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Mollath unterstützt Psychiatrieinsassin

Schuldfähig nach Gutachters Gusto?

Ja was denn nun? Ilona Haslbauer sitzt seit sieben Jahren in der Forensik, weil sie eine Nachbarin attackiert, wegen eines „paranoiden Wahnsystems“ aber nicht schuldfähig sein soll, so ein Gutachter. In einem anderen Verfahren wurde der Regensburgerin nun – von einem anderen Gutachter – volle Schuldfähigkeit attestiert. Wird das Auswirkungen auf ihre weitere Unterbringung haben?

Von David Liese und Stefan Aigner

Seit sieben Jahren in der Forensik: die Regensburgerin Ilona Haslbauer. Foto: as

Seit sieben Jahren in der Forensik: die Regensburgerin Ilona Haslbauer. Foto: as

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Als die Türen des Sitzungssaals im Landgericht Regensburg geöffnet werden, stellen Justizbeamte einige Stühle zu, damit alle Zuhörer Platz finden. Darunter sind Weggefährten der Angeklagten aus ihrer Regensburger Zeit beim Donaustrudl. Der Nürnberger Plagiatsjäger Martin Heidingsfelder ist gekommen, ebenso eine frühere Mitinsassin der Angeklagten. Prominentester Zuschauer ist Gustl Mollath, der soeben die Sicherheitskontrollen am Einlass passiert hat und nun in den Gerichtssaal tritt.

Auf der Anklagebank sitzt Ilona Haslbauer. Die Regensburger Sozialpädagogin sitzt seit sieben Jahren in der Forensik im Maßregelvollzug – im Moment im Bezirkskrankenhaus Taufkirchen. Im Zuge eines langjährigen Streits soll sie eine Nachbarin zwei Mal mit einem Einkaufswagen gerammt haben. Ein Gutachter attestierte Haslbauer seinerzeit ein „paranoides Wahnsystem“ und sie landete nach §63 in der Forensik – nicht schuldfähig, sondern psychisch krank.

Haslbauer und Taufkirchen im Fokus der Öffentlichkeit

Spätestens seit der Spiegel im vergangenen Jahr darüber berichtet hat, dass Haslbauer in Taufkirchen mehr als 25 Stunden am Stück ans Bett gefesselt worden sein soll, hat sie es zu einiger Bekanntheit gebracht. Zwischenzeitlich telefoniert Nina Hagen regelmäßig mit Haslbauer und veröffentlicht die Gespräche im Netz. Die Frauenforensik in Taufkirchen ist mittlerweile auch darüber hinaus wegen ihrer Fixierungspraxis in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Heidingsfelder hat Strafanzeige gestellt.

Prominenter Unterstützer: Gustl Mollath. Foto: Liese

Prominenter Unterstützer: Gustl Mollath. Foto: Liese

Der Vorfall, um den es am Dienstag geht, fand jedoch während Haslbauers Aufenthalt in der Straubinger Forensik im Jahr 2010 statt. Dort soll sie die Oberärztin Dr. Margot L. (Name geändert) mit einer Gehhilfe gegen das Schienbein geschlagen und ihr ein Hämatom beigebracht haben. Haslbauer wurde in erster Instanz wegen gefährlicher Körperverletzung 2013 für schuldig befunden und zu vier Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Erstaunlich: In diesem Fall attestierte ein Gutachter der Psychiatrie-Insassin volle Schuldfähigkeit.

Haslbauer mit prominentem Rechtsbeistand

Haslbauer legte Berufung gegen das Urteil ein und hat dafür einen prominenten Rechtsanwalt gefunden: Neben ihr nimmt Dr. Adam Ahmed Platz, von der Bildzeitung einst als „Anwalt der Schwerverbrecher“ bezeichnet, weil zu seinen Mandanten unter anderem der Mörder von Rudolph Mooshammer gehörte. Doch auch im Bereich des Maßregelvollzugs, spätestens seit dem Fall Mollath Gegenstand öffentlicher Diskussion, scheint Ahmed kompetent zu sein. Unter anderem vertritt er einen transsexuellen Insassen der Forensik Taufkirchen, der über 60 Tage am Stück fixiert worden sein soll.

