Der Holocaustleugner Richard Williamson wehrt sich weiter hartnäckig gegen seine Verurteilung. Bei der vierten Auflage des Prozesses gegen den 73jährigen war auch zu erfahren, was das alles mit Derrick zu tun hat und warum man in Argentinien eine Medienumfrage durchführen sollte.
Vom Bischof zum Idol der Antisemiten-Szene: Richard Williamson.
Das Klemmbrett, auf dem Andreas Kischka akribisch alles mitnotiert, was Richter und Verteidiger sagen, wirkt fast etwas zu klein geraten für den massigen Berliner im Blaumann. Zischka, der sich selbst als Mitglied der „Ernst-Zündel-Truppe“ bezeichnet – eine, wenn man so will, Hommage an den bekennenden Nationalsozialisten und Holocaustleugner dieses Namens – fehlt bundesweit bei fast keinem Prozess gegen jene, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, den industriellen Massenmord an den Juden kleinzureden, zu bestreiten, zu leugnen. Und so gehört Kischka ob dieser Leidenschaft am Regensburger Gericht zwischenzeitlich zu den bekannten Gesichtern.
Vier Prozesse in drei Jahren
Zum mittlerweile vierten Mal in den letzten drei Jahren wird hier gegen Richard Williamson verhandelt. In einem Interview in Zaitzkofen hatte der (mittlerweile ehemalige) Bischof der erzreaktionären Piusbruderschaft 2008 einem schwedischen Fernsehteam erklärt, dass es keine Gaskammern gegeben habe, dass allenfalls „200.000 bis 300.000 Juden“ in Konzentrationslagern „umgekommen“ seien und dass es eine „massive Ausbeutung der Deutschen“ gegeben hätte, die unter einem „Schuldkomplex“ litten. Dass diese Aussagen, mit denen er sich explizit an Deutsche gewandt hatte, in Deutschland, wo Holocaustleugnung im Gegensatz zu Schweden strafbar ist, die Öffentlichkeit erreichen könnten, will Williamson nicht geahnt und schon gar nicht beabsichtigt haben.
Zum ersten Mal verurteilte ihn das Amtsgericht im April 2010 deshalb wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe. Das Landgericht bestätigte dieses Urteil weitgehend im Juli 2011. Im Februar 2012 hingegen stellte das Oberlandesgericht Nürnberg das Verfahren wegen Mängeln im Strafbefehl ein. Und so erging ein neuer, überarbeiteter Strafbefehl, Williamson legte erneut Widerspruch ein und das Spielchen begann von vorne: Im Januar wurde er erneut verurteilt. Seit Montag läuft am Landgericht der Berufungsprozess.
Wiederholung vor leeren Rängen
Es wirkt alles wie eine Wiederholung der vorangegangenen Verhandlungen: Wieder einmal wird verlesen, warum die schwedischen Journalisten nicht zum Verfahren erscheinen. Wieder einmal muss die eigens bestellte Dolmetscherin untätig beim Prozess verharren. Wieder einmal werden die Kripobeamten vernommen, die Videos als Beweise aus dem Internet gesichert haben und wieder einmal gibt es bei deren Vorführung im Gerichtssaal technische Probleme. Dieses Mal dauert es sehr lange, bis Williamsons Aussagen über den Bildschirm flimmern. Der Beschuldigte selbst hat es, wie schon in der Vergangenheit, vorgezogen, ebenfalls nicht zu erscheinen. Und wie schon die letzten Male sind die Anträge der Verteidigung zahlreich und mannigfaltig.
Wegen des erwarteten Andrangs: Eine zweiseitige Verfügung zur Platzvergabe. Foto:as
Abgesehen von Kischka, einem Rudel Journalisten und einigen Rechtsreferendaren interessiert es aber ohnehin niemanden mehr, dass sich der 73jährige Brite weiterhin hartnäckig gegen seinen Strafbefehl wehrt. Der große Sitzungssaal wäre ohne die Medienleute quasi leer und so wirkt die zweiseitige Verfügung vor der der Tür des Gerichtssaals, in der die Ausgabe von Platzkarten bei übergroßem Interesse angekündigt wird, etwas skurril.
Dasselbe gilt für manchen Antrag der Verteidigung. Das Zweiergespann Professor Edgar Weiler und Dr. Andreas Geipel stellt auf die medienrechtliche Dimension des Falls ab. Williamson habe ja nicht wissen können, dass das Interview ins Internet eingestellt werden und damit auch in Deutschland Verbreitung finden würde. Er habe sogar noch versucht, dies per Einstweiliger Verfügung zu verhindern.
