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Kunstmäzen bleibt hart

Rauswurf aus Andreas-Stadel fix: Künstlerakademie Regensburg ist tot

Die Akademie Regensburg wird das Künstlerhaus Andreas-Stadel verlassen und sich auflösen. Das ist das Ergebnis eines Gütetermins zwischen den Akademie-Machern und Oswald Zitzelsberger vor dem Landgericht Regensburg.

„Die Entscheidung ist gefallen. Und dabei bleibt es.“ Oswald Zitzelsberger mit seinem Rechtsanwalt Martin Schimmel. Foto: as

Nach einer knappen Stunde geben Georg Fiederer und Johannes Paffrath auf. Nach fast 20 Jahren im Künstlerhaus Andreas-Stadel werden sie mit ihrer Schule die Räume spätestens Ende September, eher schon Ende August verlassen. Zu ihrem 20. Jubiläum ist die Akademie Regensburg damit am Ende. Sie werde liquidiert, kündigen die beiden gegenüber unserer Redaktion an.

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Beim Gütetermin zwischen den beiden Inhabern der Akademie und ihrem Vermieter, dem Unternehmer, Sanierer und Kunstmäzen Oswald Zitzelsberger vor dem Landgericht Regensburg hat sich Richterin Theresa Kalteis zuvor vergeblich um eine Einigung bemüht. Sein Mandant verhandle nicht mit Leuten, die ihn „erpressen“, so Zitzelsbergers Anwalt Martin Schimmel.

„Dann ist das Hemd zerrissen.“ Da könne es „niemals“ mehr ein Zusammenkommen geben, ergänzt Zitzelsberger. Hintergrund: Im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Akademie und Zitzelsberger ist ein fragwürdig erscheinendes Spendenkonstrukt öffentlich geworden. Folgt man den Ausführungen von Rechtsanwalt Schimmel, dann beschäftigt sich zwischenzeitlich auch das Finanzamt Regensburg damit. Dort hätten die Paffrath und Fiederer seinen Mandanten „angezeigt“.

Von mietfreien Räumen und freiwilligen Spenden

Wie berichtet, hatte Zitzelsberger, Jahrgang 1947 und bestens vernetzt mit Größen aus Politik, Kirche und Justiz, den Nutzungsvertrag mit der Akademie im Andreas-Stadel Ende 2022 gekündigt. Das Konstrukt in dem 2004 eröffneten Künstlerhaus, das Zitzelsberger mit Fördergeldern von Stadt und Freistaat saniert und für 99 Jahre in Erbpacht von der Stadt übernommen hat, ist etwas erklärungsbedürftig.

Der jährliche Erbbauzins (rund 55.000 Euro) wird ihm über freiwillige Leistungen aus dem Kulturfördertopf der Stadt wieder zurückerstattet. Das Untergeschoss mit Gastronomie und Kinos darf Zitzelsberger laut besagtem Erbpachtvertrag zu normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen verpachten. Die Ateliers in den darüber liegenden Stockwerke müssen hingegen mietfrei an Künstlerinnen und Künstler abgegeben werden.

Sie zahlen lediglich Nebenkosten sowie etwa einen Euro pro Quadratmeter – für Verwaltung, Instandhaltung und Rücklagen. All das gilt auch für die Akademie, die 2004 auf Betreiben des früheren OB Hans Schaidinger dort untergebracht wurde – als eine Art Ankermieter und Aushängeschild.

Mit Rauswurf gedroht wegen ausbleibender Spenden?

Drei Seiten sind der Akademie in der Dokumentation anlässlich der Eröffnung gewidmet. Doch das, sagt Zitzelsberger vor Gericht, sei 20 Jahre her. „Das ist alles nicht mehr relevant. Diese Zeiten sind vorbei.“

Zuletzt bezahlte die Akademie Betriebskosten von rund 650 und einen Verwaltungs- und Unterhaltsbeitrag von knapp 700 Euro. Es gab, das wird vor Gericht deutlich, nie Rückstände oder Probleme bei den Zahlungen. Die entstanden den Schilderungen der Akademie-Macher zufolge, weil sie eine freiwillige Spende von monatlich 550 Euro an die Oswald-Zitzelsberger-Kunst- und Kulturstiftung aus Geldnot nicht mehr bezahlt haben – die offenbar gar nicht so freiwillig war.

