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Seltsamer "Affront zum Volkstrauertag"

Die Tageszeitung und der städtische Wanderkranz

Es ist selten, dass es Grabschmuck zu größeren Schlagzeilen bringt. In Regensburg ist aber manchmal alles etwas anders. Denn hier hat sich ein städtischer Ehrenkranz auf abenteuerliche Wanderschaft begeben und es nun sogar in die Mittelbayerische Zeitung geschafft. Der Kranz liegt nun am Denkmal für sowjetische Zwangsarbeiter.

Erst lag er am Grab des einstigen Oberbürgerbürgermeisters Rudolf Schlichtinger (SPD), dann landete er auf dem Grab von Nazi-Oberbürgermeister Otto Schottenheim. Doch nun ist es zum “Affront vor dem Volkstrauertag” gekommen. Unter dieser Überschrift berichtet die Mittelbayerische Zeitung auf ihrer Internet-Seite von einem “Kreis Erinnernder an die NS-Zwangsarbeit”, der Schottenheims Grab “geplündert” habe.

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Stadt: “Kranz wurde von Schlichtinger-Grab geklaut”

Wie berichtet, hatten wir die Stadt nach dem Hinweis eines Lesers damit konfrontiert, dass ein offizieller Gedenkkranz auf Schottenheims Grab liegt. Mehrere Ämter haben daraufhin ausdrücklich dementiert, dass dies auf dem städtischen Mist gewachsen sei.

Der Kranz auf Schottenheims Grab. Die Stadt dementiert, etwas damit zu tun zu haben. Die Tageszeitung behauptet das Gegenteil. Foto: rw

Schottenheim, überzeugter Nationalsozialist und Regensburger Oberbürgermeister von 1933 bis 1945 (hier ein Porträt), habe weder ein städtisches Ehrengrab, noch werde er bei Kranzniederlegungen berücksichtigt. Der Kranz sei offenbar vom Grab von Rudolf Schlichtinger geklaut und zu Schottenheim transferiert worden.

MZ: “Stadt legt jedes Jahr Kranz für Schottenheim nieder”

Doch die Mittelbayerische Zeitung weiß da offenbar mehr. Die Stadt Regensburg habe “wie jedes Jahr Anfang November auch einen Kranz für den ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt niedergelegt”, heißt es in dem Artikel, aus dem nicht klar hervorgeht, worin nun der “Affront vor dem Volkstrauertag” besteht.

Ist es der städtische Kranz auf Schottenheims Grab?

Der Kranz-Klau des anonymen Erinnerungskreises?

Oder ist es der Artikel, in dem entweder eine Pressemitteilung ohne jedwede Recherche abgeschrieben bzw. falsch interpretiert wurde oder dessen nicht genannter Verfasser zumindest nichts Besonderes daran zu finden scheint, dass die Stadt Regensburg jedes Jahr einen glühenden Antisemiten und Hitler-Verehrer mit einem Kranz ehrt?

Nazi-Oberbürgermeister Otto Schottenheim (hier um 1934). Quelle: Wikipedia

Die Bayerische Staatszeitung positioniert sich da etwas deutlicher: Sie berichtete mit Bezug auf regensburg-digital.de am Freitag über den “Nazi-Grusel auf dem Regensburger Zentralfriedhof”.

Kein Kranz für Zwangsarbeiter

Lediglich eines scheint klar zu sein: Für die Zwangsarbeiter, die hier während der NS-Herrschaft insbesondere in den Messerschmitt-Werken (Hintergründe dazu) schuften mussten, gibt es zu November jedenfalls keinen Gedenkkranz. Das sieht übrigens der “Erinnerungskreis” als Affront an.

Die Stadt selbst war am Samstag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Nachtrag: Zwischenzeitlich hat die Mittelbayerische Zeitung die Überschrift geändert. Es heißt nun “Eklat zum Volkstrauertag”.

UPDATE am 20.11.12: Zwischenzeitlich hat die Mittelbayerische Zeitung ihren Text umfassend korrigiert.

 

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Kommentare (26)

  • Matthias Süß

    |

    Glücklich ist eine Stadt, die keine anderen Sorgen hat, als sich über ein paar Spaßvögel aufzuregen, die Kränzeverstecken spielen.

  • Ratisbonicus

    |

    Was anderes war ja vom “Regensburger Beobachter”, auch als “Mittelmäßige” bekannt, nicht zu erwarten.

  • "Diese unsere Welt"

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    Kurt Tucholsky, Dr. Ludwig Thoma übernehmen Sie!

  • B.Werber

    |

    Der Kommentar wurde von der Redaktion gelöscht.

  • aha

    |

    Herr Süß, wer Kränze klaut um einen Nazis zu ehren ist kein Spaßvogel.

  • Fr. Streng

    |

    @ M. Süß
    Wie gelangweilt muss man sein, um sich über – nach eigener Definition – belanglose Artikel auf RD überaus langweilig und belanglos auslässt? Lesen Sie doch mal die ganzen verlinkten Hintergrundberichte zu Schottenheimm H. Süß, vielleicht kommen sie dann aus ihr Langeweile-Schleife.

