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"Umstrukturierungen"

Regensburg: Amazon schließt ältesten Standort in Europa

Der im Januar verkündete Stellenabbau bei Amazon trifft nun auch den Standort in Regensburg. 1998 begann vor hier aus die Eroberung des europäischen Marktes. Das Unternehmen spricht von „Umstrukturierungen“.

Die Nachricht kam am Mittwoch und gilt bislang als „confidential“, streng vertraulich. In mehreren Videokonferenzen, die zwischen elf und 16 Uhr stattfanden, teilten der HR-Chef von Amazon Deutschland und der „Site Lead“, also Standortleiter, für Berlin und Regensburg den rund 300 Beschäftigten mit, dass es „Umstrukturierungen“ am Standort Regensburg geben werde.

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48 Mitarbeiter werden gekündigt, die übrigen sollen in die VCC GmbH überführt werden, ein virtuelles Kontaktzentrum, bei dem rund 1.800 Beschäftigte, verteilt über ganz Deutschland, die Kundenbetreuung von zuhause aus übernehmen.

1998: Internet-Buchhändler kauft ABC Bücherdienst

Die Amazon-Gebäude im Gewerbepark – geschätzte Jahrespacht etwa 1,4 Millionen Euro – sollen dem Vernehmen nach künftig nur noch als Lagerfläche für IT-Equipment dienen. Faktisch schließt der Online-Riese damit seinen ältesten Standort in Europa. 1998 kaufte Amazon, damals nur bekannt als Internet-Buchhändler mit einem vergleichsweise bescheidenem Jahresumsatz von 200 Millionen Dollar, den ABC Bücherdienst in Regensburg und siedelte sich in der Junkerstraße im Stadtosten an.

Amazon-Gründer Jeff Bezos sprach seinerzeit davon, dass er hier einen Stützpunkt zur Eroberung des europäischen Marktes aufbauen wolle. Mit Erfolg. 20 Jahre später erwirtschaftete Amazon allein in Deutschland 232 Milliarden Euro.

Nur noch ein Kundencenter in Deutschland

Tatsächlich wurden in Regensburg maßgebliche Standards der heutigen Kundenbetreuung von Amazon entwickelt. Andere Standorte in Europa, aber auch Südafrika bauten in der Folge darauf auf. Regensburger Beschäftigte schulten die dortigen Mitarbeiter und Standortleiter. Von Regensburg aus lief zudem der IT- und sonstige Hardwareversand für Beschäftigte in der Kundenbetreuung in ganz Europa.

Damit dürfte es mit der nun verkündeten Entscheidung bald vorbei sein. Was die Kundenbetreuung angeht – die Logistikzentren sind jeweils eigene GmbHs und ein anderes Thema – verbleibt damit lediglich Berlin als einziger Amazon-Standort in Deutschland. Dort arbeiten rund 500 Menschen.

Virtuelles Kundencenter vom Homeoffice aus

Erst vor kurzem waren die Regensburger Amazon-Beschäftigten nach knapp drei Jahren aus dem pandemiebedingten Homeoffice zurückgekehrt. Seit März 2020 wurde grundsätzlich nur noch von zuhause aus gearbeitet.

Für die 250 verbleibenden Beschäftigten fallen mit der Überführung in die VCC GmbH der eigene Betriebsrat sowie diverse über die Jahre erkämpfte Privilegien – etwa bei der Schichtplanung – weg. Doch im Gegensatz zum coronabedingten Homeoffice erhalten sie dann zumindest eine monatliche Pauschale von 60 Euro für Strom, Heizung und Internet – sofern sie ein separates abschließbares Arbeitszimmer nachweisen.

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Kommentare (13)

  • Mr. B.

    |

    Ausgliederung dient meistens nur der Gewinnmaximierung.

  • ExMitarbeiter

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    tja, die Zeit war schön. Aber Amazon ist nicht alles (auch wenn ich nach 15 Jahren lange gebraucht habe dies zu lernen).

