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Umzug wird verweigert

Transsexuelle in Flüchtlingsunterkunft zusammengeschlagen

Wohl weil sie transsexuell ist, wurde eine 24jährige in einer Regensburger Flüchtlingsunterkunft zusammengeschlagen. Sie könnte in eine Privatwohnung ziehen, um weitere Übergriffe zu vermeiden – doch die Ausländerbehörde stellt sich quer.

Im Februar verhinderten Aktivisten die Abschiebung der 24jährigen. Jetzt wurde sie in der Unterkunft zusammengeschlagen. Foto: Archiv

Im Februar verhinderten Aktivisten die Abschiebung der 24jährigen. Jetzt wurde sie in der Unterkunft zusammengeschlagen. Foto: Archiv

Ein blaues Auge, Hämatome am Oberkörper und ein gebrochenes Nasenbein – unter anderem diese Verletzungen wurden bei Dervisa R. festgestellt, als sie am 19. September ins Krankenhaus St. Joseph kam. Die 24jährige Bosnierin wurde nach ihren Angaben in der Flüchtlingsunterkunft in der Grunewaldstraße von einem irakischen Mitbewohner zusammengeschlagen. Er soll sie auch mit dem Tode bedroht haben. Seitdem läuft eine Strafanzeige bei der Polizei. Das mutmaßliche Motiv für den gewalttätigen Übergriff: Dervisa R. ist transsexuell. Wir haben bereits mehrfach über ihren Fall berichtet.

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Diskriminierung kein Einzelfall

Laut Marion Puhle vom Regensburger Flüchtlingsforum – sie betreut Dervisa R. – ist es in der Vergangenheit schon mehrfach vorgekommen, dass homo- und transsexuelle Flüchtlinge in den Unterkünften Diskriminierungen ausgesetzt waren. „Bei der Unterbringung sollte mehr darauf geachtet werden, diese Menschen in geschützter Umgebung unterzubringen“, fordert Puhle.

Auch bei der Regensburger Schwulen- und Lesbeninitiative, RESI e.V., kennt man das Problem. Erst Mitte des Jahres hatte sich der Verein dafür eingesetzt, für ein schwules Paar aus Russland eine andere Unterkunft zu finden, nachdem es in einem Heim im Landkreis immer häufiger zu Beleidigungen und Beschimpfungen gekommen war. Die Nachbarn in der Unterkunft stammten zunehmend aus Ländern, in denen Homophobie grassiert, heißt es in einem Brief den RESI damals ans Landratsamt Regensburg schrieb. „Übergriffe sind zu befürchten.“ Am Ende konnte für das Paar erfolgreich ein Umzug nach Regensburg organisiert werden.

Regierung offen, aber: Ausländerbehörde verweigert Zustimmung zum Umzug

Bei Dervisa R. scheint dies bislang nicht möglich zu sein. Zuständig für die Gemeinschaftsunterkünfte ist die Regierung der Oberpfalz. Doch von dort bekam Marion Puhle die Auskunft, dass man aktuell keine freien Plätze in anderen Unterkünften zur Verfügung habe. Allerdings gäbe es das Angebot von einem Bekannten, Dervisa R. bei sich unterzubringen. Die Regierung habe sich dafür auch offen gezeigt, so Puhle. „Aber die Ausländerbehörde der Stadt Regensburg stellt sich quer. Sie hat die notwendige Zustimmung verweigert.“

Das bestätigt uns auch die städtische Pressestelle. Die Ausländerbehörde habe das sogenannte „Einvernehmen“ verweigert. Dervisa R. sei derzeit nur geduldet, deshalb gebe es „keine Rechtsgrundlage“, um sie in eine Privatwohnung ziehen zu lassen.

Flüchtling aus dem „sicheren Drittstaat“

Tatsächlich ist Dervisa R. bis heute nicht als Flüchtling in Deutschland anerkannt. Die 24jährige Romni stammt aus Bosnien-Herzegowina – einem Land, das erst im vergangenen Jahr als sogenannter „sicherer Drittstaat“ eingestuft wurde. Untersuchungen von Pro Asyl, Europäischer Kommission und US-Außenministerium zeigen allerdings: Trotz Antidiskriminierungsgesetz kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Homo- und Transsexuelle. Ebenso wie Roma sind sie regelmäßiger Diskriminierung ausgesetzt.

