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Vorwürfe im Eltern-Chat

Missbrauchsverdacht im Kindergarten: Träger nimmt Stellung

Der Träger eines Regensburger Kindergartens nimmt Stellung zu den Missbrauchsvorwürfen, die Ende letzter Woche bekannt geworden sind und korrigiert erste Aussagen aus einem Elternbrief.

Nach dem öffentlichen Bekanntwerden eines möglichen Übergriffs unter Gleichaltrigen in einem Regensburger Kindergarten hat der Träger nun gegenüber unserer Redaktion Stellung genommen. Es handelt sich um die Swiss International School (SIS), die im Stadtwesten eine Schule und einen Kindergarten betreibt.

Wie berichtet, hatten die Eltern eines Mädchens Ende Mai den Vorfall vom 1. April in einer Chatgruppe öffentlich gemacht. Demnach soll ihr Kind von drei Jungen im Alter von fünf und sechs Jahren mit blanken Penis umringt und aufgefordert worden sein, sich ebenfalls auszuziehen. Als sie sich geweigert habe, sei sie von den Jungen angegangen und verletzt worden. Den Gang an die Öffentlichkeit begründen die Betroffenen damit, vom Elternteil eines der Jungen bedroht worden zu sein, aber auch mit der mangelnden Reaktion von Seiten der SIS Regensburg.

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SIS sah Vorwürfe so nicht bestätigt

Verena Simpson, Geschäftsführerin der in Stuttgart angesiedelten Swiss International School gGmbH, betont hingegen in einer Stellungnahme vom späten Dienstagabend, dass sich die erhobenen Vorwürfe „nach gründlicher Analyse der Situation“ so nicht bestätigt hätten. Die Stellungnahme entspricht in weiten Teilen dem Elternbrief, den die Leitung der Regensburger SIS bereits am Montag verschickt hatte (unser Bericht) und in welcher die Situation deutlich anders geschildert wird als in der Darstellung des betroffenen Mädchens und von dessen Eltern.

Man habe nach Bekanntwerden von deren Vorwürfen sofort reagiert, die Aufsichtsbehörden informiert und „mit den beteiligten Kindern und Eltern Gespräche geführt“. Einen ärztlichen Bericht zu den Verletzungen des Mädchens, welche die Eltern in der Chatgruppe geschildert hatten, habe man allerdings nicht erhalten. „Wir haben der Familie mehrfach ein gemeinsames Treffen mit dem zuständigen Psychologen angeboten um das Mädchen bestmöglich unterstützen zu können“, so Simpson weiter. „Jedoch wurde das von der Familie leider nicht angenommen.“

Geschäftsführerin korrigiert erste Stellungnahme

Ähnliche Fälle in den Jahren 2020 und 2021, die in den Chats geschildert werden, seien der SIS nicht bekannt, so Simpson. Eine Mutter, die sich entsprechend im Chat geäußert hatte, habe die Standortleiterin der SIS Regensburg deshalb zum Gespräch eingeladen.

Auf Nachfrage korrigiert Verena Simpson die anfängliche Darstellung, derzufolge erste Ermittlungen eingestellt wurden, weil sich die Vorwürfe nicht bestätigt hätten. Die Regensburger Staatsanwaltschaft hatte dem bereits am Dienstagnachmittag widersprochen. Demnach wurde das Verfahren gegen die beteiligten Jungen zwar eingestellt. Allerdings nur, weil diese zu jung und deshalb nicht strafmündig sind. „Ausführungen zum Tatverdacht enthält die Einstellungsverfügung nicht.“

Man sei „diesbezüglich (…) so informiert“ worden, rechtfertigt sich Simpson für die anfängliche Aussage im Elternbrief und in der ersten Stellungnahme gegenüber unserer Redaktion. Von wem diese Information stammte, bleibt offen. „Jedoch ist selbstverständlich die Aussage der Staatsanwaltschaft entscheidend“, so Simpson. Die ermittelt nun, nach einer neuerlichen Strafanzeige, wegen einer möglichen Verletzung der Aufsichtspflicht.