    Und ganz ehrlich, der Spirit von damals war und ist schon lange tot

  • michinga

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    Amazon sollte man eh boykottieren – daher: WHO Cares?

    Schade für diejenigen, die ihren Job nicht mehr haben.
    Allerdings wird ja überall nach Leuten gesucht, sie werden wohl schnell wieder was finden…

  • Insider

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    das Grundstück an der Junkerstraße hatte ein Freund Schaidingers von der Stadt erworben, entwickelt und die Gebäude vermietet.

  • Ich Bins

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    Wer braucht schon Amazon! Kaufe seit Jahren da nicht mehr ein sondern unterstütze wo es nur geht den Einzelhandel.

  • Jens

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    @ExMitarbeiter – Amazing Amazon? Die Aktualisierung „und ist“ in Ihrem letzten Satz lässt mich erschauern: Neigt der Tote ansonsten zum Herumgeistern?

  • Markus B. aus R.

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    Wahrscheinlich werden REG1 und BER1 komplett in VCC aufgehen, Löw Performer durch Standortschließung gekickt und selbst dann immer mehr an Südafrika, Co-Sourcer und Indien ausgelagert.

  • Christoph Ecklinger

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    Kommentar gelöscht. Bitte beim Thema bleiben.

  • ExMitarbeiter

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    @Jens wie bitte?

    Ich wollte damit nur darlegen dass der Schritt zu gehen fuer mich damals nicht leicht war. Und in der Rückschau der Spirit von 2000 schon länger weg war als es mir bewusst war.

    @MarkusB
    klaro. Deutschland ist fuer diese Tätigkeiten zu teuer und was sich nicht eh schon automatisieren lies, wird spätestens mit dem Fortschreiten von KI erledigt.

    Ich kann nur Jedem raten, sich zu kleineren, inhabergeführten Unternehmen zu bewerben. Der Schritt war fuer mich nicht einfach, aber ich habes es nicht bereut.

  • Felix

    |

    Manchmal ist es wichtig, dass sich Türen schließen, neue Prozesse und Dynamiken entstehen, dem Unternehmen wieder neuer Atem eingehaucht werden kann. Das Home Office ist gar nicht so schlimm, klar muss man umdenken aber alles ist machbar, wenn man denn nur selbst den Willen hat und hinter dem Unternehmen steht, welches am Ende des Monats die Miete zahlt. Ein ehem. Chef meinte mal zu sehr negativ-eingestellten Mitarbeitern, dass sie nicht gezwungen werden, bei Amazon zu arbeiten. Jeder sollte reflektieren, ob er/sie noch glücklich im Job ist. Falls nicht… umschauen und sich bewerben. :)

  • R.G.

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    Das Mensch ärgere dich nicht Spiel:
    In Niederösterreich Protest gegen eine neues Amazon Verteiler Zentrum.
    https://noe.orf.at/stories/3191312/

  • Markus Feilner

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    a) @Aigo: Der Standort Regensburg wurde von Amazon noch weiter betrieben, weil die in Potsdam (?) im eigentlich für ganz Deutschland zuständigen Callcenter nicht mit dem bayerischen Dialekt der Anrufer zurecht kamen. Anders als in anderen Ländern hat Amazon jahrelang (Jahrzehnte?) in D zwei Callcenter vorgehalten, weil die Mitarbeiter in Berlin mit Österreichern und Bayern überfordert waren. Kein Witz, das haben mir mehrere Mitarbeiter von Amazon bestätigt. Man hat wohl mehrfach versucht, das hier zu schließen, aber die Sprachbarriere am Telefon war schlicht zu groß. LOL. So a schoaß.
    Insiderstories sollte es ja viele geben, wo doch jede Menge Studis dort gearbeitet haben, lange Jahre…
    b) “Amazon boykottieren” – @michinga: Ja, korrekt, jeder sollte sich aussuchen wie viele der GAFAM (Google Apple Facebook Amazon Microsoft) er boycottieren kann. 3 von 5 ist schon richtig gut, die wenigsten schaffen es ganz ohne :-)

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