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Stadtfreiheitstag 2011: Rede von OB Hans Schaidinger

Rede von Oberbürgermeister Hans Schaidinger anlässlich des Stadtfreiheitstags am Samstag, 12. November 2011, um 20 Uhr im Historischen Reichssaal _______________________________ Anrede Einer guten Tradition folgend, feiern wir heute die Verleihung der Stadtfreiheit an die Bürgerinnen und Bürger in Regensburg vor 766 Jahren. Am 10. November 1245 erhob Kaiser Friedrich II. mit dem Edikt von Pavia Regensburg zur freien Reichsstadt, die von da an nur noch dem Kaiser unterstellt sein sollte. Ein großer Fortschritt: Die Abhängigkeit von Bayernherzog und Bischof hatte ein Ende. Leibeigenschaft und Fremdbestimmung waren von da an Vergangenheit. Die Bürgerinnen und Bürger konnten das Schicksal ihrer Stadt endlich selbst in die Hand nehmen. Wer war dieser Kaiser, dem wir diese Gunst verdanken? Was hat ihn zu diesem Schritt bewogen? Geboren in Jesi in der Nähe von Ancona, hauptsächlich in Süditalien lebend, obwohl deutscher Stauferkaiser, fällt er durch außergewöhnliche Interessen auf. Er unterhielt sich mit arabischen Gästen in deren Muttersprache, förderte Künste und Wissenschaften – und gründete Städte als Entwicklungszentren des Reiches. Wenn man heute durch „Die Krone Apuliens“ geht, sein „Castelmonte“ oder seine Schriften liest, erschließen sich leicht die visionären Gedanken dieses „stupor mundi“, dieses Menschen, der die Welt in Erstaunen versetzte. Ich freue mich sehr, gemeinsam mit Ihnen, verehrte Gäste unserer diesjährigen Feier des Stadtfreiheitstags, eine Politikerin begrüßen zu dürfen, die seit Jahren diese zentralen Themen umtreiben. Eine seiner Visionen war, Städte zu gründen, um deren Bürgern Entfaltungsmöglichkeiten zu verschaffen, in wirtschaftlicher, politischer und kultureller Sicht. Und er wollte Städte mit möglichst viel Unabhängigkeit und möglichst wenig Bevormundung. Darum geht es heute immer noch. Uns bewegen heute zwei zentrale Fragen: Welche Zukunft haben unsere Städte? Und welche Städte werden wir in Zukunft haben? Ihr persönlicher Internetauftritt beginnt mit der Feststellung einer ausgewiesenen Lokalpatriotin: „Jeder, der nach Frankfurt kommt, wird schon nach kurzer Zeit meine Begeisterung für diese Stadt teilen.“ Ich kann den Wahrheitsgehalt dieses Satzes voll und ganz bestätigen. Allerdings erlaube ich mir den freundlichen Hinweis, dass das Wecken von Begeisterung kein Alleinstellungsmerkmal von Frankfurt am Main ist. Die vielen hunderttausend Gäste, die alljährlich unsere Welterbestadt besuchen, teilen ebenfalls schon nach kürzester Zeit die große Begeisterung, die wir Regensburger für unsere Stadt empfinden. So haben wir dann schon mal eine erste wichtige Gemeinsamkeit von Frankfurt und Regensburg herausgearbeitet. Regensburg und Frankfurt verbindet aber noch vieles mehr. Beide Städte gehörten im Mittelalter zu den bedeutenden Zentren Deutschlands. Beide waren Freie Reichsstädte. Sie unterstanden direkt dem Kaiser und konnten schon früh ihre Selbstverwaltung entwickeln und ihre Geschicke in die eigene Hand nehmen. Und sie hatten große politische Bedeutung: Frankfurt war die Krönungsstadt der römisch-deutschen Kaiser. In Regensburg tagte unter der Regentschaft dieser Kaiser eine Art frühes Parlament: Hier, im Historischen Reichssaal, kam von 1663 bis 1806 der Immerwährende Reichstag zusammen. Heute begründen eine starke Wirtschaft und eine renommierte Wissenschaft die Bedeutung unserer beiden Städte. Frankfurt ist einer der weltweit bedeutenden