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Klage-Manie auf Kosten der Steuerzahler

Die Kirche klagt, die Allgemeinheit zahlt

Warum zieht die Diözese Regensburg trotz anhaltender Erfolglosigkeit eigentlich so gern vor Gericht? Vielleicht liegt es daran, dass ein Gutteil der Kosten vom Steuerzahler übernommen werden muss.

Pathologisches Schweigen und Klage-Manie: Übergangsbischof Wilhelm Gegenfurtner und der nach Rom beförderte Gerhard Ludwig Müller. Foto: as

Stellen Sie sich vor: Sie haben einen Haufen Geld und einen Haufen Macht, sind fast schon pathologisch misstrauisch, halten sich für den Inhaber der absoluten Wahrheit und setzen diese Wahrheit notfalls auch gerichtlich durch. Jetzt kommt jemand daher und bewirft Sie öffentlich mit dem Dreck, den Sie am Stecken haben. Was tun Sie? Genau! Sie nehmen sich den besten Anwalt, den Sie für Geld kriegen können und klagen vor einem Gericht fern Ihrer Heimat, weil Sie von dort schon recht viel Gutes gehört haben. Die Mühlen der Justiz beginnen zu mahlen. Dem Lügner wird fürs Erste das Maul gestopft. Er zahlt die Gerichtskosten und Ihren Rechtsanwalt. Sie freuen sich und beschimpfen ihn öffentlich als „bösartigen Lügner“, der die „belegte Unwahrheit“ verbreitet und sich dazu auch noch einiger „Komplizen“ bedient habe.

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Schweigegeld-Verfahren: 2.300 Euro übernimmt der Steuerzahler

Doch am Ende – gut eineinhalb Jahre später – stellt ein höheres Gericht fest: Der Lügner ist gar kein Lügner und auch gar nicht so bösartig. Ja, unglaublich: Was er behauptet hat, ist „im Licht der Meinungsäußerungsfreiheit“ nicht nur erlaubt. Tatsächlich haben Sie, sagt dieses Gericht, „jedenfalls aus moralischen Gesichtspunkten heraus“ versagt und verlieren schlussendlich den Prozess. Sie ärgern sich und nehmen das Urteil „mit Bestürzung“ zur Kenntnis, mosern über das Gericht und bekräftigen Ihre „Wahrheit“. Dann lassen Sie sich die Gerichtskosten von der Allgemeinheit bezahlen. Unglaublich? Nein. Im „Schweigegeld-Verfahren“, das die Diözese Regensburg gegen unsere Redaktion angestrengt hat, muss die katholische Kirche lediglich die Rechtsanwaltskosten bezahlen. Die Gerichtskosten für zwei Instanzen von rund 2.300 Euro übernehmen alle Steuerzahler.

Kirchen sind von Gerichtskosten befreit

Grund dafür ist das Landesjustizkostengesetz von Hamburg. Laut §11 sind „Kirchen, sonstige Religionsgemeinschaften und Weltanschauungsvereinigungen, die die Rechtsstellung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben“ von den Gebühren, „die ordentlichen Gerichte in Angelegenheiten der streitigen und freiwilligen Zivilgerichtsbarkeit und die Justizverwaltungsbehörden erheben“ befreit.

Regensburg: Klagen gegen Medien und Einzelpersonen

Hamburg bildet dabei keine Ausnahme. Auch wenn die Rechtssprechung dazu zum Teil sehr verworren ist, kann man festhalten, dass dieses Privileg in nahezu allen Bundesländern gilt. Es geht zum größten Teil auf ältere Regelungen aus der Weimarer Reichsverfassung und preußische Vorschriften zurück. Die Diözese Regensburg hatte in der Vergangenheit mehrere Medien verklagt, die ihr in Zusammenhang mit dem sexuellem Missbrauch von Kindern Vertuschung und damit verbundene Geldzahlungen vorgeworfen hatten. Soweit bekannt, hat die Diözese sämtliche Verfahren verloren. Ebenso erfolglos wurde etwa auch ein Leserbriefschreiber verklagt, der es gewagt hatte, Aussagen des gen Rom versetzten Bischofs Gerhard Ludwig Müller zu Kirchenaustrittszahlen zu widersprechen. Alles auf Kosten der Steuerzahler.

