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Entlarvende Vergangenheit

Prager Burschenschaft Teutonia: Rechtsextreme Kontinuität

Die Prager Burschenschaft Teutonia ist wegen der Verhaftung des AfD-Abgeordneten Daniel Halemba in die Schlagzeilen geraten. Wer die Regensburger Vergangenheit der Teutonen kennt, kann kann über den aktuellen Fund von Waffen, antisemitischen Schriften und NS-Devotionalien nicht wirklich überrascht sein.

Schon immer einen Hang fürs Martialische: Flugblätter der Prager Burschenschaft Teutonia. Foto: as

Mehrere Schlagringe, eine Machete, Schlagstöcke, ein Einhandmesser und eine Schreckschusswaffe. Dazu verschiedene NS-Devotionalien und antisemitische Schriften. Was die Würzburger Staatsanwaltschaft am 14. September im Rahmen einer Durchsuchung bei der Burschenschaft Teutonia Prag sicherstellte, ist das, was man sich bei einem gefährlichen Haufen an gewaltbereiten und überzeugten Neonazis vorstellt.

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Im Zimmer des AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba, 22 Jahre alt und Verehrer von Björn Höcke, fanden die Ermittler „an prominenter Stelle“ den Ausdruck eines SS-Befehls des Reichsführers Heinrich Himmler vom 28. Oktober 1939 – ein Zeugungsbefehl an deutsche Männer ob der Kriegsverluste. In einem Gästebuch im Teutonen-Haus fand sich ein Eintrag mit dem Ausspruch „Sieg Heil“ mit dem Namenszug Halembas.

Ahnherrn der Teutonia: Antisemiten, Geschichtsrevisionisten, Nazis

Gegen den 22-Jährigen, der sich als Textilunternehmer bezeichnet, weil er im Internet gebrauchte Klamotten verhökert, wird wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen ermittelt. Ebenso gegen weitere Personen aus dem Umfeld der Teutonia.

Wie es um die Gesinnung bei der 1876 in Prag gegründeten Burschenschaft bestellt ist, war allerdings nicht erst seit gestern bekannt. Und das nicht nur wegen „bedeutender“ Ahnherren wie SS-Obersturmbannführer Gustav Jonak (nach dem Krieg Ministerialdirigent im Innenministerium von Baden-Württemberg), Dr. Carl Haidn, Gauredner und letzter NS-Oberbürgermeister von Düsseldorf, nach dem Krieg Gründungsmitglied der geschichtsrevisionistischen „Gesellschaft zur Förderung geschichtswissenschaftlicher Forschung“, oder dem antisemitischen Publizisten Julius Patzelt.

Als die Teutonen 2009 von Regensburg nach Würzburg übersiedelten galten sie dort von Anfang an als offen rechtsextreme Truppe. Andere Studentenverbindungen, nicht eben als links verschrien, wollten mit Burschenschaft Teutonia Prag nie etwas zu tun haben. Insbesondere deshalb, weil man sie schon von ihrem Auftreten in Regensburg kannte. Hier waren die Teutonen seit 1983 ansässig.

Referenten bei der Teutonia in Regensburg: NPDler und Neurechte

Kurz vor dem Weggang aus der Oberpfalz hatte der Afghanistan-Experte Reinhard Erös einen Vortrag im Teutonen-Haus platzen lassen und sich von den rechtsradikalen Burschen distanziert.

Zum Referentenkreis, der von den Prager Teutonen zuvor auf ihrem Haus in Regensburg – es lag in der Greflingerstraße – begrüßt wurde, zählten Anfang der 2000er Jahre beispielsweise der nationalistische Publizist Jürgen Schwab, zum Zeitpunkt seines Auftritts NPD-Aktivist. Er stellte in seinem Vortrag die Souveränität der BRD in Frage. Referent in der Greflingerstraße war auch Karl Albrecht Schachtschneider, Staatsrechtler aus dem Spektrum der Neuen Rechten. 2018 wurde Schachtschneider ins Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung berufen.

Aus dem öffentlichen Online-Gästebuch der Teutonia von 2001. Foto: as

2007 gab sich der ehemaligen Brigadegeneral der KSK Reinhard Günzel die Ehre im Teutonenhaus. Günzel war aus der Bundeswehr entlassen worden, weil er dem CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann nach dessen antisemitischer Rede zur Seite gesprungen war. Seitdem galt er als Multiaktivist des extrem rechten Lagers.

