Baulöwe sorgt sich um bezahlbaren Wohnraum
„Wohnen in der Boomtown Regensburg“. So das Thema eines Symposiums, zu dem die FDP-Fraktion am Freitag geladen hatte. Auf dem Podium: ein Immobilienwirtschaftler, ein Baulöwe und ein Mietervertreter.

Auf dem FDP-Symposium sorgte er sich um bezahlbaren Wohnraum: IZ-Vorstandschef Thomas Dietlmeier. Fotos: Archiv.
Etwa 25 Zuhörer haben sich am Freitagnachmittag im Salzstadel versammelt. Die meisten von ihnen begrüßt der Vorsitzende der FDP Stadtratsfraktion und OB-Kandidat Horst Meierhofer persönlich.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger, aber auch Vertreter der Immobilienbranche sind gekommen, um zu hören, was die drei geladenen Experten und Meierhofer selbst zur Wohnsituation in Regensburg zu sagen haben.
Bezahlbares Wohnen ist das Thema im laufenden Kommunalwahlkampf. Während die FDP etwa 25 Millionen an die Stadtbau geben will, versprechen andere Kandidaten 10.000 neue Wohnungen (Christian Schlegl) oder zehn Millionen Euro jährlich für die Stadtbau (Joachim Wolbergs).
Vom Bauunternehmer bis zum Mietervertreter
Thomas Dietlmeier, Vorstandsvorsitzender des Immobilienzentrums Regensburg (IZ), Prof. Dr. Tobias Just vom Lehrstuhl für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg und Willi Bauer vom Mieterverein haben jeweils schon qua ihrer beruflichen Tätigkeit ganz eigene Perspektiven auf die Wohnsituation in der „Boomtown“. Das wurde zumindest in Ansätzen deutlich – auch wenn nicht wirklich miteinander diskutiert wurde.
Just etwa ist am IREBS beschäftigt, jenem Institut der Regensburger Universität, das zuletzt aufgrund seiner engen Verquickungen mit der Immobilienbranche und des merkwürdigen Beschäftigungsverhältnisses von Professor Wolfgang Schäfers in der Kritik stand.
Zu Beginn seiner Ausführungen weist der Professor darauf hin, dass das IREBS das „größte deutsche Immobilienforschungsinstitut“ sei und auch „international relativ obenauf“ schwimme. In diesem Sinne sei das Institut ganz im Sinne des Universitätsstifters Hans Vielberth.
Just: Keine Immobilienblase, aber Mietdruck durch Zuwanderung
Zur Immobilien- und Wohnsituation stellt Just eine durchaus streitbare Position in den Raum: Es gäbe derzeit keine Immobilienblase, sondern es würde schlicht und einfach viel zu wenig gebaut. „Wir brauchen allein aufgrund der Zuwanderung deutschlandweit 200.000 neue Wohnungen im Jahr“, sagt Just. Wenn über die letzten Jahre laut Just „eine Million netto Zuwanderer“ ins Land gekommen seien, sei es kein Wunder, dass die Wohnräume knapp werden würden. Die Zuwanderung sorge zudem für „Mietdruck“.
Auch das Thema altersgerechtes Wohnen sei ein Problem. Denn zu viele Wohnungen, gerade auch in Regensburg und speziell in der Altstadt, seien nicht für Senioren ausgelegt. Im Zuge der demografischen Entwicklung werde sich die Wohnungsnot zuspitzen, wenn man nicht entgegensteuere – und baue.
Mietpreisbremse: „Nicht so schlimm”, aber auch nicht gut
„In Regensburg kriegt der kluge Anleger vier bis fünf Prozent Zinsen“, konstatiert Just. Diese Attraktivität müsse erhalten und weiter gesteigert werden. Problematisch sieht der Immobilienwirtschaftler in dieser Hinsicht die geplante Mietpreisbremse. Diese verfälsche „den schnellsten Indikator des Marktes“, nämlich den Preis. „Wenn der Preis aber steigt, muss einfach mehr gebaut werden.“ Zwar sei die Mietpreisbremse in ihrer geplanten Form „gar nicht so schlimm“, doch verschrecke sie jetzt schon Investoren. Grundsätzlich sei ein solches „Preisverbot“ ineffizient.
