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Stadt plant zwei neue Unterkünfte

„Es gibt keine Vorfälle in den Notunterkünften.“

Die Stadt Regensburg plant zwei neue Gemeinschaftsunterkünfte für Flüchtlinge. Im November will der Oberbürgermeister dem Stadtrat eine Gesamtstrategie vorlegen. In Regensburg versuchen derweil Pegida-Fans eine Demo zu organisieren. 

Klare Regeln und intensive Betreuung": Wolbergs' Rezept für die städtischen Notunterkünfte. Foto: Archiv/ Liese

Klare Regeln und intensive Betreuung”: Wolbergs’ Rezept für die städtischen Notunterkünfte. Foto: Archiv/ Liese

„Ich habe mit Erschrecken festgestellt, dass es Tendenzen gibt, die in einer Weise zu eskalieren drohen, wie ich sie bisher nicht gekannt habe“, sagt Joachim Wolbergs am Montag. Der Oberbürgermeister hat zur Pressekonferenz geladen – es geht um Flüchtlinge, um den aktuellen Stand in Regensburg. Doch die Eskalation, von der er spricht, hat nichts mit Flüchtlingen zu tun. Es geht um Pegida-Aufmärsche, bei denen zwischenzeitlich Galgen für Sigmar Gabriel und Angela Merkel mitgeführt werden. Es geht um das Attentat auf die Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker in Köln. Der 44jährige Arbeitslose Frank S. hatte sie am Samstag an einem Infostand mit einem Messer in den Hals gestochen und vier weitere Personen verletzt. Das Motiv: Rassismus. Reker hatte sich in der Vergangenheit für die Aufnahme von Flüchtlingen ausgesprochen. Frank S. war in den 90ern Mitglied der zwischenzeitlich verbotenen Neonazipartei FAP. Bereits vor dem Attentat war er mit rassistischen Parolen aufgefallen.

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“Die Angst steigt.”

In Regensburg gebe es solche Tendenzen glücklicherweise bislang nicht, so der OB. „Aber die Angst steigt.“ Vieles davon sei irrational, so der OB. Dem könne man nur durch Information und Begegnung zwischen Flüchtlingen und Einheimischen begegnen. Deshalb auch diese Pressekonferenz.

Wie berichtet, befindet sich die Stadt schon seit längerem auf der Suche nach weiteren Unterbringungsmöglichkeiten. Am Montag gab der OB zwei weitere Standorte für neue Gemeinschaftsunterkünfte bekannt. Eine wird in der Guerickestraße entstehen und Platz für 180 Menschen bieten, die zweite ist in der Boelckestraße geplant und soll 170 Plätze haben. Es soll als gemeinsames Projekt mit Architektur-Studenten der OTH Regensburg umgesetzt werden. Voraussichtlich Mitte Dezember wird die schon seit längerem beschlossene Unterkunft am Weinweg mit 100 Plätzen fertiggestellt sein. „außerdem sind wir noch an mehreren Objekten dran, über die derzeit noch Verhandlungen laufen“, so Wolbergs. Bis zum nächsten Jahr wolle man die derzeit noch als Notunterkünfte genutzten Turnhallen leer bekommen.

Etwa 2.000 Flüchtlinge in Regensburg

Aktuell leben etwa 2.000 Flüchtlinge in Regensburg. 450 von ihnen in bereits bestehenden Gemeinschaftsunterkünften der Regierung. Etwa 500 in der Erstaufnahmeeinrichtung in der Zeissstraße. Die als Notunterkünfte dienende Turnhalle in der Clermont-Ferrand-Allee und die städtische Sporthalle Nord sind aktuell mit etwa 300 Menschen belegt. 200 weitere Notfallplätze gibt es im Michlstift, wo außerdem 80 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht sind. „Bei den unbegleiteten Minderjährigen sind wir am Anschlag. Mehr ist nicht leistbar“, so Wolbergs. Insgesamt kümmere sich das Jugendamt um 300 minderjährige Flüchtlinge.

„Das Thema Flüchtlinge ist eines, das alles andere überlagert, allerdings ohne das etwas auf der Strecke bleibt, was wirklich wichtig wäre“, so der OB. Er sei nach wie vor der Auffassung, dass Deutschland Flüchtlinge aufnehmen könne, wenn auch „nicht jedes Jahr 1,2 Millionen“. “Es kommen zu schnell zu viele.”

