Pumperärmel statt Anzug, Lockenpracht statt Glatze, bejubelt statt kritisiert: Beim Bürgertheater im Historischen Reichssaal durfte Hans Schaidinger den Kaiser geben.
Der Kaiser und sein Stellvertreter. Unter “Kaiser, wir danken Dir”-Rufen von Blumenmädchen Lieselotta und dem Hofnarren nimmt Leopold I. (Hans Schaidinger) die Stadtschlüssel vom Prinzipalregenten entgegen. Foto: Peter Ferstl
Wenn der wichtigste Tagesordnungspunkt ein ums andere Mal vertagt wird, persönliche Nicklichkeiten lautstark ausgefochten und bizarre Moralvorstellung voll Verve vorgetragen werden und wenn ein sich monarchisch gebärdender Hans Schaidinger die Drecksarbeit seinem roten Stellvertreter überlässt, dann befindet man sich – nein – nicht im Regensburger Stadtrat, sondern im Historischen Reichssaal des Alten Rathauses, wo das Stadttheater Regensburger (Regie: Tina Geißinger) ein zwar recht launig-kurzweiliges, aber irgendwie auch belangloses Stück zum 350. Jubiläums des immerwährenden Reichstags auf die Bühne bringt.
Die Bürgerinnen und Bürger und nicht die Schauspielprofis sind es, die dort am Sonntag die Bühne bevölkern. Und weil es sich doch herumgesprochen hat, dass der Obermeister aller Bürger, Hans Schaidinger, den Kaiser (Leopold I.) geben wird, sind die Bänke auf denen früher die Abgeordneten des Reichstags saßen, gut gefüllt. Und Durchlaucht Gloria, die sich kurz vor Beginn noch hereinschleicht und in der ersten Reihe neben Oberbürgermeistersgattin Edelgard Platz nimmt, gibt selbst diesem Publikum noch ein bisschen etwas von dem Muff vergangener Jahrhunderte und überkommener Moralvorstellungen.
Schaidinger, der bislang nur im Kaspertheater von Christoph Maltz – und da nur als König – ein gekröntes Haupt geben durfte, betritt gleich zu Beginn in einem pompösen Festzug die Bühne. Mit Pumperärmeln statt Anzug. Mit Lockenpracht statt Glatze. Bejubelt statt kritisiert. Per Hexerei hat man sich zurück ins Jahr 1663 begeben, wo geistliche, adlige und weltliche Abgeordnete Entscheidungen auf die lange Bank schoben und Abgesandte aus Frankreich und England beklagten, dass die Regensburger Frauen doch nicht so hübsch seien, wie man es sich erzähle.
Und Schaidinger scheint es zu genießen, unter Rosenblätterregen mit wohlwollender Geste seinen Thron besteigen zu dürfen. Aber ach: Nach dem kurzen Verlesen des kaiserlichen Dekrets ist er auch schon wieder verschwunden. Erst beim Schlussapplaus zieht er wieder ein. Unzterdessen übernimmt sein Stellvertreter, der rot gewandete Prinzipalregent (strenge Genervtheit: Willm Schmülling) das Regiment, stets erfolglos bemüht, die freien Reichsstätte zur Unterstützung des kaiserlichen Kampfs gegen die Türken zu bewegen.
Ein ums andere Mal wird feierlich in den Reichstag eingezogen, das kaiserliche Begehr verlesen, um anschließend kurz über anderes zu reden, sich dann zu vertagen und eben so feierlich wieder auszuziehen. Gegen Ende zu wird dieses Zeremoniell auch dem stets dazu aufspielendem Barockensemble (Leitung: Stefan Baier) zu langatmig und es erhöht einfach die Geschwindigkeit seines Spiels.
Für Kurzweil in den Sitzungspausen sorgt indes der Hofnarr (zum Schießen: Jakob Keller), der seltsame Dekrete zur Entfernung von Blumentöpfen aus altstädtischem Gebiet oder exorbitanten Kostensteigerungen bei kirchlichen Bauvorhaben.
Der Hofnarr und das Blumenmädchen. Foto: Juliane Zitzelsperger
Am Ende, das irgendwie recht plötzlich und unvermittelt kommt – per Bibi Blocksberg-Hexerei von Blumenmädchen Liselotta (Liselotta Fromberger) – kehrt man zurück ins Jahr 2013 – gab es minutenlangen Applaus, den auch Schaidinger sichtlich genoss – irgendwie mag das auch ein krönender Abschluss seiner Amtszeit (als Oberbürgermeister) sein, die bisweilen auch von manch kaiserlichen Allüren geprägt war. Dass er sich indes tatsächlich einen roten Stellvertreter oder gar Nachfolger wünscht, darf stark bezweifelt werden.
