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Beiträge mit Tag ‘Kriegsende’

Kultusministerium: Skepsis bei Hans-Herrmann-Schule

Nazi-Bürgermeister soll nicht mehr Schulpate sein

Ein Bericht des Kultusministeriums bringt nicht nur die Regensburger Stadtspitze in Zugzwang. Es geht um den Ehrenbürger Hans Herrmann. Dieser  war Nazi-Bürgermeister, wurde später OB und  und brachte es nach seinem Tod zum Namenspatron für eine Grund- und Mittelschule. Kritik daran wurde in der Vergangenheit von CSU und Oberbürgermeister stets zurückgewiesen. Im Ministerium sieht man das etwas anders.
Hans Herrmann um 1949. Foto: Staatliche Bibliotheken/ Stadt Regensburg

Hans Herrmann um 1949. Foto: Staatliche Bibliotheken/ Stadt Regensburg

Die Formulierungen sind diplomatisch, doch im Grunde ist die Botschaft unmissverständlich: Dass in Regensburg eine Schule nach dem Nazi-, späterem Oberbürgermeister und Ehrenbürger Hans Herrmann benannt ist, sorgt nun auch beim bayerischen Kultusministerium für gehörige Skepsis. Das geht aus einem Bericht hervor, den Minister Dr. Ludwig Spänle auf Antrag der Grünen-Landtagsfraktion erarbeiten ließ (hier als PDF). Auslöser war die Diskussion um das Wernher-von-Braun-Gymnasium in Friedberg. Nun liegt der Bericht vor, demzufolge es in Bayern fünf Schulen mit zweifelhaften Namenspatronen gibt – darunter die Hans Herrmann-Grund- und Mittelschule in Regensburg.

Nur fünf Schulen in Bayern betroffen

Dies ist, angesichts der Kriterien, die vom Ministerium angelegt wurden, bemerkenswert. Gab es doch zunächst – auf Veranlassung des Ministeriums – eine Vorauswahl durch die Bezirksregierungen. Diese wurde anschließend im Hinblick auf mehrere einschränkende Kriterien erneut reduziert. So heißt es unter anderem in dem Bericht:
„Nähere Prüfungen führen – zumindest im Einzelfall – auch zu dem Befund, dass es Namensgeber gibt, bei denen zwar jedenfalls eine intensive Zuarbeit für das NS-Regime gegeben war, ersichtlich auch mit entsprechenden Auszeichnungen honoriert, bestimmte Ereignisse aber zu einem Gesamtbild führen, das die Fortführung des Namens legitimiert erscheinen lässt.“
Und während die Regensburger Stadtspitze Hans Herrmann in der Vergangenheit stets in Schutz genommen hatte, bleibt Herrmann einer der Namenspatrone, bei denen das Kultusministerium den betroffenen Schulen und Kommunen rät, „in einen intensiven Meinungsbildungsprozess darüber einzutreten, ob angesichts der so gegebenen Lage nicht eine Aufgabe des jeweiligen Namensgebers angezeigt ist“.

Bürgermeister für jedes System

Unser Autor Robert Werner hat sich bereits vor geraumer Zeit intensiv mit der Karriere von Hans Herrmann, dem „Bürgermeister für jedes System“, beschäftigt. Als Mitglied der Bayerischen Volkspartei war er bereits zur Zeit der Weimarer Republik Bürgermeister in Regensburg, nach der Machtübernahme der Nazis konnte er diese Karriere ungebrochen fortsetzen. Bereits 1935 wurde er Mitglied der NSDAP, später auch Förderer der SS. Insbesondere die „Arisierung“ jüdischen Eigentums lag in Herrmanns Zuständigkeit. Zu seinen Aufgaben gehörte es etwa, den Zwangsverkaufs des Grundstücks der im November 1938 in Brand gesteckten Synagoge abzuwickeln. Laut Helmut Halters Standardwerk, „Regensburg unterm Hakenkreuz“ (1994) nützte Herrmann als „abgebrühter Grundstückshändler“ dabei die Notlage des jüdischen Gemeindevorstands aus und drückte deren Preisvorstellungen. Kurze Zeit nach dem ‚erfolgreichen‘ Erwerb verkaufte Herrmann das Grundstück mit Gewinn an die Regensburger Volksbank weiter.

Entnazifiziert durch Fürsprache der Kirche

Darüber hinaus war darüber hinaus verantwortlich für die Auffang- und Notlager von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen, in denen katastrophale Zustände herrschten. Seine Entnazifizierung konnte Herrmann erst im zweiten Anlauf unter Fürsprache der katholischen Kirche durchsetzen. Er war Gründungsmitglied der Regensburger CSU und wurde schließlich zum Oberbürgermeister gewählt. Seinen Einfluss nutzte Herrmann, um Altnazis unterstützend zur Seite zu stehen. Unter anderem setze er die Pension für NS-Oberbürgermeister Otto Schottenheim durch.

