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Beiträge mit Tag ‘Missbrauchsskandal’

Ehemalige Domspatzen sagen Unterstützung zu

Kriminologe pfeift auf katholische Klagedrohung

Das geplatzte Forschungsprojekt zum sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche ist für einige Opfer kein Grund zur Trauer. Beim „Unabhängigen Archiv ehemaliger Regensburger Domspatzen“ hat man vom Anfang an an dessen Sinn gezweifelt. Nun wollen die dort zusammengeschlossenen Missbrauchsopfer dem Kriminologen Dr. Christian Pfeiffer ihre Zahlen zur Verfügung stellen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat unterdessen angekündigt, Pfeiffer zu verklagen. Der sieht einer solchen Auseinandersetzung „mit Freuden“ entgegen.

Die Kirche droht dem Kriminologen Pfeiffer mit juristischen Schritten. Der freut sich auf die Auseinandersetzung. Foto: bph

Die Kirche droht dem Kriminologen Pfeiffer mit juristischen Schritten. Der freut sich auf die Auseinandersetzung. Foto: bph

„Ich habe lauthals gelacht“, beschreibt Michael Sieber seine Reaktion auf das geplatzte Forschungsprojekt zur Aufklärung sexuellen Missbrauchs innerhalb der katholischen Kirche. Wie berichtet, hat die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch den 2011 vereinbarten Forschungsauftrag mit dem „Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen“ gekündigt. Begründung: Das Vertrauensverhältnis zu Institutsleiter Dr. Christian Pfeiffer sei „zerrüttet“. Der spricht im Gegenzug von Zensur- und Kontrollwünschen der Bischofskonferenz, die insbesondere aus den Diözesen München und Regensburg gekommen seien. Nun droht ihm die Bischofskonferenz mit juristischen Schritten. Dazu später mehr.

„Wir werden Pfeiffer unterstützen.“

Michael Sieber ist Koordinator des im vergangenen Jahr ins Leben gerufenem „Unabhängigen Archivs ehemaliger Regensburger Domspatzen“ und hatte den Sinn der Untersuchung von Anfang an bezweifelt. „Es hat doch wohl niemand ernsthaft geglaubt, dass die katholische Kirche alle Akten herausrückt. Offenbar ist Dr. Pfeiffer wohl erst im Rahmen seiner Tätigkeit klar geworden, wofür er da seinen guten Namen hergegeben hat.“ Mit dem Platzen des Forschungsauftrags habe sich die katholische Kirche nun endgültig selbst entlarvt, so Sieber. Er hoffe nun, dass Pfeiffer seine Ankündigung wahr mache und auf eigene Faust mit seiner Untersuchung fortfahre. „Wir würden ihn auf jeden Fall mit Unterlagen und Kontakten zu Betroffenen unterstützen.“

„40 bis 50 Fälle“ allein bei den Domspatzen

Und die Zahlen, die Sieber gegenüber unserer Redaktion nennt, unterscheiden sich doch recht deutlich von den ohnehin recht spärlichen Informationen, die in Regensburg bislang die Mauern des Domkapitels durchdrungen haben.

Die Regensburger Domspatzen: Gut als Aushängeschild, Vergangenheitsbewältigung Fehlanzeige. Foto: Archiv/ Staudinger

Die Regensburger Domspatzen: Gut als Aushängeschild, Vergangenheitsbewältigung Fehlanzeige. Foto: Archiv/ Staudinger

In dem knappen Zwischenbericht, den die Diözese im Jahr 2011 vorgelegt hat, ist für den Zeitraum zwischen 1945 und 2010 von „sexuellen Straftaten gegen 78 Minderjährige“ die Rede. Insgesamt zehn Geistliche hätten diese Taten begangen und seien, das wird betont, alle „gerichtlich verurteilt“ worden. Darüber hinaus, so heißt es weiter, „fanden sich in den Akten keine neuen Hinweise, die nicht schon juristisch verfolgt worden wären“.

Sieber spricht dagegen auf Basis der im Archiv gesammelten Unterlagen und Recherchen, die er zusammen mit anderen anstellt, von „40 bis 50 Fällen“. Nicht in der gesamten Diözese, sondern allein bei den Regensburger Domspatzen. Nicht für den Zeitraum von 65 Jahren, sondern allein „zwischen dem Ende der 50er bis zur Jahrtausendwende“. Wie die Diözese mit solchen Fällen umgeht, ist zumindest teilweise bekannt: Die Opfer werden vertröstet, hingehalten, abgewiegelt (Mehr dazu).