Geben auf: Johannes Paffrath und Georg Fiederer. Foto: as

Zitzelsberger habe angesichts der ausstehenden Spenden angerufen, im Fall der Nichtzahlung mit dem Rauswurf gedroht und schließlich auch die schriftliche Kündigung ausgesprochen, so Rechtsanwalt Graml vor Gericht.

Diese Spende, 2004 mit der Unterschrift des Nutzungsvertrags vereinbart – 130.000 Euro flossen seitdem von der Akademie an die Zitzelsberger-Stiftung – sei also alles andere als freiwillig. Und betroffen von dieser Praxis sei man nicht nur selbst – das gelte offenbar für nahezu alle Künstlerinnen und Künstler im Andreas-Stadel – Atelier nur gegen „freiwillige“ Spende. So der Vorwurf.

Spendenpraxis spielt vor Gericht keine Rolle

Doch vor Gericht spielt diese mutmaßliche fragwürdige Spendenpraxis in Zusammenhang mit der Atelier-Vergabe und der Räume für die Akademie keine Rolle. Das müssen gegebenenfalls Finanzamt oder Stiftungsaufsicht klären. Hier gehe es nur darum, ob eine Kündigung möglich ist und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt, macht Richterin Kalteis deutlich.

Und trotz weitschweifiger Ausführungen von Rechtsanwalt Graml, dazu, dass Zitzelsberger doch nur Erbpächter sei, dass die Stadt Regensburg als Eigentümerin doch dazu auch gehört werden müsse und dass das nicht in Einklang zu bringen sei mit dem ursprünglichen Gedanken des Erbpachtvertrags, kommt Richterin Kalteis zu der vorläufigen Rechtseinschätzung: Eine Kündigung ist möglich. Daran gebe es wohl kaum etwas zu rütteln.

Stadt Regensburg intervenierte nicht

Und auch Zitzelsberger sagt: „Die Entscheidung ist gefallen. Und dabei bleibt es.“ Von der Stadt Regensburg sei auch nie jemand auf ihn zugekommen und habe gesagt, dass er nicht kündigen könne. „Das ist eine klare Sache“, so Rechtsanwalt Schimmel der noch in Richtung der Akademie-Macher meint: „Das Drücken auf die Tränendrüse kommt da viel zu spät.“

Und so geben Fiederer und Paffrath nach – auch wenn man das Ganze noch in die nächste Instanz bringen und weiter in die Länge ziehen könnte. Insbesondere auch, weil man angesichts dieser unsicheren Situation kaum Verträge mit potentiellen Schülern abschließen und diese garantiert einhalten könnte.

Der Gönner gönnt ein letztes Mal

Ein letztes Mal gibt sich Zitzelsberger gegenüber der Akademie dann doch noch gönnerhaft. Wenn Paffrath und Fiederer sich bereit erklärten, den Andreas-Stadel spätestens bis Ende September zu räumen, dann werde er auch ein Drittel der Prozesskosten tragen. „Obwohl er das nicht müsste“, wie Zitzelsbergers Anwalt Martin Schimmel betont. Schließlich sei die Klage ja provoziert worden.

Darauf lassen sich Fiederer und Paffrath schließlich ein. Den Vergleich erkennen beide Seiten unmittelbar an und erklären Verzicht auf Rechtsmittel. Der Auszug steht damit fest und die Akademie Regensburg gibt es nicht mehr.

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Kommentare (10)

  • Doppel Wums

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    Man sollte doch darauf achten, mit wem man sich vertraglich bindet.