Schaidinger: Herrmann hat „große Verdienste um die Stadt“

Zuletzt bei der Diskussion um die Ehrenbürgerschaft von Adolf Hitler hatten Oberbürgermeister Hans Schaidinger und die CSU die Ehrenbürgerschaft Herrmanns verteidigt. Dieser habe „sich während seiner Amtszeit als Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneter in den 1950er-Jahren große Verdienste um die Stadt erworben und sich außerdem ausdrücklich vom Nazi-Regime distanziert“. Diese Sichtweise zieht der Bericht des Ministeriums ausdrücklich in Zweifel. Sind darin doch glaubwürdige Distanzierung und anschließende Verdienste als Kriterien genannt, die die mögliche Fortführung eines Schulnamens rechtfertigen könnten:
„Berücksichtigt werden sollte, wenn der Namensgeber sich durch ein wirtschaftliches oder kulturelles Engagement über einen längeren Zeitraum auszeichnete, insbesondere in der Wiederaufbauzeit der 1950er und 1960er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland. Besonders positiv sollte wiegen, wenn er nach 1945/49 ersichtlich selbstkritisch über seine Verstrickungen und Engagements in der Zeit von 1933 bis 1945 sowie ggf. auch bereits zuvor (Parteinahmen für die NSDAP bzw. ihr ideologisches Gedankengut) reflektierte.“
Zu Herrmann, dessen derartiges Engegement vom Ministerium offenbar als nicht ausreichend angesehen wird, selbst heißt es unter anderem:
„Das zentrale, in Fällen dieser Provenienz vielfach in Anspruch genommene Argument, es sei darum gegangen, Schlimmeres zu verhindern, wird im Blick auf eine so hohe Funktion im Kontext des NS-Regimes, hier insbesondere auch auf die Rolle bei der ‘Arisierung’ von jüdischem Eigentum, brüchig.“
Die Fraktion der Landtagsgrünen, die den Bericht mit ihrem Antrag auf den Weg gebracht hatte, fordert nun, dass eine Umbenennung der betroffenen Schulen möglichst bis zu Beginn des neuen Schuljahrs erreicht werden solle.

Anfang einer Diskussion oder weiteres Aussitzen?

Der Abgeordnete Sepp Dürr schränkt gegenüber unserer Redaktion allerdings ein: „Das gilt für Orte, in denen bereits eine Diskussion stattgefunden hat. Das war in Regensburg meines Wissens bislang nicht der Fall. Insofern ist es gut, wenn diese Diskussion nun einsetzt. Dass ist eine Sache all derer, die dort lehren, lernen und mit der Schule befasst sind.“ Das Kultusministerium habe, so heißt es von dort, dazu seine Unterstützung angeboten. Allerdings gebe es bislang noch keine Rückmeldung. Die Stadt Regensburg konnte – mit Verweis auf die Ferienzeit – bislang noch keine Stellungnahme dazu abgeben.
Bücherverbrennung in Regensburg 1933

„Unsere Hochschule ist immer schon frei von jüdischem Geist gewesen“

80 Jahre nach der Bücherverbrennung von 1933 erinnert Regensburg daran mit einer Gedenktafel, die nichts anderes ist, als ein Produkt des Wahlkampfs. In ihrem Text verschweigt und verdeckt sie sowohl wesentliche stadtgeschichtliche Ereignisse als auch die damaligen politischen Verhältnisse.

Stadtrat gedachte der Machtübernahme

Bemerkenswert und doch geschichtsvergessen

Zur 80. Jahrestag der Machtübernahme der Nationalsozialisten hat Oberbürgermeister Hans Schaidinger im Stadtrat eine bemerkenswerte Gedenkrede gehalten. Bemerkenswert insofern, weil er sich erstmals konkret mit frühen Opfern des NS-Regimes beschäftigte: mit Kommunisten und Sozialdemokraten.In anderen Teilen seiner Rede zeigte sich der Oberbürgermeister schlecht informiert, zum Teil verlor er den Überblick und nicht zuletzt zeigte er sich – wie es schön diplomatisch heißt – geschichtsvergessen.

Ein NS-Profiteur wird zum selbstlosen Judenschützer

Von Verwüstungen, Verleugnungen und Verklärungen bei Theobald Schrems

Der ehemalige Domkapellmeister Theobald Schrems gilt in Regensburg als sakrosankte Institution. Selbst in der unmittelbaren Nachkriegszeit, als das Engagement des Chors und seines Leiters für Nazigrößen, Nazipartei und Nazireich durch die Kriegsniederlage eben beendet worden war, blieb Schrems weitgehend unbehelligt. Das Umfeld der Domspatzen, maßgeblich Schüler von ihm, arbeitet seit Jahrzehnten an einem geschönten Image des Chorleiters, insbesondere bezüglich seiner Rolle in der Nazizeit. Auch die im Oktober 1945 erstmals lizensierte Mittelbayerische Zeitung trug nicht zur Klärung dieser Rolle bei. Ende 2012 verstieg sich der Journalist Helmut Wanner in der MZ sogar zu der Spekulation, Schrems habe in der NS-Zeit als aktiver Judenschützer gewirkt.