Keine Auskünfte für Missbrauchsopfer

Beispielhaft dafür ist unter anderem der Umgang mit Alexander Probst. Er wurde 1971 als damals Elfjähriger bei den Regensburger Domspatzen geprügelt, gedemütigt und sexuell missbraucht. „Als ich damit 2010 an die Öffentlichkeit ging, rief irgendwann die Missbrauchsbeauftragte der Diözese Regensburg bei mir an“, erzählt Probst. Es habe mehrere Gespräche gegeben. „Aber als sie gemerkt hat, dass ich mich nicht vertrösten und hinhalten lassen, hat sie es aufgegeben, mich auszuhorchen.“

Wird von der katholischen Kirche hingehalten und erhält keine Auskünfte: der ehemalige Domspatz Alexander Probst. Foto: Archiv/as

Wird von der katholischen Kirche hingehalten und erhält keine Auskünfte: der ehemalige Domspatz Alexander Probst. Foto: Archiv/as

Später gab er seinen Fall im Rahmen einer kirchenrechtlichen Vernehmung in Regensburg zu Protokoll. „Mein Anwalt durfte nicht dabei sein und ich wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass ich bei falschen Aussagen belangt werden könnte.“ Was seitdem aus seinem Antrag auf Entschädigung und Unterlagen, die seinen Fall betreffen geworden ist, erfährt Probst weder von der Diözese Regensburg noch von der Deutschen Bischofskonferenz. „Entweder es wird gar nicht reagiert oder Auskünfte werden aus datenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt.“

Ein Täter taucht wieder auf

Probsts Peiniger Sturmius Wagner war Pfarrer im Bistum Eichstätt, als er an die Öffentlichkeit ging. Sowohl das Bistum in Eichstätt wie auch das in Regensburg verkündeten kurz darauf Wagners Absetzung. Nur ein Jahr später durfte sich Wagner wieder in vollem Priesterornat bei einer Prozession in Kaufbeuren der Öffentlichkeit präsentieren. Ein Erklärung dafür gab es weder für Probst, noch für Medien, die deshalb nachgefragt haben. Insofern ist es fraglich, ob Probsts Fall jemals in die Untersuchung von Christian Pfeiffer eingeflossen wäre, ob er im Rahmen des nun geplatzten Forschungsprojekts jemals Zugriff auf irgendwelche Unterlagen dazu bekommen hätte. Die Deutsche Bischofskonferenz hat am Mittwoch angekündigt, von Pfeiffer wegen seiner Zensurvorwürfe eine Unterlassungserklärung zu fordern. Notfalls werden man vor Gericht eine Einstweilige Verfügung erwirken.

„Kirche begeht strategischen Fehler“

Der Kriminologe selbst hat dagegen seine Vorwürfe bekräftigt und auf der Internetseite seines Instituts mit mehreren Unterlagen untermauert. Unter anderem geht daraus hervor, dass von der Kirche gefordert wurde, den Text der Untersuchung zu verändern, Veröffentlichungen gegebenenfalls zu untersagen und Mitarbeiter bei dem Projekt abzulehnen. Das Ganze sollte mit hohen Vertragsstrafen abgesichert werden. Gegenüber dem NDR hat Pfeiffer am Donnerstag erklärt, dass er einer juristischen Auseinandersetzung „mit Freuden“ entgegensehe. „Auch noch gerichtsamtlich bestätigt zu bekommen, dass die Kirche solche Wünsche an uns herangetragen hat, empfinde ich als eine große Erleichterung und wundere mich über die Kirche, dass sie solche strategischen Fehler begeht.“

Forschungsprojekt zu Missbrauch gescheitert

„Ein Vertrag mit der Kirche ist nichts wert“

Das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche ist gescheitert. Der von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragte Kriminologe erhebt schwere Vorwürfe. Offenbar wird dabei ein wesentliches Dilemma der Bischofskonferenz: Sie kann solche Forschungsaufträge nicht ernsthaft vergeben. Es steht jedem Bischof frei, sich zu verweigern. Und das Beispiel Regensburg macht deutlich: Hier wurde bislang nicht aufgeklärt, sondern Aufklärung verhindert. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und ohne Konsequenzen.

Gegen das Totschweigen

Domspatzen gründen Missbrauchs-Archiv

Die Mauer des Schweigens in der Diözese Regensburg will eine Gruppe ehemaliger Domspatzen nun durchbrechen. Vergangenes Wochenende trafen sie sich im Altmühltal und brachten ein Archiv auf den Weg, in dem sie möglichst viele Fälle sexuellen Missbrauchs dokumentieren und veröffentlichen wollen. Dem eben nach Rom beförderten Gerhard Ludwig Müller bescheinigen sie: „Er hat es nicht mehr verdient, als ‘Seelsorger’ bezeichnet zu werden.“

Bischof Ackermann schreibt an Bischof Müller

„Dinge, die nachdenklich stimmen“

Der Umgang des Bistums Regensburg mit Missbrauchsopfern wird zunehmend innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz ein Thema. Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann hat seinem Regensburger Amtskollegen nun einen Brief geschrieben. „Es gibt Dinge, die nachdenklich stimmen“, sagt er dazu gegenüber einer Trierer Zeitung.

