Polizeiwache am Minoritenweg: Statt Hilfe nach einem sexuellen Übergriff gab es hier ein entwürdigendes Verhör.
„Ich hab ausnahmsweise echt einen Schock gehabt.“ Susanne Auer (Name von der Redaktion geändert) ist eine Frau mit Humor. Eine, die so leicht nichts umhauen kann. Aber bei dem, was der alleinerziehenden Mutter vergangene Woche passiert ist, ist ihr erst einmal das Lachen vergangen. Und zwar gründlich. Außerdem muss sich die Disziplinarabteilung des Oberpfälzer Polizeipräsidiums mit der Sache beschäftigen.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag, gegen 5.30 Uhr, war Susanne Auer nach der Arbeit auf dem Weg nachhause. In der Nähe des Regensburger Stadtparks an der Prüfeninger Straße wartete sie auf den Bus, als plötzlich ein (abgesehen von weißen Tennissocken) nackter Mann aus dem Gebüsch sprang und unter Stöhnen zu onanieren begann.
„Bitte bewahren Sie Ruhe!“
„Ich hab schnell die Straßenseite gewechselt und bin zur nächsten Bushaltestelle gerannt“, erzählt sie. „Es war noch stockfinster und ich hab ja nicht gewusst, ob der versucht, mich ins Gebüsch zu zerren.“ Zwei Versuche, übers Handy die Polizei zu erreichen endeten in der Warteschleife („Bitte bewahren Sie Ruhe!“). Dem Fahrer des wenig später eintreffenden Busses gelang es schließlich, die Polizei über Funk zu verständigen. Als Susanne Auer bei ihrer Wohnung im Stadtwesten ankam, wartete dort schon eine Streife vor der Haustür und begrüßte sie mit den Worten: „Jetzt blasen Sie erst einmal.“
„Das war in dem Zusammenhang schon ein wenig unpassend“, meint die Arzthelferin heute. Und es ging ganz in diesem Stil weiter.
Kein Alkoholtest? Dann auf zum Verhör!
In der Dienstaufsichtsbeschwerde, die Susanne Auer über ihren Rechtsanwalt Nils Pütz mittlerweile gegen einen der beiden Beamten gestellt hat, heißt es: „Nachdem unsere Mandantin nicht ‘blasen’ wollte, wurde sie trotz der Uhrzeit und der Mitteilung, dass diese bereits seit fast 24 Stunden auf den Beinen war und ins Bett möchte, ins Polizeifahrzeug verbracht und musste gemeinsam mit den Polizeibeamten den Stadtpark abfahren und mit auf das Polizeipräsidium.“
Von dem Nackten im Stadtpark fehlte – wenig überraschend – jede Spur. Vermutlich war es zu kalt, um dort ein halbe Stunde lang auf die Polizei zu warten…
„Der Nackte spielte keine Rolle mehr“
Dafür nahmen sich die Beamten anschließend jede Menge Zeit, um Susanne Auer auf der Wache zu verhören. „Um den Nackten ging es irgendwann gar nicht mehr, sondern darum, wann ich zu arbeiten angefangen habe, wann ich aufgehört oder ob ich etwas getrunken habe.“ Der Ton sei durchweg unfreundlich gewesen. Als sie – es war mittlerweile hell geworden – ihre beiden Kinder anrufen wollte – „war diese Bitte fast schon ein Drama“. Unter Murren der Beamten durfte Auer schließlich telefonieren.
Nach einer guten Stunde war das Verhör beendet. Auf die Frage, wie sie denn nun nachhause kommen sollte – von der Altstadt zu ihrer mehrere Kilometer entfernten Wohnung im Stadtwesten – erhielt Susanne Auer zur Antwort: „Das ist doch mir egal.“
Die Namen der beiden Beamten erfuhr sie erst, nachdem sie anschließend noch eine Viertelstunde gewartet und das schließlich lautstark gefordert hatte. Ein Bekannter brachte sie letztendlich nachhause.
Was muss ein Polizist können?
Wenig später brach sie weinend zusammen. Ein paar Tage habe es schon gedauert, bis sie wieder sie selbst gewesen sei, sagt Susanne Auer heute. „Es wäre ja schon schön gewesen, wenn die Herren wenigstens einmal gefragt hätte, wie es mir geht. Vielleicht mal: ‘Jetzt setzen Sie sich erst einmal hin.’ ‘Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal.’ So etwas muss ein Polizist doch können, oder?“
Offenbar nicht.
Einer Frau, die massiv sexuell belästigt wurde, wird zunächst unterstellt, betrunken zu sein. Weil sie nicht „blasen“ will, wird sie wird zum Verhör mitgenommen. Eine knappe Stunde wird sie von zwei Männern – eine Beamtin war offensichtlich nicht verfügbar – befragt und anschließend einfach nachhause geschickt. Kontakte zu Beratungsstellen bekam Auer ebenfalls nicht.
„Kann jede verstehen, die nicht zur Polizei geht“
Fehlt es am Einfühlungsvermögen, an der (persönlichen) Kompetenz der Beamten oder an der Ausbildung?
Von der zuständigen Polizieiinspektion Regensburg Süd war „aufgrund des laufenden Verfahrens“ zunächst keine Stellungnahme zu dem Vorfall und der Dienstaufsichtsbeschwerde zu erhalten. Susanne Auer sagt: „Ich kann jede Frau verstehen, die nicht zur Polizei geht, wenn ihr so etwas passiert ist. Ich stell mir immer vor, was wäre, wenn das meine Tochter gewesen wäre. Die hält das nicht so gut aus wie ich.“
P.S.: Laut Auskunft eines Pressesprechers glaubt die Polizei, den Täter ermittelt zu haben. Im Polizeibericht vom 25. November wurde der Vorfall nicht erwähnt.
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