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Regensburg Haber: Lobbyarbeit für die AKP?

OB Wolbergs: „Wir nehmen die Vorwürfe durchaus ernst“

Der Oberbürgermeister lässt die Vorwürfe gegen die Regensburg Haber derzeit von der Verwaltung prüfen. Eine mögliche Erklärung für die Facebook-Attacken der deutsch-türkischen Zeitschrift: Chefredakteur Salih Altuner ist seit Jahren Aktivist für den Erdoğan- und AKP-Lobbyverein UETD.

Lässt die Vorwürfe gegen Regensburg Haber derzeit "verwaltungsintern prüfen": Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Foto: Archiv/ Liese

Lässt die Vorwürfe gegen Regensburg Haber derzeit “verwaltungsintern prüfen”: Oberbürgermeister Joachim Wolbergs. Foto: Archiv/ Liese

„Die Stadt weiß von den aktuellen Auseinandersetzungen über angebliche Inhalte auf der Haber-Facebookseite. Wir nehmen die erhobenen Vorwürfe, die wir derzeit verwaltungsintern prüfen, durchaus ernst.“ Oberbürgermeister Joachim Wolbergs hat als erster auf die Kritik des Internationalen Kultur- und Solidaritätsvereins an der Zeitschrift Regensburg Haber reagiert. Offenbar will man nun die angesprochenen Facebook-Einträge selbst übersetzen lassen.

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„Angeblicher Völkermord“ an den Armeniern

Wie berichtet, fuhr die deutsch-türkische Zeitschrift, die vielen als Erfolgsprojekt in Sachen Integration gilt, auf ihrer Facebookseite unter anderem eine scharfe Attacke gegen den Geschäftsmann und früheren CSU-Stadtrat Haritun Sarik. Der hatte sich in einem Interview mit der Mittelbayerischen Zeitung zu seiner armenischen Herkunft bekannt und eine Anerkennung des Völkermords 1915 an den Armeniern durch die türkische Regierung gefordert.

Von Regensburg Haber wurde ihm daraufhin in einer längeren Tirade eine „größtmögliche Ausnutzung von Gefühlen“ und ein „nicht endender Hass“ vorgeworfen. Sarik beschädige das Image der Türken, diesen ginge es wie frühere den Juden, sie würden als die Quelle alles Bösen hingestellt. An anderer Stelle schreibt Regensburg Haber vom „angeblichen Völkermord“ an den Armeniern – das steht in Einklang mit der Staatsdoktrin der türkischen Regierungspartei AKP und Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan.

Chefredakteur gründete Ableger von AKP-Lobbyverein

Betrachtet man das Engagement von Regensburg Haber-Chefredakteur Salih Altuner an anderer Stelle, ist es nicht überraschend, dass die Redaktion eine solche Linie fährt. 2012 gründete der 39jährige den Regensburger Ableger der UETD, der „Union türkisch-europäischer Demokraten“. Etwa zeitgleich erschien auch die erste Druckausgabe von Regensburg Haber, in der der Verein regelmäßig zu Wort kommt und beworben wird.

Chefredakteur und Lobbyist: Salih Alturner. Foto: Stadt Regensburg/ Peter Ferstl

Chefredakteur und Lobbyist: Salih Altuner. Foto: Stadt Regensburg/ Peter Ferstl

Hinter der UETD verbirgt sich indes nichts anderes als eine 2005 gegründete Lobbyorganisation der türkischen Regierungspartei AKP. Zur Eröffnung des ersten UETD-Büros in Deutschland erschien denn auch Staatspräsident Erdoğan. In Deutschland, aber auch in anderen europäischen Ländern, wirbt die UETD aktiv um die Stimmen der Auslandstürken für die AKP und Erdoğan.

UETD: Massive Werbung für Erdoğan

Der aktuelle Vorstandsvorsitzende des europäischen Hauptsitzes der UETD, Süleyman Çelik, bestreitet die Lobbyarbeit zwar immer wieder, allerdings lässt er keine Zweifel darüber aufkommen, wo er politisch steht:Auf seiner Facebookseite präsentiert er sich stolz neben Staatspräsident Erdoğan. 2014 veröffentlichte Regensburg Haber ein langes Interview mit Çelik, das allerdings ausschließlich in türkischer Sprache erschien – eine übliche Praxis in der Zeitschrift: deutsche Texte werden so gut wie nie ins Türkische übersetzt und umgekehrt.

Mehrfach organisierte die UETD Wahlkampfveranstaltungen von Erdoğan in Deutschland. Sein letzter Auftritt im Mai in Karlsruhe wurde von der UETD massiv beworben und wohl auch organisiert. Entsprechend positiv fällt ein Bericht zu diesem Besuch auf der Internetseite von Regensburg Haber aus. Bereits anlässlich von Erdoğans Wahl zum Staatspräsidenten 2014 hatte die Zeitschrift ihm ein ganzseitiges Foto gewidmet.

Meinungen abseits der Staatsdoktrin sind unerwünscht

Zur Präsidentschaftswahl: eine Seite für Erdogan in Regensburg Haber.

Zur Präsidentschaftswahl: eine Seite für Erdogan in Regensburg Haber.