Wer den kaiserlichen Oberbürgermeister und seinen Hofstaat noch erleben will: Am kommenden Sonntag (16 Uhr) gibt es eine Wiederholung dieses Bürgertheater-Stücks im Historischen Reichssaal.
„Nach derzeitigem Kenntnisstand verhältnismäßig.“ So lautet das Urteil des bayerischen Innenministeriums über den Polizeieinsatz zur Räumung einer Blockade gegen den NPD-Truck am 5. September in Regensburg. Das geht aus einer Antwort von Joachim Herrmann auf eine Anfrage der Landtagsgrünen vom 25. Oktober hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Bei der brutalen Festnahme eines 22jährigen redet der Innenminister um den heißen Brei herum. Wir veröffentlichen unten ein weiteres Video.
„A ruffian’s game played by gentlemen.“ So lautet ein geflügeltes Wort über den englischen Volkssport Rugby. Und ein wenig mag man sich daran erinnert fühlen, wenn man am Montag in der Trainingshalle des ESV 1927 Regensburg vorbei schaut, auch wenn es keine Gentlemen, sondern Ladies sind, die sich hier einer etwas raueren Sportart widmen.
Enttäuschte, ja fast schon beleidigte Medienvertreter: Beim „Nacktprotest“ auf dem Neupfarrplatz wartete man vergeblich darauf, dass die Piraten blank ziehen würden.
Am Dienstag starteten die deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam in Bielefeld. In der Presse kommen die modernen Wettbewerbe nach wie vor schlecht weg, zuletzt bei Boris Preckwitz in einem im Oktober 2012 erschienen Artikel der Süddeutschen Zeitung: „Mehr und mehr eine Farce“ seien Poetry Slams – langweilig, billig oder sogar falsch. Eine späte Antwort.
Fast dreißig Jahre hat sie standgehalten, die selbstinszenierte Heldengeschichte von Robert Bürger als dem Retter Regensburgs 1945. Seit Peter Eiser und Günter Schießl sie im April 2012 in „Kriegsende in Regensburg“ einer Revision unterzogen haben, gelten Bürgers Erzählungen als grundsätzlich erschüttert und ihr Urheber als findiger Quellenmanipulator. Ein Zwischenbericht über den Stand einer Debatte, die im vergangenheitspolitischen Treibsand Regensburgs zu verschwinden droht.
Drei Oberstaatsanwälte und ein Generalstaatsanwalt ermitteln seit über drei Jahren. Verhört wurden 35 LKA-Beamte, Richter und ein Ex-Staatsanwalt, die teilweise selbst unter Tatverdacht standen. Die Akte ist über 700 Seiten dick. Ermittelt wird nicht gegen Schwerkriminelle. Ermittelt wird nicht wegen Drogenhandel, Mord oder Vergewaltigung. Ermittelt wird gegen einen Journalisten, der eine Parteispende an die CSU offenlegte. Jagdszenen aus Bayern.
Missbrauchsskandal? War da was? Die Diözese Regensburg lässt die Stelle der im Mai verstorbenen Missbrauchsbeauftragten seit Monaten unbesetzt. Von anfänglichen Versprechungen des neuen Bischofs spüren Betroffene nichts. Doch wenn sich schon die Diözese nicht mehr mit den Missbrauchsfällen und deren Vertuschung beschäftigen will, so tut dies zumindest ein Kurzfilm aus Regensburg.
Regensburg ist eine größenwahnsinnige Stadt. Wenn andere Städte etwas haben oder sind, hat oder ist Regensburg die größtmögliche Steigerung davon. Das erscheint unserer Autorin Bianca Haslbeck bisweilen etwas zweifelhaft. Deshalb schreibt sie in ihrer vierzehntägig erscheinenden Kolumne dieses Mal über die wichtigsten Regensburger Superlative. Höchst subjektiv und höchstpersönlich. Heute: Teil 2 – Stadt der Superlative.
Das Landgericht Regensburg hat die Strafe gegen einen notorischen Holocaustleugner verschärft. Statt der erstinstanzlichen Bewährungsstrafe gab es dieses Mal sechs Monate Haft.
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Er hätte besser mit der Kutsche fahren sollen: Als der Regensburger Bernd Neumann-Henneberg Anfang Oktober seine Kinder in Großbritannien besuchen wollte, wurde der 69jährige in Harwich von der Polizei als vermeintlicher Drogenschmuggler festgenommen. Die Briten hatten offensichtlich seine E-Mails mitgelesen.
Die Stadtbau hat einen kleinen Internetpranger für einen „renitenten Mieter“ eingerichtet, auf dem sie auch noch mit „Sabotage-Akten“ in Verbindung gebracht werden. Oberbürgermeister Schaidinger findet das toll. Sein Wunsch-Nachfolger Schlegl spendet dazu gar Applaus.
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