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„Marsch für das Leben“

Rassisten-Gruß neben dem Bischof – Bistum Regensburg wittert „Kampagne“

Hinter einem Foto beim „Marsch für das Leben“ vermutet das Bistum Regensburg eine Kampagne. Dabei dokumentiert das Bild nur, was seit Jahren bekannt ist: Dort laufen auch Rechtsextreme und Rassisten mit. Manchmal eben direkt neben Bischöfen.

Bischof Rudolf Voderholzer (mit Panama-Hut), im Vordergrund: der Unbekannte mit “White Power”-Geste. „Niemand hat behauptet, dass Herr Voderholzer den Mann neben sich persönlich kennen würde oder dass er zu ihm gehört. Auf dieser Demo laufen eben Bischöfe und Rassisten miteinander und das will man nicht wahrhaben, auch wenn es offensichtlich ist.“ Foto: Kirsten Achtelik

„Das Bistum Regensburg und Bischof Rudolf distanzieren sich ausdrücklich von diesem Foto! Unser Bischof Dr. Voderholzer würde niemals an der Seite von Rechtsradikalen laufen. Wir werden gegen dieses Foto auch vorgehen. Es entstand ohne unser Wissen.“

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Das Social Media-Team des Bistums Regensburg schien am Samstagnachmittag ziemlich gestresst gewesen zu sein, als es diesen Tweet absetzte. Denn auch wenn es keine sonderlich gute PR für Bistum und Bischof ist, wenn dieser an einer Demonstration teilnimmt, bei der auch offensichtliche Rassisten mitlaufen: Eine wie auch immer geartete Grundlage, um gegen Fotos „vorzugehen“, die das dokumentieren, gibt es nicht. In Deutschland herrscht schließlich Pressefreiheit. Auch später nachgeschobene Erklärungen des Bistums wirken etwas hilflos. Und irgendwie sind am Ende doch immer die anderen schuld. Doch von Anfang an.

„Marsch für das Leben“: Bischof Voderholzer ist regelmäßig dabei

Das ist passiert: Beim „Marsch für das Leben“, alljährliche Demonstration der sogenannten „Lebensrechtsbewegung“, Abtreibungsgegner, in Berlin, wurde am Samstag nicht nur der Regensburger Bischof abgelichtet – er nimmt dort seit 2015 regelmäßig teil – sondern in unmittelbarer Nähe auch ein Mann, der unverkennbar die „White Power“-Geste zeigt. Ein Rassisten-Gruß, 2017 entstanden in rechtsextremen Kreisen als bewusste Uminterpretation des Zeichens für „Okay“ in vielen Ländern und beim Tauchen.

Panikreaktion? Das Bistum distanziert sich – von dem Foto – und droht.

Während das Bistum zunächst mit der obigen Drohung gegen das Foto reagierte, als dieses bei Twitter die Runde machte, sprach der „Bundesverband Lebensrecht“ davon, dass es sich um „gestellte/bestellte Bilder“ handle. Und auch wenn die bischöfliche Pressestelle sich nach der ersten Panikreaktion auf Nachfrage von Medien dann nicht nur vom Foto distanziert, „sondern in gleichem Maße von dem darin transportieren rechtsextremem Inhalt“, scheint man auch dort die Lesart zu pflegen, dass das Ganze doch in böser Absicht irgendwie inszeniert worden sein müsse.

Bistum: „…an unsere Seite geschlichen.“

Der (bislang noch unbekannte) Mann habe sich mit seiner Begleiterin „an unsere Seite geschlichen“, teilt Bistumssprecher Stefan Groß, er war in Berlin dabei, unserer Redaktion auf Nachfrage mit. „Wir haben leider, gleichwohl das Paar wohl kurzzeitig neben uns lief, nichts mitbekommen, weil wir im Gespräch waren, das Paar ist uns unbekannt und die Geste, das können Sie dem Bild entnehmen, war für uns nicht einsichtbar.

Hätten wir es bemerkt, hätten wir sofort darauf reagiert und mögliche rechtliche Schritte erwogen“, so Groß weiter. Man gehe davon aus, dass das Foto „bewußt geschossen wurde, um den Bischof in ein falsches Licht zu rücken“.