„Es gibt keine Vorfälle.“

Befürchtungen, dass es in den von der Stadt verantwortlich betreuten Notunterkünften zu Übergriffen oder Auseinandersetzungen komme, weist Wolbergs auf Nachfrage zurück. „Es gibt keine Vorfälle.“ Als einen wesentlichen Grund sieht er die intensive Betreuung. „Außerdem gibt es klare Regeln, die wir auch in der Muttersprache kommunizieren.“ In den Turnhallen etwa werde die Reinigung von Gemeinschaftsflächen und Bettwäsche von den Flüchtlingen übernommen. Ähnlich solle es auch beim Winterdienst laufen. „Außerdem suchen wir uns die Leute, die für die Betreuung zuständig sind, sehr genau aus.“ Von der Stadtverwaltung seien derzeit 40 Mitarbeiter abgestellt, um sich in allen möglichen Bereichen der Flüchtlingsarbeit zu widmen. „Die Verwaltung hat dieses Thema als Gemeinschafts- und Querschnittsaufgabe wahrgenommen, ohne dass das angeordnet werden musste.“

NPD-Fan organisiert “die 99 Prozent”

Doch auch in Regensburg gibt es Bestrebungen, bestehende Ängste für rassistische Zwecke zu instrumentalisieren. Auf Facebook hat sich vor kurzem eine Pegida ähnliche Gruppe gegründet. Die knapp 300 Fans, unter ihnen auch Regensburger Gastronomen und Geschäftsleute, sehen sich als „die 99 Prozent“. Im NPD-Jargon heißt es: „Wir sind auf der Suche nach Leuten die auch , wie wir, die Schnauze voll haben von der derzeitigen Politischen Situation, um mit uns eine Demo zu org(anisieren).“

Der mutmaßliche Gründer – ein Impressum gibt es nicht – outet sich auf seiner Seite als NPD-Fan, lästert über „homosexuelle Frauen“, „Asylanten“ und „dämliche Gutmenschen“ und bezeichnet Angela Merkel unter anderem als „Monster“.

„Ich kann nur allen raten, sich mit diesem Pack nicht einzulassen“, sagt Wolbergs auf Nachfrage dazu. „Die haben diesem Land noch nie was geholfen.“

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Kommentare (15)

  • Basti

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    Ich bin in jedem fall dabei wenn das pack in regensburg versucht auf die straße zu gehen. In den letzen 10 Jahren haben es die rechten echt immer schwer gehabt in unserer schönen bunten Stadt, ich würde lachen wenn es die regensburger nicht schaffen irgendeinen rechten mob nicht um das 10 wenn nicht 100 fache zu in einer Gegendemo zu überbieten. Sollen sie es doch versuchen! ;)

  • ABC

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    Kommentar gelöscht. Wir können und wollen hier keine öffentliche Suche nach den Initiatoren der erwähnten Seite starten. Zu Ihrer Frage: nein.

  • anonym

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    Es ist wirklich schön zu lesen, dass Regensburg die große Anzahl an Menschen gut handhabt.

    Allein ein Blick in die Nachrichten der Lokalpresse von heute (!) zeigt, dass andere Städte es nicht so gut schaffen:

    “Etwa 40 bis 50 Flüchtlinge sind in der Nacht in einer Notunterkunft in Osdorf aneinander geraten. […] Wie die Polizei mitteilte, gingen zwei Gruppen mit Alustangen aufeinander los. […] Ein Beteiligter wurde mit Kopfverletzungen ins Krankenhaus gebracht.”

    “Fast zur gleichen Zeit mussten die Beamten zu einer Flüchtlingsunterkunft in Rahlstedt fahren, weil dort 80 bis 100 Menschen in Streit geraten waren. ”

    “Ein Iraner ist am Sonntagabend in einer Erstaufnahmeeinrichtung schwer verletzt worden. Ein anderer Bewohner wollte den 24-Jährigen offenbar töten – weil er zum Christentum übergetreten war.”

    Ich hoffe nur, dass das Erstarken des rechten Randes bald wieder abebbt. Denn Eskalationen und Islamismus wie oben beschrieben spielen genau denen ja in die Hände. Menschen, die die Probleme in manchen Heimen herunterspielen, tun ihr übriges. Aber Hass hat noch nie ein Problem gelöst. Und Regensburg macht vor, wie es vorläufig reibungslos funktionieren kann.