„Kopie des Dritten Reiches in Wort und Bild“

Mitglied der Teutonia und in Regensburg aktiv war beispielsweise Frederick Seifert, ehemals Mitglied im NPD-Landesvorstand Bayern und stellvertretender Vorsitzender der NPD-Jugendorganisation JN. In dieser Eigenschaft äußerte er 1999 die Ansicht, das Ziel der Politik müsse eine „Kopie des Dritten Reiches in Wort und Bild“ sein.

Ein Aktivposten der Prager Teutonia war damals auch Markus Wiener. Der Bruder des zwischenzeitlich verstorbenen Willi Wiener, Anfang der 2000er Kopf der Neonazi-Szene in Regensburg, war später bei der rechtsextremen Bewegung „Pro Köln“ aktiv. Mittlerweile arbeitet Markus Wiener immer wieder mit der AfD zusammen. In der Vergangenheit war er beispielsweise Referent von Roger Beckamp, damals Landtagsabgeordneter für die AfD in NRW.

Rassistisches Flugblatt einte politische Gruppierungen an der Uni Regensburg

Im Jahr 2000 verteilte die Prager Burschenschaft Teutonia unter Überschrift „Der große Bluff“ ein rassistisches Flugblatt, in dem unter anderem die Verschwörungstheorie von einem geplanten Bevölkerungsaustausch verbreitet wurde. Damals beantragte der CSU-nahe RCDS in seltener Einigkeit mit fast allen politischen Gruppierungen an der Universität Regensburg, der Teutonia das Verteilen von Flugblättern zu untersagen.

Diese seien „offen rechtsradikal“. Doch die damalige Mensaverwaltung setzte dies nicht um. Flugblätter mit martialischen Sprüchen und Motiven blieben an der Tagesordnung.

Flugblätter der Prager Burschenschaft Teutonia – gesammelt an der UNiversität Regensburg. Foto: as

Ein Jahr später aber kam schließlich das Verteilverbot – direkt von der Universitätsleitung. Vor allem wohl deshalb, weil die Teutonen 2001 immer größere Schlagzeilen machten. Aktive der Teutonia störten damals zusammen mit einem bekannten DVU-Sympathisanten eine Ausstellung gegen Rechtsextremismus an der Universität Regensburg.

Bayerisches Innenministerium warnte

Das Bayerische Innenministerium zeigte sich in einer Pressemitteilung seinerzeit besorgt über den steigenden Einfluss von Rechtsextremisten in Burschenschaften und hob dabei auch die Prager Teutonia hervor. Diese wurde damals deshalb vom bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet.

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ein damaliges Mitglied der Burschenschaft in Zusammenhang mit einem Skinhead-Überfall in München, bei dem ein Grieche fast zu Tode geprügelt wurde, sorgten ebenfalls für Aufmerksamkeit. Besagter Teutone, der Neonazi Michael Müller, war zuvor bei dem Skinhead-Abend als „Liedermacher Michael“ aufgetreten, an dessen Rand dieser Angriff passierte. Ermittlungen wegen Strafvereitlung gegen Müller – er wurde verdächtigt, beim Verstecken des Haupttäters im Haus der rechtsextremen Burschenschaft Danubia geholfen zu haben – wurden später eingestellt.

„…bei 6 Millionen Juden, ist noch lange nicht Schluss.“

Der 2009 verstorbene Michael Müller trat zu verschiedensten Gelegenheit im Neonazi- und Rechtsextremen-Spektrum auf – bei der NPD oder auch 2002 beim Gedenkmarsch für Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess. Er trällerte unter anderem Liedchen wie: „Mit 6 Millionen Juden, da fängt der Spaß erst an, bis 6 Millionen Juden, da ist der Ofen an.(…), wir haben reichlich Zyklon B., (…) bei 6 Millionen Juden, ist noch lange nicht Schluss.“

Aus dem öffentlichen Online-Gästebuch der Teutonia von 2001. Foto: as

Müller galt dem Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle München e. V. (a.i.d.a.) zufolge als führender Funktionär des Aktionsbüros Süddeutschland, jener Gruppe um den Münchner Rechtsterroristen Martin Wiese, die das Attentat auf die Grundsteinlegung des jüdischen Gemeindezentrums in München vorbereitete.