Fotograf*in: „Im Umfeld war auch noch ein weiterer Bischofskollege.“

Geschossen hat das Foto Kirsten Achtelik. „Wir standen zu zweit in der Luisenstraße und haben den gesamten Demonstrationszug an uns vorüberziehen lassen. Dabei haben wir auf Schilder und auffällige Personengruppen geachtet.“ Das sei auch Aufgabe von Journalist*innen. Im letzten Drittel des Demozuges sei es dann zu dieser Geste gekommen. „Im Umfeld war auch noch ein weiterer Bischofskollege“, sagt Achtelik. Und: „Das ist längst nicht das einzige Foto.“

Mit der „Lebensschutz“-Bewegung beschäftigt sich Achtelik schon seit längerem journalistisch, hat 2018 das Buch „Kulturkampf und Gewissen. Medizinethische Strategien der ‚Lebensschutz‘-Bewegung“ mitverfasst und begleitet auch regelmäßig den „Marsch für das Leben“ in Berlin.

Die „Lebensschutz“-Bewegung bezeichnet Achtelik als „per se frauenfeindlich“. Und vieles, was dort gesagt oder auf Schildern gezeigt werde, reiche eigentlich aus, um diese Frauen- und eine gewisse Menschenfeindlichkeit zu dokumentieren. „Da braucht es gar keine White Power-Gesten.“

„Marsch für das Leben“: Offen für die extreme Rechte

„Niemand hat behauptet, dass Herr Voderholzer den Mann neben sich persönlich kennen würde oder dass er zu ihm gehört“, sagt Achtelik mit Blick auf das Foto. „Aber da hat sich niemand angeschlichen und da wurde auch nichts gestellt. Auf dieser Demo laufen eben Bischöfe und Rassisten miteinander und das will man nicht wahrhaben, auch wenn es offensichtlich ist.“

Es ist kein Geheimnis, dass der „Marsch für das Leben“ für die extreme Rechte offen ist. In früheren Jahren liefen die AfD und Teilnehmer mit „Babycaust“-Shirt schon mal in vorderster Reihe mit. Fotos von diesem Jahr dokumentieren gleichfalls Teilnehmer, die Abtreibungen mit dem Holocaust gleichsetzen.

BDKJ distanzierte sich im Vorfeld vom Marsch

Unter anderem wegen der Rechtsoffenheit des Marsches, aber auch wegen der dort verwendeten „frauenfeindlichen Rhetorik“ rief heuer der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) in der Erzdiözese Köln dazu auf, nicht am dortigen Ableger des Marsches teilzunehmen. „Es gibt keine klare Abgrenzung der Organisator*innen zum rechten Milieu“, heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung.

„Unter sogenannten christlichen Fundamentalist*innen beobachten wir antidemokratische und menschenfeindliche Einstellungen. Für uns als Vertreter*innen der Regional- und Jugendverbände des BDKJ in der Erzdiözese Köln ist es nicht hinnehmbar, dass Christ*innen Seite an Seite mit Rechtsextremist*innen auf die Straße gehen oder gar zusammenarbeiten.“

Wer ist der Rassist? Medien und Bistum recherchieren

Die Identität des Mannes, der den Rassisten-Gruß zeigt, ist übrigens bislang noch nicht bekannt. Zwar gibt es erste Recherchen, die nahelegen, dass er aus der Oberpfalz stammen soll und Fotos in sozialen Netzwerken, die ihn augenscheinlich bei Veranstaltungen der AfD zeigen, allerdings nichts Handfestes.

Recherchiert wird übrigens nicht nur von journalistischer Seite, sondern auch vom Bistum Regensburg. „Da es sich um eine öffentliche Veranstaltung handelt, prüfen wir den Fall, versuchen die Person, die das Zeichen machte, zu ermitteln, schalten die Polizei ein“, sagt Bistumssprecher Groß. Und man bleibt – mit gewissen Einschränkungen – auch noch dabei, gegen das Foto vorgehen zu wollen: „Wenn dieses Bild benutzt wird, um eine mediale Kampagne gegen den Bischof zu führen, werden wir eine Presseerklärung abgeben und prüfen, inwieweit rechtliche Schritte möglich sind.“

Der „eigentliche Skandal“ sei nämlich, dass „bewusst gegen den Bischof eine Kampagne gefahren“ worden sei, „um ihn in die rechte Ecke zu schieben“. Glaubt man zumindest beim Bistum Regensburg.

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Kommentare (15)

  • Daniela

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    Kommentar gelöscht. Wenn Sie nichts unterstellen wollen, dann unterstellen Sie nichts.

  • Markus Feilner

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    “Man will gegen das Foto vorgehen” ??? Auf einer Demo? In der Öffentlichkeit? Was wollen die denn unternehmen? Das ist doch schon wieder unfassbar. Haben die keine Ahnung von Recht und Gesetz?

