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Rüge gegen Freistaat

Prozess um Zahnarzt-Pfusch jahrelang verzögert

Hat eine Zahnärztin das Leben einer Frau verpfuscht? Das müsste ein Gericht klären. Doch dort lässt man sich Zeit. Das Verfahren verzögert sich bereits seit fast fünf Jahren. So lange kann die schwerkranke Frau auch nicht vernünftig behandelt werden. Jetzt läuft eine Rüge.

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Es ist eine tragische Geschichte, über die wir Ende Juni berichtet haben. Seit Martina Sperber vor fast 20 Jahren ein Zahn gezogen wurde, leidet sie unter Schmerzen. Während ihr zeitweise bescheinigt wurde, sich das alles nur einzubilden und psychisch krank zu sein, verlor sie elf Zähne. Erst 2012 entdeckte ein Zahnmediziner am Regensburger Universitätsklinikum: Sperber hatte ein Loch in der Kieferhöhle. Die Schäden an Kiefer und Zähnen ließen auf einen „langandauernden chronischen Prozess schließen“, schreibt der behandelnde Arzt. Heute leidet Sperber an mehreren chronischen Krankheiten – Knocheneiterung, Kieferhöhlenentzündung, ein geschädigtes Lympfsystem. Teile des Kieferknochens sind regelrecht von Entzündungen zerfressen. Sie wird nie wieder ganz gesund werden (unser Bericht vom 23. Juni).

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Rüge gegen den Freistaat Bayern

Doch wer trägt dafür die Verantwortung? Welcher der Zahnärztinnen und Zahnärzte, die Sperber in all den Jahren seitdem aufgesucht und über Schmerzen geklagt hat?

Bereits 2010 hat Sperber Klage beim Landgericht Regensburg eingereicht, um das zu klären. Aber: „Seit nunmehr vier Jahren ist es in dem Verfahren nicht gelungen, Beweis über die streitgegenständlichen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen zu erheben“, schreibt Sperbers Rechtsanwältin Alexandra Glufke-Böhm. Vergangene Woche hat Glufke-Böhm deshalb eine Verfahrensrüge gegen den Freistaat Bayern eingereicht. Das Verfahren möge unverzüglich gefördert und die lange Dauer gerügt werden, heißt es darin.

Das schlimmste an den ganzen Verzögerungen beschreibt Glufke-Böhm so: Bevor das Beweisverfahren nicht abgeschlossen ist, darf der „Status Quo“ von Sperbers Zähnen und Kieferhöhle nicht verändert werden. Ansonsten wären ihre Schadenersatzansprüche gefährdet. Damit sei es auch nicht möglich, die „längst erforderliche zahnärztliche Behandlung lassen zu können (und) weitere Gesundheitsschäden von sich abzuwenden“. Aufgrund der langen Verfahrensdauer seien denn auch „weitere Gesundheitsschäden zu befürchten“.

Zanhärzte verweigerten Unterlagen, ein Gutachter ist überlastet

Woran es genau liegt, dass das Verfahren sich so lange verzögert, ist bislang nicht genau aufzuklären. Fest steht: Die von Sperber verklagte Zahnärztin weigerte sich fast zwei Jahre, die Patientenakten herauszugeben. Dasselbe galt für mindestens einen weiteren Zahnarzt, bei dem Sperber in Behandlung war. Ebenfalls fragwürdig: Das Gericht beauftragte den medizinischen sachverständigen zunächst, ein Gutachten ohne diese Unterlagen zu erstellen. Entsprechend musste ein Ergänzungsgutachten in Auftrag gegeben werden, bei dem wieder Unterlagen fehlten. Und wann das mittlerweile in Auftrag gegebene zweite Ergänzungsgutachten fertig sein wird, steht in den Sternen. Der Sachverständige bejammert in diversen Schreiben private Probleme und generelle Arbeitsüberlastung.

Wie lange es dauert, bis über die nun eingereichte Verzögerungsrüge entschieden wird, ist unklar. Eine solche Rüge sei allerdings „zwingende Voraussetzung für die anschließende Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen überlanger Verfahrensdauer“, so Glufke-Böhm.