Doch zurück zum Fall Haslbauer. Umfassend nimmt die Angeklagte zu den Vorwürfen Stellung. Ruhig und gefasst schildert sie dem Gericht den Vorfall Ende April 2010. Das genaue Datum kann nicht eindeutig rekonstruiert werden. Sie weist jede Schuld von sich.

Sie habe mit einer Mitinsassin gerade in einem Gemeinschaftsraum beim Mittagessen gesessen, als Dr. Margot L. den Raum betreten habe. Daraufhin sei sie aufgestanden, um an der Oberärztin vorbei in ihr Zimmer zu gehen. Einen Kontakt, ein „Rumfuchteln oder Schlagen“ mit ihrer Krücke, wie von Margot L. behauptet, habe es nicht gegeben.

Strafanzeige wegen Briefwechsel?

Kurze Zeit später sei die Ärztin mit dem Sicherheitsdienst bei ihr erschienen und habe ihr die Krücke weggenommen. „Die Oberärztin sagte, ich bräuchte die ja eh nicht zum laufen. Sie hätte gesehen, wie gut ich laufen könnte, und ich hätte sie damit geschlagen.“ Die Medizinerin habe außerdem geäußert, sie hätte „die Schnauze voll“ von Haslbauer.

Warum sie L. dann genau angezeigt habe, weiß Haslbauer nicht. Sie vermutet einen Zusammenhang mit einem Briefwechsel, den es zwischen ihr und Fritz Schuster vom Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener (BPE) gegeben habe. Schuster habe ihr im Zuge der Arbeit in der „Anti-Folter-Kommission“ Vordrucke geschickt, die sie mit Beobachtungen in Straubing füllen sollte. „Diese Vordrucke wurden von Frau L. aus den Briefumschlägen entnommen.“ Am selben Tag sei dann Anzeige gestellt worden. Daraufhin habe Haslbauer viereinhalb Monate „Totalisolation“ erleiden müssen. „Ich wurde in mein Zimmer eingesperrt, durfte nur allein zum Hofgang. Kein Telefon, keine Briefe.“

Aus dem Mund von Margot L. klingt der Fall ganz anders. Die Ärztin, der auch Gustl Mollath einst „als Patient ausgeliefert war“, wie er es in einer Verhandlungspause bezeichnet, tritt mit einem Dauerlächeln vor das Gericht. Reichlich nervös wirkt sie beim Sprechen, wirft mit auffälliger Häufigkeit „oder so“ in ihre Aussagen ein, fügt an viele Wendungen ein intoniert gesummtes „Hm, Hm“, an.

„Sanktionen oder so gibt es bei uns nicht.“

Sie sagt, Haslbauer habe sie zunächst „geschubst oder gerempelt“, danach mit ihrer Gehhilfe ein Stück ausgeholt und sie ans Schienbein geschlagen. Danach sei L. ausgewichen, während Haslbauer noch „zwei oder drei Mal“ nach ihr ausgeholt habe. Die Angeklagte – so steht es auch in L.s Anzeige, die erst sechs Wochen nach dem Vorfall gestellt wurde – sei dann „schimpfend und drohend“ auf ihr Zimmer gegangen.

Nach der „Attacke“ sei Haslbauer dann „sicherlich eingeschlossen worden“, erzählt Margot L. weiter. „Die kann ja nicht krückenschlagend durch unser Haus gehen.“ Da die Patientin den Stock medizinisch ohnehin nicht gebraucht, sondern diesen nur „wie ein Handtäschchen mit sich herumgetragen“ habe, sei er ihr kurze Zeit später weggenommen worden.

