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Krieg in der Ukraine

Aufruf zum Sturz von „Möchtegern-Zar“ Putin

Ein Zeichen der Solidarität mit der Ukraine, vor allem aber mit der russischen Friedensbewegung, wollten am Sonntag rund 100 Menschen auf dem Haidplatz in Regensburg setzen.

Zum ersten Mal in ihrem Leben habe sie eine Kundgebung organisiert, so Katja Ladynskaya. Die russische Regisseurin verurteilt das Vorgehen Putins und hofft auf den Widerstand der Bevölkerung. Foto: Bothner

„Hörst du das, Verbrecher Putin?“ Katja Ladynskaya hatte bereits am Dienstagabend auf der Mahnwache des Vereins Seebrücke zu über 600 Menschen am Donaumarkt gesprochen. Am Sonntag hat die in Regensburg lebende russische Theaterregisseurin selbst eine Kundgebung angemeldet. „Heute wird es laut für dich werden“, sagt Ladynskaya an Putin gerichtet. Die etwas mehr als 100 Regensburgerinnen und Regensburger auf dem Haidplatz dürfte der russische Präsident kaum fürchten. Ladynskaya geht es ohnehin vielmehr um die wachsende Antikriegsbewegung in ihrem Heimatland. Und mit dieser will man sich an diesem Tag in Regensburg solidarisieren.

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Solidaität mit der russischen Antkriegsbewegung

Für 14 Uhr Moskauer Zeit wurden in zahlreichen russischen Städten Proteste angekündigt. Auch das Team des inhaftierten Oppositionellen Nawalny hatte über Soziale Medien in Moskau und Sankt Petersburg die Menschen aufgerufen, auf die Straße zu gehen. Seit Tagen ruft auch der russische Friedensaktivist Lev Ponoramev seine Mitbürger zum Widerstand gegen den Krieg und die Regierung auf. Trotz der verschärften Repressionslage. Zeitgleich zu den russischen Demonstrationen beginnt in Regensburg – 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit – die Kundgebung. „Wir, die russische Antikriegsbewegung, verurteilen diesen Krieg zutiefst“, sagt Ladynskaya.

„Wir verlangen, dass dieser Krieg sofort aufhört und dass die russischen Truppen sofort die Ukraine verlassen. Wir verlangen, dass kein einziger Mensch an der Flucht gehindert wird. Wir stellen uns gegen die Diskriminierung aller Menschen. Wir solidarisieren uns mit den Menschen in der Ukraine und der russischen Antikriegsbewegung.“

Zuletzt hatte die russische Regierung die Meinungs- und Pressefreiheit noch einmal massiv eingeschränkt. Wer gemäß Regierungssicht Fakenews über den Krieg verbreitet oder das Militär verunglimpft, dem drohen seit Ende letzter Woche bis zu 15 Jahre Haft. Damit reagiert Moskau auf die zunehmende Kritik an dem Angriff auf die Ukraine. Medien in Russland ist es verboten, in der Berichterstattung über den Überfall auf die Ukraine – Russland spricht von einer „Sonderoperation“ – Begriffe wie „Angriff“, „Invasion“, „Krieg“ und „Kriegserklärung“ zu verwenden.

Antikriegsdemos in Russland: Über 13.000 Menschen laut NGO festgenommen

Konkret sind das Verbreiten vermeintlicher Falschinformationen über russische Soldaten, das Diskreditieren russischer Streitkräfte und der Aufruf zu Sanktionen gegen Russland verboten. Dennoch sollen am Sonntag wieder zehntausende Menschen in russischen Städten auf der Straße gewesen sein. Die russische Menschenrechtsorganisation OVD-Info spricht am Abend von mehr als 4.400 Festnahmen, 2.000 allein in der Hauptstadt Moskau, 1.150 weitere in Sankt Petersburg. Demonstrationen soll es in mehr als 60 Städten gegeben haben. Seit Beginn des Krieges wurden damit laut OVD-Info rund 13.000 Personen bei Antikriegsprotesten festgenommen.