  • Gscheidhaferl

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    Ähnlich absurd, wie der Umstand, dass Voderholzer sich selbst in die Rechte Ecke begeben hat, um dann zu behaupten, er würde erst durch das Foto dorthin gerückt: In einem Artikel des BR zu diesem Vorfall spekuliert Vorderholzer, durch dieses Foto ein Opfer ‘gezielter Rufschädigung’ geworden zu sein. Er glaubt also wohl wirklich, dass sein Ruf diesbezüglich noch groß geschädigt werden könnte. Was sollen da die Frauen sagen, die von seinesgleichen im Rahmen der Demonstration mit KZ-Mördern auf eine Stufe gestellt werden? Er wäre wohl besser beraten, sich angesichts dieses Vorfalls mal vor Augen zu führen, wie tief er eigentlich schon gesunken ist. Aber es ist zu befürchten, dass er nicht zuletzt das mit der Unfehlbarkeit irgendwie falsch verstanden hat und glaubt, die gelte nicht nur für den Bischof von Rom.

  • Robert

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    Rudolf V. will es offenbar wie Hubert Aiwanger machen. Der hat auch von einer Verdrehung profitiert und behauptet, er sei Opfer einer Kampagne.

  • Stunkfrau Maria

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    Am End war es doch einfach sein unbekannter Zwillingsbruder…? Da ja das Bistum hier mitliest: Wäre das nicht eine neue Variante der Verschleierung? Das ist doch gerade Trend!

  • (Noch)Katholik

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    Die Kirche zensiert halt gerne – ist in ihre DNA eingeschrieben!

    Im 5. Jh. wurden die christentumskritischen Bücher der Philosophen und Bibelkritiker Porphyrios und Kelsos verbrannt, sodass sich von ihnen nichts erhalten hat. Die beiden hatten bereits im 2. und 3. Jh. erkannt, was die moderne Bibelkritik/die historisch-kritische Forschung heute auch weiß. Schon für den “heiligen” Kirchenvater Augustinus waren das alles nur bösartige Lügen und gehören verboten – was für eine “Argumentation” für einen “Wissenschaftler”.

    Der Althistoriker Alexander Demandt (* 1937) schreibt darüber in seinem neuen Standardwerk “Diokletian. Kaiser zweier Zeiten”, C.H.Beck, München 2022, S. 203: “Die Vernichtung gelang. Mit Constantin beginnt die christliche Bücherzensur”.

  • Rita Wütend

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    Polnische Entwicklung….Es ist für einen Bischof unziemlich
    mit einer schon bekannten NS-affinen Gruppierung zu marschieren! Basta!😓

  • Spartacus

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    Vielleicht war das ja gar nicht der Rudi, sondern sein Bruder.

  • Horst

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    Morgen marschiert die AfD beim CSD und bei FFF und bei den Seenotrettern mit, dann müssen die auch gecancelt werden! Anliegen die von der AfD unterstützt werden, müssen grundsätzlich bekämpft werden!
    Ihr würdet auch die Kinderkrebshilfe zusperren, wenn da ein Rechter dabei wäre.

  • Etterzhausener Domspatzenopfer

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    Marsch für das Leben“:
    Bischof Voderholzer ist regelmäßig dabei…
    Das ist passiert: Beim „Marsch für das Leben“,
    https://taz.de/Kirche-beim-Marsch-fuer-das-Leben/!5958080/
    Ich möchte bitte Herrn Bischof Voderholzer fragen wie er heute nach vielen Jahren über die Regensburger Domspatzen. – Opfer denkt?(Natürlich auch über die Etterzhausener Opfer)
    Es sind viele Jahre vergangen, und die damaligen Opfer Leben auch heute noch mit Ihrer damaligen Vergangenheit. Viele Opfer von damals haben bis heute noch keinen Therapeuten oder keinen Therapieplatz gefunden. Das Bistum Regensburg hat zwar die Zahlungen damals verdoppelt, aber nach meiner Meinung war das nur eine Art Ablenkung sich dann freikaufen zu können?
    Sie gehen gehen gehen gegen die Medien vor,
    anstatt….
    https://www.katholisch.de/artikel/47179-bischof-voderholzer-setzt-unterlassungsansprueche-gegen-medien-durch

    ….. Sie sich heute in der Gegenwart ausführlich um die Regensburger Domspatzen – Opfer kümmern. Diese Opfer leben auch heute noch……

  • xy

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    Der seltsame Panama-Hut, mit dem sich der Bischof immer kleidet, ist als Amtstracht auch eher ungeeignet. Warum trägt der eigentlich doch als konservativ geltende Bischof nicht die einem Bischof zukommende konservative schwarze Amtstracht? Dann würde er auf Fotografien und auf der Strasse neben Rechtsradikalen auch nicht so auffallen…

