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Stadtosten

Kosten versiebenfacht: Warum der Verkehrsgarten in der Guerickestraße die Stadt Regensburg viel teurer kommt

Es sollte ein kleines, größtenteils gefördertes Vorzeigeprojekt werden. Jetzt stehen statt 150.000 Euro, von denen die Stadt Regensburg nur 60.000 tragen sollte, aktuell 450.000 Euro im Investitionsprogramm – für einen eingezäunten Verkehrsgarten.

Ein öffentlich zugänglicher Verkehrsgarten mit Potenzial zu Mehrfachnutzung – ist das nicht. Das war nur so versprochen.

Es ist eine der kleineren von vielen interessanten und innovativen Ideen, die der Regensburger Stadtrat am 25. Juli 2019 mit einem mehrheitlich gefassten Beschluss festzurrte und dessen Inhalt in einer fast 200 Seiten starken Publikation des Amts für Stadtentwicklung festgehalten wurde. Dieses integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept, Kurz: ISEK, sollte, so steht es im Geleitwort von Stadtoberhaupt Gertrud Maltz-Schwarzfischer, nichts weniger sein als „ein genauer Fahrplan für die weitere Entwicklung des Inneren Südostens in den kommenden Jahren“.

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Erarbeitet wurde es binnen dreier Jahre von mehreren städtischen Fachämtern, unter Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie viele Akteuren aus den Stadtteilen. Neben zahlreichen, eher allgemein gehaltenen Zielen enthält es rund 80 teils sehr konkrete Maßnahmenvorschläge. Dazu gehört zum Beispiel – um zwei größere Projekte zu nennen – das Begegnungszentrum in der Guerickestraße, aber auch der „Sportpark Ost“, Leichtathletikhalle und Hallenbad. Dazu gehört aber auch, das ist etwas kleineres, ein Verkehrsgarten an der Guerickestraße, gleich ums Eck vom Begegnungszentrum.

Der Plan: Öffentlich zugänglich, „Potenzial zur Mehrfachnutzung“, Fördergelder

In der ISEK-Publikation (hier als PDF-Download) heißt es dazu:

„In der vierten Grundschulkasse ist ein Verkehrssicherheits- und Fahrradtraining verbindlich vorgeschrieben. Da die beiden in der Stadt Regensburg bestehenden Verkehrsgärten bereits ausgelastet sind, wird an der Guerickestraße ein neuer Verkehrsgarten geplant, um den gestiegenen Bedarf zu decken. Zusätzlich kann der Verkehrsgarten zur Integration beitragen.“

Abseits der „traditionellen“ Nutzung zum Fahrradtraining und der Fahrradprüfung unter polizeilicher Anleitung sollte die Fläche nämlich auch außerhalb der Schulungszeiten genutzt werden können und ein „breites Nutzungsspektrum“ ermöglichen. Die Nutzung als Spiellandschaft außerhalb der Schulungszeiten wird als „Potenzial zur Mehrfachnutzung“ genannt, aber auch privat organisierte Fahrradkurse für Geflüchtete.

Kostet etwa 120.000 Euro: das Betriebsgebäude.

150.000 Euro werden als notwendige Investitionskosten genannt – und weil der Verkehrsgarten öffentlich zugänglich und der Integration dienlich sei, gebe es auch 60 Prozent Fördermittel aus dem Bundesprogramm „Soziale Stadt“. Bei der Stadt blieben damit lediglich 60.000 Euro hängen. So der Stand 2019.

Die Realität: Eingezäunt, abgesperrt und viel, viel teurer

Vier Jahre später ist klar: Der Verkehrsgarten kostet das Dreifache der 2019 veranschlagten Kosten. 450.000 sind im Entwurf für das aktuelle Investitionsprogramm für das (bereits fertiggestellte) Projekt eingeplant. Und anders als noch 2019 in Aussicht gestellt gibt es dafür auch keine 60 Prozent Förderung, sondern Null.

Die Stadt macht auf Nachfrage, warum man nun das Siebeneinhalbfache dessen ausgeben muss, was 2019 noch veranschlagt war, zum einen Preissteigerungen, einen zunächst nicht bekannten Altlastenverdacht sowie die vorgeschriebene Einbindung der Archäologie als Gründe geltend. 250.000 Euro hätten die Tiefbauarbeiten – als das Anlegen einer asphaltierten Radlübungsstrecke – nunmehr gekostet.