Auf die Frage des Richters, wie Haslbauer anschließend „bestraft“ worden sei, reagiert die Oberärztin zunächst ausweichend. Sie wisse nicht, was er damit meine. Die „Herrschaften seien ja ohnehin schon nach §63 untergebracht“. Das sei im übrigen auch ein Problem, da von Patienten verübte Körperverletzungen quasi ungeahndet blieben. „Das ist ein großes Ärgernis bei uns, wir sind ja kein rechtsfreier Raum“. Der Vorsitzende Richter hakt weiter nach, will wissen, ob es denn dann keine Sanktionen wie im Strafvollzug gäbe, wenn Patienten negativ auffällig seien. Daraufhin die Oberärztin: „Sanktionen oder so gibt es bei uns nicht. Es gibt höchstens Sicherheitsvorkehrungen.“

Haslbauer sei „zwei oder drei Tage“ in ihrem Zimmer eingesperrt gewesen, habe sich aber „nicht in Isolation“ befunden. Auch dass der Briefverkehr zwischen Haslbauer und dem BPE-Vorsitzenden Fritz Schuster Anlass für die Anzeige gewesen sei, verneint L. vor Gericht.

Sechs Wochen „auf eine Entschuldigung gewartet“

Die Anzeige sei nicht sofort nach der mutmaßlichen Tat, sondern erst sechs Wochen später erfolgt, weil Margot L. auf eine Entschuldigung Haslbauers gewartet habe. Die sei aber ausgeblieben. Zudem sei die Klinik angehalten worden, Vorfälle wie diesen häufiger zur Anzeige zu bringen. „Ich selber habe überhaupt kein Strafbedürfnis“, sagt die Ärztin. Sie scheint es ohnehin im Nachhinein zu bereuen, dass Anzeige erstattet wurde. Haslbauer sei ohnehin immer noch in Taufkirchen untergebracht. Und insofern finde L., dass das jetzt mal ein Ende haben müsse.

Adam Ahmed: „Es ist sehr, sehr ungewöhnlich, dass ein Gericht nach der Vernehmung von nur einer Zeugin schon die Einstellung des Verfahrens anregt.“ Foto: as

„Es ist sehr, sehr ungewöhnlich, dass ein Gericht nach der Vernehmung von nur einer Zeugin schon die Einstellung des Verfahrens anregt.“

Der Empfehlung des Richters, über eine Verfahrenseinstellung nachzudenken, folgen nach einer Verhandlungspause und Hinterzimmergesprächen sowohl Staatsanwaltschaft wie auch Verteidigung. Die Gerichtskosten für zwei Hauptverhandlungen vor Amts- und Landgericht mit mehreren Verhandlungstagen sowie das eigens erstellte Gutachten fallen der Staatskasse zur Last. Haslbauer muss ihre Anwaltskosten tragen. Die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung ist damit hinfällig. Die Zuhörer quittieren das mit Beifall. Mehrere fallen Haslbauer um den Hals.

Entscheidung über weitere Unterbringung im Mai

Auch Rechtsanwalt Ahmed sieht diesen Verfahrensausgang als Erfolg. „Es ist sehr, sehr ungewöhnlich, dass ein Gericht nach der Vernehmung von nur einer Zeugin schon die Einstellung des Verfahrens anregt.“ Dies zeige, „dass der Tatnachweis so klar nicht zu führen gewesen wäre“. Darüber hinaus könne dieses Verfahren auch Auswirkungen auf die weitere Unterbringung Haslbauers in der Forensik haben. Demnächst steht die alljährliche Anhörung an, bei der über die Fortdauer des Maßregelvollzugs entschieden wird. „Da wird das Gutachten aus diesem Prozess, das Frau Haslbauer volle Schuldfähigkeit attestiert sicher eine Rolle spielen.“ Eine Entscheidung über das weitere Schicksal von Ilona Haslbauer dürfte nicht vor Mai fallen.

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Kommentare (12)

  • „Paragraph 63 ist ein Nazi-Gesetz“ | Regensburg Digital

    |

    […] Zur Verhandlung steht ein Vorfall im Bezirkskrankenhaus Straubing. Ilona Haslbauer, seit sieben Jahren im Maßregelvollzug, soll eine Oberärztin mit einer Gehhilfe gegen das Bein geschlagen haben (unser ausführlicher Bericht von der Verhandlung). […]

  • stefan

    |

    Der Herr Rechtsanwalt Dr. Ahmed aus München hat die Zeugin so befragt, dass die nicht mehr wusste, wo hinten und vorne war. Die hat sich dermaßen in Widersprüche verwickelt, was schon sehr erstaunlich war. Diese intensive Art der Befragung war schon sehr beeindrucken. Man merkte, dass er die Akten in und auswendig kennt.