So erging es auch Dervisa R.. Sie wurde in Bosnien-Herzegowina zusammengeschlagen und vergewaltigt. Übergriffe gab es auch durch die dortigen Polizeibehörden. Doch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) lehnte ihren Asylantrag als „„offensichtlich unbegründet“ ab – Standard bei Asylsuchenden aus sogenannten „sicheren Drittstaaten“. Der Einzelfall wird nicht mehr genau geprüft. Auch mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg scheiterte die 24jährige.

“Umzug würde allen nutzen.”

Die für Februar geplante Abschiebung von Dervisa R. wurde im Februar durch Aktivisten verhindert. Dervisa R. versuchte wenig später, sich das Leben zu nehmen. Aktuell läuft ihr Asylfolgeverfahren beim BAMF. Bis zu dessen Abschluss darf Dervisa R. zwar nicht abgeschoben werden, gilt aber nur als „geduldet“.

Marion Puhle bezweifelt, dass die Ausländerbehörde der Stadt Regensburg dennoch keinen Spielraum bei der Entscheidung über einen möglichen Umzug von Dervisa R. hätte. „Diese Verweigerungshaltung ist völlig absurd. Der Umzug würde allen nutzen – allein schon wegen des sowieso immer beklagten Mangels an Plätzen für Flüchtlinge.“ Noch viel wichtiger sei aber: „Dervisa wäre nicht mehr der Gefahr von Übergriffen ausgesetzt.“

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Kommentare (6)

  • joey

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    Vorschlag: den irakischen Mitbewohner in Untersuchungshaft, Fluchtgefahr. Und – wenn er schuldig ist, in den Knast oder eine vergleichbare “sichere Unterkunft”. Wenn sich bei Asylbewerbern herumspricht, daß man bei solchen Taten in D ins Gefängnis kommt, sind die Straßen und allgemeinen Unterkünfte wieder sicherer.

    Daß wir mit der Zuwanderung schlimme Phänomene importieren, die wir in Deutschland schon weitgehend eliminiert hatten, muß jedem klar sein. Ohne ansatzweises Verständnis: viele Flüchtlinge kommen aus extrem rückständigen Gesellschaften, wo Gewalt gegen “unfolgsame” Frauen, gegen Minderheiten, Juden, Anders/Nichtgläubige etc. durchwegs anerkannt ist, teilweise sogar staatlich erlaubt (Scharia).

    In wenigen Jahren dürfen diese Leute dann wählen. Islamisch konservative Positionen kriegen dann ein Wählerpotential. Deutschland wird so nicht “bunt”.

  • Lothgaßler

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    Egal ob transsexuell oder nicht, Übergriffe sind zu ahnden. Körperverletzungen und Todesdrohungen sind schwere Straftaten. Ob diese nachgewiesen werden können scheint ungewiss. Allerdings scheint mir die Situation ausreichend, um vorbeugend Dervisa R. Schutz angedeihen zu lassen, und hier scheint mir die Unterbringung in einer privaten Unterkunft keine unvertretbare Sonderbehandlung bzw. Bevorzugung zu sein.
    In den Sammelunterkünften für Flüchtlinge, Asylsuchende und Geduldete müssen Mittel und Wege gefunden werden, um Übergriffe (dazu zählen auch Beleidigungen und Nötigungen) nachweisen und ahnden zu können, hier dürfen keine rechtsfreien Räume entstehen.

  • Marion Puhle

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    Im mindestens einem weiteren Fall, ist ein Flüchtling, Opfer geworden, weil er homosexuell ist. Auch er wurde mehrmals in der Asylunterkunft körperlich angegangen, hat sich gewehrt, hat seine Verzweiflung in Alkohol ertränkt. Er hat wild um sich geschlagen, Straftaten begangen, weil er von seiner Umgebung nicht als Mensch gesehen wurde. Heute sitzt er in der JVA. Ein gesundes soziales Umfeld, mehr Akzeptanz und Einbindung in die gesellschaftlich positiven Abläufe, hätten das verhindern können. Er wird mit seiner Abschiebung rechnen müssen.
    Marion Puhle

  • dugout

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    Sind ” Gewalt gegen „unfolgsame“ Frauen, gegen Minderheiten, Juden, Anders/Nichtgläubige etc” “schlimme Phänomene” die wir in Deutschland tatsächlich schon weitgehend eliminiert haben? Schön wärs

  • Hans Wallner

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    Die regensburger Ausländerbehörde zeigt offenbar auch in diesem Fall (es gibt mehrere!), dass sie nicht begriffen hat, dass es sich um MENSCHEN handelt!

Kommentare sind deaktiviert

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