Finanzplätze. Wir gönnen den Frankfurtern gerne, dass sie ein paar Banken mehr haben als wir, schließlich sind wir auf anderen Sektoren sehr erfolgreich: mit Biotechnologie, Automobilbau, Sensorik, Elektrotechnik und Informationstechnologie. Bei der Römerzeit kommen unsere beiden Städte übrigens nicht zusammen: Regensburg wurde bekanntermaßen von den Römern gegründet – nicht aber Frankfurt, das erst 620 Jahre später urkundlich erstmals erwähnt wurde. Umso erstaunlicher ist es, dass das Frankfurter Stadtoberhaupt in einem Gebäude namens Römer residiert – ein Rätsel, das sich bis heute nicht restlos hat aufklären lassen. Von diesem Römer aus arbeitet Petra Roth seit dem 5. Juli 1995 als erste Frankfurter Oberbürgermeisterin am ständigen Wachsen und Gedeihen ihrer Stadt. Eigentlich ist Petra Roth ja ein Nordlicht, geboren in Bremen, wo sie zunächst eine Ausbildung zur Arzthelferin abschloss und später die Höhere Handelsschule absolvierte. Gute private Gründe führten sie nach Frankfurt am Main, wo sie sich schon bald politisch engagierte. Sie trat 1972 der CDU bei und war insgesamt rund 15 Jahre Mitglied der Frankfurter Stadtverordneten-versammlung, davon zwei Jahre Stadtverordnetenvorsteherin. Zudem war sie von 1987 bis 1995 Abgeordnete im Hessischen Landtag für den Wahlkreis Frankfurt-Ost. Zwei Jahre nach ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin wurde sie auch schon an die Spitze des Deutschen Städtetags berufen. Inzwischen hat sie das Amt der Präsidentin im Turnus insgesamt sechs Jahre lang innegehabt, ein Jahr lang war sie die amtierende Präsidentin und sieben Jahre lang Vizepräsidentin der wichtigsten deutschen Städtevertretung. Seit Mai dieses Jahres ist sie erneut Vizepräsidentin. Petra Roth ist Trägerin zweier Ehrendoktorwürden – verliehen von der Universität Tel Aviv und der Sookmyung Women´s University in Seoul. Zudem wurde sie ausgezeichnet als Offizier der französischen Ehrenlegion für ihre Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft und für die Leistungen Frankfurts bei der Integration von Ausländern. Ich persönlich habe Petra Roth als eine sehr kollegiale, fachlich herausragende und glühende Vertreterin der deutschen Städte kennen und schätzen gelernt. Sie zeigt Tapferkeit vor Freund und Feind – von der Bundeskanzlerin über die Ministerpräsidenten bis hin zur Ministerialbürokratie. So muss das auch sein im Deutschen Städtetag: Da melden sich nicht Parteimenschen zu Wort, sondern die Vertreterinnen und Vertreter der Städte. Ein enger Zusammenhalt dieser Städtevertretung ist schon allein deswegen nötig, weil allenthalben Begehrlichkeiten und raffiniert verlegte Fallstricke lauern. Im Prinzip geht es ständig darum, dass der Bund und die Länder sich mit ungeahnter Phantasie immer neue Aufgaben einfallen lassen, die sie den Städten aufbürden können. Dabei unterlaufen sie mit großer Kreativität den Grundsatz, dass derjenige, der anschafft, auch zahlen muss. Am Ende kommt dabei heraus, dass die Städte auf hohen Kosten sitzen bleiben. Hohe Kosten wiederum schränken die Gestaltungsmöglich- keiten und damit die Entscheidungs- freiheit der Städte ein. Wenn es aber nur noch ums Verwalten und nicht mehr ums Gestalten geht, kann von wirklich freien Städten keine Rede mehr sein. Umso dringlicher ist es, dass wir immer wieder daran erinnern, welches hohe Gut die kommunale Selbstbestimmung ist. Ich bin sicher, dass uns Dr. h.c. Petra Roth in ihrem Festvortrag interessante Antworten geben wird.

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