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Ausgelagerte Service-GmbH

Dumpinglöhne am Uniklinikum Regensburg: Fast 100 Prozent für Streik

Bis zum 1. Mai läuft das Ultimatum, um Tarifverhandlungen mit den Beschäftigten der „Service-GmbH“ zu beginnen. Die Verantwortlichen am Uniklinikum glänzten bislang durch Schweigen und Verweigerung.

Bei den Beschäftigten der KDL (hier bei einer gemeinsamen Demonstration mit Beschäftigten der Service-GmbHs in Erlangen und Würzburg) steigen Streikbereitschaft, gewerkschaftlicher Organisationsgrad – und Wut. Foto: privat

Eine gute Woche haben die Geschäftsführung der Krankenhausdienstleistungsgesellschaft (KDL) und die Verantwortlichen beim Uniklinikum Regensburg (UKR) noch Zeit, um Gesprächen über Tarifverhandlungen zuzustimmen. Ansonsten droht bei dem „Supramaximalversorger“ (UKR über UKR) ein unbefristeter Streik.

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Bei einer Urabstimmung, die von der Gewerkschaft ver.di am 10. April eingeleitet wurde, haben sich einer aktuellen Mitteilung zufolge 99,3 Prozent für unbefristete Arbeitskampfmaßnahmen ausgesprochen. „Das Ultimatum läuft, wir geben den Arbeitgebern bis zum 1. Mai Zeit, mit uns Verhandlungstermine abzustimmen“, sagt der bei ver.di zuständige Landesfachbereichsleiter Robert Hinke. „Ansonsten treten wir in eine neue Phase des Arbeitskampfes.“

Verantwortlich ist der Freistaat Bayern

Das Ziel: eine Angleichung der Bezahlung der KDL-Beschäftigten an den Tarifvertrag der Länder, der für all jene gilt, die direkt am UKR beschäftigt sind. Bei der 2006 gegründeten „Servicegesellschaft“ gilt hingegen Gebäudereiniger-Tarif – 13,50 Euro die Stunde, unabhängig von der Beschäftigungsdauer, kein Weihnachtsgeld, keine betriebliche Altersvorsorge, keine Corona-Prämie – trotz Arbeit an einem Klinikum.

Gehaltsunterschiede von über 45 Prozent bzw. 1.000 Euro im Monat im Vergleich zum Tarifvertrag der Länder sind keine Seltenheit. Dumpinglöhne, von denen in der übergroßen Mehrheit Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund betroffen sind. Bemerkenswert: Die KDL mbH gehört zu 51 Prozent dem UKR und damit dem Freistaat Bayern. Der Geschäftsführer arbeitet hauptberuflich als Abteilungsleiter am UKR – ein zumindest ungewöhnliches Konstrukt.

Geschäftsleitung: teure Anwälte statt Gespräche

Der gewerkschaftliche Organisationsgrad der KDL-Beschäftigten liegt nach Informationen unserer Redaktion bei etwa zwei Drittel – und steigt offenbar weiter. Betriebsratsvorsitzende Nelli Nentschuk sagt jedenfalls, dass sich auch während der Urabstimmung „zahlreiche Beschäftigte“ neu organisiert hätten, um für die geforderte Tarifangleichung zu kämpfen.

Mit einer Plakatkampagne machen die Beschäftigten nun auf ihre Situation aufmerksam.

Bislang hatten Geschäftsführung und KDL-Leitung jedwede Gespräche über dieses Thema verweigert. Trotz mehrfacher Aufforderungen und zuletzt fünf Warnstreiktagen, die zum Teil für erhebliche Beeinträchtigungen am Klinikum gesorgt hatten. Stattdessen gab es Betriebsversammlungen, bei denen der Geschäftsführer den Beschäftigten mit Insolvenz und Verkauf gedroht und insgesamt sehr emotional aufgetreten sein soll.

Verantwortliche ducken sich weg

Fragen unserer Redaktion dazu, ob man nun doch das Gespräch mit dem Betriebsrat und der Tarifkommission der KDL führen wird, wollten die Verantwortlichen zuletzt nicht beantworten.

Mehrfache Antwort: „Aufgrund noch zu klärender, juristischer Fragestellungen werden wir dazu aktuell keine Auskunft geben.“ Hintergrund dieser Auskunftsverweigerung dürfte sein, dass man zuletzt eine einschlägig bekannte Münchner Kanzlei engagiert hatte, um die Streikmaßnahmen juristisch auszuhebeln. Vor Gericht scheiterte man damit allerdings bislang.

Nun hat man noch Zeit bis zum 1. Mai. Wenn bis dahin nicht verhandelt werde, müsse man mit Streiks rechnen, sagt Gewerkschaftssekretär Sven Czekal. Bei den Beschäftigten steige angesichts der konsequenten Weigerungshaltung der Geschäftsführung zwischenzeitlich auch die Wut.

