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Archiv für 5. März 2014

Eine Polemik gegen Super-Mamis

Das Leiden Mutti

Mütter jammern gerne und viel über ihr Los, um im gleichen seufzenden Atemzug davon zu erzählen, dass man sich ja mit Vergnügen für den Nachwuchs opfere. Doch kein Kind will eine Bürde sein!

Von Dike Attenbrunner

es hat einfach etwas Heroisch-Heiliges, wenn Super-Mami von einem Termin zum nächsten hetzt, um rechtzeitig an der Bettkante ihrer Super-Kinder (Super-Mamis kriegen IMMER Super-Kinder) zu sitzen und ihnen mit der Super-Mami-Stimme eine super Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Foto: ad

Die Supermami hetzt von einem Termin zum nächsten, um rechtzeitig an der Bettkante ihrer Superkinder zu sitzen und ihnen mit der Supermami-Stimme eine super Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Foto: ad

Bei der Huffington Post durften wir es kürzlich mal wieder lesen (hier und hier): Ja, wir sind allesamt Heldinnen, wir Mütter!  Auch wenn wir todmüde sind, genießen wir es noch von mit Nutella verschmierten Patschehändchen auf unseren Gesichtern aufgeweckt zu werden und freuen uns mit stetig wachsender Begeisterung über Sand, Essensresten und Kaugummis in unseren Haaren. Und wir haben nicht nur Verständnis für unsereins! Nein, wir haben auch noch Verständnis für alle anderen Mütter-Modelle, ob Fulltime-Job oder Hausmütterchen: Wir Mütter, wir haben es einfach drauf! Wir geben unser Bestes! Immer! Überall! Einzig und allein durch die Tatsache, dass wir Mütter sind!

Supermami denkt NIE zuerst an sich, merkt euch das!

Gleich Jesu auf seinem verdammten Kreuzweg, opfern wir uns für unsere Kinder. Wir Mütter machen das. Wir ziehen das durch, dieses Kreuz mit dem Kind, das wie eine Bürde auf unseren zartbesaiteten Rücken lastet und uns natürlich nicht zu Boden zwingt. Schließlich sind wir ja Frauen, keine Männer. Denn die braucht es in diesen Alltagsanekdoten selbstverständlich nicht. Das würde bloß unser hart umkämpftes Heldinnen-Image auf den Kopf stellen. Wo kämen wir denn da hin? Dann könnten wir doch gar nicht mehr so schön leiden, jammern und trotzdem heldinnenhaft durch das Leben schreiten.

Steinigt mich für meine satirischen Auswürfe, meinetwegen, aber mich beschleicht das Gefühl, als wäre ganz Mutter Deutschland regelrecht stolz darauf, sich zu beschweren, um im gleichen seufzenden Atemzug davon zu erzählen, dass man sich ja gerne für den Nachwuchs opfere. Das Leiden Mutti. So nenne ich es. Denn es hat einfach etwas Heroisch-Heiliges, wenn Supermami von einem Termin zum nächsten hetzt, um rechtzeitig an der Bettkante ihrer Superkinder (Supermamis kriegen IMMER Superkinder) zu sitzen und ihnen mit der Supermami-Stimme eine super Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Supermami muss nicht erst etwas essen. Sie braucht auch keine Minute für sich. Sie denkt NIE zuerst an sich, merkt euch das, sondern immer zuallererst an die Superkinder. Das macht sie aus, die Supermami. Und dieses Streben nach dem ultimativen Supersein erwartet sie selbstredend auch von allen anderen Mamis.

Wer will schon eine Bürde sein?

Natürlich weiß Supermami, dass sie dabei nicht immer toll aussieht und die Figur leidet und die Beziehung (Sex? Was ist das?) sowieso. Aber das gehört dazu. Real wird eine Heldinnen-Mama eben nur dann, wenn sie sich und ihre Bedürfnisse zum Wohle ihrer Kinder opfert – und solange darüber lamentieren darf, bis auch der letzte gottverdammte Mensch auf diesem Planeten sie für ihre selbstlose Hingabe über den Klee hinweg lobt!

Liebe Mütter, um im christlichen Duktus zu verweilen: Gnade euch Gott, wenn eure Kinder merken, dass ihr um ihretwegen einer vor Schmerz gebeutelten Heiligen gleich durch das Leben gewandelt seid! Sie werden es euch mitnichten danken! Wer will schon eine Bürde sein?

Die Kinder, sie werden euch irgendwann verlassen, ihr eigenes Leben führen – und den Anrufbeantworter einschalten, wenn sich Supermami mit ihrer täglichen Super-Litanei  („Warum kannst du nicht mal anrufen? Ich habe für dich auf so vieles verzichtet und ich bin dir nicht mal einen Anruf wert!“) meldet, weil sie auf einmal ihrer Aufgabe als Supermami beraubt wurde. Mit einer Heiligen kann man sich nicht messen. Ihre (unnötigen) Opfer niemals so würdigen, dass sie die von ihr verschenkte Lebenszeit wettmachen können.

Menschen kann man helfen, heiligen Supermamis nicht.

Natürlich bedeutet Muttersein nicht nur Freude, sondern auch Verzicht. Aber solange sich die Mütter hierzulande auf einer Insel der mütterlich-aufopfernden Glückseligkeit wähnen, auf der nur sie wie Heilige mit der Last eines Kindes fertig werden, wird sich in unserer Gesellschaft nie etwas ändern – und es wird bei diesen unsäglichen romantisch verklärten und Verständnis heischenden Briefen bleiben. Kommt schon! Lasst es zu, dass eure Männer euch helfen. Und wenn es sein muss: zwingt sie! Heldinnen gleich. Sorgt dafür, dass Politik und Wirtschaft endlich etwas für eine familienfreundliche Gesellschaft tun. Und, verdammt noch eins, genießt euer Leben in vollen Zügen. Geht feiern, stricken oder was auch immer ihr getan habt, bevor ein Kind in euer Leben trat.

Macht euch auf zu einer Welt, in der ein Kind keine Bürde ist, das Muttersein kein „qualvoller Spagat“ zwischen Job und Kind und kein „permanentes schlechtes Gewissen“, sondern eine Bereicherung. Es wird nicht nur euch Mütter befreien, sondern auch eure Kinder und Männer, weil ihr ihnen zeigt, dass ihr aus Fleisch und Blut seid. Menschen kann man helfen, heiligen Supermamis nicht.

drin