„Harry, fahr schon mal den Panzer vor…“
Außerdem, so Geipel, wisse ja „jeder Journalist“, dass die Einwilligung für ein Interview sich „nur auf den konkreten Zweck“ erstrecken würde und es nicht einfach so verbreitet werden dürfe. Das sei, so Geipel weiter, in etwa so wie mit Horst Tappert und Derrick. Nein, dabei geht es nicht um die Zugehörigkeit von Horst Tappert in der Waffen-SS, es geht um die posthuimen Verwertungsrechte des Fernsehkommissars.
Diese Serie werde zwar weltweit ausgestrahlt, so Geipel, aber für jede Nutzung in anderen Ländern gebe es neue Verträge und „für jeden Weiterverkauf bekommt man Geld“. Das hat mit Journalismus, Interviews und deren Verbreitung vermutlich genau so viel zu tun wie seine, Geipels Verträge für Buch- und Aufsatzveröffentlichungen, die er ebenfalls als Beweis vorlegen will, wofür auch immer.
Edgar Zeiler und Andreas Geipel (v.l.): Notfalls wollen siefür ihren Mandanten bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. Foto: Archiv
Zum Beweis dafür, dass Williamson nicht habe wissen können, dass der schwedische Fernsehsender, für den er das Interview gab, auch über Satellit und Internet zu empfangen ist, fordert Geipel eine Umfrage in Argentinien, wo sein Mandant zu diesem Zeitpunkt als Bischof lebte und wirkte.
Urteil am 23. September
Die medienrechtliche Frage, die hinter alldem steckt, mag durchaus interessant sein: Darf ein britischer Staatsbürger auf deutschem Boden gegenüber einem schwedischen Fernsehteam den Holocaust leugnen? Ist dies ein öffentliches und damit strafbares Leugnen des Holocausts im Sinne der deutschen Rechtsprechung? Möglicherweise wird darüber erst der Europäische Gerichtshof entscheiden. Denn dass notfalls bis zu dieser Instanz prozessiert werden wird, haben die Rechtsanwälte des angeblich mittellosen Bischofs bereits angekündigt. So oder so wird Andreas Kischka noch einiges auf seinem Klemmbrett notieren können.
Der Prozess in Regensburg wird am 23. September fortgesetzt. Dann soll auch das Urteil gesprochen werden.
Warum brechen Polizisten jemandem die Rippen, gegen den sie nicht einmal Anzeige erstatten, geschweige denn seine Personalien aufnehmen? Die Gewalt bei der Räumung der Blockade gegen den NPD-Truck am Donnerstag war nicht nur sinnlos, sie wurde von der Einsatzleitung billigend in Kauf genommen – auch auf Kosten ihrer eigenen Beamten.
Wieder einmal sucht die NPD Regensburg heim. Doch dieses Mal kündigt die Stadt dies bereits im Vorfeld an. Bürgermeister Joachim Wolbergs hat bereits eine Gegendemonstration angemeldet. Grund für diese neue Informationspolitik: Hans Schaidinger und Gerhard Weber weilen in Urlaub.
Am Donnerstag ist der NPD-Landesvize und „Secretary“ der Bandidos Regensburg Sascha Roßmüller vor dem Verwaltungsgericht Regensburg abgeblitzt. Das Landratsamt Straubing-Bogen hatte ihm die Erlaubnis für den Betrieb eines Sicherheitsunternehmens entzogen. Das Gericht wies Roßmüllers Klage dagegen ab. Roßmüller ist allerdings nicht die einzige Verbindung in Ostbayern, die zwischen rechtsextremer Einstellung, Motorradclubs und/ oder Sicherheitsunternehmen besteht.
Der Neonazi Marcel Finzelberg will unserer Redaktion verbieten lassen, über seinen Gewaltausbruch bei einem Aufmarsch in Regensburg zu berichten. Wir haben es abgelehnt, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen und behalten uns nun selbst juristische Schritte gegen Finzelberg vor.
Vor einem knappen Jahr machte die NPD bei ihrer „Deutschlandfahrt“ in Regensburg Station. Für die Nazis war der Aufenthalt hier offenbar sehr frustrierend. Ein bekannter NPD-Multifunktionär schlug zu. Am Dienstag musste er sich deshalb vor dem Amtsgericht verantworten.
Der NSU-Untersuchungsausschuss im bayerischen Landtag geht seinem Ende zu. Am Dienstag wurde Günther Beckstein vernommen. Irgendwelche Erkenntnisse hat das nicht gebracht.