  • Günter Mühlbauer

    |

    Ja wos jetzt …

    Schuldfähig oder nicht..

    oder

    Schuldunfähig oder nicht ..

    aber

    Schuldfähig und Schuldunfähig

    geht nicht, oder doch ?

    Günter Mühlbauer

  • Angelika G.

    |

    stefan sagte am 25. März 2014 um 20:50 Uhr :

    Der Herr Rechtsanwalt Dr. Ahmed aus München hat die Zeugin so befragt, dass die nicht mehr wusste, wo hinten und vorne war. Die hat sich dermaßen in Widersprüche verwickelt, was schon sehr erstaunlich war. Diese intensive Art der Befragung war schon sehr beeindrucken. Man merkte, dass er die Akten in und auswendig kennt.
    D A S finde ich beachtlich, denn normalerweise kennen die wenigsten Rechtsanwälte und auch manche Richter die Akten und die Umstände so genau, dass sie die massgeblichen Herrschaften “in die Zange nehmen” können – manche wollen das auch gar nicht. Weshalb wohl? Arbeit, geh weg – ich komme? – Wir dürfen gespannt sein, ob der nächste Richter dann auch bemerkt, dass 2 Gutachten zwei unterschiedliche Meinungen vertreten….

  • Robi Biswas

    |

    ZITAT:
    “Die Gerichtskosten für zwei Hauptverhandlungen vor Amts- und Landgericht mit mehreren Verhandlungstagen sowie das eigens erstellte Gutachten fallen der Staatskasse zur Last. ”

    Wenn Frau Haslbauer nicht so viel Aufmerksamkeit bekommen hätte, dann wäre das Verfahren kaum eingestellt worden.

    ZITAT:
    “Der Empfehlung des Richters, über eine Verfahrenseinstellung nachzudenken, folgen nach einer Verhandlungspause und Hinterzimmergesprächen sowohl Staatsanwaltschaft wie auch Verteidigung.”

    Interessant, dass sowas im Hinterzimmer ausgeküngelt wird. Vermutlich wurde der Fall Hoeness auch im Hinterzimmer ausgehandelt.

    Unglaublich, wie an Ilona Haslbauer wegen Bagatellen ein Gutachter- und Justizverbrechen verübt wurde. Zeit dass sie raus kommt!

    Wie viele Mollaths, Kulacs, Haslbauers gibt es noch?

  • erik

    |

    seht`s doch endlich ein, diese Gesellschaft braucht in der Psychatrie weggesperrte, Arme, Obdachlose, Suizide.
    So wird Otto-Normalverbrauer bzw. Lieschen-Müller bzw. Hans Mustermann die Möglichkeit gegeben sich über Andere zu stellen, sich eine Stufe höher zu stellen
    um sich in diese Gesellschaft nach der Lebensphilosophie “Anderen geht es schlechter, noch viel schlechter als mir” einzugliedern und einzurichten und um
    weitere Abschläge, welcher Art auch immer, hinzunehmen. So funktionieren Kasten.- Stufen.- Schichtengesellschaften. Die Politik hat überhaupt kein Interesse an dieser Situation was zu ändern, die Politik ist Verursacher und Nutznießer dieser Muster, einer kaltherzigen, verbiesterten und selbstgerechten Ellenbogen-Gesellschaft!

  • petra zilka

    |

    Seit dem Fall von Gustl Mollath hat sich etwas getan ,aber was ist mit all denen die krank sind und versuchen gegen Versicherungen zu klage? Da kommen Gutachter zu Einsatz das einem ganz anders wird.Dies Gutachter verdienen 400000 bis 1 250000 Euro pro Jahr und werden dann wieder als Gerichtsgutachter bestellt.Das ist ein Skandal.Mein Mann wurde so oft Menschenunwürdig behandelt die Gutachten werden verfälscht wiedergegeben.Daten falsch Proffesoren die einen nie begutachtet haben usw. Die Richter interessieren sich nicht für den Wahrheitsgehalt der Gutachten.Was ist mit dem Grundgesetz die Würde des Menschen ist unantastbar. Menschenunwürdig ist das Verhalten der Gutachter.

