wild eigentlich inzwischen? „System Burger“?
Günther Herzig
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@JoMe
27. Mai 2025 um 13:31 | #
Die Frage müsste vielleicht auch lauten: Wem nützt das System, wem schadet es? Ich habe das Gefühl, es geht auch um Neid und/oder Eifersucht. Aber das ist sicher kein Alleinstellungsmerkmal der Regensburger SPD. Das gibt es überall.