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Archiv für 7. Januar 2010

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In letzter Minute hat MC Burger King alles besorgt, was er für den heutigen Abend braucht: Konfetti, Tröten und eine Froschmütze. Für zwei Energydrinks hat das Geld auch noch gereicht. Jetzt hetzen wir über den Regensburger Hauptbahnhof, um noch rechtzeitig den Zug nach Augsburg zu erreichen. Von dort geht es weiter nach Leutkirch. Die Bassschickeria ist heute (Dienstag) Headliner bei der get-stoked-Party im Café Alcazar.

„Die überschätzen uns total”, murmelt MC Burger King, Kopf der Band, als er sich leicht schwitzend im anrollenden Zug niederlässt. „Wir sind schlecht. Und das nicht wirklich gut.” Dann wird der Energydrink ausgepackt und die Froschmütze anprobiert. Was tut man nicht alles für 100 Euro Anfahrtsgeld, die durch drei geteilt werden …

Wohin will wer? Wer will wo hin? Gibt es einen Sinn? Bassschickeria, Denkstopp

mc-burgerking

Vor eineinhalb Jahren hat die Bassschickeria eine Demo-CD an den Zündfunk geschickt. Von der Jury wurden sie dafür weitgehend „gegrillt”. War es das mit Kugelschreiber gekritzelte Cover? Die getrocknete Löwenzahnblüte in der Hülle? Oder doch die Musik? Wer weiß.

Seit fünf Jahren geistert die „musikalische Selbsthilfegruppe” (Bassschickeria über Bassschickeria) in wechselnder Besetzung durchs Musikuniversum. DJ Hans Wurstsalat kümmert sich um die Kompositionen. Er ist heute nicht dabei. „Sitzt im BKH, um abzunehmen. Aber er hat sein I-Phone dabei”, erklärt MC Burger King kryptisch, als wir am Augsburger Hauptbahnhof in einen Ford Kaa steigen, um die Fahrt nach Leutkirch fortzusetzen.

Dort warten Helmut Kool, DJ Ghettobusen und eine nervenstarke Fahrerin, die sich von den Gesangsproben der drei während der eineinhalbstündigen Autofahrt nicht stören lässt. Ein Bier kreist auf der Rückbank.

Schizophrene Phasen verstoßen gegen Paragraphen Bassschickeria, Matrixwackeln

transformers

„Musik wird überbewertet. Endlich in Ruhe ein Bier trinken und rauchen, ohne mit sinnlosem Quatsch zugemüllt zu werden.” MC Burger King ist zufrieden. Der Soundcheck im Café Alcazar hat geklappt („Braucht’s nicht. Ihr seid’s ja Elektro”, meint der hauseigene Mischer.).

Es ist ruhig. Die ersten Gäste werden in knapp zwei Stunden erwartet. Zeit, um aus dem Nähkästchen zu plaudern.

„Unsere Inspiration holen wir uns in einem Zimmer in Tutzing am Starnberger See mit Blick auf die Peter-Maffay-Villa”, fabuliert Helmut Kool. „Dort schöpfen wir die Kraft und Melodik, die wir in unsere Rocksongs legen, zum Beispiel über den Tod von Jimi Hendrix.” Ein Rocksong über Jimi Hendrix? Er scheint noch in der Entstehungsphase zu sein. Apropos Entstehung: Diverse Gründungsmythen der Bassschickeria werden an diesem Abend zum Besten gegeben. Als Heilerziehungspfleger haben Helmut Kool und DJ Ghettobussen den Burger King kennengelernt. „Haschspritzenentzug.” Oder: „Wir haben uns über Gay Romeo im Internet gedatet und beschlossen, wenn schon keinen Sex wenigstens Musik miteinander zu machen.” Oder …

Mein Geist ist dreckig wie ein Slum.
Bassschickeria, Matrixwackeln

Mit fortschreitender Zeit werden die Mythen immer weniger jugendfrei – trotz der strikten Anweisung von MC Burger King: „Kein Alkohol vor dem Auftritt.” Den einen oder anderen doppelten Jägermeister gönnt der MC sich aber doch, bevor das Trio – im Anschluss an eine Schülerschrammelband mit grammatikalisch bedenklichen Texten und einer Ska-Combo, die schon mal ein wenig einheizt – die Bühne betritt. Der Saal ist voll.

Tupperparty, Tupperparty, Tupperparty – Tupper Bassschickeria, Tupperparty

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Wenigstens zehn gefühlte Minuten springen drei Typen mit Transformer-Helmen und Froschmützen trötend und Konfetti-schmeißend auf der Bühne herum. „Ihr seid das beste Publikum, das wir je hatten. Ihr seid die Besten. Die Tollsten, die Allerbesten.”

So gelobt beginnen die Leute, sich vor der Bühne zu drängen. Von der kommen bald Beat, Bass und Texte, die mal gekreischt, geschrien, aber auch gesungen werden. Es ist der erlesenere Teil des Publikums, der dazu in Tanzlaune gerät. Andere treten den Rückzug an die Bar an, applaudieren aber doch ab und an, zu dem, was da aus den Boxen kommt und irgendwo zwischen Hip Hop, Elektro und Punk angesiedelt sein dürfte. DJ Ghettobusen holt aus seinem Laptop alles heraus, was drin ist. MC Burger King und Helmut Kool haben nach ihrem Auftritt keine Stimme mehr.

Das Konzert hat Überlänge. Diverse Zugabe-Wünsche müssen befriedigt werden. Mit einem „Das war’s, ihr Arschlöcher”, beschließt die Bassschickeria ihren Auftritt.

Wenn was geht, dann geht was
Bassschickeria, Ausnüchterungszelle

„Wahnsinn. Den Leuten hat das voll gefallen”, freut sich Helmut Kool als wir – drei Stunden später – wieder zusammengepfercht im Ford Kaa über die dunkle Autobahn zurück nach Augsburg fahren. „Scheiße. Stimmt. Genau deshalb hat sich Kurt Cobain erschossen”, meint MC Burger King dazu. Dann schläft er ein. top2

drin