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80 Tagessätze für Sascha Roßmüller

Geldstrafe für NPD-Rocker

Die Anklage im Bandidos-Prozess löst sich weitgehend in Luft auf. Es gibt eine Haftstrafe und drei geringfügige Geldstrafen.

Wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung wurde Roßmüller zu 80 Tagessätzen á 20 Euro verurteilt. Foto: Witzgall

Wegen Beihilfe zu gefährlicher Körperverletzung wurde Roßmüller zu 80 Tagessätzen á 20 Euro verurteilt. Foto: Witzgall

In seinem Schlusswort wird Sascha Roßmüller pathetisch. Der NPD-Politiker spricht von einem „Lackmustest für die Rechtsverfassung“. Betont, dass er nicht vorbestraft sei. Und dass auch die jetzige Anklage gegen ihn nur auf Hörensagen basiere. Dann setzt Roßmüller sich wieder. Die übrigen Angeklagten äußern sich nicht. Am späten Nachmittag soll das Urteil fallen. Im Publikum sitzt auch der NPD-Vorsitzende von Niederbayern, Alfred Steinleitner.

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NPD-Prominenz unter den Zuhörern

Es ist der letzte Tag im Regensburger Rocker-Prozess. Mehrere Mitglieder der Bandidos und eines Supporter-Clubs stehen seit August wegen des Vorwurfs der gemeinschaftlichen schweren Körperverletzung und des Landfriedensbruchs „in einem besonders schweren Fall“ vor dem Landgericht. Es geht um eine Auseinandersetzung, die sich vor mittlerweile fünf Jahren vor einer Kneipe in Straubing zugetragen hat. Die Bandidos sollen sich dabei verabredet haben, bewaffnet auf Mitglieder des konkurrierenden MC Gremium loszugehen. Dessen Präsident erlitt eine Schnittverletzung im Gesicht. Doch auch ein Mitglied der Bandidos-Gruppe wurde schwer verletzt. Er sitzt mit auf der Anklagebank.

Roßmüller stand angesichts seiner Führungsrolle innerhalb der rechtsextremen NPD – er ist Beisitzer im Landesvorstand – im Fokus der Berichterstattung. „Bayerns Staatsfeind Nummer 1“ lautete eine Schlagzeile. Und neben der Staatsanwaltschaft und den Medien sorgten auch die Verteidiger in dem Verfahren für viel Theaterdonner – mit einem Befangenheitsantrag und zum Teil schweren Vorwürfen gegen die Ermittlungsbehörden. Im Urteil bleibt von alledem nichts übrig.

Eine Haftstrafe, drei Geldstrafen

Stephan H. wird als einziger der vier Angeklagten zu einer Haftstrafe verurteilt. Bei ihm sieht es das Gericht angesichts von Zeugenaussagen, einer eigenen Einlassung des Angeklagten und DNA-Spuren auf einem Messer als erwiesen an, dass er dem Gremium-Präsidenten die Schnittwunde im Gesicht beigebracht hat. Der bereits mehrfach einschlägig vorbestrafte H. muss wegen gefährlicher Körperverletzung und einer früheren Verurteilung wegen Drogenschmuggels für drei Jahre und neun Monate hinter Gitter. Die drei übrigen Angeklagten – darunter Roßmüller – erhalten wegen Beihilfe Geldstrafen von jeweils 80 Tagessätzen.

Die Ablehnung der Outlaw-Rocker – sowohl auf Bandidos- wie auch auf Gremium-Seite – mit den Strafverfolgungsbehörden zusammenzuarbeiten habe das Verfahren „entscheidend geprägt“, so der Vorsitzende Richter Georg Kimmerl. Selbst der verletzte Gremium-Präsident habe sich geweigert, Angaben zu machen und auch kein Interesse an einer Strafverfolgung der Täter gezeigt. „Dennoch kann der Rechtsstaat hier nicht die Augen verschließen.“ Am Ende habe aber nur die gefährliche Körperverletzung durch Stephan H. aufgeklärt werden können.