Rechtsanwalt: Strafanzeige soll für unabhängige Aufklärung sorgen

Man habe diese Strafanzeige erstattet um nun von unabhängiger Seite aufzuklären, was tatsächlich passiert ist, sagt Rechtsanwalt Ulrich Weber, der die Familie des Mädchens vertritt. Zudem hätten die Eltern das, was ihre Tochter einem Kinderpsychologen geschildert habe, „in einer E-Mail an die Leiterin geschrieben“. Das müsse doch ausreichen. Im Übrigen hätte die Kindergartenleitung aus Webers Sicht mehr unternehmen sollen, um dem Kind die Möglichkeit zur Rückkehr in die Normalität zu geben.

Unklar bleibt derweil, ob es tatsächlich einen Arztbrief gibt, in dem auch Verletzungen dokumentiert sind, die die Mutter des Mädchens in der Chat-Gruppe anführt.

Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Amt für Tagesbetreuung bei der Stadt Regensburg, bescheinigte dem Kindergarten „nach eingehender Prüfung“, dass die Schilderung der Vorkommnisse durch die Einrichtungsleitung „umfassend, stichhaltig und vollumfänglich nachvollziehbar“ waren. „Ein Fehlverhalten der Betreuungskräfte ist nicht nachweisbar.“

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Kommentare (16)

  • Leser

    |

    Drei Artikel zu einer Thematik mit unklarem Sachverhalt unter Beteiligung von Kleinkindern unter den ersten 8 auf dieser Seite. Mir erschließt sich der journalistische Gehalt für die Öffentlichkeit dieses zweifellos für alle direkt Beteiligten dramatischen Falles nicht.

    Muss es wirklich sein, dass so ein Fall (auch) hier in der Öffentlichkeit breitgetreten wird? Was kann/soll den hiermit erreicht werden? Es hat schon seinen Sinn, dass bestimmte Fälle auch vor Gericht ohne Publikum stattfinden.
    Sollten die Angaben des Mädchens/seiner Eltern stimmen, wird hierdurch auch nix besser. Sollten die Aussagen des Kindergartens und der Jungen zutreffen, hat man dem Kindergarten vor allem aber den Kindern (v.a. in einer kleinen Stadt wie Regensburg; Anonymität hin oder her) doch extrem geschadet. Etwas bleibt immer hängen.

    Aber klar, der Anwalt (gerne auch unter Nennung seines Namens) und die Medien profitieren.

  • Besorgte Eltern

    |

    Wir wollten uns in dieser Sache zunächst nicht zu Wort melden, da wir selbst ein Kind im genannten Kindergarten haben, einige Kommentare möchte ich nun aber doch machen:

    Ich bin dankbar für die Berichterstattung, denn es dadurch haben wir von diesem Fall/Fällen erfahren! Das Mindeste was wir als Eltern erwartet hätten, wäre wegen der Schwere des Vorfalls eine Information oder vielleicht ein Elternabend zusammen mit einer Fachkraft gewesen. Auf jeden Fall hätten wir gerne die Möglichkeit gehabt, selbst zu entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollen. Das war alles nicht gegeben und wir haben erst durch den Elternbrief, der durch die Berichterstattung ausgelöst wurde, überhaupt Informationen bekommen.

    Ich hoffe, dass es den Betroffenen bald wieder gut geht und dass sie wieder zur Ruhe kommen. Auch für die Verursacher hoffe ich, dass ihnen geholfen werden kann – nach allem was ich aus den Gesprächen mit anderen Eltern gehört habe, war das wohl ausserhalb des Rahmens der kindlichen Entwicklung – Details möchte ich hier nicht wiedergeben.

    Zuallerletzt hoffen wir, dass die Einrichtung Ihre Vorgehensweise überdenkt und die Eltern zukünftig früher informiert – heir scheint mir am meisten Nachholbedarf.

    Vielen Dank für Ihre Berichterstattung!

  • Nora A.

    |

    @Leser:

    Ich denke schon, dass ein Bekanntwerden wichtig ist! Ein “Stummschalten” würde vorallem dazu führen, dass nichts aufgeklärt würde und erinnerte doch zu sehr an Fälle, die man auch bewußt nicht öffentlich machte und damit den Opfern mehr schadete, als es im Falle einer allgemeinen Aufklärung geschehen wäre!
    Auf diese Weise haben Eltern zudem auch die Möglichkeit genau zu prüfen, wem sie ihr Kind anvertrauen.