Wie es Organisationen bei Regensburg Haber ergeht, die nicht die herrschende Staatsdoktrin der Türkei teilen, aber gleichwohl türkische Mitglieder haben, durften der IKS, aber auch die Alevitische Jugend und die HDP Regensburg im Rahmen eines weiteren Facebookposts erfahren:

Sie betrieben Lobbyarbeit für die PKK und die Anerkennung des „angeblichen Völkermords“ an den Armeniern war dort Ende Juli zu lesen. Es brauche eine Einigkeit innerhalb der türkischen Gemeinde, damit deren „negative Propaganda gegen die Türkei und die Türken“ keinen Erfolg habe. Dass es bei türkischstämmigen Menschen auch andere Meinungen, als jene der AKP und von Staatspräsident Erdoğan gibt, scheint man demnach nicht zu akzeptieren.

UETD-Vorsitz: Bruder beerbt Salih Altuner

Bis vor kurzem war Altuner auch Vorsitzender der von ihm gegründeten UETD Regensburg, zwischenzeitlich hat dieses Amt sein Bruder inne. Er selbst hat es in den Integrationsbeirat der Stadt Regensburg geschafft. In Regensburg Haber kommt der Lobbyverein allerdings nach wie vor gebührend zu Wort.

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Kommentare (10)

  • Joey

    |

    Wolbergs ist hier mal nicht schuld an irgendetwas. Außer es wären städtische Fördergelder gezahlt worden…
    So schwer es manchmal auch fällt: man darf in Deutschland Erdogan gut finden. Ich finde ihn ja nicht gut.
    Man muß auch nicht jede türkische Zeitung gut finden. Freiheit gilt aber gerade für die, die wir nicht gut finden.

    Der Gebrauch türkischer Sprache ist zulässig, aber sicher keine Integration. Deswegen sind Medien, Moscheepredigten, Kulturvereine etc. nicht integrationsfördernd. Man kann und sollte sowas nicht verbieten, aber auch nicht irgendwie fördern.

    Die türkische Community ist deutlich stärker ausgeprägt als die brasilianische oder englischsprachige. Die Hintergründe dafür sind vielfältig, zur Erklärung (nicht zum Verständnis!) muß man sich türkische Staats- und Gesellschaftsdoktrinen ansehen.

  • Hans Mayer

    |

    Sehr geehrte Dammen und Herren,

    Herr Sahli Altuner soll sofort aus dem Integrationsbeirat raus,er hat in diesem Gremium nichts verloren.Hier kann man keinen AKP Lobbyisten gebrauchen Herr Wolbergs hier muss schnell gehandelt werden.

    Herr Altuner soll sich beim ehemaligem Stadtrat Herrn Sarik entschuldigen und bei der Stadt Regensburg dies ist eine unverschämtes vorgehen vom Herr Altuner die leute für blöd zu halten und ein Doppelspiel zu betreiben.

    Mfg.
    Hans Mayer

  • Franz Mahler

    |

    @Joey, 10. August 2015 um 10:57 | #

    1. “Wolbergs ist hier mal nicht schuld an irgendetwas. Außer es wären städtische Fördergelder gezahlt worden.”

    Einspruch. Ist man als Politiker nur dann an etwas „schuld“, wenn von der Allgemeinheit dafür Fördergelder gezahlt werden? Alles andere geht einem am Allerwertesten vorbei? Ich meine nein. Politik ist mehr als das Einkassieren von Steuern und das Ausgaben öffentlicher Mittel, auch wenn man im Vergleich zu “Mutti” Merkel nur eine kleiner Kommunalpolitiker ist.

    2. “So schwer es manchmal auch fällt: man darf in Deutschland Erdogan gut finden. Ich finde ihn ja nicht gut. … Freiheit gilt aber gerade für die, die wir nicht gut finden.”

    Einspruch. Es geht nicht darum, ob man Herr Erdogan persönlich oder seinen Haarschnitt „gut“ findet oder nicht. Wenn man allerdings für die „Freiheit“ eintritt und Freiheit gut findet, wie kann man dann jemand gut finden, der die Freiheit unterdrückt? Wie geht das zusammen?

    Das wäre so, als würde jemand behaupten, Honecker hätte nichts mit der Diktatur in der DDR zu tun gehabt. Schließlich war die Deutsche Demokratische Republik ein „demokratischer“ Rechtsstaat.

    Wie jeder inzwischen wissen sollte, ist nicht überall, wo Schinken auf der Verpackung steht, auch Schweinefleisch drin. Das gilt auch für Freiheit und Demokratie. Nicht überall, wo Demokratie und Freiheit draufsteht, ist auch Demokratie und Freiheit in der Schachtel drin. Freiheit und Demokratie sind die beiden Begriffe, mit denen in der Politik und vielen Medien am meisten Schindluder getrieben wird. Gleich danach kommen die sogenannten “christlichen Werte”.

    Wenn man für „Freiheit“ plädiert, dann muss man der Freiheit nämlich auch Grenzen setzen und zwar dort, wo die Geschichtsklitterung anfängt, wenn ein korruptes Ein-Parteien-System als „Demokratie“ verkauft wird, wo Minderheiten im eigenen Land unterdrückt werden und die öffentliche Meinung von den Regierung zensiert und manipuliert wird. Es sei denn, man gehört zu denen, die das alles “gut” finden.

    MfG
    Franz Mahler

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