  • Dr. Doris Simon

    |

    War das alles ?

    Am 25.03.2014 wurde eine Klage wegen Körperverletzung gegen Ilona Haslbauer eingestellt.

    Die Kosten trägt die Staatskasse – die Klägerin ging locker aus dem Saal.

    Hätte sie den Saal unbescholten verlassen können, wenn der Gutachter und die Zeugin der Verteidigung in diesem Berufungsprozess wie in der dritten Verhandlung (1. Instanz) zuvor ausgesagt hätten?

    Eine Oberärztin vom BKH Straubing hatte vorgebracht, sie sei bei einer Visite mit der Assistenzärztin im April 2010 im Zimmer der Patientinnen Sema A. und Ilona H. von dieser bedroht und durch einen Schlag mit der Krücke verletzt worden. Daraufhin habe sie dieses Schlagwerkzeug an Ort und Stelle abgenommen.
    Herr RA Dr. Ahmed war in der vierten Verhandlung (Berufung) der Klage wegen Körperverletzung erstmals als Ilonas Anwalt tätig. Eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt der Akten erlaubte ihm die Offenlegung von Widersprüchen und Falschaussagen der Oberärztin – Punkt für Punkt. Kein blauer Fleck, keine Bestätigung der Verletzung durch einen Arzt, Klage erst nach fünf bis sechs Wochen, nicht nach fünf Tagen, wie die Oberärztin im Saal Glauben machen wollte.

    Seit 2005 setze ich mich mit dem „Fall Ilona Haslbauer“ auseinander. Am 25.03.2014 erlebte ich völlig unerwartet mit dem Herrn Staatsanwalt erstmalig ein Mitglied der Regensburger Justiz, das sich ernsthaft um Klärung des Tatbestandes bemühte.
    Vier Verhandlungen zur Klage wegen Körperverletzung im BKH Straubing habe ich aufmerksam „verfolgt“.
    Mein Eindruck:
    Mit der Beschuldigung reagierte die Ärztin auf das anmassende Verhalten ihrer Patientin. Erhob sie nicht fünf bis sechs Wochen nach dem angeblichen Vorfall Klage, um der „Öffentlichkeitsarbeit“ der Patientin Ilona Haslbauer Grenzen zu setzen – just in dem Moment, als diese z.B. die Antifolterkommission über ihre Beobachtungen im BKH Straubing informiert hatte.

    In der ersten Verhandlung, der eine kluge Richterin vorstand, erweckte die Klägerin den Eindruck, dass die Körperverletzung den anhaltenden Wahn der Patientin beweise. Von der Richterin um eine Begründung für diese Einschätzung gebeten, erfolgte unter Gelächter des Publikums die Antwort: „Weil ein normaler Mensch so etwas nicht tut!“

    Herr Dr. R., der Landgerichtsarzt, hielt dieser Einschätzung das Ergebnis seiner Begutachtung entgegen: Ilona sei schuldfähig. (§20 und §21 StGB käme nicht in Frage). Wäre im April 2010 ein Beweis für einen anhaltenden Wahn Ilonas vorgebracht worden, hätte man die immer lauter werdende Kritik an ihrer Einweisung in die Psychiatrie 2007 zurückdrängen können.