  • R.G.

    |

    Unterschiedliche Wahrnehmungen und Beobachtungen zur Situation halte ich für normal. Ein Gesamturteil zu fällen, etwa nach der Ansicht der Mehrheit, in dem Fall der drei Buben, käme mir ungeschickt vor.

    Körperliche Verletzungen und seelische wären für mich als Leitungsmitglied gleich schwerwiegend.
    Ich würde als Elter bei der Art des Umgangs den von der Einrichtung angebotenen Psychologen wahrscheinlich ablehnen.

    Zumal wir einen unaufgeregten Umgang mit Nacktheit pflegten – es ergab sich seit Babyalter, dass die Kleinen einander im Turnclub nackt sahen, bei uns im Hof beim Spielen, erlebten sie sich mitunter unbekleidet. Gelegentlich sauten sie sich komplett mit Schlamm ein. So kam es, dass eigentlich alle mit fünf mit dem Thema der Neugier durch waren, es stand dann schon das eigene Schamgefühl an. Ein Onkel sah sich plötzlich von nichts auf gleich als Ferkel bezeichnet, weil er wie immer ohne Bademantel von der Dusche zum Schrank ging. Ich fand unerwartet fein säuberlich Kleidung für den nächsten Morgen ans Bett gelegt. Kind war jetzt groß und erwachsen, es wusste, was sich gehörte, angezogen rumgehen.
    Mir wurde seit gestern bewusst,dass es mich empört hätte, wenn der Kindergarten sich zuständig fühlte, in doch recht unterschiedlichem Milieu aufgewachsenen drei größeren Buben die Gelegenheit zu geben, einen jüngeren Mädchenkörper entkleidet sehen zu wollen oder zu betatschen.
    Wurde es den Eltern vor Eintritt gesagt, dass man sich als Ort der ersten Erlebnisse versteht? Man sollte das rechtzeitig wissen.

    Ich glaube, es gibt viel Redebedarf.

  • Jakobine.Mohr

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    Den Begriff “Missbrauch” in diesem Zusammenhang (5-Jährige als “Täter”) zu verwenden, auch durch Journalisten, ist maximaler Blödsinn !!
    Zeigt nur eines : die Begeisterung für Sensationen ! Egal um welchen Preis !
    Faktisch geht es vermutlich vor allem darum, wie aggressiv Kinder untereinander sein dürfen, ohne dass Erzieher eingreifen. Bzw. darum, welche Regeln gelten.

  • Daniela

    |

    @Jakobine Mohr

    ‘Faktisch geht es vermutlich vor allem darum, wie aggressiv Kinder untereinander sein dürfen, ohne dass Erzieher eingreifen. Bzw. darum, welche Regeln gelten.’

    “Faktisch” muss es so sein, dass Kinder gewaltfrei aufwachsen können. Eine andere Diskussion muss nicht geführt werden!

    Das Wort Täter leitet sich von Tat ab.

    Wie definieren Sie Missbrauch?

    Mir geht dieses bagatellisieren so auf die Nerven! Kinder in diesem Alter müssen Regeln im Umgang miteinander kennen.

    ‘Die zuständige Aufsichtsbehörde, das Amt für Tagesbetreuung bei der Stadt Regensburg, bescheinigte dem Kindergarten „nach eingehender Prüfung“, dass die Schilderung der Vorkommnisse durch die Einrichtungsleitung „umfassend, stichhaltig und vollumfänglich nachvollziehbar“ waren. „Ein Fehlverhalten der Betreuungskräfte ist nicht nachweisbar.“ ‘

    Na warten wir ab, was die Staatsanwaltschaft dazu meint. Wenn es in einer Einrichtung möglich ist, das ein Kind von drei Kindern bedrängt wird (laut Bericht, das Kind gezwungen wird, die Hose los zu lassen, sich anfassen lassen zu müssen), und die aufsichtsführenden pädagogischen Fachkräfte greifen nicht ein, dann würde diese Einrichtung von mir das Prädikat ‘ Danke setzen, Note Sechs’ bekommen.