  • B.Werber

    |

    Ich stimme Fr. Streng und aha zu.
    Auch wenn diese beiden und dieser mein Kommentar hier nicht lang stehen werden.

  • peter sturm

    |

    wenn die mittelbayerische schreibt, dass die stadt jedes jahr einem ss-oberbürgermeister huldigt wird das wohl stimmen. schließlich arbeiten an die 100 journalisten bei der mz.
    dementies helfen da auch nichts mehr.

  • aha

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    @ perter strum

    ich kann nur hoffen, dass ihr Beitrag Satire ist.

    Oder glauben sie wirklich alles, was in der Zeitung steht?

    Man stelle sich vor, sie glauben alles und da steht morgen drinn peter sturm hat sich von Domturm gestürzt, wie könnten sie dann noch leben?

  • peter sturm

    |

    satire ist wohl eher die mittelbayerische. mein beitrag ist todernst.

  • Fr. Streng

    |

    @ P. Sturm
    Satire wäre bei diesem Weltkulturerberelevanten Thema ja völlig unangebracht. Ich gehe davon aus, dass einige von den 100 MZ-Journalisten richtig investigativ recherchiert haben. Schließlich hat man herausgefunden, dass „das Grab von Otto Schottenheim auf dem evangelischen Zentralfriedhof an der Friedenstraße geplündert“, Schlichtingers Grab jedoch nicht geschändet wurde.
    Wenn das kein Fall für das Kg. bayerische Amtsgericht ist: § 168 Störung der Totenruhe. Wird übrigens geahndet mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe!

  • Lothgaßler

    |

    Es liegt nun an den Journalisten der MZ zu belegen, dass die Stadt alljährlich dem Nazi Schottenheim gedenkt.
    Einen anderen Fakten-Check sehe ich nicht.

    Irgendwer muss den Kranz ja vor Ort abgelegt haben. Wenn es die MZ nicht schafft, dann ist es ein klarer Fall für Kommissarin Lucas. Wenn die Kommissarin ermittelt, dann wird es der Gärtner gewesen sein.

    Bei der hiesigen Gedenkkultur und dem vorherrschenden Geschichtsverständnis halte ich nichts für unmöglich.

  • CSU-Mitglied

    |

    Wer bezahlte den Trauerkranz? Die Stadt Regensburg? Dann ist es Verschwendung von Steuergeldern. der Bundesrechnungshof sollte hierüber informiert werden!

  • Stefan Aigner

    |

    UPDATE:

    Die Stadt Regensburg hat heute noch einmal ausdrücklich dementiert, dass von ihr auf Schottenheims Grab irgendwelche Kränze niedergelegt werden würden. Man prüft nun noch, ob Anzeige erstattet werden soll.

    Eine Anzeige gegen Unbekannt wird nicht erstattet, da es sich bei dem „Kranztausch“ vom Grab Schlichtinger zum Grab Schottenheim weder um Diebstahl, Unterschlagung noch um Sachbeschädigung handelt. “Die Anzeige wäre chancenlos”, so die städtische Pressestelle. “Wir können den Vorgang nur aufs schärfste verurteilen.” Es wird jetzt ins Auge gefasst, die Bänder der Kränze mit den Namen der Ehrenbürger zu versehen, um Kranzwanderungen in Zukunft zu vermeiden.

  • peter sturm

    |

    schön diese dementies.
    besser wäre es gewesen den kranz von schottenheims grab einfach zu entfernen, anstatt nur den umstand zu beklagen.
    aber dazu hätte ja jemand mal seinen schreibtisch verlassen müssen. unvorstellbar!

  • Freibeuter

    |

    @peter sturm

    Ja dann laber hier nicht rum, sondern räum du ihn doch weg den Kranz…

    wirklich ganz gscheid! Beschwer dich aber nicht, wenn du dann von irgendeinem Idioten angezeigt wirst…

    Hier klug reden, aber selbst nix auf die Reihe bekommen, meine Fresse!

  • MHH

    |

    @Freibeuter: also wenn ich erfahre, dass da jemand den von mir (Stadt Regensburg) niedergelegten Kranz auf Schlichtingers Grab widerrechtlich auf das Grab dieses Nazis transportiert hat, dann sorge ich schnellstens dafür, dass dies rückgängig gemacht wird statt nur tagelang zu dementieren. Und die Stadt kann dafür niemand anzeigen!
    Also lieber selber das Labern bleiben lassen und vor allem denken, bevor man lospoltert!
    Hier hat die Stadt schlichtweg gepennt. Dass dann als Protest-Reaktion dieser Kranz auf das Denkmal für die Zwangsarbeiter gelegt wurde finde ich absolut spitze, noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn dies die Stadt veranlasst hätte!