  • Hthik

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    @Horst 22. September 2023 um 12:35
    Mal nur zur Klarstellung zu einem Punkt. Der Neologismus “canceln” bedeutet gewöhnlich jemandem etwas zu entziehen, etwa eine Publikationsmöglichkeit oder eine Förderung. Hier handelt es sich um die Veröffentlichung eines Fotos einer Person der Zeitgeschichte. Es bedürfte der Erläuterung, worin jetzt hier das Canceln (Cancling?) besteht. Der Herr Voderholzer scheint ja nach wie vor in der Lage, sich über die üblichen Kanäle zu äußern und sein Gehalt zahlt meines Wissens weiterhin der Steuerzahler. Wobei ich ganz unabhängig von dem Foto der Ansicht bin, dass Letzteres gecancelt gehört. Interessiert aber keinen.

    Ich könnte mich beschweren. Ich hab auch einen Panamahut. Vielleicht sogar aus derselben Quelle, una terra, Obere Bachgasse. Aber das interessiert auch keinen.

  • Hthik

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    @xy 25. September 2023 um 13:07

    “CIC. 284 Die Kleriker haben gemäß den von der Bischofskonferenz erlassenen Normen und den rechtmäßigen örtlichen Gewohnheiten eine geziemende kirchliche Kleidung zu tragen.”

    Früher war das, soweit ich mich erinnere, Soutane, in Ausnahmefällen schwarzer Anzug mit aufgestickte Kreuz.

    Heutzutage ist nur mehr der Kragen vorgeschrieben. Das mag bitte ein Kirchenrechtler erläutern, ob das als Ermöglichung der FKK auszulegen ist.

  • Hthik

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    Ich machs kurz, liebe Moderation, aber ich schulde zum zugrundeliegenden Thema noch wenigstens eine kurze Antwort. Außerdem ist da ja noch ein Bild in dem Artikel mit einem T-Shirtträger.

    Es war einmal und ist immer noch

    https://www.regensburg-digital.de/nach-uebernahme-durch-die-caritas-keine-schwangerschaftsabbrueche-mehr-im-krankenhaus-kelheim/20042022/

    @xy 24. April 2022 um 11:18 | #

    “@Hthik, man darf Frauen auch nicht “über Bande”, also indem man jemand anderem, der das gar nicht gesagt hat, seine Worte in den Mund schiebt, als “B-Ware” bezeichnen.”

    Da stand aber nicht “bezeichnen”, sondern “klassifizieren”. Die Taliban bezeichnen Frauen auch nicht als B-Ware. Im Gegenteil ist der muslimische Mann verpflichtet, sie besonders zu schützen, beispielsweise davor, dass sie selbst entscheidet, wann sie das Haus verlässt.

    “Und wenn ich einen bestimmten Beruf aus historischen Gründen bei einem bestimmten Arbeitgeber nicht ergreifen kann, dann suche ich eben einen anderen Arbeitgeber. So einfach ist das. Wenn ich in der katholischen Kirche nicht den Priesterberuf ergreifen kann, dann mache ich das eben in der evangelischen Kirche. So viel Mobilität muss in der heutigen Arbeitswelt schon sein und der Beruf ist hier wie dort egenau so schön.”

    Weiß ich nicht, aber die bloße Existenz einer Auswahlmöglichkeit außerhalb der Organisation, lässt die Diskriminierung innerhalb nicht verschwinden.

    “Was die Haltung der kath. Kirche zur Abtreibung betrifft, so wird niemand gezwungen, sich diese kath. Haltung zu Eigen zu machen.”

    Die Behauptung, sie wäre die objektiv richtig, setzt aber Gegenteilige als objektiv irrig herab. Dafür wäre ein Beweis fällig.

    “Aber es handelt sich, ob falsch oder nicht, auf jeden Fall im Hinblick auf das respektable (und mE richtige) christlich-jüdische Tötungsverbot des Dekalogs um eine sehr respektable Haltung, gegen die man nicht als “reaktionär, frauenverachtend, inhuman, Frechheit, Scheuklappen etc.” hetzen sollte.”

    Es geht um die Auslegung dieser Regel hier und jetzt, dass Abtreibung Mord wäre. Die rkK selbst brüstet sich, Mann sei fortschrittlich, höre auf die Wissenschaft und habe die alte Besseelungsregel aufgegeben, weil die modernen Embryologie angeblich zeige, dass das “himbeerähnliches Gebilde” volle Menschenrechte habe. Die Anführungszeichen stehen da, weil es ein Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Zeidler ist.

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drin