    Ab wann sollte denn von aufsichtsführenden pädagogischen Fachkräften eingegriffen werden, wenn sich Kinder an den Kragen gehen und sich verletzen, oder schon, wenn Sie verbal aufeinander losgehen?

  • Nora A.

    |

    @Jacobine.Mohr

    Es weckt so und so Assoziationen, wenn ein Trupp – wenn auch kleiner – Männer ein Mädchen sexuell drangsaliert!

    Es stellt sich die Frage, woher kommt solch ein aggressiv-sexuelles Verhalten? Wurden keine Regeln festgelegt und warum dürfen sich 3 Jungs mit einem Mädchen zurückziehen? Das sind alles Fragen, die es dringend zu klären gäbe anstatt zu relativieren.

    Mag sein, dass es zum heutigen Zeitpunkt überzogen klingt, von Missbrauch zu sprechen. Aber lassen Sie die Buben größer werden, ohne dass ihnen verdeutlicht wird, dass so ein Verhalten grundfalsch ist! Und natürlich ist auch die Frage offen, was die Jungs bisher von Sexualität mitbekommen haben, ob es Vorlagen (Medien, familiäres Umfeld?) gibt für ihr aggressives Verhalten, das keineswegs als kindlich abgetan werden kann?

    Es sieht für mich auch so aus als ob der Träger kein Intetesse an tatsächlicher Aufklärung hätte. Das Ziel muss sein, derartige Vorfälle in Kindergärten unmöglich zu machen. Dass die Problematik generell keine neue ist, zeigt sich ja auf einigen Internetseiten von Kinderschutzorganisationen und zum Thema sexuelle Entwicklung von Vorschulkindern. Es wird generell bei sogenannten Doktorspielen zur höchsten Aufmerksamkeit der Aufsichtspersonen geraten, weil es eben zu Grenzüberschreitungen kommen kann. Diese sind für die Entwicklung zu gesunder Sexualität völlig kontraproduktiv!

  • Gscheidhaferl

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    Mir erschließt sich der Nachrichtenwert der Sache auch nicht wirklich.

    Natürlich sollte es nicht zu Übergriffen zwischen Kindern kommen. Natürlich sollten Übergriffe, wenn sie dann schon mal leider vorgekommen sind, nicht unter den Teppich gekehrt werden. Natürlich muss überlegt werden, ob und wie sich (was eigentlich jetzt genau?) verhindern lässt. Aber natürlich können Erzieher*Innen auch nicht immer alles im Blick haben. Und eine Einrichtung mit lückenloser Totalüberwachung der Kinder wäre vielleicht auch nicht das Wahre, oder? Immer vorausgesetzt, dass wir es hier nicht mit grober Fahrlässigkeit oder Ähnlichem zu tun haben.

    Auf die Gefahr hin, dass mir Gefühlskälte oder Zynismus unterstellt wird: Wir können nicht alle Lebensrisiken ausschließen. Als Elternteil würde ich in so einem Fall natürlich auch auf die Barikaden gehen, vor allem, wenn die Einrichtung nicht angemessen mit den Vorfall umgeht. Aber das sind doch letztlich alles Banalitäten. Warum wird darüber hier in dieser Ausführlichkeit berichtet? Was ist die intendierte Aussage? Dass es in einer – wie wir erst jetzt wissen – mutmaßlich teuren/exklusiven Einrichtung eben auch zu unerfreulichen Vorkommnissen kommen kann und die Verantwortlichen von der Situation offenbar genauso überfordert waren, wie es in vielen ‘normalen’ Einrichtungen wohl auch der Fall gewesen wäre? Jedenfalls wäre das noch ehesten eine Rechtfertigung für den Artikel: Durch Öffentlichkeit Handlungsdruck auf eine Einrichtung ausüben, bei der möglicherweise systematisch ertwas schief läuft und die vielleicht versucht war, sich wegzuducken. Aber das seh ich hier so nicht unbedingt als gegeben an.

