Ich schreibe für’s Wochenblatt – Holt mich hier raus!
Die neuen Leiden des Martin O.: Diese Woche begibt er sich in den Dschungel.
Wie oft wurde bei Regensburg-Digital über das Dschungelcamp berichtet? Nie. Nicht ein Satz findet sich darüber. Eine Schande ist das geradezu. Hier vergleicht man höchstens einmal die Schlossfestspiele mit dem Dschungelcamp, aber das war’s dann auch schon. So ein mediales Großereignis einfach ignorieren? Nein, das geht nun wirklich nicht. Wer künftig „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ googelt, wird ab heute auch Regensburg-Digital in der Ergebnisliste finden. Sehr weit unten, versteht sich.
Die mediale Vermarktungsmaschinerie
Weiter oben stehen natürlich die Medien, die sich dem Thema „Dschungelcamp“ ausführlich, ja exzessiv widmen. Darunter natürlich BILD und BILD online, die neben RTL selbst seit Beginn der Sendung ihre größten Verlautbarungs- und Vermarktungsorgane sind. Aber viele andere greifen Jahr für Jahr, immer wieder und so auch diesmal dieses Fernsehhighlight dankbar auf. Den Privatsender freut dieses anhaltende Interesse natürlich vortrefflich. Eine schöne Symbiose ist das zwischen allen möglichen Medien. Und deswegen berichtet natürlich auch das Wochenblatt Regensburg wieder ausführlich und eifrig über die Fernsehsendung.
Warum braucht Regensburg ein Dschungelcamp-Dossier?
Was bei überregionalen Zeitungen und „Boulevard-Schleudern“ (C. Eckl) ja noch irgendwie in Ansätzen nachvollziehbar sein mag, erschließt sich bei einem Regionalblatt auf den ersten Blick nicht wirklich. Zumindest nicht unmittelbar. Woher kommt diese Obsession, so dass man eigens ein Dossier für die Sendung anlegt? Wieso diese ausführliche „Berichterstattung“? Wenn da etwas Interessantes rauskäme, könnte man das schon machen, aber muss denn sowas sein? Denn eines ist klar: Es ist ja auch nicht so, dass im Wochenblatt mit journalistischem Anspruch über das „Dschungelcamp“ berichtet würde, in Form einer kritischen Auseinandersetzung oder irgendwie Medienjournalismus-mäßig. Nein, es wird nacherzählt. Die Ereignisse der jeweils vorangegangen Sendung werden einfach nacherzählt (und am Rande mit abfälligen Äußerungen goutiert). Das klingt zum Beispiel so:
„Tag 4 im Camp – und bei den selbsternannten Promis macht sich der Sex-Entzug bemerkbar. Sie haben nur noch ein Thema, besonders Julian Stoeckel hätte es dringend nötig. Da das aktuell nicht möglich ist, belästigte er alle anderen mit seinen verbalen Samenergüssen. Und dann machte sich auch noch der Wendler vom Acker, der behauptete, ein Star zu sein …“
Aha. Oder:
„Gabby hatte da ganz andere Probleme: Mücken. Hilfe, wie schrecklich, Mücken, im Dschungel, unglaublich, wo diese Viecher wohl wieder herkamen. ‘Scheiß-Drecks-Mücken, diese mutierten Viecher, sie haben mich überall gestochen. Ich bin schon keine Gabby mehr. Ich bin ein wandelnder Mückenstich. Das tut weh’… Wenn sie sonst keine Probleme hat, dann geht es ja grade noch!“
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Ein wahres Rätsel unserer Tage…
Ja, da legst di nieder. Das ist interessant. Bleibt aber noch die Frage nach dem „Warum“. Warum machen die das? Es hockt doch nicht einmal der Negroni oder jemand aus der Thurn-und-Taxis-Sippe in dem Dschungel. Woher kommt dieses gesteigerte Interesse an einer Nacherzählung einer Fernsehsendung? Will sich die zuständige Redakteurin irgendwo als Boulevardreporterin empfehlen? Gibt es Exklusivverträge zwischen RTL und dem Wochenblatt auf Verschriftlichung des gesendeten Contents? Generieren Party-Fotos noch nicht genügend Klicks? Es ist ein wahres Rätsel unserer Tage.
Na ja, wenigstens hat jetzt auch Regensburg-Digital berichtet, dabei halte ich mich aber strikt an den Redaktionsleiter des Wochenblatts:
Mugg
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Wenn ich das richtig verstanden habe, steht im Hintergrund die Philosophie, über das zu schreiben, worüber die Leute ohnehin reden. Das ist so eine Art pseudojournalistische Klammeräffchenhaltung und hat mit Medien- oder Regionaljournalismus so viel zu tun wie Zuckerwatte mit gesunder Ernährung. Man nascht halt mit.
StuhloderSessel
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Ganz gewitzt, nur: woher kommt dieses gesteigerte Interesse an der Nacherzählung eines “Wochenblatt-Dossiers”? ;-)
Mugg
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Gute Frage. So “gesteigert” ist das Interesse eh nicht. Eher die Frage, warum derlei Dumpfbeutel-Berichterstattung unbedingt sein muss?
Jürgen Huber
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… ich empfehle zur Vertiefung: Georg Seeßlen, Markus Metz – “Blödmaschinen”: Die Fabrikation der Stupidität. Sind zwar harte 700 Seiten, aber dann ist man echt gut informiert.
Luchs
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Ein kleines Rätsel unserer Tage ist auch, warum ein Medium wie rd, welches schon so manche Perle gehoben und journalistisch zum Glänzen gebracht hat (…, Diehl, Missbrauchs- Diözese, Götz, …) ein Anzeigenblatt mit armseligen Redaktionsanteil zum Thema erhebt?
Fr.Streng
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Auch wenn der Medien-Masochist M.O. köstlich schreiben, gut beobachten kann und oft geschickt den Finger in die Wunde legt, leuchtet mir nicht ein, warum man an jeder medialen Mülltonne schnüffeln muss, wo die Ergebnisse sich doch so gleichen.
Anders gesagt, weder das WB noch die MZ haben in journalistischer Hinsicht etwas anderes angekündigt oder versprochen … Tiefergehende Medienkritik sollte m.E. eher konkreter und anlassbezogen sein.
Dirk Carow
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Die Kommentare des Herrn W.O. verstehe ich als höchst nötige Anklage des lokalen Journalismus, der geprägt und gesteuert ist von “Verkaufe”. Außerdem: W.O. spricht mit seinem “Einschießen” auf das WB vielen Regensburgerinnen und Regensburgern aus der Seele. Das WB war einmal eine wichtige Stimme und eine wohltuende Alternative zu den Esser-Medien. Heute dominieren Playmates, Facebook, Bilder besoffener Partyluder etc. und vor allem die unmaßgebliche und in schrecklichem Deutsch abgefasste Meinung des Chefredakteurs Ch.E. das Blatt. Ach, diese herrlichen Stilblüten! Was man in Bunte, Gala und Bild schon gelesen und gesehen hat, im WB wird es wiedergekäut. Ich persönlich bücke mich nicht mehr, wenn mittwochs das WB auf der Türschwelle liegt. Ich bin Herrn W.O. dankbar und sehe mich durch seine Kommentare in meiner ablehnenden Haltung dem WB gegenüber nur bestätigt.