  • Barbara Stefan

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    Was für ein kultureller Verlust für diese Stadt! Sie hat’s nicht begriffen.
    Wer nicht spendet, fliegt raus. Die nachfolgenden Künstler machen vielleicht wieder mit. Das von meiner Seite dazu. Ich bin mit der Akademie sehr verbunden, aber auch wenn das nicht so wäre, würde ich so denken.

  • Hthik

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    “Das müssen gegebenenfalls Finanzamt oder Stiftungsaufsicht klären.”

    Die Klärung inwiefern eine schriftlich vereinbarte Spende freiwillig sein könnte, ist für mich der interessanteste Punkt.

    Ansonsten scheint mir der alte Spruch von den Vorzügen eines Endes mit Schrecken zu passen.

  • Mr. T.

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    Was passiert bei Verstößen gegen den Erbpachtvertrag?

  • corazondemelon

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    Kunstmäzen also. Aha. Das glaubt wohl mittlerweile nicht mal mehr seine Frau.
    Altbekannter Regensburger Gschäftlmacher, jahrzehntelang protegiert durch Schaidingers Dunstkreis, triffts wohl besser.
    Pfui Deifl

  • Birgit Angerer

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    Dass die Stadt offenbar gar nicht versucht hat die Akademie für Regensburg zu retten, kann ich nicht verstehen…

  • Tom

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    @ Birgit

    Da müsste die OBin ja verhandeln. Und das tut sie grundsätzlich nicht!

  • "Ein-Tritt-Frei"

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    Schade, daß Redakteur Aigner den eigentlichen Skandal nicht für die Öffentlichkeit verständlich auf den Punkt bringt :
    Wenn Zitzelsberger seinen Erbbauzins von der Stadt quasi zurückerstattet bekommt, UNTER DER BEDINGUNG DASS DIE KÜNSTLERATELIERS (EBENSO DIE AKADEMIE) MIETFREI SIND, dann unterläuft Zitzelsberger RECHTSWIDRIG den Erbpachtvertrag, weil es sich bei der Zwangs-Spende ganz offenkundig in Wahrheit um eine VERSTECKTE MIETE handelt.
    Daß die Richterin der Meinung ist dies sei für das Verfahren ohne Belang, obwohl sich der ganze Rechtsstreit genau an diesem Umstand entzündet hat, ist eine Unverschämtheit. Es zeigt – wieder einmal – die Arroganz der Justiz zwischen “Recht haben” und “Recht bekommen”, weil manche Menschen eben “gleicher” sind.

    Wenn überhaupt jemandem zu kündigen wäre, dann doch wohl Zitzelsberger … und zwar durch die Stadt, wegen VERTRAGSBRUCH des Erbpachtvertrages und all seiner Vergünstigungen und geldwerten Vorteile, die darin Einem gewährt werden, der offenbar den Hals nicht voll genug kriegen konnte. Aber damit wird sich ja nun das Finanzamt eingehend beschäftigen …
    ☝️😜👌

  • Eli

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    @Birgit @Ein-Tritt-Frei
    Genauso ist es. Das mangelnde Engagement der Stadt für eine Akademie, die jungen kreativen Menschen eine solide Basis vermittelt, irritiert ungemein.
    Ist eine solche Institution nicht förderungswürdig? Solle eine Stadt nicht darauf sehr stolz sein? Arbeiten in der Akademie nicht viele Regensburger Künstler mit? Kann man ein 20-jähriges Lebenswerk, den mühsamen Aufbau einer Akademe, einfach so vernichten ohne jeglichen Kommentar? Meiner Meinung nach ein Armutszeugnis. Wahrscheinlich hatte Christoph Schlingensief bei der Bewerbung der Stadt für den Titel “Kulturhauptstadt” recht: Keine Chance Regensburg!

  • matzregensburg

    |

    @Ein Tritt Frei:
    das fragwürdige Spendenkonstrukt wurde in einem früheren Artikel schon ausführlich behandelt, der auch in diesem Artikel verlinkt ist.

Kommentare sind deaktiviert

drin