    Auf dieser Ebene hätte r-d aber dann zudem ein wirklich schier unendliches Themenfeld. Und das jedesmal in sehr unübersichtlichen lokalen, zwischenmenschlichen Zusammenhängen, in denen es schnell und unmittelbar zu zusätzlichen Verletzungen/Bloßstellungen der Beteiligten kommen kann, wenn strittige Dinge in aller Öffentlichkeit und damit für Viele unter großem Druck/Stress ausgetragen werden. Es handelt sich ja wohl insebsondere bei den involvierten Kindern nicht um Personen des öffentlichen Interesses (und wir haben nicht umsonat festgelegt, dass Kinder unterhalb eines bestimmten Alters nicht strafrechtlich für ihr Handeln verantwortlich gemacht werden sollten). Das fände ich jedenfalls keinen überzeugenden Ansatz.

  • Daniela

    |

    @Gescheidhaferl

    Angesichts der Tatsache, dass Kinderbetreuung und die dafür bestimmten Einrichtungen, ob nun in öffentlicher oder privater Hand, beauftragt sind, pädagogische Arbeit zu leisten, ist dies schon interessant. Auch hinsichtlich der Kosten.

    Wenn man weiß, dass ein Betreuungsplatz mehrere Hundert Euro im Monat kostet, sind diese Einrichtungen Dienstleister!

    Für die Eltern durchaus relevant, für welche Art der Erziehung sie für Ihre Kinder Geld zahlen. Oder der Steuerzahler letztendlich aufkommt.

  • R.G.

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    Zumal andere Medien bereits darüber berichteten, ist es vernünftig, dass Regensburg digital das Thema aufgreift.

    Die sinngemäße Äußerung einer Userin, man dürfe ein mit Doktorspielen beschäftigtes Kind nicht mal ablenken, da es sonst zu schweren Störungen (des körperlichen Selbstbildes oder) der Sexualentwicklung kommen könne, zeigt mir, was vielleicht über die heutige ErzieherInnenausbildung dominiert, Drohpädagogik.
    Wie soll man rechtzeitig eingreifen, wenn Zulassen die einzige statthafte Lösung ist, weil sonst angeblich Schlimmes passiere? Gilt denn, wenn schon eine Pädagogik mit Schreckensbildern als Motivation gilt, die Drohvorstellung, dass was für ein Kind stimmt, für ein anderes schon beim Gefragtwerden beängstigend ist, nicht als Gegenargument?
    Könnte überhaupt, bei gedanklich weniger eingeengten Bedingungen, ein gut beobachtetes Entdecken stattfinden, bei dem Personalschlüssel? Ich meine, das ist eigentlich ausgeschlossen.

    Wir werden wieder erkennen müssen, dass bestimmte Erfahrungen unserer Kinder besser unter der Aufsicht des Elternhauses geschehen sollten, mit ihren stabilen Freunden, deren Entwicklungsstand man kennt.

    Wir schreiben hier aber über normale kindliche Entdeckungsfreude, es gibt Ausreißer, Gewalt wie sie Kinder von sich aus nicht zeigen.
    Das gehört dann nicht ins Bild von Doktorspielen gepresst und muss völlig anders eingeordnet sowie behandelt werden..

  • El

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    In den letzten Jahrzehnten habe ich einige pädagogische Einrichtungen “von innen” kennen lernen dürfen. Teils als Elternteil, teils als Erzieherin.

    Solche außergewöhnlichen Dinge, wie sie hier geschildert werden, kommen in allen Einrichtungen vor — vielleicht nicht in diesem extremen Ausmaß (drei blanke Penisse, Mädchen verletzt) – aber geschlagen wird in allen Einrichtungen. Teilweise bekommt das Personal das mit, teilweise nicht. Teilweise schlägt es selbst (!).

    Ich schildere mal eine Situation, die ich zuletzt erleben durfte bzw. musste, denn das ging an die Substanz.
    “Noteinsatz” in einer fremden Kiga-Gruppe, wo die Stammerzieherin seit Monaten krank war. Kinder aus circa 6 unterschiedlichen Nationen. Zwei afrikanische Kinder, die kein Wort Deutsch sprachen. Zwei syrische Kinder, von denen der Fünfjährige, sobald er ohne Aufsicht war, außer Rand und Band geriet. Zwei albanische Kinder, der Junge wenn er seinen Willen nicht bekam schrie wie eine Sirene – durchdringend und drehte eine Runde im Gruppenraum – schlug wahllos auf andere Kinder ein und riß Dinge nach unten.