Außerdem habe man bei der ursprünglichen Planung zunächst noch kein „Betriebsgebäude“, einen Aufenthaltsraum mit Büro und Lagerräume für die Ausstattung, miteinkalkuliert, das mit etwa 120.000 Euro zu Buche schlägt.

„Nicht durch die Städtebauförderung förderfähig“

Hauptgrund aber, dass die gestiegenen Kosten nun samt und sonders bei der Stadt hängen bleiben, ist, dass es keine Fördergelder gibt. Das liegt daran, dass sich schlicht nicht an das eigene Konzept und die unter Bürgerbeteiligung hochtrabend formulierten Ideen gehalten hat – das Gelände ist weder öffentlich zugänglich noch integrativ noch zur Mehrfachnutzung vorgesehen.

An Zäunen herrscht rund um die Guerickestraße kein Mangel.

Der Verkehrsgarten, dessen großes Potenzial man 2019 noch angepriesen hatte, ist umgeben von einem der nicht eben wenigen Zäune, die in der Guerickestraße stehen oder neu aufgestellt wurden. Und deshalb, weil das Grundstück nicht öffentlich zugänglich ist, sei die Maßnahme auch „nicht durch die Städtebauförderung förderfähig“, heißt es knapp auf entsprechende Nachfrage von der städtischen Pressestelle.

Ein Stadtrat fragt, erhält aber keine Antwort

Im Stadtrat aufgefallen ist die Kostenmehrung und der Wegfall der Fördermittel nur wenigen. Mehrfach nachgehakt hat insbesondere Jakob Friedl – zum Beispiel am 19. Oktober in öffentlicher Sitzung des Stadtrats und am 8. November bei einer Sitzung des Jugendhilfeausschusses. Eine Antwort erhalten hat er bislang nicht. Sie wurde ihm schriftlich in Aussicht gestellt.

Auf Nachfrage unserer Redaktion zeigt Friedl sich enttäuscht darüber, dass die Vorschläge aus dem ISEK – etwa die zusätzliche Nutzung des Verkehrsgartens als Spielfläche und eine Mehrfachnutzung durch andere zivilgesellschaftliche Akteure – nicht aufgegriffen wurden. „Hätte sich die Stadtverwaltung der ämterübergreifenden Herausforderung einer bis zu 60 Prozent förderfähigen integrierten Stadtplanung gestellt, so wäre ein besseres Ergebnis zustande gekommen und es hätte sehr viel Geld eingespart werden können.“


Kommentar

Tatsächlich ist der Verkehrsgarten nur eine kleinere, der über 80 Maßnahmen, die im ISEK aufgelistet werden. Es ist sicher nicht die wichtigste. Eines von vielen Beispielen in Regensburg ist er aber doch dafür, was am Ende bleibt von Maßnahmen, die unter Bürgerbeteiligung erarbeitet und mit wohlklingenden Worten öffentlich vorgestellt wurden. Und ein neuerliches Beispiel dafür, wie wenig der Regensburger Stadtrat die Umsetzung der von ihm gefassten Beschlüsse kontrolliert. Insbesondere dafür wäre er aber gewählt.


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Kommentare (13)

  • Superstructure

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    Das werden nicht die letzten Nachwirkungen der ehemaligen Planungsreferentin sein.

  • Karl Straube

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    “Öffentlich zugänglich”? Hört sich nach einer Idee von Menschen an, die an das Gute im Menschen glauben. Toilette? Auch Fehlanzeige – was aber mit den Erfahrungen des Etablissements am Schwanenplatz hinreichend erklärt werden könnte. Die Basis für Kritik scheint mir noch nicht aufbereitet.

  • Dugout

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    @ Karl Straube:
    das jeder Spielplatz, jede Skaterbahn, Beachvolleyball – Felder, und auch sonst jede Menge städtischer Freizeitanlagen 24/7 öffentlich zugängig sind haben sie aber schon im Kopf, oder?

  • Mr. B.