Wie das Bistum Regensburg Missbrauchsopfer abfertigt

Demütigung in Serie

Die Bischofskonferenz tagt noch bis Donnerstag in Regensburg. Mit viel Pomp und frohen Botschaften. Unter dessen speist das Bistum Missbrauchsopfer per Serienbrief ab. regensburg-digital liegen mehrere wortgleiche Schreiben vor, in denen Betroffene zu Lügnern abgestempelt werden. Erschütternd ist der Fall eines 61jährigen, der zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten der Diözese seinen einstigen Peiniger getroffen hat. Der bat ihn um Verzeihung. Die Diözese kann die Schilderungen des Mannes dennoch „nicht nachvollziehen“. Die Bischofskonferenz äußert sich zum Verhalten der Regensburger Diözese nicht.

ARD-Reportage am Donnerstag

„Regensburger Zustände“/ UPDATE: Link zum Online-Video

Fünf Tage war ein Fernsehteam der ARD in Regensburg unterwegs. Gut ein Jahr, nachdem die katholische Kirche angekündigt hat, Konsequenzen aus den Missbrauchssfällen zu ziehen, wollte man konkret erfahren, wie Opfern geholfen wurde. Das Ergebnis der Recherchen ist kommenden Donnerstag im ARD-Morgenmagazin zu sehen.

Briefe aus der Wagenburg

Diözese an Missbrauchsopfer: Wir bedauern, aber Sie lügen!

UPDATE am 25.02.12: Mittlerweile liegen uns weitere Schreiben der Diözese an Missbrauchsopfer vor. Sie haben alle denselben Wortlaut. Wir haben mehrere Anfragen an die Diözese und die Deutsche Bischofskonferenz gestellt. UPDATE ENDE

„Perfides Nachtreten.“ So nennt die Therapeutin eines Opfers von sexueller Gewalt ein Schreiben der Diözese Regensburg. In wohlgesetzten Worten wird der heute 63jährige Mann darin zum Lügner abgestempelt. Wenn er die Gründe wissen wolle, könne er sich ja an den Anwalt des Bistums wenden, schreibt ihm Generalvikar Michael Fuchs. Wir veröffentlichen den Brief im Original.

Bischof Müller verharmlost Missbrauchsskandal

Der Uneinsichtige meldet sich wieder zu Wort

Hinter den Spekulationen darüber, ob der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller nun nach Rom „befördert“ wird oder nicht, geht es fast ein wenig unter: Müller hat sich – wieder einmal – zum Missbrauchsskandal geäußert. Seine Aussagen sind bemerkenswert. Bemerkenswert unverschämt.

In eigener Sache: Keine Revision zugelassen! Urteilsbegründung im Rechtsstreit mit Diözese Regensburg

Am 18. Oktober hat sich unsere Redaktion erfolgreich gegen einen Maulkorb der Diözese Regensburg verteidigt. Das Oberlandesgericht Hamburg gab unserer Berufungsklage in vollem Umfang recht und hob ein Unterlassungsurteil des Landgerichts Hamburg auf. Die Diözese Regensburg muss sämtliche Kosten des Rechtsstreits tragen. Seit letzter Woche liegt uns die schriftliche Begründung des Urteils vor.

„Ein System wie bei der Stasi“

Am kommenden Freitag ist der Theologe und Bestseller-Autor David Berger zu Gast in Regensburg. Mit seinem Buch „Der heilige Schein. Als schwuler Theologe in der katholischen Kirche“ beendete er seine Karriere innerhalb der katholischen Kirche und brachte (nicht nur) Hardliner auf die Palme. Der Umgang mit Homosexualität begünstigt die Vertuschung von sexuellem Missbrauch bei der katholischen Kirche, sagt Berger im Interview.

In eigener Sache: Kirchlicher Maulkorb aufgehoben!

Im Rechtsstreit mit der Diözese Regensburg hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg der Berufung unserer Redaktion heute in vollem Umfang stattgegeben (Az 7U 38/11). Damit dürfen wir nach eineinhalb Jahren Maulkorb wieder die Meinung vertreten, dass die Diözese Regensburg durch ihr Verhalten bei einem Missbrauchsfall in Viechtach 1999 wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Verbrechen eines Priesters nicht öffentlich wurden und er so später erneut einen Ministranten sexuell missbrauchen konnte.

In eigener Sache: Berufung im Rechtsstreit mit Diözese am 18. Oktober

Im Rechtsstreit zwischen der Diözese Regensburg und regensburg-digital findet am 18. Oktober, 12.15 Uhr, die Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Hamburg statt (Sitzungssaal 210, Justizgebäude I, Sievekingplatz 2). Die Diözese hat unsere Redaktion im vergangenen Jahr wegen eines Kommentars zu ihrem Umgang mit Opfern von sexuellem Missbrauch verklagt. Konkret geht es um den “Fall Riekofen”. Das Landgericht Hamburg hat dieser Klage am 11. März 2011 stattgegeben. Wir haben dagegen Berufung eingelegt. Am kommenden Dienstag findet nun die mündliche Verhandlung statt.

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