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Kommentare (7)

  • tom lehner

    |

    99,3% ist eine Ansage. Es ist wirklich eine Schande das die Öffentliche Hand sich nicht darauf besinnt bei Ausschreibungen auch darauf zu achten wie Arbeitsleistung bezahlt wird. Das Beste Angebot zählt. Das ist eine einfache Rechnung.

    Ob das in der Realität dann auch das Beste für die Allgemeinheit darstellt lässt sich bezweifeln. Subunternehmertum, Umgehung von Sozialabgaben, Mindereinnahmen für die Rentenkassen, Arbeitslosenversicherung und staatlich geförderte Aufstockung von Minimalstlöhnen erkauft man sich damit. Ohne irgend jemand etwas unterstellen zu wollen behaupte ich auch das motivierte Arbeit auch qualitativ eine bessere ist. Von den Folgen mit Erkrankungen, psychischer Probleme ganz zu schweigen.
    Das alles ist etwas das Betriebswirtschaftler nicht auf der Pfanne haben.
    Eigentlich wollte ich jetzt meinen Sarkasmus und den obligatorischen Spruch dazu bringen, aber ich bin mir gar nicht sicher ob ein verändertes Denken nicht auch den Gewinn und somit die Dividende steigern könnte.

    Aber solange bei uns das Denken “Der Markt wird es richten” vorherrscht und die Auftragsvergabe im Dunkeln bleibt wird sich daran nichts ändern.
    Das wäre schön: Wer Geld von der Öffentlichen Hand möchte soll die Hosen runter lassen! Also übersetzt wer von der Allgemeinheit, also letztendlich von uns, Geld möchte soll offenlegen für was. Transparent gemachte Auftragsvergabe schafft Vertrauen und die gibt Möglichkeit Fragen zu stellen und Korruption entgegenzuwirken.

    Beispiele gefällig? Gern. Stuttgart 21: Momentan bei 11,2 Milliarden € Kosten solle etwas über 2 Milliarden. Oder die Lachnummer Gorch Fock. Generalsanierung für 110 Millionen. 10 Millionen sollte es kosten. Die Werft ist jetzt pleite. Klar, weil die Sanierung ein Schnäppchen war.
    Für 110 Millionen hätte ich die Gorch Fock aus dem Vollen geschnitzt. Versprochen.
    An dieser Stelle beende ich vorsorglich meine Aneinanderreihung. Zum einen um Depressionen vorzubeugen, zum Anderen um Regensburg Digital nicht zuviel Cloudspeicher zu verbraten.

    Ich bringe es auf den Punkt:
    Für ehrliche und gute Arbeit bezahle ich gerne. Menschen die 160h und mehr im Monat arbeiten dürfen nicht auf Hilfe vom Staat angewiesen sein. Sind sie es trotzdem machen wir etwas falsch.

  • Daniela

    |

    @tom lehner
    25. April 2024 um 07:43 | #

    Ich teile Ihre Meinung, von Vollzeitarbeit muss man leben können.

    Ich hoffe, die Beschäftigten erreichen etwas und werden künftig angemessen bezahlt. Sie leisten für uns eine wertvolle Arbeit, die gesellschaftlich benötigt wird.

    Jedesmal, wenn ich im UKR bin, sehe ich diese Leistungen mit ‘offenen’ Augen. Ich denke dann Jedesmal, wenn es sie nicht gäbe, wer weiß, wie es hier aussehe.

    Wenn viele darüber nachdenken, was sozial gerecht ist, sollte man genau hier beginnen. Ehrlich und fleißig Arbeitenden und dann reicht der Verdienst (vielleicht) noch nicht einmal für ein einfaches Leben und diese Arbeitenden benötigen (vielleicht) noch Leistungen vom Staat.

  • Native

    |

    Genau für solche berechtigte Anliegen der berufstätigen Bevölkerung ist das Streik – und Demonstrationsrecht wertvoll und unverzichtbar. Um gegen soziale Schieflagen und an „modernes Sklaventum“ grenzende, unwürdige Verhältnisse, allenthalben (Reinigungkräfte, Lieferdienste, LKW-Fahrer, Billig Lohner in Gastronomie, als Erntehelfer, in Subunternehmen am Bau und in Großschlachtereien) in unwürdigen Wohnverhältnissen, organisiert zu demonstrieren. Sie sind es, auf deren Rücken unser Wohlstand (noch) aufrechterhalten wird und ungezügeltes Profitstreben unterstützt wird. Kein Wunder das dazu immer Wenigere bereit sind, sich ausbeuten zu lassen und deswegen überall Arbeitskräftemangel herrscht. Ob die sozialen Ergänzungsleistungen und Bürgergeld als Ausgleich, „der Königsweg“ dagegen sind? Man weiß es nicht! Ich halte faire Arbeitsbedingungen und Löhne für sinnvoller.
    Wie armselig ist dagegen, wie das Demonstrationsrecht von europafeindlichen, demokratiefeindlichen, rechtsextremen Verschwörungstheoretikern, durch Klamauk öffentlichkeitswirksam, in angeblicher Opferrolle, missbraucht wird. Hoffentlich bekommen die EUROPA-Gegner am 09.06.2024 bei der Europawahl die Quittung.
    „Echte Männer sind rechts.“ (TikTok-Star Krah AfD). Ja,ja schon klar – in der Nacht ist es kälter als draußen und die Erde ist eine Scheibe.
    https://www.tiktok.com/discover/echte-m%C3%A4nner-sind-rechts-max-krah