Damals, 2001, gab es bereits erste Forderungen, ein Verbot der Teutonia zu prüfen. Ergebnislos. Was die Staatsanwaltschaft Würzburg nun über 20 Jahr später bei der Razzia im Haus der Burschenschaft sicherstellen konnten, beweist insofern vor allem eines: die Kontinuität einer Kaderschmiede für Rechtsextreme und Antisemiten, die schon lange verboten gehört.

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Kommentare (19)

  • KW

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    Ach das sind doch nur Jugendsünden von diesem Haleba, der ist ja mit seinen zarten 22 Jahren quasi noch Jugendlicher.
    Und eine Hetzjagd um ihn politisch zu zerstören ist es eh.
    (Achtung, dieser Beitrag kann Ironie und Bezüge zu aktuellen Ereignissen im Zusammenhang mit dem bayerischen Vize-MP enthalten. Das der bayerische Ober-MP auch bei einer (Nürnberger) Teutonen Burschenschaft Mitglied ist, tut wohl nichts zur Sache).

  • Native

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    „Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Wer die Wahrheit kennt und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher.“ (Bertolt Brecht)

  • Martin

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    ” der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch”
    Auch von Berthold Brecht.
    Leider nach wie vor bzw. mehr denn je unterschätzt.
    Wichtiger Artikel.

  • Paul

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    ich möchte betonen, dass ich den Fokus des Artikels auf die Untersuchung rechtsextremer Kontinuitäten in der Prager Burschenschaft Teutonia begrüße. Es ist wichtig, solche Themen transparent zu diskutieren und auf mögliche Herausforderungen hinzuweisen. Als Leser schätze ich die tiefgehende Recherche und die klare Präsentation der Informationen. Es ist entscheidend, dass Organisationen, insbesondere in Bildungseinrichtungen, sich ihrer Vergangenheit bewusst sind und aktiv gegen jegliche Form von Extremismus vorgehen. Dieser Artikel trägt dazu bei, Bewusstsein zu schaffen und Diskussionen über notwendige Veränderungen anzuregen.

  • Günther Herzig

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    @Paul
    Ich schließe mich Ihrer Beurteilung und Ihren Forderungen an.

  • tom lehner

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    @ Rita

    “Die Machthaber waren alles Männer. Deswegen sollte man nicht von einem Schoß sprechen. Die Metapher stört die Germanistin.. ”

    “Hinter jedem erfolgreichen Mann steht eine starke Frau” Um die (Partei-)Geschäfte kümmerte sich der Mann, die Frau hielt ihm den Rücken frei.

    Gertrud Scholtz-Klink, Leni Riefenstahl, Hanna Reitsch, Elly Beinhorn, Beate Uhse, Melitta Schenk Gräfin Stauffenberg, Marika Rökk, Brigitte Horney und viele andere

    Frauen wussten, billigten und unterstützten Verbrechen gegen die Menschlichkeit – freiwillig:
    Im Schatten der Einsatztruppen tippten sie Berichte über Massenexekutionen, in den Vernichtungslagern waren sie als Aufseherinnen eingesetzt, lenkten mordende Männer mit Hilfe von Alkohol und Späßen von ihrem “Geschäft” ab, bei der Gestapo protokollierten sie Folterverhöre, als Ärztinnen beteiligten sie sich an Menschenversuchen und wirkten aktiv an der Euthanasie mit.

  • xy

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    Die Machthaber waren keineswegs „alles Männer“. Da irrt die Feministin. Ich erinnere an die glühende Hitler-Verehrerin und First Lady des NS-Staates Magda Goebbels, die mit eigener Hand ihre sechs kleinen Kinder durch Gift ermordete, nur weil sie den Gedanken nicht ertragen konnte, ihre Kinder in einem Nachkriegsdeutschland ohne Nazis in Freiheit aufwachsen zu wissen. Ich erinnere auch an die vielen brutalen KZ-Wärterinnen im SS-Gefolge. Da sollte man einmal Berhard Schlink, der Vorleser, gelesen haben.

  • KW

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    Das Frauen in dem Zusammenhang nicht zwingend die besseren Menschen waren oder sind steht wohl ausser Frage.
    Was aber ebenso ausser Frage steht, dass damals (fast ausschliesslich) wie heute (noch größtenteils) die relevanten machthabenden Positionen von Männer bekleidet waren/sind.
    Das kann man auch nicht als alter weisser Mann wegdiskutieren oder schön reden.
    P.S. Bin selber ein alter weisser Mann.

  • Mr. T.