Auf dem Haidplatz ist Sonntagmittag noch nicht bekannt, wie groß die Demonstrationen einige tausend Kilometer entfernt sind. Laut Johannes Rückerl vom Verein Seebrücke sei aber klar: „Die Russinnen wollen diesen Krieg nicht.“ Wenn die nun zu zehntausenden auf die Straße gingen, habe das – anders als die Proteste in Deutschland und Europa – tatsächlich Wirkung auf Putin. „Dieser Krieg kann nur aus Russland beendet werden.“ Gleichzeitig gehe es nun darum, gemeinsam überall für eine Zukunft auf die Straße zu gehen, „in der alle Menschen in Sicherheit leben können“. Ohne Angst vor Raketenangriffen und Scharfschützen, ohne Flucht und Vertreibung.

„Am schnellsten wachsenden Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“

Viel Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges besteht nicht. Alisa Schiller, selbst aus der Ukraine vor einigen Jahren nach Deutschland gezogen, fürchtet Tag für Tag um ihre Angehörigen. Sie telefoniere permanent mit ihren Eltern, berichtet sie. Für sie bestehe der Krieg nicht aus irgendwelchen Statistiken, sondern aus ganz persönlichen Geschichten, „um meine schwangere Freundin“, die 81-jährige Oma oder eine Bekannte, deren Haus komplett zerstört wurde.

Auch zehn Tage nach Kriegsbeginn sei die Situation vor Ort weit von einem friedvollen miteinander entfernt. Selbst die vereinbarte Waffenruhe in Mariupol im Südosten der Ukraine werde von russischer Seite nicht eingehalten, so Schiller. „Leider hält Russland die Versprechen nicht.“ Die NATO könne sich nicht direkt einmischen und dem ukrainischen Roten Kreuz fehle das Mandat, humanitäre Korridore zu organisieren.

Angesicht der täglich steigenden Flüchtlingszahlen sprechen die Vereinten Nationen mittlerweile von der „am schnellsten wachsenden Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg“. Rund 1,5 Millionen Menschen sollen bereits das Land, vor allem nach Polen, verlassen haben. Weitere sollen folgen.

Wohnungsbörse für Flüchtlinge in Regensburg

Ein, wenn auch nur kleiner, Hoffnungsschimmer ist da die Hilfsbereitschaft, auch aus Regensburg. Innerhalb einer Woche hat Space-Eye laut einer Pressemeldung 230 Kubikmeter Hilfsgüter (Hygieneartikel, Konserven, medizinische Mittel, Kerzen, Taschenlampen, Powerbanks etc.) gesammelt. Über die Hälfte befindet sich bereits auf dem Weg an die ukrainische Grenze. Außerdem konnte Space-Eye bisher rund 500 Menschen aus dem Grenzgebiet nach Regensburg, Berlin und Aichach bringen. Über eine Wohnungsbörse stellen hunderte Menschen in der Domstadt derzeit Unterkünfte zur Verfügung (mehr Informationen dazu gibt es hier). Insbesondere Menschen mit Haustieren haben es hier schwer – sie bekommen im Ankerzentrum keinen Platz.

„Wir kämpfen für ein gemeinsames Ziel“, sagt Ladynskaya. „Dass dieser schreckliche Krieg in der Ukraine schnellstmöglich aufhört.“ Für sie steht fest. Putin, der „Möchtegern-Zar“, müsse gestürzt werden. „Und das kann nur das russische Volk machen.“

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Kommentare (10)

  • Mr. T.

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    Es ist sicher richtig, dass dieser Krieg nur durch das rusische Volk beendet werden kann. Aber wie kann man die Menschen dort dabei unterstützen? Anscheinend glaubt doch auch ein großer Teil der Bevölkerung Putins Lügen und steht fest hinter ihm.

  • joey

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    Macron hat soeben gefordert, daß internationale Organisationen Zugang zu den Städten bekommen müssen, um die Menschen medizinisch zu versorgen und zu evakuieren. Selbstverständlich ist ein Waffenstillstand Voraussetzung. Soweit richtig, aber Theorie.

    Wenn es richtig ist, was meine Verwandten berichten, sind radikale ukr. Nationalisten ebenso nicht an einem Waffenstillstand interessiert. Wenn sich die Russen zurückziehen würden, würden die Nationalisten nachrücken und Gelände gewinnen wollen. Die Zivilisten als Schutzschild sind das einzige, was die ukr. Verteidiger in Mariupol vor der militärischen Vernichtung bewahrt. Es kann aber sein, daß hier Kriegsverbrechen an der eigenen Bevölkerung angedroht oder verübt werden.

