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Archiv für 8. Juni 2011

„Wir sitzen hier nicht über politische Einstellungen zu Gericht und seien sie noch so abwegig, sondern über Straftaten.“ Mit diesem Eingangsstatement eröffnet der Vorsitzende Richter Carl Pfeiffer seine Urteilsbegründung in der Verhandlung gegen insgesamt sechs Neonazis, die im vergangenen Jahr in unterschiedlichen Konstellationen immer wieder durch Regensburg gezogen waren und dabei zahlreiche Straftaten – von Volksverhetzung bis zu gefährlicher Körperverletzung – begangen haben sollen. Allein: Nicht alle dieser vorgeworfenen Straftaten konnten vor der großen Jugendstrafkammer des Landgerichts Regensburg zweifelsfrei bewiesen werden. Im spektakulärsten Fall, den Angriff auf einen 22jährigen Barkeeper des Lokals Picasso im Juni 2010, wurden am Mittwoch deshalb vier der fünf angeklagten Männer freigesprochen.

Hauptangeklagter: Therapie aussichtslos

„Mangelnde motionale Wärme und Einfühlungsvermögen für Mitmenschen“: Der Hauptangeklagte Daniel S.. Foto: as
Lediglich der Hauptangeklagten Daniel S. (25) wurde wegen des Angriffs im Picasso verurteilt. Deshalb und wegen einer Attacke auf einen 16jährigen mit einem Maßkrug bei der Herbstdult (gefährliche Körperverletzung), Sachbeschädigung, diverser Volksverhetzungs- und Beleidigungsdelikte und unter Einbeziehung einer anderen Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung wurde er zu insgesamt sechseinhalb Jahren verurteilt. Damit blieb das Gericht drei Jahre unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wurde nicht angeordnet. Der 25jährige hatte in einem Brief an seine Frau angekündigt, diesen Entzug abbrechen zu wollen. Daraufhin hatte der beauftragte medizinische Gutachter sein früheres Urteil revidiert eine Therapie für aussichtslos erklärt. Dem schloss sich das Gericht in seinem Urteil an.

Mitangeklagte: „Kein Tatbeitrag nachzuweisen“

Daniel S. sei der einzige gewesen, dem zweifelsfrei nachgewiesen werden konnte, dass er den 22jährigen Barkeeper geschlagen habe, so Pfeiffer. Den übrigen Tatverdächtigen, 20, 27, 31 und 40 Jahre alt, sei „kein Tatbeitrag nachzuweisen“. Zwar sei es vermutlich so gewesen, dass mehrere Männer auf den Keeper eingeprügelt hätten, allerdings seien die Zeugenaussagen über die Anzahl der Prügelnden und zu deren konkreter Tatbeteiligung „denkbar unterschiedlich“. Einige Zeugen, inklusive des Opfers, hatte zwar ausgesagt, dass mehrere Männer auf den Barkeeper eingeschlagen hatten, allerdings konnte lediglich der Haupttäter identifiziert werden. Auch konnte das Gericht nicht klären, wer letztlich geschlagen hatte und wer nur tatenlos daneben gestanden war. Die Angeklagten selbst hatten entweder die Aussage verweigert oder sich auf alkoholbedingte Erinnerungslücken berufen. Es sei zwar bewiesen, dass sich alle Angeklagten zum Tatzeitpunkt im Picasso aufgehalten hätten, aber, so Richter Pfeiffer, „die bloße Anwesenheit reicht nicht aus“. „Der Gedanke liegt nicht fern, dass das gemeinsame Auftreten allein als Bedrohungspotential gewirkt hat, es gibt aber keine Feststellungen, die diesen Schluss sicher zulassen.“ Entsprechend dem Grundsatz „in dubio pro reo“ wurden die übrigen vier des Überfalls beschuldigten Neonazis freigesprochen. Für zwei der Angeklagten, 31 und 40 Jahre alt, war die Verhandlung damit erledigt.

„Happy, happy Holocaust“

Ein weiterer Mitangeklagter (20) wurde wegen Volksverhetzung – gemeinsam mit anderen hatte er in der Fußgängerzone „Happy, happy Holocaust“ gesungen – und Sachbeschädigung zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Der zweite (27) muss wegen Beleidigung und unter Einbeziehung einer Verurteilung wegen Raubes für insgesamt zwei Jahre und sechs Monaten hinter Gitter. Bei beiden ordnete das Gericht die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Der sechste Angeklagte, 24, mehrfach einschlägig vorbestraft – er war bei dem Angriff auf den Barkeeper nicht dabei – wurde – ebenfalls wegen Volksverhetzung („Happy, happy Holocaust“) – zu zehn Monaten ohne Bewährung verurteilt. Auch bei ihm ordnete das Gericht einen Alkoholentzug an. Bei erfolgreicher Therapie können sich Haftstrafen bis auf die Hälfte reduzieren.

Auch Hass-Journalisten brauchen Pause

Liebe Leserinnen und Leser, die Redaktion nutzt das bevorstehende Pfingstwochenende für eine kurze Erholungspause und nimmt sich ein paar Tage frei. Wir wollen in uns gehen und darüber nachdenken, ob unsere Kritik an der Haltung der katholischen Krankenhäuser in Regensburg – sie verweigern Frauen die „Pille danach“ – uns zu „Kirchen-Hassern“, „Hass-Journalisten“ und „Mord-Propagandisten“ macht, […]

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