Vorwurf des Landfriedensbruchs nicht haltbar

Im Übrigen sei das Gericht davon überzeugt, dass sich die Angeklagten im Zuge einer Kneipentour durch Straubing entschlossen hätten, die Auseinandersetzung mit dem MC Gremium zu suchen. Die Anwesenheit der drei übrigen Angeklagten sei durch Zeugenaussagen – im Falle Roßmüllers zusätzlich durch DNA-Spuren am Tatort – belegt. Damit hätten sie sich der Beihilfe schuldig gemacht. Eine Verurteilung wegen Landfriedensbruchs käme in keinem Fall in Frage. Dazu wäre zumindest eine Gruppe von 15 Tatbeteiligten notwendig gewesen. Zeugenaussagen belegen aber maximal zehn Angreifer.

Scharf kritisierte Richter Kimmerl die Vorwürfe der Verteidigung gegenüber zwei Polizeibeamten. Im Verlauf des Prozesses erklärten die Verteidiger unter anderem, ein Beamter habe voreingenommen ermittelt und bestimmte Gutachten zurückgehalten. Ein Vorwurf, der sich als haltlos herausgestellt hatte. „Von einem Organ der Rechtspflege hätte ich erwartet, dass man solche Vorwürfe dann wenigstens zurücknimmt.“ Einem anderen Beamten hatte einer der Verteidiger vorgeworfen, Zeugen bei der Vernehmung falsch belehrt zu haben, weil er sie auf ihre Wahrheitspflicht hingewiesen habe. „Ein Zeuge kann die Aussage bei der Polizei verweigern. Wenn er aber dort lügt, macht er sich strafbar“, so Kimmerl. Rechtsanwälte, die Gegenteiliges behaupteten – wie im Prozess geschehen – „verbreiten die Unwahrheit und machen sich möglicherweise sogar selbst strafbar“.

“Kein Kronzeuge”

Detailliert ging Kimmerl auch auf die Lebensbeichte des früheren Bandidos-Präsidenten Ralph K. ein. Dieser sei kein Kronzeuge, wie mehrfach von der Verteidigung behauptet. Da gegen K. zahlreiche Ermittlungsverfahren eingestellt wurden, sei seine Aussage auch entsprechend vorsichtig zu bewerten. Ohnehin sei ihr in diesem Verfahren „nur eine ergänzende Rolle“ zugekommen.

Bei seinem Urteil berücksichtigte das Gericht zugunsten der Angeklagten insbesondere, dass die Tat bereits sehr lange zurückliegt. Roßmüller sei zudem stark im Fokus der Medien gestanden, wenngleich er als Politiker eine Person des öffentlichen Lebens sei, „die das mehr hinnehmen muss als andere“.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten können dagegen noch Revision einlegen.

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Kommentare (5)

  • joey

    |

    “zugunsten der Angeklagten insbesondere, dass die Tat bereits sehr lange zurückliegt.” Vielleicht sollte man derartige Banden schneller ermitteln und verurteilen. Wäre Roßmüller geständig, reuig und ausgestiegen, könnte man “zugunsten” sprechen. Nein, er zieht jetzt wahrscheinlich als Sieger durch die Lande.

  • Mathilde Vietze

    |

    Diese Strafe ist zu wenig! Der sollte zwar nicht eingesperrt werden,
    sondern aml ein halbe Jahr lang Dreckarbeit verrichten.

  • hf

    |

    Mit 80 Tagessätzen bleibt Rossmüller weiter “ohne Vorstrafen” – aus dem kann also immer noch was werden. Die Regensburger Justiz würde jemandem mit so einer tollen Sozialprognose doch keine Steine in den Weg legen.

  • Tom

    |

    @ Frau Vietze

    Vielleicht noch gleich an den Pranger stellen oder Teeren und Federn oder Rädern oder Vierteilen……………………………

    Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt!!!

  • Mathilde Vietze

    |

    Zu Tom: Nein, n i c h t an den Pranger stellen usw., sondern einfach, wie man
    es z.B. bei straffälligen Jugendlichen macht: Sozialdienst. Nachdem Roßmüller
    offenbar ein kräftiger Mann ist, könnte man ihn leicht für körperlich schwere
    Arbeiten einsetzen, ohne daß er Schaden nähme.

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drin