  • xy

    |

    Wenn in D. eine Arbeitsstunde dem Arbeitgeber derzeit (30 % über dem EU-Durchschnitt) 41,30 EUR kostet, halte ich es für legitim und verständlich, nach Mitteln und Wegen einer Kostenreduzierung zu suchen.

  • Schwarzmeertanker

    |

    @xy:
    Ich finde es in dieser Situation nicht förderlich, mit einer durchschnittlichen Arbeitsstunde, die sich hoffentlich aus allen Branchen zusammensetzt, zu argumentieren.
    Bei einer gesetzlichen Lohnnebenquote (Sozialversicherungsanteil des AG + vorgeschriebene Umlagen großzügig angenommen) von ca. 27 Prozent, errechnet sich aus dieser Arbeitsstunde ein Stundenlohn für einen Arbeitnehmer von 32,52 Euro aus diesem Wert. Hochgerechnet auf 253 Arbeitstage (in 2024) zu je 8 Stunden ergibt sich hier ein Jahresbruttoeinkommen von 65.820,48 Euro.
    Für einen Rentenpunkt muss man 45.358 verdienen um das in Relation zu setzen.
    Wer verdient das? Das dürfte ein Lohn in gut bezahlter Industrieproduktion, aber nicht in der Pflege, zu sein.
    Bezogen auf den aktuellen Mindestlohn von 12,41 Euro würde die Arbeitsstunde übrigens bei gleicher Nebenkostenquote 15,76 Euro kosten.
    Könnten wir wieder bitte in der Realität und am konkreten Beispiel argumentieren.
    Wenn ich das Verhältnis der Löhne und Zahlen in Verhältnis setze, dann erscheint mir ihre Argumention aus der Sicht eines Arbeitgebers mehr als nur zynisch.
    Und ja, auch ich finde von Vollzeit sollte man leben können, anstatt nur zu überleben.

  • Daniela

    |

    @ Schwarzmeertanker
    28. April 2024 um 07:09 | #

    Ich schließe mich Ihrer Argumentation an.
    Ich persönlich halte den Stundenlohn von 13,50€ in Bezug auf Regensburg schon die unterste Schwelle des Einkommens.
    Ich denke, dass in Regensburg wohnen und arbeiten bei diesem Lohn fast nicht bis nicht ohne Sozialtransferleistungen möglich ist. Wohnen mit Nebenkosten wird unter diesen Umständen immer die berühmte 30%Regel sprengen, ich gehe davon aus das bei einer Familie der Anteil der Wohnkosten bei zwischen 40 – 50 % steigt, aufgrund des höheren Wohnbedarfs. Hier stimmen irgendwie die Relationen zwischen Einkommen und Wohnbedarfskosten nicht. Sozialwohnungen, die im unteren Segment der Wohnkosten liegen, sind nicht ausreichend vorhanden. Während früher die Einkommensschwächeren noch ins Umland ausweichen konnten, hat sich dies bereits auch überholt. Durch diverse Kostensteigerungen beim dann erforderlichen Arbeitsweg gleichen dies nicht mehr aus. Zudem kommt das der ÖPNV, in Regensburg und mit Anbindung ins weitere Umland nicht ausreichend ist.

    Ich halte die Forderung der Arbeitnehmer auf mehr Lohn gerechtfertigt, ob dies nun durch Eingliederung in den öffentlichen Tarif erfolgt, oder für die KDL separat erfolgt, stelle ich erstmal frei. Da aber das UKR 51% der KDL inne hat, müssten die Arbeitgebervertreter eigentlich sehr schnell am Verhandlungstisch sein und zumindest die Verhandlungen über entsprechende Lohnerhöhung beginnen. Das geböte schon der Respekt gegenüber den Arbeitskräften, die wertvolle, notwendige Arbeit für das UKR leisten.

    Allein der Versuch den berechtigten Arbeitskampf durch Klage zu unterbinden spricht Bände.

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