IZ-Chef Dietlmeier: Zwischen renditestarker Kapitalanlage und bezahlbarem Wohnraum
Wie sich Investoren wirklich auf dem Regensburger Immobilienmarkt fühlen, kann Thomas Dietlmeier, der Chef des IZ, aus erster Hand berichten. Sein Unternehmen gehört zu den großen Gewinnern der derzeitigen Entwicklung. Mit Luxus-Bauprojekten wie dem „Palais Karmeliten“ am Dachauplatz, das Investoren eine „sichere und renditestarke Kapitalanlage“ garantiere, der Bebauung des Alten Schlachthofs oder auch am Zuckerfabrik-Areal macht das Immobilienzentrum derzeit von sich reden.
Doch während seines Vortrags schlägt Dietlmeier ganz andere Töne an. Das „Kerngeschäft“ des IZ sei „bezahlbarer Wohnraum“. Und die „wesentlichen Kundenschichten“ gingen dem Unternehmen langsam verloren. Das seien eben nicht die Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen, sondern die vielzitierte Mittelschicht.

Zur Grundsteinlegung des Palais Karmeliten schaute auch Bürgermeister Joachim Wolbergs vorbei.
Grundstücksvergabe oft „ungerecht”
Dietlmeier wünscht sich – das mag vielleicht überraschend klingen – dass die Stadt bei der Vergabe von Grundstücken stärker eingreift und reguliert. Er finde es „ungerecht“, dass er „nicht mehr an Grundstücke kommt, die es ermöglichen, dem Käufer einen Endpreis zu bieten, den der sich auch leisten kann“.
Seine Idee: Die Stadt solle die Vergabekriterien von Grundstücken so regeln, dass derjenige Bauträger zum Zuge komme, der einen bestimmten Mietpreis zusichern kann. Damit befindet sich Dietlmeier inhaltlich übrigens auf einer ähnlichen Linie wie die OB-Kandidaten Benedikt Suttner (ÖDP) und Richard Spieß (Die Linke).
Die Wirksamkeit einer Sozialquote bezweifelt er. „Die 20 Prozent tun niemandem weh. Das wird einfach auf die anderen Objekte aufgeschlagen.“
Willi Bauer vom Mieterverein: „Der Eigentümer bescheißt sich in der Regel selber.”
Als Letzter hat schließlich Willi Bauer vom Mieterverein das Wort. Er konzentriert sich bei seinen Ausführungen im Wesentlichen auf zwei Punkte, die für die Mieterinnen und Mieter in Regensburg problematisch seien: Einerseits sei da das energieeffiziente Wohnen und Sanieren zu nennen, andererseits die Auswirkungen des kürzlich in Kraft getretenen Mietspiegels.
Durch die Energieproblematik seien die Baukosten enorm gestiegen. Das schlage sich auch auf den Mietpreis nieder. Gerade viele Nachrüstungen würden zwar mengenmäßig Energie sparen – „ob es aber Geld spart, ist eine andere Frage“. Ein großes Problem sieht er insbesondere im Bereich des sogenannten Contractings, bei dem die Heizanlagen in Gebäuden nicht mehr dem Eigentümer, sondern dem Versorger gehören. „Am Anfang ist das wohl etwas günstiger, aber das steigert sich zum Teil bis zum Dreifachen im Laufe der Jahre. Sowohl der Mieter als auch der Eigentümer zahlen mit der Heizkostenabrechnung die Heizung mit. In der Regel bescheißen sich die Eigentümer hier selbst.“
Mietspiegel: „Stimmt‘s dafür oder dagegen. Da bin ich ausgestiegen.“
Bauers Ausführungen zum Mietspiegel sind in Teilen mehr als amüsant. Fast schon schwarzhumorig verweist er beispielsweise auf die „konzentrischen Kreise“, die vom Stadtmittelpunkt – laut Mietspiegel der Neupfarrplatz – aus gezogen wurden und so den Wohnraum Regensburgs in verschiedene Zonen einteilen. „Da gibt es Wohnungen, da gehen die Grenzen mittendurch“, sagt er, „und Straßenzüge, wo links und rechts ein Mietunterschied von sechs Prozent zu verzeichnen ist.“
Auch über das Vorgehen beim Erstellen des Mietspiegels mokiert sich Bauer nochmals. „Der Mietspiegel ist uns vorgelegt worden und war fertig. Entweder so oder so, stimmt‘s dafür oder dagegen. Da bin ich ausgestiegen.“