Entdecke Veranstaltungen in Regensburg Alle Kultur Oekologie Soziales Kino
Geschädigter beschreibt Mollath als wahnhaft

Zeuge: „Mollath wollte wie Hitler sein“

Zeugen, die Gustl Mollath als wunderlich oder bedrohlich beschreiben, gibt es zu Genüge. Dass er früher wie Adolf Hitler aussehen habe wollen, ist hingegen neu. Die erste Hälfte des 8. Prozesstages. (Alle Prozessberichte gibt es hier.)

Von David Liese

mollath8_1

Beschreibt Mollath als wahnhafte Hitler-Epigone: Der Zeuge Joachim Z. Fotos: ld

WERBUNG

Joachim Z. ist ein gemütlicher Bursche, und einer, dem das Herz auf der Zunge liegt. In breitem Fränkisch berichtet er im Zeugenstand von seinen Begegnungen mit Gustl Mollath, der ihm 2005 mehr als 50 Autoreifen zerstochen haben soll. Dabei zeichnet er ein Psychogramm, das Mollath als wahnhaften Verschwörungstheoretiker und passionierte Hitler-Epigone erscheinen lässt.

Z. war damals Gebrauchtwagenhändler in der Nürnberger Südstadt. Mit Martin M., dem neuen Ehemann von Gustl Mollaths Ex-Frau, sei er gut befreundet gewesen. Deshalb habe er ihm eines Tages auch einen Transporter mit rotem Kennzeichen und einen Mitarbeiter als Fahrer geliehen. M.s neue Lebensgefährtin habe noch etwas in der Wohnung ihres Ex – also Mollath – abholen wollen.

„Er sagte, er sei auf der Flucht“

Einige Zeit später sei Mollath dann bei Joachim Z.s KFZ-Handel erschienen. Er habe ihm gedroht, ihn wegen des Missbrauchs der roten Nummer anzuzeigen. Z. habe dem keine weitere Bedeutung zugemessen – stattdessen habe er Mollath „ein Bier angeboten“. Wie sich herausgestellt habe, kannten die beiden sich aus Kinderzeiten.

Ein paar Monate später sei Mollath noch einmal bei ihm aufgekreuzt, diesmal mit 20.000 Euro, für die er „einen Geländewagen kaufen“ wollte. „Er sagte, er sei auf der Flucht“, erinnert sich Joachim Z. Anschließend habe Mollath ihm einen angespitzten Schraubenzieher gezeigt, mit dem Kommentar, „er könne sich jetzt auch gegen die wehren.“ Er selbst habe sich nicht von Mollath bedroht gefühlt, sagt Z. dem Gericht. „Das war eher kumpelhaft.“

Ein Weltbild „irgendwo zwischen Neonazi und Palästinenser“

Weil er es als Autohändler wunderliche Kunden gewöhnt sei, habe er sein Gegenüber „sein Herz ausschütten lassen“. Mollath habe sich „gegen Amerikaner, gegen Juden und gegen Banken“ geäußert. Sein Weltbild sei „irgendwo zwischen Neonazi und Palästinenser“ einzuordnen gewesen. Auch äußerlich habe sich das niedergeschlagen: „Damals hat er verzweifelt versucht, wie Adolf Hitler zu sein.“ Seine Haare und den Bart hätte er genauso getragen.

Die „jüdisch-amerikanische Weltverschwörung“ habe er „argumentativ ganz gut darlegen“ können – ein Dummer sei Mollath freilich nicht. Weiter habe er Joachim Z. berichtet, dem „Fernsehsatiriker“ Harald Schmidt immer Briefe zu schreiben, die Schmidt ihm dann „durch den Fernseher“ beantworte. Von den zu dieser Zeit stattfindenden Schülerprotesten in Nürnberg sei Mollath nach eigener Behauptung „Hauptdrahtzieher“ gewesen.

Spuren wurden nicht gesichert

Anfang 2005 wurden Joachim Z. auf dem Grundstück seines Autohandels dann 56 Reifen zerstochen – teils auf Fahrzeugen aufgezogene, teils gestapelte. Den Zusammenhang zu Gustl Mollath habe er selbst zunächst gar nicht hergestellt. „Die Polizei hat sich dafür auch nicht wirklich interessiert“, erinnert sich der Zeuge. Stiefelabdrücke im Schnee, die wohl vom Täter stammen mussten, seien nicht gesichert worden.

Erst einige Wochen später habe er wieder mal mit seinem Freund Martin M. telefoniert. Dabei habe sich herausgestellt, dass Joachim Z. nicht der einzige war, der über zerstochene Reifen klagen musste. Danach sei die Polizei plötzlich interessierter gewesen.

Dass der Schraubenzieher, den Mollath ihm gezeigt hatte, die Tatwaffe war, hält Z. für unwahrscheinlich. Die verstärkten Transporterreifen seiner Fahrzeuge habe man mit „dieser Art von Schraubenzieher“ wohl nicht punktieren können. Dennoch sei er heute davon überzeugt, dass Mollath der Täter war.

mollath8_2

Mollath fragte den Zeugen gerade heraus, ob er ein Alkoholproblem habe.

Mollath: „Haben Sie ein Alkoholproblem?“

Als ihm von Richterin Elke Escher das Wort erteilt wird, wendet sich Gustl Mollath selbst an den Zeugen. Dabei ist er betont förmlich, spricht mit regungsloser Miene und in manchmal hölzern wirkenden Formulierungen. Es ist der Mollath, den man auch an den vergangenen Prozesstagen des Wiederaufnahmeverfahrens erleben konnte, wenn er Zeugen beinahe in Beamtenmanier mit Nachfragen überzog. Mal geht es ihm um den Schwarzgeldkomplex der HVB, mal um Details aus geschilderten Begegnungen.