    Zwei bis drei Wickelkinder. Ich nachmittags mit circa 14 Kindern alleine.

    Aufgrund des Krankenstandes wurde gefühlt alle drei Wochen eine neue Erzieherin in diese Gruppe abgeordnet.

    In so einem Szenario ist keinerlei pädagogische Arbeit mehr möglich – da geht es einfach darum, den Tag abzuwickeln ohne größere Schäden oder Kollateralschäden.

    In einer anderen städtischen Einrichtung hatte eine Erzieherin so wenig Contenance, wenn etwa “aus dem Ruder lief” (Kind , das den Schulhof verlassen hatte – da kriegt eine als Aufsicht schon Panik, wenn das Kind plötzlich weg ist – dennoch : Den Buben in die Backe zu zwicken geht gar nicht. Mutter unternimmt nichts gg. Erzieherin, da sie ihren Platz nicht verlieren will….. )

    Die Pädagogik wie sie in den Einrichtungen ausgeübt wird ist tw. entsetzlich veraltet. Nach dem BEP (Bayerischer Erziehungsplan ) wird so gut wie nirgends gearbeitet.

    Ein demokratischer Führungsstil wird versucht – tatsächlich gelebt wird er selten. Kinder werden nach wie vor als diejenigen angesehen, die sich unterzuordnen haben. Wie auch nicht — die Erzieherinnen selber sind tw. Kriegsenkel und von Eltern großgezogen worden, die geschlagen und gedemütigt haben, was das Zeug hält.
    Das bekommt eine nicht einfach mit fünf Jahren Fachakademie aus den Genen.

    Rigide Strukturen in den einzelnen Einrichtungen machen Veränderung schwer bis unmöglich – in einer Einrichtung wo ich arbeitete, war eine Sekretärin (!) jahrelang für die Konflikte zuständig, die die Kolleginnen untereinander hatten oder die die tägliche pädagogische Arbeit aufgeworfen hat. Schlimmstes Mobbing der Kolleginnen untereinander war an der Tagesordnung. Sehr zum Schaden der Kinder.

    Im Kindergarten meines Sohnes zwang die Leitung die Kinder zum Aufessen – ich beobachtete eine Szene, wo sie einen Jungen nötigte, drei verbliebene Nudeln aufzuessen. Der Junge ging in seiner Not in ein autoaggressives Verhalten über ….schaukelte auf dem Stuhl hin und her …. .

    In einer andren Einrichtung, anderer Träger, nötigten die Betreuer ebenfalls die Kinder zum Aufessen. Die Kinder lernten tricksen – einmal erbrach sich eines auf den Tisch. Ich weigerte mich diese schwarze Kriegspädagogik mitzutragen – das kostete mich meine Stelle.

    Die Vorgesetzten glauben id Regel den Leitungen der Einrichtung . Oder es gibt alteingesessene ErzieherInnen, die “ihren Stiefel” seit Jahrzehnten durchziehen. Die haben das Ruder in fester Hand und führen ein strenges Regime.

    Das alles ändert sich jetzt langsam …zu langsam, denn die Kinder leiden darunter.

    Es ist wichtig, dass dies alles thematisiert wird …. — aber diese “Skandale”, die dann immer durch die Presse geistern, sind nicht unbedingt zielführend. Denn : Überall wird mit Wasser gekocht — in manchen Einrichtungen ist dies klarer, in andren sehr abgestanden

  • Nora A.

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    @R.G.
    “… Wir werden wieder erkennen müssen, dass bestimmte Erfahrungen unserer Kinder besser unter der Aufsicht des Elternhauses geschehen sollten, mit ihren stabilen Freunden, deren Entwicklungsstand man kennt…”

    Das denke ich auch! Ich habe zum Glück keine kleinen Kinder mehr und seinerzeit war das überhapt kein Thema. Sexuelle Entwicklung der Kinder war im Vorschulalter ausschließlich Thema der Eltern! Ich finde, das hat auch nicht der Staat zu bestimmen oder haben auch nicht fremde Leute zu bewerten, inwieweit kleine Kinder solchen Proceduren ausgesetzt werden. Es gibt ja auch sensible und gschamige Fünfjährige.

