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Archiv für 9. August 2013

31. Regensburger Stummfilmwoche

Zwischen Aufruhr und Wahnsinn

Mit Bügelbrett und Regenradar startete gestern die 31. Auflage der Regensburger Stummfilmwoche. Gezeigt wurde „Das Cabinet des Dr. Caligari”, begleitet von einer ganz besonderen musikalischen Untermalung.
"Das Cabinett des Dr. Caligari" ist einer der berühmtesten deutschen Filme überhaupt. Bilder: Deutsches Filminstitut

“Das Cabinet des Dr. Caligari” ist einer der berühmtesten deutschen Filme überhaupt. Bilder: Deutsches Filminstitut

Der Klosterhof des Historischen Museums ist bereits gut gefüllt, als Jan Kahlert für einen kurzen Moment sein Trautonium aufschreien lässt. Der Musiker sitzt vor einem Bügelbrett, auf dem das etwa koffergroße Instrument steht, welches man auch für ein Möbelstück halten könnte. Doch im Inneren der massivhölzernen Verkleidung verbirgt sich eines der ersten elektronischen Musikinstrumente überhaupt. 1930 fertigte Friedrich Trautwein gemeinsam mit Oskar Sala den ersten Prototyp des ausgefallenen Klangerzeugers an. Damit passt das Trautonium bestens in die Zeit von „Das Cabinet des Dr. Caligari”, jenem Meilenstein des Stumm-, Spiel- und Horrorfilms, den Robert Wiene 1920 einem Publikum präsentierte, welches sich irgendwo in den Wirrungen der Zwischenkriegszeit befand. Von den Drehbuchschreibern als geradezu prophetisches Gleichnis auf den tyrannischen Wahnsinn der Autorität gedacht und von Regisseur Wiene kurzerhand zum konformistischen, herrschaftsbejahenden Paradestück umgemünzt, faszinierte das Werk schon kurz nach seinem Erscheinen vor allem durch seine unorthodoxe, düstere und durchweg surreale Optik.

Projektorrattern und Darsteller aus einer anderen Zeit

An diesem Donnerstagabend im August, mehr als 90 Jahre später, wirft nun ein riesiger, stilecht ratternder Projektor – ein Geräusch, das schon heute aus den meisten Kinos verschwunden ist und in ein paar Jahrzehnten wohl nur noch von Puristen mit dem Film assoziiert wird – den „Dr. Caligari” auf eine Regensburger Leinwand unter freiem Himmel. Eine Pause gibt es nicht, da man nicht sicher sein kann, ob das Wetter hält. Organisatorin Nicole Litzel vom Arbeitskreis Film und ihr Team haben zwar extra ein Wetterradar zurate gezogen und mit dessen Hilfe prognostiziert, dass es in den nächsten drei Stunden keinen Regen geben sollte. Aber sicher ist sicher.
Die Musiker Jan Kahlert und Klaus Reichardt erweckten die Bilder des Klassikers zu neuem Leben.

Die Musiker Jan Kahlert und Klaus Reichardt erweckten die Bilder des Klassikers zu neuem Leben.

So bleibt dem gespannten Publikum vor der malerischen Kulisse des ehemaligen Minoritenklosters keine Möglichkeit, dem Geschehen auf der Leinwand auch nur für Minuten zu entfliehen. Werner Krauß, der später bei den Nazis Karriere machen sollte, als Dr. Caligari und Conrad Veidt – gewissermaßen der Johnny Depp seiner Zeit – als dessen willenloser Gehilfe vermögen es auch im 21. Jahrhundert, lange nach ihrem Tod, die Menschen in ihren Bann zu ziehen.

Soundteppich zwischen Free Jazz und Martinshorn

Was die Münchner Musiker Jan Kahlert am Trautonium und Klaus Reichardt am Keyboard als musikalische Live-Untermalung liefern, ist nicht minder faszinierend. Ein wahrer Soundteppich, irgendwo zwischen improvisatorischem Free Jazz und Synthie-Avantgarde, der sogar die unvermeidlichen Störgeräusche aus Richtung Dachauplatz – Martinshörner und durchstartende Motorräder – in seinen musikalischen Kosmos einwebt, ist schon für sich genommen stehende Ovationen wert. Ein langanhaltender Applaus verabschiedet die beiden dann auch in ihren wohlverdienten Feierabend. Es sind schon besondere Erlebnisse, die die Stummfilmwoche jedes Jahr aufs Neue zu bieten hat. Bis nächsten Samstag haben alle Regensburger noch die Gelegenheit, eine der Vorstellungen zu besuchen und in eine cineastische Welt einzutauchen, deren Schauspiel und Inszenierung von einer anderen Qualität waren. Darsteller und Regisseure zwischen Aufruhr und Wahnsinn – was bleibt, sind Zeitzeugnisse, deren künstlerische Wucht bis heute ungebrochen ist. Hier kann man einen der Erfinder des Trautoniums, Oskar Sala, beim Spielen des Instruments sehen.
Verstoß gegen Residenzpflicht: 250 Euro Strafe

„Das Problem ist, dass das Gesetz so ist“

„Die Residenzpflicht ist mir scheißegal.“ Mit diesem Satz kündigte Mohammad Kalali im Juli 2012 an, sich nicht an dieses deutsche Sondergesetz zu halten, das dem Iraner verbietet, die Oberpfalz zu verlassen. In Begleitung des Journalisten Stefan Aigner reiste Kalali quer durch die Republik und besuchte andere protestierende Flüchtlinge. Das Amtsgericht in Cham verurteilte ihn am Donnerstag zu einer Geldstrafe von 250 Euro wegen mehrere Verstöße gegen die Residenzpflicht. Er hat dagegen Berufung eingelegt.

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