    Den Behauptungen der Oberärztin stehen die Aussagen von drei anderen Zeugen entgegen.
    Ilona führte in allen vier Verhandlungen in gleicher Weise aus:
    Nach dem Erscheinen der Frau Dr. M. und ihrer Kollegin, der Frau Dr. D., sei sie aufgestanden. Mit den Worten „Jetzt schmeckt mir das Essen nicht mehr“ sei sie mit der Krücke an der Ärztin vorbei ins zweite Zimmer gegangen. Einige Zeit später sei die Ärztin mit dem Sicherheitsdienst erschienen und habe ihr im zweiten Zimmer die Krücke weggenommen. Begleitet wurde diese Aktion mit den Worten, Frau Dr. M. habe nun genug von Ilona, sie mache keine Therapie.
    Auch auf Nachfrage der Richterin erklärte die Assistenzärztin in der ersten Verhandlung, Ilona habe die Oberärztin beim Vorbeigehen „nur“ einmal gestreift.
    In der zweiten Verhandlung las ein Richter der Assistenzärztin die Aussage der Oberärztin vor: Ilona habe dreimal mit der Krücke zugeschlagen und Frau Dr. M. einmal getroffen (in der dritten Verhandlung vernahm das Publikum aus dem Munde der Frau Dr. M. jedoch, Ilona habe ein- bis zweimal zugeschlagen).
    Bei dieser zweiten Verhandlung lautete die Antwort auf die Frage des Richters, ob sie den Schlag gesehen habe:
    „Das weiss ich nicht mehr.
    Ich habe die Beinverletzung nicht bemerkt.
    Wie oft Frau Dr. M. getroffen wurde, weiss ich nicht mehr.
    Ich habe keine Erinnerung.“

    Überzeugend wirkte die Aussage der Zeugin der Verteidigung, der Frau Sema A.: Es sei gar nichts passiert. Ilona sei nach dem Erscheinen der Ärztinnen aus dem Saal gegangen. Erschüttert hatten die Zuhörer zur Kenntnis genommen, dass Frau Sema A. bei der dritten Verhandlung die Glaubwürdigkeit abgesprochen wurde. Die Begründung des Richters: Nach so langer Zeit könne man sich nicht mehr so genau an ein derartiges Ereignis erinnern.

    Diese Wertung war umso bedenklicher, da ein Pfleger dem Gericht schriftlich übermittelt hatte, dass ihm Frau Sema A. acht Tage nach dem angeblichen Übergriff berichtet habe, Frau Dr. M. habe Ilona die Krücke weggenommen – „einfach so“.

    Nach der Pause wurde die Klage gegen Ilona H. eingestellt. Im Saal kam Unmut auf, als die Ärztin ihre Einstellung zu ihrer ehemaligen Patientin preisgab. Sie hätte ihre Arbeit im BKH Straubing erneut unterbrechen müssen – wegen Verhandlung einer Klage gegen eine Frau, die seit 2007 im Massregelvollzug sitze!
    In Kenntnis der Reaktion des meist gutbürgerlichen Publikums demonstrierte die Klägerin daraufhin Nachsicht. Im Gegensatz zu ihren Anschuldigungen in den Verhandlungen zuvor war nun von einer „Bagatellverletzung“ die Rede.

    War der Ärztin blitzartig der Gedanke gekommen, dass ihr doch noch eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft wegen Vortäuschung einer Straftat drohen könnte?

  • Ute Lehmann

    |

    Es gibt eine Kundgebung für Ilona Haslbauer:
    https://www.facebook.com/events/480877498723872/?ref=51&source=1

    Freiheit & Gerechtigkeit für Ilona Haslbauer – Weg mit § 63 StGB ! Solidaritätskundgebung mit Nina Hagen am Landsgericht Landshut Tags: Psychiatrie Willkür Unrecht Demo Mahnwache Kundgebung 15.07.2014

  • Selbstleseverfahren, Band 66 » Strafakte.de

    |

    […] Psych­ia­ter im Mollath-Prozess: „Es war mein An­lie­gen, das schnell zu be­en­den“ Schuld­fä­hig nach Gut­ach­ters Gusto? BVerfG: Straf­bar­keit der Ver­öf­fent­li­chung von An­kla­ge­schrif­ten vor der […]

  • Anton Telekom

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    Man sollte den Nazi- Psychoterror endlich beenden.
    Ich werde gerade “auf Schuldfähgkeit, Paragraph 63,” untersucht, weil ich einem psychisch kranken Nachbarn, der wären meiner Abwesenheit in mein offenes Fenster eingestiegen ist und eine Ray-Ban Sonnenbrille mit für meine Sehschärfe angepassten Gläsern im Wert von ca. 600 Euro geklaut hat, die Fensterscheibe eingeworfen habe.

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drin