  • Joe Kermen

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    Wie definiert sich denn “Vorfall”? Kein Vorfall von dem wir wissen / wissen wollen / Berichten?
    Zumindest dieser Artikel http://www.regensburg-digital.de/transsexuelle-in-fluechtlingsunterkunft-zusammengeschlagen/30092015/
    Sagt ja was anderes.
    Ich denke wir haben in Regensburg trotzdem noch der Situation angemessene Zustände. Aber wenn ich lese wie schlimm/schrecklich es in den Unterkünften in dieser Republik zugehen soll, weiß ich echt nicht mehr wem ich was glauben soll.
    Nur in einem bin ich mir sicher: Menschen sind Menschen und Menschen sind dumme Arschlöcher die scheinbar nie dazu lernen. Ganz egal ob welcher Kultur sie angehören…

  • Stefan Aigner

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    @Joe Kermen Der Angriff, den Sie verlinken fand in einer Gemeinschaftsunterkunft statt. Der OB hat sich mit seiner Aussage auf die Notfalleinrichtungen bezogen. Für die ist die Stadt zuständig, für die GUs die Regierung.

  • Joe Kermen

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    @Stefan Aigner: Danke für den Hinweis. Auch wenn es die Sache an sich nicht besser macht.

  • Arno Nym

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    unterdessen sind es nicht mehr 99% sondern X%.
    Also 295/142292=0,2% könnten es auch sein. Das trifft es hoffentlich schon eher…

  • Franz Hollerauer

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    Ich kann als derzeitiger “Vollzeit”-Freiwilliger Helfer in der Notunterkunft Nord nur die Aussagen des OB bestätigen. Es geht äußerst gesittet zu, die Flüchtlinge helfen bei der Reinigung der Halle, entsorgen den Müll etc. Die Betreuung ist besonders für eine Notfalleinrichtung vorbildlich. Es gibt Sportangebote (Fussball, Laufen), Kinderbetreuung und bereits ersten Sprachunterricht. Und das alles Dank der vielen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Helfer!

  • Heinz Z.

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    Dass Wohlbergs und andere die Bezeichnung “Pack” verwenden, ist in Ordnung. Noch wichtiger: wenn sich das Pack bei uns bemerkbar macht, muss ihm Regensburg und seine Menschen noch deutlicher als in der Vergangenheit klar machen, was sie von den Rechtsradikalen halten: nämlich nichts! Raus dann auf die Straße, ich bin dabei wie immer!

  • Tobias

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    @Akro Nym:
    Wenn Sie damit die Bevölkerung Regensburgs meinen: Wir haben bereits über 158.000 Einwohner.

  • Mieterbund: „2.300 leerstehende Wohnungen für Flüchtlinge nutzen“ » Regensburg Digital

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    […] Wie berichtet, muss die Stadt Regensburg binnen eines Jahres rund 1.400 neue Plätze schaffen, um Fl… Doch weil die Flüchtlingskrise schon allein angesichts des Winters täglich an Brisanz zunehme, sei früher oder später „ein Rückgriff auf bestehende Wohnungen notwendig“, schreiben die beiden Vorsitzenden Kurt Schindler und Horst Eifler in einer Presseerklärung. „Wir sollten nun alle Möglichkeiten prüfen, um einerseits eine menschenwürdige Unterbringung der hier ankommenden Menschen zu gewährleisten und anderseits Konflikte mit den bereits hier lebenden Menschen zu vermeiden.“ Und eine dieser Möglichkeiten ist für den Mieterbund die Nutzung von Leerstand. […]

  • „Die Zeiten haben sich geändert.“ » Regensburg Digital

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    […] neue Plätze für Flüchtlinge muss Regensburg binnen eines Jahres schaffen. 100 werden gerade am Weinweg fertiggestellt, 700 kommen – das sagt Wolbergs am Dienstag erstmals – ins Kasernenviertel und 150 sollen es in […]

  • Regensburger Obergrenzen-Tourette » Regensburg Digital

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    […] der Vergangenheit hatte der OB bereits mehrfach – etwa in Bürgerinformationsveranstaltungen oder Pressekonferenzen, von denen es ja nicht eben wenige gab – die Ansicht vertreten, dass Deutschland nicht jedes Jahr […]

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