    Was früher viel zu wenig war, wird heute maßlos übertrieben…

    @El

    Das sind ja fürchterliche Zustände! Die armen Kinder! Ich glaube aber, dass es bei uns in der Kleinstadt nicht so schlimm ist. Kenne ein paar Leute mit Kindern im Kindergartenalter, die würden bei solchen Zuständen auf die Barrikaden gehen. Man kennt sich noch im Kindergarten und ein, zwei verhaltensauffällige Kinder hat man im Blick. Was ist mit dem Elternbeirat?

  • R.G.

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    @El
    Danke für die ehrlichen Beiträge.
    Ich würde mir wünschen, dass die Eltern der betroffenen Einrichtung verstehen, die erwünschte Qualitätsatmosphäre samt kompetenten Elternabenden und optimaler Erziehung der Kinder zum unverklemmten Menschen, gibt es eher nicht bei den üblichen Personalschlüsseln.

  • Sieglinde

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    Ich finde es höchst ärgerlich, dass ein solches Thema in der Öffentlichkeit breit getreten wird, ohne dass einer der Kommentierenden selbst beteiligt oder vor Ort.
    Ich bin nicht der Meinung, dass sexueller Missbrauch, Gewalt mit oder unter Kindern, Aufsichtspflichtverletzung oder andere Vergehen, die die Persönlichkeit eines Menschen, egal ob im Kindes oder Erwachsenenalter, angreifen, nicht besprochen, analysiert und bearbeitet werden sollen und müssen.
    Allerdings lese ich in den Kommentaren haufenweise Mutmaßungen, Einschätzungen und Vorschläge zur Verbesserung der Situation, ohne dass jemand wirklich den genauen Sachverhalt zu kennen scheint!

    Für wen ist denn diese Berichterstattung sinnvoll und hilfreich?
    ” Man hätte… man sollte … man müsste … man könnte”

    Für weitere Eltern der Einrichtung, die bis dato noch nichts von dem Fall mitbekommen haben?
    In erster Linie geht es doch um die Betroffenen, und der Aufklärung der Situation, und nicht darum, dass sich unbeteiligte Leute (entschuldigen Sie meine Ausdrucksweise) das Mau… zerreissen, über Dinge die sie vom Hörensagen wissen. Oder im Internet gelesen haben.

  • Nora A.

    |

    @Sieglinde

    Verstehe ich richtig, dass man den Mantel des Schweigens darüberbreiten sollte? “Nur die Betroffenen… ?” Das hat üblen Beigeschmack, denn es erinnert an andere ekelhafte Begebenheiten der letzten Zeit anderen Orts, die auch verschwiegen wurden.

    Hier wurde ausschließlich über das diskutiert, was in den Medien bekanntgegeben wurde. Was ist daran falsch? In dunkle Ecken gehört Licht, sonst kann nicht ordentlich aufgeräumt werden. Und natürlich müssen auch die Eltern anderer Kinder Bescheid wissen. Das wäre sogar Aufgabe des Elternbeirates, so es einen gibt…

  • Daniela

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    @ Sieglinde

    Ärgern Sie sich weiter!

    Würden Medien nicht Missstände jeglicher Art, jeglichen Umfang und jeglichen Ortes öffentlich machen, und damit der Zensur der Öffentlichkeit anheim stellen, den Ruf nach Analyse, Aufarbeitung, Verbesserung und auch der Wiedergutmachung, der Schadensvermeidung …, sehe es in etlichen Alten- , Kinder- , Behinderten – Einrichtungen, Krankenhäuser, anderen sozialen Dienstleistern mau aus. Und merken Sie, es erwischt immer die Wehr- und Hilflosen, die Jüngsten und die Ältesten.
    Wir sind den Medien dankbar, dass sie auf Missstände aufmerksam machen und der Gesellschaft damit die Möglichkeit geben zu intervenieren.

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