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    Habe in diesem Bereich lange Jahre gearbeitet.
    Der danebenliegende Sportplatz Ost (Fußballplatz/ Laufbahn) ist fast im ganzen Sommer mehr als verwaist.

  • Auch a Regensburger

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    Großer Tenor bei Bürgerbeteiligung zum inneren Stadtostens war, dass mit am wichtigsten für die Entwicklung wären:
    – Verbinden der einzelnen Stadtteile über das Gleisdreieck
    – Schaffen von Naheerholungsraum
    – soziale Durchmischung der Viertel (neben sozial auch Wohnraum für den Ingenieur
    Eigentlich wie im Rahmenprogramm seit ca. 2010 vorgesehen.

    Dies wurde bisher aktiv von der Stadt blockiert. Schlimmer, die Stadt setzt sich für ein Containerterminal ein (hauptsächlich für die Nieder Bayerischen BMW Werke und Logistikzentren). Dies wird massiven Einfluß auf die Viertel haben.

    Da passt ja prima dazu, dass bei der Radlstrecke auch nix für die Anwohner drum rum gekommen ist. Um die es ja ursprünglich ging.

  • Jakob Friedl

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    Der eingezäunte Fahrradverkehrsgarten könnte sich, wie im ISEK vorgeschlagen, unmittelbar an der Hauptradroute gelegen, als vorgelagerter Spielplatz des Jugend- und Begegnungszentrums und Zugang zur Bezirkssportanlage mit Sportpark Ost öffnen, Mehrfachnutzungen durch unterschiedliche auch zivilgesellschaftliche Akteure ermöglichen und auch gärtnerisch wertvoller gestaltet sein. Hätte sich die Stadtverwaltung der ämterübergreifenden Herausforderung einer bis zu 60 % förderfähigen integrierten Stadtplanung im Entwicklungsgebiet “Sozialer Zusammenhalt” gestellt und die Begabungen des Ortes entsprechend aufgegriffen und entwickelt, so wäre ein besseres Ergebnis zustande gekommen und es hätte sehr viel Geld eingespart werden können. Ich bin sehr enttäuscht darüber, auf welcher Informationsgrundlage Entscheidungen getroffen werden, und dass alle meine Nachfragen nach wie vor unbeantwortet bleiben und für meine Stadtratsarbeit als entbehrlich erachtet werden. Ich bleibe trotzdem an dem Thema dran. Die Realisierung der Hauptradroute an der Bahnlinie sollte auch Grundlage für die Planung der brachliegende Außenraumgestaltung des an den Fahrradverkehrsgarten angrenzenden Jugend- und Begegnungszentrums sein. Analog zum Fahrradverkehrsgarten liegen dem Stadtrat auch hierzu bisher keinerlei Pläne vor.
    Hintergrundinformationen zum Fahrradverkehrsgarten und seiner Umgebung finden sich hier im Blog: https://ribisl.org/uebermittlung-von-plaenen-zum-fahrradverkehrsgarten-nein/

  • KW

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    Es ist immer wieder beschämend zu sehen, dass mit Friedl im Stadtrat scheints nur ein Mitglied mit Gestaltungswillen und der dazu nötigen Phantasie sitzt, dieser jedoch, wie es scheint gerade deswegen, vom Rest der Versammlung in aller Regelmäßigkeit mit irgend etwas zwischen Ignoranz und Verachtung abgekanzelt wird.
    Vielleicht habe ich ja einen verzerrten Eindruck weil ich viel auf RD lese, das lokale Käseblatt noch nie gekauft und tatsächlich seit vielen Jahren kein Exemplar mehr davon in der Hand hatte. Möglicherweise steht da ja was über die Arbeit der StadträtInnen drin, was mich eines besseren belehren würde, allein mir fehlt der Glaube.KW

  • Superstructure

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    Geht doch einfach mal in die Stadtratsitzungen und hört Euch selbst an, was die Stadträte beschließen, was die Verwaltung daraus macht. Ein Überprüfen der Umsetzung der Stadratsbeschlüsse durch den Stadtrat wird abgelehnt, weil das ja ein Misstrauensbeweis gegenüber ebendieser Verwaltung wäre. Wir Bürger (und der Stadtrat) werden richtig ver**scht.