„Kein Deutsches (sic!) Blut durch Fremde (sic!) Täter.“ Das nazistische „Freie Netz Süd“ bejammert derzeit eine angebliche „Ausländergewalt“ in Regensburg. Die vermeintlichen Angriffe sind zum Teil frei erfunden und dürften in den Bereich der Volksverhetzung fallen. Es ist nicht das erste Mal, dass dies folgenlos für die Nazis bleibt.
Wegen eines Vortrags bei einer Rechtsaußen-Burschenschaft mit diversen Neonazi-Gewächsen steht ein Berliner CDU-Politiker im Zwielicht. Dass man mit einer Einladung der einst in Regensburg ansässigen Prager Burschenschaft Teutonia auch anders umgehen kann und wen diese Burschenschaft so verehrt und hervorgebracht hat, hat Regensburg Digital 2009 dokumentiert.
Es ist ein Schlag ins Gesicht einer engagierten Zivilgesellschaft: Auf einem vorgeblichen Bildungsportal diffamiert der bayerische „Verfassungsschutz“ Regensburger Nazi-Gegner pauschal als gewaltbereite „Linksextremisten“. Auch ansonsten verbreiten die Geheimdienstler dort keine Bildung, sondern Lügen und Propaganda.
Kurzfristig hatte das Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“ am Freitag zu einer Demonstration in Regensburg aufgerufen. Trotz einer geringen Mobilisierungszeit demonstrierten genug Regensburger Bürgerinnen und Bürger gegen den Aufmarsch, so dass dieser bereits nach wenigen Metern zum Stillstand kam.
Amberg ist nicht nur die „Perle der Oberpfalz“, sondern gilt als Beispiel für das Verharmlosen und Kleinreden von Nazi-Strukturen. Zu diesem Ergebnis kommt die Amadeu-Antonio-Stiftung in einem aktuellen Report. Manche Politiker seien „eher Teil des Problems denn der Lösung“, lautet ein Fazit. Beim Amberger Oberbürgermeister kann man durchaus zu dieser Einschätzung kommen.
Elly Maldaque war das erste Nazi-Opfer in Regensburg? Ein kürzlich erschienenes Buch räumt mit dieser Legende auf und zeichnet ein vergessenes Stück Regensburger Stadtgeschichte nach.
Aufmarschrouten von Neonazis unterliegen in Regensburg weiter der Geheimhaltung. Der Stadtrat ist da zwar mit übergroßer Mehrheit anderer Meinung, allerdings liegt die Sache in den Händen der Verwaltung, also von Hans Schaidinger.
Im Sommer wurde in Regensburg ein Gewerkschafter von zwei Neonazis zusammengeschlagen. Das Ermittlungsverfahren gegen die unbekannten Täter hat die Staatsanwaltschaft jetzt eingestellt. Eine Neonazi-Seite darf sich straflos über solche Gewalttaten freuen und weiter Hetze betreiben – obwohl der Server in Deutschland liegt und die Urheber bekannt sind.
Gegendemo, nur vier Interessenten und Flucht durch den Hinterausgang: Das Gründungstreffen der Gruppierung „Pro Regensburg“ am Mittwoch war für die Rechtsextremen ein ziemlicher Flop. Am Rande wurde offenbar, wie zerstritten die „Pro-Bewegung“ in Bayern ist. Da heißt es Pro contra Pro.
Für ihre Gründungsversammlung muss sich „Pro Regensburg“ offenbar nach anderen Räumen umsehen. „Diese Leute kommen mir nicht ins Haus“, sagt die Wirtin, in deren Lokal die rassistische Partei zur Gründungsversammlung geladen hat.
Unter dem Deckmäntelchen der Islamkritik sammeln sich unter dem Dach der „Pro-Bewegung“ Rassisten, Volksverhetzer und Neonazis. Am 31. Oktober soll nun in Regenstauf die Gruppe „Pro Regensburg“ gegründet werden. Das Bündnis „Kein Platz für Nazis“ hat das Restaurant, in dem sich die Rechtsextremen treffen wollen, aufgefordert, den Termin abzusagen.
Die Stadt Regensburg wird Nazi-Aufmärsche auch künftig geheim halten und spricht von einer erfolgreichen Strategie. Interessant in der Mitteilung ist allenfalls, dass „Grundsätze des Versammlungsrechts, die schon bisher Allgemeingut waren“ für das Ordnungsamt neu zu sein scheinen.