    Russische Friedensaktivisten werden den Krieg nicht beenden. Ihr Mut ist Ehre, aber nur eine aussichtslose militärische oder wirtschaftliche Situation für Rußland wird den Krieg beenden, Moral interessiert Putin sichtlich nicht. Für militärische Probleme gibt es jetzt ja auch Anzeichen: die Division im Westen Kiews, die seit einer Woche am Straßenrand steht und “auf Bomben wartet”. Ein Haufen MiG 29 (aus Polen geschenkt) könnte das bewirken, schon allein die Drohung damit kann hoffentlich den Rückzug erzwingen. Das ist, was Selenski fordert und was die Nato sich (noch) nicht traut.
    Wie schön wäre ein ukrainischer Sieg ohne weiteres Blutvergießen. Schon die aktuelle Situation ist eine Art Wunder… das schaut gut aus.

  • R.G.

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    @Günther Herzig
    Das hat Anonymus laut Berichten getan, es unterbrach Russsische Seiten und zeigte , was in der Ukraine los sei.

  • joey

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    @Günther Herzig
    schöne Idee, die aber bald in Zensur und Verhaftung enden würde.

    Putin ist es sicher nicht alleine. Er hat wohl auch nicht vorgehabt, die Ukraine so zu zerstören, da war ein Blitzüberfall wie auf der Krim gedacht – und jemand hat ihn ins Messer laufen lassen. Oder der FSB ist auf einmal volldoof, aber das wäre nun wirklich eine spätrussische Dekadenz.

  • Gscheidhaferl

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    @joey
    Interessante These, dass da vielleicht jemand Putin vorsätzlich in falscher Siegesgewissheit beließ. Ich füchte nur, dass es ganz banal einfach ein Fall von Selbstüberschätzung des kompletten Aparats war. Oder auf mittlerer Führungsebene der übliche fehlender Mut, die Vorgesetzten darauf hinzuweisen, dass die eigene Soldateska gar nicht so schlagkräftig ist, wie höherenorts gedacht wurde. So oder so, den Preis zahlt jetzt in erster Linie die ukrainische Bevölkerung. Ob Putin tatsächlich mal für sein verbrecherisches Vorgehen zur Rechenschaft gezoge werden wird, ist leider alles andere als sicher. Allein schon wegen der Angst, die Menschen wegen seinen Entscheidungen nun im Krieg um die ihnen Nahestehenden haben müssen, hätte er es jedenfalls verdient bis weit über das Ende seiner Tage hinaus gestraft zu werden.

  • R.G.

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    Da wahrscheinlich dem Präsidenten Putin die Wahrheit von seinem Umfeld nicht mehr ganz gesagt wird, ist es umso wichtiger, dass die Medien berichten. Denn so wird er erreicht.
    Die Gefahr eines großen tragischen Atomunfalls sei gestiegen, Russland und Europa würden davon stark betroffen:
    https://zackzack.at/2022/03/09/ukrainische-atomfirma-warnt-vor-radioaktivitaetsaustritt-aus-tschernobyl-stromanschluss-gekappt
    Ukrainische Atomfirma warnt vor Radioaktivitätsaustritt aus Tschernobyl
    Stromanschluss gekappt

    https://zackzack.at/2022/03/04/tschernobyl-ingenieure-seit-einer-woche-in-geiselhaft
    Tschernobyl-Ingenieure seit einer Woche in Geiselhaft

  • Paul

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    Heute muss ich Ihnen mitteilen, was mich derzeit besonders ärgert. Sie merken, es ist hier wie im richtigen Leben, gestern habe ich mich noch höflich vorgestellt, nun ist es so weit, dass ich meinem Ärger bei Ihnen Luft mache: Ist das nicht grundsätzlich oft so in frischen Zweierbeziehungen? Gestern noch alles rosarot und problembefreit, tags darauf lernt man sein Gegenüber dann wirklich kennen, der Frust wird bei einem abgeladen. Nun also genau dazu: Mich ärgert eine Anrede. Ich höre sie in Nachrichten, in Fernseh-Talkshows, in Radiosendungen und lese sie in Zeitungen, sogar in der NZZ, manchmal sogar bei uns im «NZZ Magazin» der «NZZ am Sonntag». Die Anrede lautet «Präsident Putin». Ein paar von vielen Beispielen aus jüngster Zeit:

    «Präsident Putin erhöht den psychischen Druck auf die Ukraine.» «Präsident Putin zensiert die Berichterstattung stärker.» «Präsident Putin muss damit rechnen, dass er später von einem internationalen Gericht angeklagt wird.»