  • Hthik

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    “.. was am Ende bleibt von Maßnahmen, die unter Bürgerbeteiligung erarbeitet und mit wohlklingenden Worten öffentlich vorgestellt wurden.”

    Wir haben also einen Zaun mehr und eine Förderung weniger und keiner weiß warum? Aber das ist ja nur ein Fall, nicht wahr? Das passiert ja nicht in Endlosschleife.

    “Günther Riepl sprach laut Protokoll von einer “Stiefelwaschanlage” und gab zu Bedenken:” Wenn man einen Platz gestaltet und einen Brunnen an dem Platz gemacht habe, habe man sich geeinigt, dass man einen künstlerischen Wettbewerb veranstalte und das beste Ergebnisss ausgesucht werde. Er verstehe nicht, warum das da nicht so gemacht worden sei.””

    “Und ein neuerliches Beispiel dafür, wie wenig der Regensburger Stadtrat die Umsetzung der von ihm gefassten Beschlüsse kontrolliert.”

    Als ich jung war gab’s da mal … gibt es immer noch sehe ich, siehe den letzten Teil dieses Videos

    https://video-cdn.aliexpress-media.com/9f8e1de30350cb41/ti85ZnpXEn70QiXitE0/XSkRqtEtwterONa5uOx_295850372870_hd_hq.mp4?auth_key=1701864632-0-0-508a8d38a984ed812432b9971aabca59&w=720&h=960&e=hd&t=21038ed816940886324574497e29cd&b=ae_sg&p=ae_sg_ae_sg_vpc_scene&tr=mp4-264-hd&t_u=21038edc17003283738633758eecd1&user=2210130641323&from=firefox

    ein Kinderlenkrad, damit die Kleinen im Auto mitlenken können, ganz wie der Papa.

    Ich schlage eine Aktion vor, dem Stadtrat zu einem passenden Zeitpunkt, irgendein Stadtjubiläum oder sonstigem Selbstbeweihräucherungsztermin, eine solches feierlichst zu überreichen. Aber bitte nichts selber basteln. Es muss das billigste und schundigste Plastikding sein, dass man kaufen kann. Garantiert funktionslos. Es soll ja einen Denkprozess in Gang setzen.

  • Tröster

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    Art. 30 der Bayerischen Gemeindeordnung:
    “Der Gemeinderat überwacht die gesamte Gemeindeverwaltung, insbesondere auch die Ausführung seiner Beschlüsse.”
    Mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen.

  • Mr. B.

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    Zu Tröster
    18. November 2023 um 23:15 | #

    Ich bin nicht mehr jung. eher alt. Aber wann war das in Regensburg schon mal so.
    Schauen wir uns mal nur die letzten 20 Jahre mit den Bauvorhaben an.
    Hat da der Stadtrat ein Mitspracherecht gehabt. Ich glaube doch eher nicht, oder?
    Es entschieden sog. “Privilegierte” oder selbsternannte “Privilegierte”.
    Und deshalb ist mir der Stadtrat schon immer zweifelhaft, was hinten rauskommt.

  • Superstructure

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    @Tröster
    irgendwie scheint den Regensburger Stadtrat der Art. 30 nicht zu interessieren, Wenn er seinem Auftrag nachkommen würde, müsste er sich ja mit unserer so wunderbar funktionierenden Verwaltung anlegen. Der Stadtrat beschließt, was die Verwaltung ihm vorlegt und hinterfragt wenig bis nichts. Die Umsetzung ist ist ihm egal.
    Gottseidank gibt es den Einzelkämpfer von Riebisel, der versucht, seinem Auftrag aus Art. 30 nachzukommen, der aber ständig von der Verwaltung, aber auch von seinen Stadtratskollegen, abgeblockt wird.

  • Marcel

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    Ein Verkehrsübungsplatz, damit Grundschulkinder und Flüchtlinge Fahrradfahren lernen. Klingt nach ner guten Idee. Da hätten es ein asphaltierter Platz, etwas Strassenkreide und ein paar aufstellbare Verkehrschilder getan. Früher haben wir sowas auf dem Schulhof gemacht. Da wäre man vermutlich mit unter 150.000 ausgekommen, der Platz wäre mehrfach nutzbar gewesen und öffentlich.

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drin