„Klagen fallen der Allgemeinheit zur Last“

„Gerade die Fälle im Bistum Regensburg sind ein schlagendes Beispiel dafür, dass solche Privilegien abgeschafft werden müssen“, sagt unser Rechtsanwalt Nils Pütz. Die Klagen gegen Meinungs- und Pressefreiheit dienten weder den gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken, mit denen sie begründet würden, noch der Allgemeinheit. „Sie fallen im Gegenteil der Allgemeinheit zur Last, die auch noch die Gerichtskosten dafür übernehmen muss“, so Pütz. Gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg im Rechtsstreit mit unserer Redaktion hat die Diözese Regensburg – wie berichtet – Verfassungsbeschwerde eingelegt. Und offenbar sind wir die Einzigen, die mit einem solchen Privileg bedacht werden. Auch gegen den Spiegel und den Springer-Verlag hatte man sich über zwei Instanzen gestritten und verloren. Laut einer Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts liegen Beschwerden in diesen Fällen nicht vor. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts werden die (zum Teil) bereits an uns zurückgezahlten Prozesskosten auf einem eigenen Konto verwahrt.

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Kommentare (26)

  • Jochen Schweizer

    |

    Unglaublich wofür der Steuerzahler herhalten muß! Ich Empfehle Regensburg Digital auch die Rechtform einer Glaubengemeinschaft, z.B. Gläubige der digitalen Welt, etc.

  • Oje...

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    Ich empfehle, in die Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters einzutreten: http://www.venganza.info/

  • Bernd Lauert

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    Dann sollten auch 2300 Leute austreten…..

  • iggy

    |

    Massenhafter Austritt ist hier tatsaechlich die einzig verbleibende Option und logische Konsequenz.

    Diese Hoffnung aber ist “wishful thinking” denn: die Schaefchen bleiben ihrem Schaefer treu. Manchmal “maehen” sie zwar ein “bisserl”, aber am Abend kommen sie dann doch zurueck in den Stall. Und das weiss die Kirche sehr genau!

  • Fred FRENZEL

    |

    3 Maßnahmen gegen undemokratische Monotheismen:
    (I)Taufen-Gewaltakte-Abschaffen!
    (II)Vom Religionsunterricht Abmelden!
    (III)Kirchen Sofort Verlassen!
    Hello VATICANE ! Respect all HUMAN RIGHTS!
    NO more DISCRIMINATIONS versus WOMEN!(2)
    MARRIAGE for PRIESTS&PRIESTESSES (16)
    Die HUMAN RIGHTS möchte ich noch 2 Jahrzehnte
    begleiten bei Ihrem KAMPF gegen 2 Jahrtausende alte
    verkrustete Strukturen!! Fred Frenzel(68 Jahre*)
    *4 Jahre älter als die HUMAN RIGHTS

  • Harald Dähne

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    Letztlich ist das die schlichte Konsequenz aus dem Staatskirchenrecht des Grundgesetzes. Öffentlich-rechtliche Körperschaften müssen keine Gerichtskosten bezahlen. Das gilt für die Stadt Regensburg, die Universität so wie für den Freistaat Bayern oder den Bund.

    Dieses Staatskirchenrecht ist wirklich einen Blick wert. Denn es hat heute nur noch traditionelle Gründe, ist aber die Basis der kirchlichen Finanzen. Gemeinsam mit dem kirchlichen Arbeitsrecht gehört es zu den Bereichen, die einer grundsätzlichen Korrektur bedürfen.

    Art. 140 des Grundgesetzes verweist auf Art. 137 der Weimarer Reichsverfassung von 1919, die insoweit unmittelbar als Verfassungsrecht fortgilt und nur mit 2/3-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat geändert werden könnte:

    Abs. 5: Die Religionsgesellschaften bleiben Körperschaften des öffentlichen Rechtes, soweit sie solche bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften sind auf ihren Antrag gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten. (…)

    Abs. 6: Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.

    http://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_140.html

  • Joachim Datko

    |

    Nicht wegen der Kirchen-Mitgliedschaft des Ehepartners Kirchensteuer zahlen

    Was nicht so bekannt ist, wer selbst keiner Kirche angehört und wegen des Ehepartners mit Kirchensteuer belastet ist, kann sich wehren.