Martina Sperber muss derzeit wieder Antibiotika nehmen. Die chronischen Entzündungen verursachen mal wieder schlimmes Fieber und starke Schmerzen.

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Kommentare (5)

  • Katharina

    |

    Es handelt sich hierbei um Juristen und Mediziner, die ihre Arbeit nicht gut gemacht haben – das kostet ein Menschenleben! Aber diese Berufsstände sind unantastbar! Und ebenso unglaublich ist die Forderung den “Status Quo” zu erhalten…geht´s noch schlimmer?
    Ich wünsche Frau Sperre viel Kraft, DAS durchzuhalten!

  • Wolfgang

    |

    Bei mir wurde auch in Patientenkarteien reingefälscht, ich befände mich in Psychotherapie und davor gewarnt: ich müsse zum Neurologen. Sowas ist üblich.
    Eine Zahnklinik ließ meiner Patientenakte Prothetik verschwinden. Der MDK-Zahngutachter hat gelogen.

    Alles Gute für Frau Sperber
    zahnkaufmann.de

  • Jens

    |

    Muss RegDig alle Richter- und Arztnamen verheimlichen? Haben die Richter jederzeit kürzestmögliche Fristsetzungen und härteste Zwangsmittel gegen die Mediziner ausgeschöpft, um die Klägerin vor weiterer Gesundheutsschädigung durch Verzögerungen zu schützen? Wie lauteten die jeweiligen gerichtlichen Begründungen, falls nicht ausgeschöpft wurde? Kann RegDig genauer aus Prozessakten zitieren?

    Besonders zu: “Fest steht: Die von Sperber verklagte Zahnärztin weigerte sich fast zwei Jahre, die Patientenakten herauszugeben. Dasselbe galt für mindestens einen weiteren Zahnarzt, bei dem Sperber in Behandlung war.”

    Der ehemals gute Ruf des LG ist zwar beschädigt, aber noch längst nicht ruiniert. Hat das LG inzwischen zum Antrag auf Verzögerungsrüge gegenüber der Presse Stellung genommen oder einen Termin dafür genannt?

  • Irmgard Awe

    |

    Eine Zahnärztin sollte eine Teilprothese unterfüttern und 4 Zähne oben wieder etwas bissfähiger machen lassen. Der Termin der Abholung des Stückes war da, die Teilprothese passte nicht in den Mund. Zu hoch, zu breit, riesengrosse Zähne usw. Total entgeistert sagte ich zu der Zahnärztin: “Da passt nichts”. Ihre Antwort “Das habe ich gerne, gleich “angemotzt” zu werden und erklärte mir, dass ausschliesslich ich Schuld hätte, alles wäre richtig gemacht. Da die Prothese nicht einmal in den Mund ging, bestand ich auf Abschleifen an mehreren Ecken. Am nächsten Tag stellte ich mich wieder vor. Ich biss mir auf die Lippen, konnte nicht richtig schlucken, überall war etwas im Weg. “Ich bin ganz unglücklich”, sagte ich weder aggressiv noch anklagend. Die Antwort der Zahnärztin: “Ja, ja, das hatten wir gestern schon”. Widerwillig und voller Wut wollte sie einen Zahn abschleifen und rief laut nach der Assistentin. “Machen Sie das”. Wieso wird man so behandelt??? Totaler Pfusch und dann noch derartig aggressiv werden seitens der Zahnärztin. Was soll man bloss machen. Immer wieder hin und sich anmachen lassen ?

  • Roswitha Adam

    |

    Eiter und Bakterien haben meinen Körper auch durch Zahnarztpfusch zerstört eitrige Sinusitis und Infektion im Kiefer durch eine vorsätzliche Straftat überkronung bei Schmerzen am Zahn aus Geldgier ,bei Expl.Zahn stand nicht mehr im Knochen ,hätte Chiruglich behandelt und das Loch hätte genäht werden müssen,das unterliess meine Zahnärztin ,so konnte sich über Jahre Abszess ausbreiten und weitere Zähne verloren .
    Dann noch Misshandlungen von Weiterbehandlern:
    Operieren Therapieren bis zum Tod unserer Kriminelles Gesundheitssystem.

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