  • freibeuter

    |

    @mhh

    ja klar es ist auch die Aufgabe jedes Stadtbeamten loszumarschieren und alle Hakenkreuze, die irgendwelche minderbemittelten Halbstarken an (öffentliche) Einrichtungen schmieren, wegzumachen…
    … so ein Käse!!!
    MHH, wenn Sie stört, ich habe noch einen Kübel Farbe im Keller, Sie können Ihn abholen und eine Aktion starten…

    Sich hier immer hinstellen, was die Anderen immer alles falsch machen, und selbst nur gscheid reden ab nix machen, man, man, man, hab ich die gefressen, wahrscheinlich sind sie auch so ein Pirat…

  • MHH

    |

    @freibeuter: wie kommen sie auf den irrwitzigen Gedanken, ich würde fordern, dass jeder Stadtbedienstete ständig nach diesen Schmierereien suchen müsse? Hier wurde von mehreren Seiten bei den Verantwortlichen der Stadt nachgefragt…. Wer veranlasst, dass Kränze niedergelegt werden, sollte in solchen Fällen auch dafür sorgen, dass der Diebstahl bereinigt wird. Denn dies war Diebstahl an städtischem Eigentum.

    Wenn ihnen ein Fahrrad geklaut wird, zeigen sie es vermutlich zunächst an. Wenn sie informiert werden, dass ihr Fahrrad an einer bestimmten Adresse steht, warten sie dann, bis ihnen jemand das Fahrrad wieder vorbeibringt oder holen sie es sich ab? Nicht ich bin Eigentümer des Kranzes sondern die Stadt sie Schlauberger. Wenn ich ihnen ihr Fahrrad bringe, zeigen sie mich evtl. sogar wegen Diebstahls an und ich muss das Gegenteil beweisen.

    Bei Beschädigung von städtischem Eigentum mit solchen Schmierereien geht es ebenfalls um
    1. die Strafverfolgung (auch um den Schaden ersetzt zu bekommen)
    2. um die Beseitigung verbotener Symbole auf öffentlichem Eigentum. Dabei muss ich nicht danach suchen, wenn sie mir aber bekannt werden, muss ich diese beseitigen (lassen). So ist es rechtlich nun mal. Wenn der/die VerursacherIn nicht ermittelt werden kann, bleibt leider die Allgemeinheit auf diesen Kosten sitzen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass Verursacher solcher Schmierereien angezeigt werden damit diese haftbar gemacht werden können.

    PS: es geht sie zwar nix an, aber: ich bin kein Pirat. Beseitige auch regelmäßig den Dreck anderer und bin es auch sonst gewohnt, nicht nur zu reden sondern zu handeln. Ihr handeln besteht aber offensichtlich nur aus “man, man, man” und Beschimpfungen anderer.

  • freibeuter

    |

    @mhh

    ständig wird dagegen angestunken, dass Deutschland in Bürokratie erstickt…

    Und jetzt soll die Stadt keine Kosten scheuen, dass der Kranz wieder dorthin kommt wo sie ihn ursprünglich hingelegt hat, am besten noch den Sicherheitsdienst an allen Gräbern hinstellen, damit die Kränze nicht nochmal wegkommen????

    Ich wette, dann dauert es keine 24 Stunden bis die ersten in diesem Forum schreiben, wie Steuergelder verschwendet werden!

    Es ist nur ein verkackter Kranz und irgendein Idiot hat diesen Kranz (der eh nach ein paar Wochen weggeschmissen wird) woanders hingelegt.
    Um bei Ihrem /Fahrradbeispiel zu bleiben: Ich hoffe die Stadt lernt daraus folgendes: Nächstes Jahr anstelle von Kränzen wird das Geld für sinnvolle Einrichtungen gespendet! Das macht Sinn! Aber es macht keinen Sinn, den Kranz sich zurückzuholen und an den “richtigen” Platz zu legen!!!

    Wenn Sie schon dabei sind den Dreck anderer zu beseitigen, dann legen Sie doch den Kranz zurück, wenn es Ihnen sop Wich

  • norbert e. wirner

    |

    was war das jetzt eigentlich wirklich? frage an die juristen…

    diebstahl kanns ja nicht gewesen sein – ist ja noch da, das ding.

    besitzstörung?

    verunglimpft wurde auch keiner, eher veraufglimpft.

    was denn nun?

  • MHH

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    Ein Vergleichsfall ohne politischen Hintergrund:
    Zitat: Für einen Kranzdiebstahl ist eine 48jährige Ehefrau aus Bad Oldesloe zu drei Wochen Gefängnis verurteilt worden. Sie hatte bei der Beerdigung auf dem Oldesloer Friedhof einen Kranz mit weißen Dahlien von einem frischen Grabe fortgenommen und zu Tränen gerührt am Sarge eines Rentners niedergelegt. Der Amtsrichter bezeichnete den Diebstahl als “besonders verwerflich und eine grobe Gefühlslosigkeit”.
    aus Hamburger Abendblatt: http://www.abendblatt.de/archiv

  • Veronika

    |

    Wunderbar, da will man sich/ wollen sich einige in Regensburg scheinbar nunmehr weltweit unvergesslich machen. Reicht das mit Donaustauf und derem vermeintlichen “Problem” noch nicht?

Kommentare sind deaktiviert

drin