NS-Rüstungszentrum Regensburg

Regensburg und Gusen – Zwangsarbeit für den Rüstungsgiganten Messerschmitt

Das „offizielle“ Regensburg tut sich schwer im Umgang mit seiner Vergangenheit als Zentrum des Rüstungskonzerns Messerschmitt. Die Verbindungen der Stadt zum KZ-System Mauthausen-Gusen waren in der lange kein Thema. Das, obwohl zwischen 1943 und 1945 mehrere hundert der Regensburger Messerschmitt-Facharbeiter zur Flugzeugproduktion nach Gusen versetzt wurden, um dort Zwangsarbeiter anzuleiten und zu überwachen.

Die Regensburger Domspatzen

Hitlers liebster Knabenchor

Die erfolgreiche Propaganda-Tätigkeit des Domspatzen-Chors für das NS-Regime ist bestens belegt. Wahrhaben will man das in der Domspatzen-Gemeinde offenbar nicht. Zuletzt versuchte der ehemalige Regensburger Bischof gar, den Chor in die Reihe der NS-Opfer zustellen. Ein Überblick über das Engagement des Domchors in der Nazizeit und den späteren Umgang mit den eigenen Verstrickungen.

Kriegsende in Regensburg

SS-Brigadeführer Schottenheim als Retter der Stadt

Vor 65 Jahren wurde der Regensburger NS-Oberbürgermeister Otto Schottenheim vor Gericht gestellt. Er selbst, aber auch mancher Nachfolger war darauf bedacht, ihm ein ehrendes Andenken zu bewahren. In unserer Reihe zum Kriegsende in Regensburg zeichnet Robert Werner den Weg des SS-Brigadeführers vom überzeugten Nazi zum angeblich selbstlosen Retter von Regensburg nach.

Kriegsende in Regensburg

Debatte um die Revision einer Legende

Im Rahmen einer dreiteiligen Serie hat unser Autor Robert Werner das kürzlich erschienene Buch „Kriegsende in Regensburg. Die Revision einer Legende“ besprochen. Dabei hat Werner auch die Rolle von Stadtheimatpfleger Dr. Werner Chrobak kritisch beleuchtet. Am Montag haben wir dazu eine Erwiderung von Dr. Chrobak veröffentlicht. Hier folgt nun eine erneute Entgegnung von Robert Werner.

Kriegsende in Regensburg: Teil III

Geschichtsklitterung im wissenschaftlichen Gewand

Mit der Publikation „Kriegsende in Regensburg. Die Revision einer Legende“ (2012), muss die bislang gültige Darstellung der letzten Kriegstage in Regensburg nach Robert Bürger (1983) als widerlegt gelten. Doch wie kam es dazu, dass Bürgers Geschichtsklitterung Eingang in die Wissenschaft fand? Teil III unserer Serie zum Kriegsende in Regensburg.

Kriegsende in Regensburg: Teil II

Legendenbildung und Wunderglaube im Kontext der Kapitulation

Mit der bereits vorgestellten Publikation „Kriegsende in Regensburg. Die Revision einer Legende“ muss die bislang gültige Darstellung der letzten Kriegstage in Regensburg nach Robert Bürger (1983) als widerlegt gelten. Falls es überhaupt Sinn macht von einem „Retter Regensburgs“ zu sprechen, wäre dieser Titel einem anderen zuzusprechen: Major Othmar Matzke. Teil II unserer Serie.

Kriegsende in Regensburg

Widerlegte Geschichtsklitterung

Peter Eiser und Günter Schießl haben Ende April 2012 mit „Kriegsende in Regensburg. Die Revision einer Legende“ das verdienstvolle Ergebnis ihrer langjährigen Recherchen bzw. Forschungen vorgelegt. Die Autoren untersuchen und – um es vorweg zu nehmen – dekonstruieren die bislang gültige Darstellung der letzten Kriegstage in Regensburg. Teil I unserer dreiteiligen Serie.

Kriegsende in Regensburg

Recherchen zu Wunderglaube und Geschichtsklitterung

Der Wehrmachtsmajor Robert Bürger hat Regensburg vor der Zerstörung durch die amerikanischen Truppen gerettet: Mit dieser Legende hat das kürzlich erschienene Buch „Kriegsende in Regensburg. Die Revision einer Legende“ gründlich aufgeräumt. Unser Autor Robert Werner hat das Buch ausführlich besprochen und ist den Gründen für die willfährig unterstützte Geschichtsklitterung Bürgers nachgegangen. In einer dreiteiligen Serie veröffentlichen wir seine Ergebnisse, die wir hier zunächst kurz zusammenfassen.

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