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Fast 20 Archäologen im Einsatz

Das größte bekannte Gräberfeld Deutschlands

Von den Entdeckungen auf dem Gräberfeld des zukünftigen Dörnberg-Quartiers versprechen sich Archäologen einen sehr guten Einblick in die Entwicklungsgeschichte Regensburgs. Man könne klar vom größten bekannten Gräberfeld Deutschlands sprechen.

Eine Foto von den Grabungen, das zeigt, wie eng die Gräber aneinander liegen: im Vordergrund ein Kind, dahinter eine erwachsene Person. Foto: BLfD

Eine Foto von den Grabungen, das zeigt, wie eng die Gräber aneinander liegen: im Vordergrund ein Kind, dahinter eine erwachsene Person, die darunter bestattet worden war. Foto: BLfD

Fast 20 Archäologinnen und Archäologen sind mittlerweile auf dem Areal des zukünftigen „Dörnberg-Quartiers“ im Einsatz. „Wir haben schon vermutet, dass wir hier einiges finden“, sagt Dr. Christian Behrer, archälogischer Fachberater der Investorenfirma. Von der Dimension sei man aber doch überrascht gewesen. Zwar werden die Grabungen noch mehrere Monate dauern, allerdings befinde man sich im Zeitplan, so Behrer. 

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Wie berichtet, wurden auf dem Gelände entlang der Bahngleise zahlreiche Grabstätten entdeckt. Von hunderten, ja gar tausenden ist die Rede. Um wie viele es sich handelt, sei derzeit immer noch nicht absehbar, so Behrer. „Es sind auf jeden Fall mehr, als beim Neubau des MZ-Gebäudes entdeckt wurden.“

Vor allem Skelette werden gefunden

Genutzt worden sei der Friedhof bis hinein ins siebte Jahrhundert. „Es handelt sich also nicht nur um römische Grabstätten.“ In der Regel liegen mehrere Gräber übereinander. Betrachte man die gesamte Ausdehnung könne man ohne weiteres vom „größten bekannten Gräberfeld Deutschlands“ sprechen. Seine komplette Ausdehnung ist – auch angesichts zahlreicher Baumaßnahmen in der Vergangenheit – bis heute nicht geklärt

Eine Karte der Untersuchungen Dahlems. (Siegmar von Schnurbein: Das Römische Gräberfeld von Regensburg. (= Materialhefte z. Bayer. Vorgesch. Reihe A Band 31). Laßleben, Kallmünz 1977,)

Eine Karte der Untersuchungen Dahlems. (Siegmar von Schnurbein: Das Römische Gräberfeld von Regensburg. (= Materialhefte z. Bayer. Vorgesch. Reihe A Band 31). Laßleben, Kallmünz 1977,)

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Bahngleise dort verlegt wurden, hatte der Regensburger Pfarrer Joseph Dahlem im Auftrag des Historischen Vereins Teile des sogenannten „Großen Gräberfelds“ dokumentiert. Er deckte damit „das einzige bekannte Gräberfeld Rätiens dieser Größe und Zeitstellung“ auf, wie es in einer Dissertation von Siegmar von Schnurbein aus dem Jahr 1977 heißt, der davon ausgeht, dass die tatsächliche Ausdehnung des Gräberfeldes mindestens fünf Mal so groß ist. Auf einer Fläche von 120 Meter Länge und 100 Meter Breite entdeckte Dahlem etwa 5.000 Grabstätten – die Mehrzahl davon Brandgräber. „Die Mehrzahl der tiefliegenden Leichen liegt noch“, so von Schnurrbein 1977.

Das bestätigt auch Behrer. Derzeit finde man vor allem Körpergräber – Skelette. Nur dort, wo bislang noch nicht gebaut wurde, fänden sich auch noch Urnen von Brandbestattungen, die bislang noch unberührt geblieben sind.

Privatfirma übernimmt die Grabungen

Mit ihnen passiert nun das, was man „wissenschaftliche Zerstörung“ nennt. Sie werden dokumentiert, kartographiert, anschließend ausgegraben und in den Werkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) restauriert. Die Grabungen übernimmt eine private Firma, die Kant Archäologie GmbH aus Buxheim, im Auftrag des Landesamts. Die Kosten muss der Investor tragen (Mehr zu diesem Thema.).

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Aus den Funden könne man einen sehr guten Einblick in die Entwicklungsgeschichte Regensburgs bekommen, so Behrer. Etwa was Tracht und Stammeszugehörigkeit der vormaligen Bewohner Regensburgs anbelangt. Ob es in dem zukünftigen Quartier eine Stelle geben werde, wo die Geschichte des Ortes gezeigt wird, müsse der Investor entscheiden.

Bei einer Bürgerversammlung im Vorfeld der Baumaßnahmen gab es unter anderem die Anregung, ein Museum in dem Quartier zu bauen, um das Gräberfeld zu dokumentieren.

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Kommentare (6)

  • ImPoSand

    |

    Regensburg ist bekannt für die Superlative:
    größtes Gräberfeld in Deutschland; Millionengrab neues Jahnstadion

  • Mr. T

    |

    Ist sicher spooky über so einem alten Indianerfriedhof zu wohnen. Ich hab das mal in Akte X gesehen …

  • Carol Anne

    |

    Charles de Gaulle sagte: „Die Kultur eines Volkes erkennt man daran, wie es mit seinen Toten umgeht.” Die Toten sind die, die ihre Würde nicht mehr zu verteidigen vermögen. Der Tod konnte ihre Würde nicht zerstören. Er hat sie uns überlassen. Sie liegt in unseren Händen.

  • das Dörnberg Mädel

    |

    Könnten die Leichen auf dem evangelischen Zentral- und oberen katholischen Friedhof nicht gleich auch ausgebudelt werden und schicke Loft-, Studenten- oder sonstige Townhouses hingebaut werden? IZ und Treppenau hätten da sicherlich Interesse.

  • das Dörnberg Mädel

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    Kann mir Jemand erklären, wer damals die Gräbergrundstücke der “Eisenbahn” zum Eisenbahnbau verkauft hat?

  • Dietmar Freitag

    |

    “Wenn keiner darüber redet, machen die was sie wollen”, ist die Basis für unabhängige Journalisten. Deshalb redet bei der MZ ja auch keiner mehr über die Gräber. Was gibt’s Neues?

Kommentare sind deaktiviert

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