So auch bei Joachim Z. Mollath will Einzelheiten hören, etwa, wie der Schraubenzieher ausgesehen habe, den er Z. gezeigt habe, und auf welchem Motorrad genau er zu ihm gekommen sei („Welche Modellbezeichnung?“). Später wird der Angeklagte persönlich – auch das ist im Prozess nichts Neues. Er sei erschüttert, den Zeugen in diesem Zustand zu sehen. Warum Joachim Z. mit 59 schon in Pension sei und ob es dafür vielleicht gesundheitliche Gründe gäbe? Als Richterin Escher einhakt, präzisiert Mollath seine Frage: „Haben Sie ein Alkoholproblem?“

Oberstaatsanwalt Wolfhard Meindl geht dazwischen. Er verbitte sich die Frage. „Herr Mollath hat während der Vernehmung mit dem Publikum kommuniziert.“ Dabei habe er eine Geste gemacht, die man „entweder so deuten könnte, dass Herr Mollath Durst hat, oder dass der Zeuge betrunken ist.“ Elke Escher nimmt das zur Kenntnis.

Gutachter interessiert sich für Mollaths Gesprächsverhalten

Dass Mollath den Zeugen siezt, während dieser wie selbstverständlich das „Du“ verwendet, fällt dem psychiatrischen Gutachter Prof. Nedopil auf. „Er siezt mich, seit wir vor Gericht miteinander zu tun haben“, erklärt Z. auf Nachfrage. Nedopil versucht, weiter zu forschen, will Einzelheiten zu den Gesprächssituationen mit Mollath erfahren. Joachim Z. muss passen, verweist auf die lange Zeit, die inzwischen vergangen sei.

Dass Nedopil offensichtlich Interesse am Gesprächsverhalten seines Mandanten hat, gefällt Verteidiger Gerhard Strate nicht. Auch er pflege es, Personen, die er privat kenne, im Gerichtssaal zu siezen. Das sei also „das gute Recht“ seines Mandanten.

Nedopil nimmt das zur Kenntnis.

Print Friendly, PDF & Email

SUPPORT

Ist dir unabhängiger Journalismus etwas wert?

Dann unterstütze unsere Arbeit!
Einmalig oder mit einer regelmäßigen Spende!

Per PayPal:
Per Überweisung oder Dauerauftrag:

 

Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V.
IBAN: DE14 7509 0000 0000 0633 63
BIC: GENODEF1R01

Kommentare (7)

  • Nico

    |

    ..hätte mich nur gewundert , wenn der Zeuge Martin M. nicht gekannt hätte……

  • Joachim Bode

    |

    “… wollte wie Adolf Hitler sein” – der friedensbewegte Mollath!

    Und: “… irgendwo zwischen Neonazi und Palästinenser …” – so viel Dummheit muss weh tun!

    Ja, die Vorarbeit der M.s trägt noch heute Früchte.

    Nicht weiter erstaunlich wäre es, wenn die Nebenklägerin Petra M. das Attest selber geschrieben hätte (ihre eigene aus dem Attest ersichtliche typische Rechtschreibeschwäche dürfte den Arzt höchstwahrscheinlich nicht angesteckt haben…), zumal sie über die befreundete Sprechstundenhilfe ohne weiteres Zugang hatte. Der Arzt muss sich selber schützen, indem er seine Unterschrift unter dem Attest bestätigt.

    Und kein Wunder ist es, dass die von Martin M. der Polizei auf dem Tablett servierten Reifenstechereien letztendlich nicht einen Täter Mollath ergeben haben – Martin M. weiß sicherlich ganz genau, wie die Schäden wann und wo zustande gekommen sind.

    Mollath hatte nicht ganz Unrecht, als er damals schrieb: “Diese Frau geht über Leichen”.

  • Bille

    |

    Schade, dass nicht auch über die Verlesung der Akten von P.M. berichtet wird.
    Aus einem Schreiben an ihre Anwältin, Mollath hat damit gedroht, dass sie bald alles in der Presse nachlesen könne:

    “Frau W. ich brauche Ihre Unterstützung. Wie können wir sicherstellen, dass er in einer Klinik untergebracht wird?”

  • Andreas

    |

    Herr Mollath scheint wohl damals wirklich keine Gelegenheit ausgelassen zu haben um sich als psychisch krank und aggressiv zu präsentieren.

    Bei aller Schlamperei von Justiz (Brixner) und Psychiatrie wundert es mich nicht, dass man ihn nicht für voll genommen und sogar für gefährlich gehalten hat.

    Dass sich seine damalige Frau offensichtlich zu nutze gemacht hat, ist zwar abgefeimt, aber ohne Foul gibt’ s auch keinen Elfmeter.

  • aber hallo

    |

    Kommentar gelöscht. Unterlassen Sie Beleidigungen.

  • Nico

    |

    @ Andreas ..um sich als psychisch krank und aggressiv zu präsentieren…???? ..vielleicht dafür , dass er den Reifenhändler danach fragte, ob er Alkoholprobleme hat……50 Reifen soll er gestochen haben , nach einem Zeitraum von 2 Jahren ????? keine Fotos , keine Versicherungs-Schadens-Nr…….kann Ihrer Logik nicht folgen , sorry…….

Kommentare sind deaktiviert

drin