    Man muss nur selbst einer Körperschaft öffentlichen Rechts, wie z.B. dem bfg (Bund für Geistesfreiheit) angehören, dann entfällt der eigene Kirchensteueranteil. Ich hoffe, dass ich die steuerliche Situation richtig wiedergebe.

    Siehe: http://www.regensburg-digital.de/bfg/

  • Twix Raider

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    Also DAS Kirchenprivileg war mir neu, das ist ja das Paradies für Streithansl bzw. wie mit anderer Leute Geld pokern. Was kommt als nächstes, eine Befreiung von der Verfassung?

  • Luna Schneck

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    Austreten, austreten, austreten. Päpstchen hat 5 Haushälterinnen. Wieviel habt ihr?
    Aber hier in Regensburg nützt nicht mal das austreten was. Mein jüngerer Sohn, nie getauft worden. Bis zu seinem 12. Lebensjahr war er also ein Heide, der wohl der Hölle gehörte. Doch siehe da, dann bin ich hierher gezogen, aus Oberfranken kommend. Ich bekam eines Tages einen Anruf der Landkreisgemeinde, da sagte man mir, mein Kind sei als katholisch gemeldet worden, obwohl ich doch angegeben habe er gehöre keiner Kirche an. Das Spiel begann. Ich sollte nun beweisen, dass mein Kind “nicht” getauft ist. Ja wie macht man denn so was. Nachdem ich immer wieder erklärte ich hab wohl noch keinen Alzheimer und könne mich beim Besten Willen nicht erinnern mein armes Kind habe taufen zu lassen, mit dem Hinweis ich könne die Nichttaufe nicht beweisen, bekam ich einen erneuten Anruf der Dame von der Gemeinde. Sie war nach reiflicher Überlegung in sich gegangen und sagte mir, nun sie als Mutter werden wohl wissen ob ihr Kind getauft ist und hat mein Kind von der Kirchenzugehörigkeit gestrichen.
    Dazwischen erzählte mir der Pfarrer (mein verbotenes Verhältnis, welch ein Hohn) er habe die schriftliche Erklärung bekommen, mein Sohn gehöre nun seiner Pfarrgemeinde an. Ich sagte ihm das könne er sich abschminken.
    Das Gleiche ist meiner Cousine in Regensburg wohnend passiert, ihr Sohn, auch ein böser Heide, nie getauft, auch nie einen Hauch Interesse an diesem verlogenen Verein gezeigt, war auch plötzlich auf dem Papier katholisch. Sie sollte auch beweisen, dass das Kind nie getauft wurde. Nun ist mir zu Ohren gekommen, dies sei hier in der Regensburger Gegend wohl gar nicht so selten.
    Hat noch jemand solche Erfahrungen gemacht?
    Man sollte hier wohl mal die tatsächliche Christenzahl nach weiter unten korrigieren. Viele wissen vielleicht gar nichts von ihrem Glück. Tatsächlich aufgekommen wäre es wohl, wenn die Kinder als Erwachsene dann Kirchensteuer zahlen müssten. Dann müssten sie wohl noch was zahlen um auszutreten wo sie nie eingetreten waren.

  • Gondrino

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    Man kann es nicht oft genug wiederholen:

    Kirche und Staat gehören streng getrennt.

    Die Privilegien der Kirchen gehören überprüft.

  • Dugout

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    Es geht noch skurriler.
    Als ich einst einer Dame der Gemeindeverwaltung Pettendorf Angaben zu meiner Person machte zum Zwecke einen Reisepass zu bekommen antwortete ich auf die Frage :
    “Konfession ? ” laut und deutlich : ” KEINE ”
    Worauf mir die Dame entgegnete: ” Also evangelisch !!
    Es bedarf tatsächlich einer längeren Diskusion .