    Letztgenanntes wäre zwar sehr wünschenswert, doch ich stelle mir gerade vor, wie mir eine Freundin einen dieser Sätze bei einem Picknick im Park erzählt. Oder die Jungs auf dem Fussballplatz mir nach dem Spiel zuraunen würden: «Hast du gehört, was Präsident Putin wieder gesagt hat?» Macht kein Mensch. Warum nennen wir Journalisten und Journalistinnen Putin bei diesem Namen? Warum sprechen wir von Putin, als wäre er ein achtbarer Würdenträger einerseits und anderseits ein legitim gewählter Präsident? Ist er nicht. Wir Journalisten und Journalistinnen sind keine Diplomaten und treffen Putin ab und an. Falls ich irre, bitte ich um ein gemeinsames Selfie von der letzten Begegnung aus dem Kreml, liebe Kolleginnen und Kollegen. Was natürlich weiterhin geht, ist, zu schreiben: «Russlands Präsident Putin». Er ist es ja nun mal 🙄. Es ist aber das kleine Wort «Russland», das einen Unterschied macht. Verwenden wir nur «Präsident Putin», klingt es, als blickten wir nach oben, wären wir ihm gehorsam, seine Untergebenen. Und diese Message senden wir in die Welt. Aber die Welt, die Menschen, die nicht über Krieg und Frieden mit ihm verhandeln müssen, sollten ihn ächten wie mein Intellekt das SRF-Magazin «G&G», ehemals «Glanz und Gloria». Bisher habe ich die Sensibilität für diese Anrede medial erst einmal wahrgenommen, im Radio, ich glaube es war bei «Deutschlandfunk Kultur». Dort sprach der Moderator lediglich von «Kriegstreiber Putin» anstelle von «Präsident Putin». Ich fand das gut.

  • Andrea Mink

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    Ganz ehrlich, ich bin verzweifelt! Wie kann man diese kriminelle Energie aus dem Kreml, der alles schnurz ist, stoppen?
    Ex-Kanzler Schröder ist jetzt in einer Privataktion nach Moskau gedüst und ich hoffe, er überlebt seine Mission impossible.
    Bin ich zu skeptisch?
    – Ich wünsche mir, das dieser Horrortrip der schlimmsten Geschichtswiederholung und des umgekehrt Sprechens und Tuns zu ende wäre und die Ukraine ein souveräner Staat und neutral bleiben, aber bald EU-Mitglied werden könnte (und alle anderen Anrainerstaaten auch…)
    Ob das Putin nicht auch als Angriff sieht?
    – Intelligent hoch pokern sollte man können, retten, was zu retten ist und nicht irgendwann die Nuklearsprengköpfe am Himmel sehen.

  • Andrea Mink

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    Entschuldigung, das ich noch etwas zu meinem Kommentar hinzufüge. Die Ukraine bittet um moderne Waffen und alle europäischen Staaten sind in der heiklen Lage, die nicht liefern zu können, weil sonst die Weltkriegshölle losbrechen könnte (oder sie haben anscheinend nichts sinnvolles, modernes auf Lager wie unser Land…).
    Es gibt im Grund nur eine Möglichkeit, das demokratisch gesinnte Leute mit viel Geld, die gewünschten Waffen und Kleinwägen kaufen und ganz diskret der Ukraine zukommen lassen.
    Okay, wir brauchen kein A-Team…, aber vielleicht ist diese Strategie die einzig mögliche, um der Ukraine, – David – gegen Putins Angriffskrieg, – Goliath -, zu helfen, ohne das der nächste Weltkrieg über uns hereinbricht.

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drin