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Bis 2023 irrelevant

Betretungsverbot – die Stadt Regensburg nutzt dieses Schwert jetzt öfter

2015 wurden sie mit Tamtam hervorgeholt und seitdem kaum angewandt, doch seit letztem Jahr setzt die Stadt verstärkt auf Betretungsverbote – vor allem im Bahnhofsbereich.

Aufschrei ist vielleicht übertrieben, aber vernehmliche Beschwerden gab es doch, als in Regensburg im Herbst 2015 die Möglichkeit geschaffen wurde, für Einzelpersonen ein einjähriges Betretungsverbot für bestimmte Gebiete auszusprechen.

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Auf Initiative des damaligen Rechtsreferenten Wolfgang Schörnig und verkündet von OB Joachim Wolbergs gab sich die Stadt damit ein Instrument in die Hand gegen Personen, die wegen Gewalttaten, sexueller Belästigung, Raub oder der Behinderung von Rettungskräften beschuldigt wurden. Sie sollten so von neuralgischen Zonen – wie etwa das Vergnügungsviertel im Obermünsterviertel, aber auch Dulten, Grünanlagen oder das Jahnstadion – ferngehalten werden. So die offizielle Darstellung.

Idee: Schnelle Verbote statt lange Verfahren

Dieses Verbot sollte greifen, noch bevor das mutmaßliches Fehlverhalten in einem gegebenenfalls langwierigen juristischen Verfahren aufgearbeitet worden war, und außerdem sollte es mit einer ordentlichen Bearbeitungsgebühr (150 Euro) und ebensolchen Geldbußen bei Verstößen (500 bis 3.000 Euro) verbunden sein.

Anlass war damals übrigens ein Anstieg der Gewaltkriminalität in der Altstadt um fast zwölf Prozent von 2013 auf 2014. Schwerpunkte: das Umfeld von Discos, Obermünsterviertel, Bahnhofsbereich.

Betretungsverbot: seit seiner Einführung kaum relevant

Die Piratenpartei kritisierte das Betretungsverbot zwar als völlig unverhältnismäßig und als Vorverurteilung, biss damit aber auf Granit. Auch weil ein solches Vorgehen im Sicherheitsrecht durchaus zulässig ist.

Doch seit seiner Einführung vor bald neun Jahren hat man von diesem Instrument kaum mehr etwas gehört. Bei der Diskussion um die Sicherheit am Hauptbahnhof wurden Betretungsverbote zuletzt allenfalls am Rande erwähnt.

Betretungsverbot: auch 2015 nichts Neues

Genauer wissen wollte es Grünen-Fraktionschef Daniel Gaittet. Er hat 2020 und Anfang dieses Jahres nachgefragt, wie viele solche Verbote ausgesprochen wurden und weswegen. „Mir ist es wichtig, dass der Stadtrat da ein Auge drauf hat“, sagt er zur Begründung. Und ohne alle Einzelfälle im Detail zu kennen, wirke der Umgang mit dem Mittel auf ihn „verhältnismäßig“.

Betrachtet man die Zahlen, die Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer und Rechtsreferent Walter Boeckh Stadtrat Gaittet übermittelt haben, kann man konstatieren: Das 2015 heiß diskutierte und mit einigem Tamtam vorgestellte Betretungsverbot ist gar nichts Neues. Diese Möglichkeit gab es – darauf weist Boeckh explizit hin – schon vor dem damals abgehaltenen städtischen Pressetermin, entweder über das LStVG (Art. 7), ein Landesgesetz, oder über die städtische Grünanlagensatzung (§ 11).

Zwischen 2017 und 2022 insgesamt sechs Verbote

Und ob nun Landesgesetz oder städtische Satzung: Dieses „Schwert“, das hervorgeholt wurde im Zuge einer damals ähnlich scharf geführten Debatte über die Sicherheitslage wie heute, wird in der Praxis eher selten angewandt. Oder besser gesagt: wurde.

Tatsächlich gab es, folgt man den Auskünften von OB und Rechtsreferent bislang kein Betretungsverbot, das auf Basis der Grünanlagensatzung ausgesprochen wurde.

Auf Basis des LStVG gab es 2017 vier (eines für die Altstadt, drei für den Bahnhofsbereich), vornehmlich wegen Körperverletzungen in Zusammenhang mit Discobesuchen. 2018 eines (für die Altstadt), wegen gefährlicher Körperverletzung nach Discobesuch. In den Jahren 2019 bis 2021 wurde kein Betretungsverbot ausgesprochen und 2022 gab es ein Verbot – für die Herbstdult.

2023: 15 Verbote

Erst im vergangenen Jahr kam es, wenn man so will, zu einem sprunghaften Anstieg, der auch mit der aktuell diskutierten Entwicklung im Umfeld des Hauptbahnhofs in Zusammenhang stehen dürfte. Ein Betretungsverbot für die Maidult, sechs Betretungsverbote für Gästefans beim Jahn-Spiel gegen Paderborn („hohes Aggressionspotential“) und acht Betretungsverbote für den Bahnhofsbereich werden nun genannt.

„Bei den Fällen (2023, Anmerkung d. Red.) handelt es sich größtenteils um Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (Mitführen von Drogen), gefährliche Körperverletzungen, Raub, versuchte Vergewaltigungen“, schreibt OB Maltz-Schwarzfischer. Eine genauere Aufschlüsselung erfolgt nicht.

Warten auf konkrete Zahlen

Und so heißt es erneut: Warten auf die Zahlen des Polizeipräsidiums, das seit Monaten von Tendenzen und Anstiegen der Kriminalität spricht, aber weiter darauf beharrt, die intern längst bekannten Zahlen erst im März vorstellen zu wollen.

Mehr Transparenz wünscht sich auch Gaittet. „Das würde Vertrauen schaffen und eine sachliche Diskussion ermöglichen. Das hätte uns auch bei der Debatte ums Bahnhofsumfeld insgesamt nicht geschadet.“

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Kommentare (2)

  • Peter Schiegl

    |

    Es ist schwierig, bei einem Ersthelfer das Betretungsverbot durchzusetzen, vor allem während dieser Ersthelfer gerade die Herzdruckmassage bei einem akut erkrankten Bahnmitarbeiter anwendet – und erfolgreich angewendet hat ( 23. August 2022, Gleis 108)

  • Günther Herzig

    |

    Peter Schiegl
    23. Februar 2024 um 23:26 |
    In dem geschilderten Fall wäre keine Rechtswidrigkeit gegeben. Das ist kein Problem.

Kommentare sind deaktiviert

drin