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Kolumne

HEIMKOMMEN #9: Randale und Liebe

Heimatstolz. Heimatsound. Sogar Heimatministerium. Kaum ein Begriff wurde in den vergangenen Jahren so sehr missbraucht wie das Dahoam. Flo Neumaier ist Nachwuchsautor, Humorazubi beim Fernsehen und Regensburger a.D. – Für regensburg-digital schreibt er regelmäßig über seine Besuche, sein Heimweh, sein Regensburg.

Sonntag. 30.05. Sommeranfang. Frühlingsgefühle. In Regensburg gehts langsam los. Die Stadt nimmt die Gurken von den Augen und reckt sich. Ein Bier vom Maradonna, ein Eis am Neupfarrplatz. Beste Kombi. Sichere Sache.

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Kein fancy Manufakturprodukt, der klassische Italiener. Für kein Eis der Welt stehe ich eine halbe Stunde an. Verpasse den ersten Sommernachmittag daheim. Sorry. FOMO – schon bei der Eisauswahl. Es wird Erdbeer.

Speiseeis ist ein prima Nährboden für Keime und Bakterien. Auch Salmonellenvorfälle gibt es immer wieder. Deshalb gehört Speiseeis verboten! Da wird mir jeder zustimmen. Ich bin heute mal ein bisschen crazy. Deshalb sagen wir nicht Erdbeereis, sondern gleich Salmonellenschleuder. Dinge beim Namen nennen. So wichtig.

Mit der Salmonellenschleuder am Mund schlendere ich durch die Engelburgergasse, am Kinderhort vorbei zum Garbo. Da hat sich mein Großvater als Kind immer reingemogelt. Kein Geld, keine Karte. Kriminell. Schade.

Ich habs gut. Ich hab Erdebeereis. Verzeihung! Salmonellenschleuder! Darauf ein Schluck Bier.

Langsam tröpfeln die Nachrichten der letzten Nacht ein. Party an der steinernen Brücke. Randale am Neupfarrplatz. Und die Empörung ist groß. Es wurde ein Backmobil zerlegt. Von Deppen. Infektionsschutzmaßnahmen wurden nicht eingehalten. Von Deppen. Und das Bruckmandl macht nen Facepalm.

Statt Deppen einfach Deppen sein zu lassen, spricht man vom „Partyvolk“. Partyvolk = Gewalttätig. Partyvolk = Ruhestörer. Partyvolk = Gefährlich? So viel Framing kennt man sonst nur aus dem CSU-Wahlkampf. Bin ich Partyvolk? Aber hallo! Zerlege ich besoffen fremdes Eigentum? Schmeiße Flaschen auf Polizisten? Sicher nicht. Sowas machen Deppen. Vielleicht gleich alle Feiernden als Deppen bezeichnen? Zur Sicherheit? Warum nicht!

Klappt astrein auf der Jahninsel, am Grieser Spitz. Und das Bruckmandl schaut zu.

Wir müssen was tun gegen die Salmonellenschleudern in unseren Städten! Klingt gut. Wunderbar zustimmungsfähig. Da packt jemand an. Klappt nur nicht mit Erdbeereis.

Die meisten Regensburger sind vernünftig, genießen die Vorzüge einer lebenswerten Stadt, zerstören nicht. Treffen sich in normaler Lautstärke, nehmen ihren Müll wieder mit. Wem nichts Besseres einfällt, als ein generelles Spaßverbot in der Altstadt, ist genauso ein Depp, wie der Randalierer und der Schreihals. Dinge beim Namen nennen: Wenn‘s in den Kram passt!

Schön ist es schon hier in der Engelburgergasse. Die Straftaten vergangener Zeit: vergessen. Ich tausche Salmonellenschleuder gegen Zigarette. Keine Müdigkeit jetzt. FOMO will Bewegung. Eindrücke mitnehmen, bevor die nächste Wolke aufzieht. Sonnenbrille auf. Keine Deppen weit und breit. Ich gehe jetzt randalieren.

Pardon! Ich meine, ich mache mir eine schöne Zeit – verliebt ins schöne Regensburg.

Man kommt ganz durcheinander.

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Kommentare (7)

  • Mr. T.

    |

    Danke für diesen Satz: “Wem nichts Besseres einfällt, als ein generelles Spaßverbot in der Altstadt, ist genauso ein Depp, wie der Randalierer und der Schreihals.”

    Wenn ich sowas in den Kommentaren schreiben würde, heißts meistens: “Kommentar gelöscht. Bitte sachlich bleiben.” 😉

  • Rosa

    |

    Humorazubi, find ich echt geil. Da bleibt ja noch ziemlich Luft nach oben. ;-o

  • Charlotte

    |

    Ja der Herr Neumaier…. ein Wahl–Münchner, der sich bemüßigt fühlt, Situationen in Regensburg zu kommentieren. Und scheinbar kennt sich der Humor–Azubi auch nicht mehr ganz so gut aus in Regensburg.