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    Die Tatsache, dass Frauen zumindest in deutlich geringerem Maße an den Gräueltaten beteiligt waren, recht zumindest aus, um das Brecht-Zitat nicht unter dem Mantel der Vergangenheit verstecken zu müssen. Außerdem. darf nicht vergessen werden, wie viel Einfluß Frauen auch in nach außen hin stark patriarchalischen Gesellschaften haben.

    Gab es eigentlich auch Verbindungen der Prager Teutonia zu der Burschenschaft, aus deren Schoß die halbe Regensburger CSU gekrochen ist? Manche werden sich sicher noch an die Fürst-Truppe oder den deutschen Michl mit der Reichskriegsflagge im Kinderzimmer erinnern. Die andere Hälfte der Regensburger CSU hat das ja dankenswerter Weise in einem Dossier festgehalten.

    Oder gab’s gar Verbindungen ins fürstliche Schloß? Wundern würde es wohl kaum jemanden.

  • Stefan Aigner

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    @Mr. T

    Bei der katholischen Rupertia – dieser Verbindung gehörten einige der besagten CSU-Mitglieder an (aber auch Gegner derselben) – gab es keine Verbindungen zur Teutonia. Mir liegen Auszüge eines Schreibens vor, in denen den Mitgliedern der Teutonia Hausverbot im Rupertia-Haus erteilt wurde.

  • Native

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    @ Mr. T.
    Tschakka
    Wenn das Wasser bis zum Halse steht, sollte man den Kopf nicht hängen lassen.
    Vielleicht kann man den romantischen Weihnachtsmarkt im fürstlichen Hinterhof von T+T, zum überregionalen Event, zusätzlich aufpeppen, indem man Helene Fischer als Friedensengel über das Schloss Emmeram, schweben lässt. Ob es hielt – man weiß es nicht! An zahlungskräftiger Klientel fehlt es vermutlich (noch nicht) und der Rest kann sich ja „silent- bereichert“, „Gema-bedingt“ auf bürgerlichen Weihnachtsmärkten in Regensburg in Festtagsstimmung (mit Allem), bringen.

  • xy

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    Dieser feministische Habitus, alles Schlimme den Männern anzulasten und die Frauen als Heilige zu verklären, ist bezeichnend für die Dummheit dieser Bewegung. Kein Mann käme selbstverständlich auf die Idee, den Frauen vorzuwerfen, dass es “alles Männer” waren, die an der Bill of Rights (1791), der Grundlage der Menschenrechte, beteiligt waren oder dass es “alles Männer” und keine einzige Frau waren, die in Athen die Demokratie oder die Philosophie erfunden haben. Solchen himmelschreienden Unsinn können umgekehrt wirklich nur unverbildete Feministinnen verbreiten. Kein Wunder, dass sehr schwer fällt, solche Leute ernst zu nehmen.

  • Mr. T.

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    Danke für die Info! Ein Hausverbot bei den Ruperten zeigt wohl auch wie rechts die Teutonen erst sind. Aber wohl nicht zu rechts fürs Maximilianeum.

  • thomas otto

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    gibt es auch linksgerichtete „burschenschaften“?

  • Mr. T.

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    thomas otto, die linksgerichteten Burschenschaften sind leider zusammen mit den evidenzbasierten Homöopathen, den Kreml-treuen Pazifisten, dem CSU-AK “Fortschritt” und den Klimaklebern in der AfD der Plausibilität zum Opfer gefallen.

  • Nesrin

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    @xy: die feministische Bewegung hat in jüngster Vergangenheit unter anderem das Frauenwahlrecht, das Recht der freien Berufswahl, das Recht auf Zugang zu Bildung für Frauen sowie das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche erstritten.

    Diese feministischen Errungenschaften können Sie aber schon ernst nehmen, oder?

  • xy

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    @Nesrin: Zwischen den Zielen und dem Wirken der für Gleichberechtigung kämpfenden emanzipatorischen Frauenbewegung einerseits und dem aktuellen Feminismus mit seinem Weiblichkeitswahn samt Gendersternchen andererseits ist ein großer Unterschied.

  • Nesrin

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    @xy: Ihnen ist schon klar, dass es “den” aktuellen Feminismus nicht gibt? Da gibt es unterschiedliche Strömungen, die sich zum Teil gegenseitig heftig kritisieren. Welchen Feminismus meinen Sie also?

Kommentare sind deaktiviert

drin