    Bayern des samma mir. :)

  • Veronika

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    @Luna Schneck:
    Deshalb haben ja gerade die Bayerischen Bistümer in nahezu jedem grösseren Unternehmen mit mehr als 150 Arbeitern/ Angestellten irgendwie “die Finger mit drin”. Da tritt niemand aus, genauso wenig wie bei den Pflegediensten, Seniorenwohnheimen, ob die nun direkt der Kirche “zuzuschlagen” sind, oder über Caritas-/ Diakonie-Beratungsstellen dann doch wieder tun müssen, was die Großkirchen sagen/ machen. War da nicht letzte Ostern ein Ministerpräsident sam Gemahlin sogar in einem Kloster? Gehören da nicht hochrangige PolitikerInnen gerade in Bayern speziellen, aus der Kreuzfahrerzeit “herübergeretteten” “Ritter-Orden” an, die bei Hochfesten ein Mäntelchen mit Kreuz tragen? Vielleicht wird Bayern ja doch noch eine katholische Enklave, wenn der Rest Deutschlands (hoffentlich) noch multikultureller und säkularer wird. Haben Sie das Buch von Winfried Scharnagl (ehem. Herausgeber des Bayernkurier) schon gelesen?
    Also ich wüsste da sogar einen Stra.tatbestand.

  • Roger Burk

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    unfassbar…

  • Montecosta

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    Ich kann nur – AUSTRETEN- dazu sagen. Ist schon schlimm genug das ich gezwungen werde für meinen Glauben zu bezahlen, aber die Verwendung ist eine Unverschämtheit. Zum Glück habe ich diesem Verein nie angehört. Die nächste Frage ist noch, wo befinden sich eigentlich die frommen Männer die unsere Kinder so lieb hatten ???? Sind die verklagt und eingesperrt worden ?????? oder sind die davon auch befreit ?????

  • Matthias Beth

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    Wo ist hier der Einsatz der gewählten Volksvertrter Mdl’s und MdB’s diese einseitige Begünstigung abzuschaffen?
    Daran sollten die Wähler bei der nächsten Stimmabgabe denken, der Bürger muß im Falle, dass seine Zivilklage unberechtigt war, die Prozesskosten tragen, dass ist auch richtig so! Warum die Kirchen nicht? Hier werden unnötigne Prozessen auf Kosten der Allgemeinheit Tür und Tor geöffnet!

  • Mathilde Vietze

    |

    Von unserem (Ex-)Hirten ist bekannt –
    er betrachtet jede Mücke als Elefant.
    Sofort rennt zum Kadi er dann,
    denn er ist ein unfehlbarer Mann.
    Doch jetzt hat ein paarmal er sich verhoben;
    das hohe Gericht ist sehr zu loben.
    Klar, das GLM weiter ficht;
    seine nächste Instanz ist das Jüngste Gericht.

  • Joachim Datko

    |

    Zu Mathilde Vietze “Von unserem (Ex-)Hirten ist bekannt –”

    Man sollte schon deutlich sagen, dass der r.-k. Bischof Hirte der r.-k. Kirchenmitglieder ist, es ist nicht der “(Ex-)Hirte” der Bevölkerung.

  • W.Müller

    |

    Verehrte Forenteilnehmer
    Liest man die Beiträge dieses Forums, kann man sich in unserer demokratischen Staatsform nicht vorstellen, welche unglaublichen undemokratischen Vorgänge sich die katholische Kirche in diesem unserem Lande leistet. Jede Art von Kritik wird als Majestätsbeleidigung zurückgewiesen und die Karavane zieht unbeirrt weiter. Jetzt nach 2000 Jahren, haben wir die die Macht, die Karavane zu stoppen und sie unseren demokratischen Gesetzen zu unterwerfen. Setzten sie ihren Abgeordneten unter Druck und fragen sie ihn ob er damit einverstanden ist, dass die katholische Kirche jährlich 4300 Millionen von unserem Gemeinwesen abzockt.
    Jeder Bundestagsabgeordnete hat das Violettbuch über die Kirchenfinanzen von Carsten Frerk erhalten, in dem die jährlichen Zahlungen der BRD an die christlichen Kirchen unwiderlegbar aufgeführt sind.
    Diese Zahlungen sind weltweit einmalig, stoppen wir sie, damit vermindern wir unsere Altersarmut ganz massiv und leben unser schönes Leben jetzt, ein Leben nach dem Tode gibt es ganz sicher nicht. Glauben sie an keinerlei Versprechungen, die ihnen alle Wohltaten in der Zukunft versprechen. ( wie Nationalsozialismus, Sozialismus, Heiratsschwindler, Bänker und sonstige Schlawiner es jeweils versprechen)
    Wer wenig weiß, muss viel glauben, wer Nix weiß muss Alles glauben was der Hirte sagt.
    W.Müller

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