    Vielleicht fährt er aber jetzt einfach schnell nach Regensburg und schaut mal in der Altstadt vorbei… da ist grad mal wieder zum dritten Mal in dieser Woche öffentliches Besäufnis in der Altstadt. Und friedlich und ruhig ist da niemand. Und natürlich werden wieder Flaschen zerdeppert, ich sehe viel Müll, auch nette Passanten werden angepöbelt. Das friedlich, ruhige Partyvolk sehe ich hier nicht mehr, schon lange nicht mehr. Denn die haben keine Lust mehr, nebeneinander mit den Schreihälsen zu feiern und Zeit zu verbringen. So war es bis letztes Jahr am Grieser Spitz und auf der Jahninsel auch. Keiner wollte sich mehr das Gegröle der ewig Besoffenen anhören und im Scherbengras sitzen. Tja, das ist jetzt wieder anders, der neuen Grünanlagensatzung sei Dank.

  • Skyrider

    |

    @Charlotte
    Ihr mangelndes Verständnis für die Jugendlichen in Regensburg sind bekannt, ebenso Ihre “Pauschalurteile” über die besoffene, aggressive, sich an keine Regeln haltende Jugend.
    Kleiner Tipp. Kandidieren Sie für den nächsten Regensburger Stadtrat, am besten für die mitregierende CSU in der “Grauen Koalition” und versuchen Sie hier ihre Vorschläge zum friedlichen Zusammenleben von Jung und Alt umzusetzen. In dem Zusammenhang, können Sie dann gleich noch Fr. “Jugend” Bürgermeisterin Freudenstein dazu auffordern, endlich konkrete Vorschläge zu machen, wie die Jugendlichen einen Raum zum Treffen und Feiern erhalten können. Könnte aber schwierig werden, vielleicht findet sie in ihrem Terminkalender, zwischen der Einweihung von zwei Parkbänken noch kurz was .Bitte auch nachfragen, was aus dem Vorschlag der CSU Fraktion geworden ist, sich für die Öffnung der Clubs und Innengastronomie einzusetzen, oder ob es sich hier nur um eine kurze “Luftblase” gehandelt hat. Ich würde auch vorschlagen, dass in Regensburg zukünftig jede Dult und jedes Bürgerfest abgeschafft werden. Die ganzen Besoffenen, der ganze Müll, sind auch hier nicht mehr hinnehmbar, die lärmgeplagten Anwohner rund um diese Veranstaltungen brauchen auch hier dringend Ihre Unterstützung. Alternativ wäre mein Vorschlag, bei öffentlichen Veranstaltungen in Regensburg, ein generelles Alkoholverbot zu verhängen, und zwar für Jung und Alt………

  • R.G.

    |

    @Charlotte
    Sie haben aber schon eine Wohnung, oder?
    Sie scheinen das ganze Geschehen von der aktuellen Nacht genauest zu kennen, ja selbst schmerzhaft erlebt zu haben.

  • Mr. T.

    |

    Ja Skyrider, mich hat das Dultpublikum bis jetzt auch immer deutlich mehr gestört als das Publikum, das zunachts Altstadt und Jahninsel bevölkert. Aber wer sich mit Dirndeln, Lederhosen und anderen Pseudotrachten tarnt, geht als potentiell konservatives Wahlvolk unter dem Radar der Ruhebewahrer durch.

    Manche hier scheinen wirklich am liebsten Jugendliche zwischen Einschulung und Fähigkeit zur produktiven Arbeit in Domspatzen- oder Priesterseminar-ähnlichen Einrichtungen internieren zu wollen. Auf keinen Fall sicht- und hörbar irgendwo das Weltkulturerbe stören.

  • Charlotte

    |

    @ Skyrider

    Anscheinend lesen sie meine Kommentare nicht oder nicht vollständig.

    Meine Kommentare sind bei weitem nicht so ideologisch geprägt wie die Ihren. Ich betonte bereits mehrfach an unterschiedlichen Stellen, dass die Mehrzahl von Menschen (ich spreche nie ausschließlich Jugendliche an) rücksichtsvoll und nur ein kleiner Teil – der allerdings in vielfacher Hinsicht und unakzeptabel Grenzen überschreitet. Ganz abgesehen davon wären Sie überrascht, denn ich passe in keines der Klischees, die sie so gerne verwenden und auch beschimpfen.

    Ihr Groll auf die CSU, Herrn Söder, die bürgerliche Koalition in Regensburg oder Frau Freudenstein und wen oder was auch immer scheint sie die Realität nicht mehr wahrnehmen zu lassen. Vielleicht sind sie aber auch jemand, der auch gar nicht (mehr) in Regensburg lebt und wohnt. Vielleicht sind sie gar nicht an den leider nun unrühmlich bekannten Orten unterwegs, sonst würden sie sehen, dass das überwiegend keine Jugendlichen sind, sondern Junge Erwachsene bis ca. 30. Na ja, sie können sich ja nochmals die Videos im Netz ansehen. Und dann bitte auch gleich die 1000e Kommentare von Bürgern, denen diese Zustände aber so was auf den Senkel gehen.

    Aber bedanken dürfen sich alle Bürger und Besucher in Regensburg auch bei den Parteien und Gruppierungen, die ja schon letztes Jahr dazu aufgerufen haben, dann Lärm und Party ohne Rücksicht an anderen Stellen zu machen. Das nennt man dann Eskalationsanschub. So sollte politische Arbeit nicht stattfinden. Aber vielleicht wachen diese Organisationen endlich auf, denn die Geister die man ruft, sind nicht immer die, die man haben will.

    Heute gewittert es in Regensburg, vielleicht ein Segen. Ich wünsche allen Bewohnern und Übernachtungsgästen in der Altstadt und in Stadtamhof endlich Schlaf.

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drin