Aufmarschrouten von Neonazis unterliegen in Regensburg weiter der Geheimhaltung. Der Stadtrat ist da zwar mit übergroßer Mehrheit anderer Meinung, allerdings liegt die Sache in den Händen der Verwaltung, also von Hans Schaidinger.
Läuft seit geraumer Zeit in Regensburg recht erfolgreich: zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Neonazis (hier bei einer Demonstration am 1. August). Foto: Phil Starzinger
Dr. Wolfgang Schörnig wirkt ernst. Fast ein wenig geknickt. Er redet furchtbar viel und sagt dabei erstaunlich wenig. Es geht um Neutralität, darum, dass in der Verwaltung „nicht lauter Sturköpfe“ sitzen, um das fehlende NPD-Verbot und eine „Praxis, die sich bewährt“ habe. Margit Kunc (Grüne) bezeichnet die Ausführungen des Rechtsreferenten später als „enttäuschend und unbefriedigend“.
Der OB schickt seinen Referenten vor
Am Dienstag muss Schörnig den Stadträten im Verwaltungsausschuss erläutern, warum die Ordnungsbehörden der Stadt Regensburg auch künftig die Routen von Neonazi-Aufmärschen geheim halten werden. Datenschutzgründe, Auflagen des Versammlungsrechts oder ähnliche Begründungen, die das Ordnungsamt zuvor für diese Praxis ins Feld geführt hatte, sind – das ist spätestens nach einem Schreiben des bayerischen Innenministers Joachim Hermann klar – allesamt glatter Humbug.
Es liegt in der Verantwortung einer Kommune, wie sie bei dem Thema verfährt. Eine politische Entscheidung. Derjenige, der diese Entscheidung verantwortet, Hans Schaidinger, Oberbürgermeister und mithin Chef der Verwaltung, hat Schörnig vorgeschickt, um den Stadträten Rede und Antwort zu stehen. Er selbst ist nicht da. Ordnungsamtschef Alfred Santfort, der früher immer erster Ansprechpartner war, wenn es um Aufmärsche von Rechtsextremen ging, glänzt am Dienstag gleichfalls durch Abwesenheit.
Lange war man einer Debatte darüber aus dem Weg gegangen. Ein Antrag von Richard Spieß (Linke) zu dem Thema wurde 2009 kurzerhand von der Tagesordnung gestrichen. Begründung: Eine Entscheidung darüber sei allein Sache der Verwaltung.
„Position der Nazis wird indirekt gestärkt“
Daran hat sich auch drei Jahre später nichts geändert. Dass aber am Dienstag dennoch diskutiert wird, liegt an Pfarrer Dr. Gustav Rosenstein und DGB-Chef Christian Dietl. Die beiden haben sich mit einer Eingabe an den Stadtrat gewandt. Sie bitten darin, eine „dringende Empfehlung“ an die Verwaltung auszusprechen: Künftig sollen Ort und Zeitpunkt von Demonstrationen und Kundgebungen der Naziszene bekannt gegeben werden. „Es muss Schluss sein damit, dass durch die Geheimhaltungspraxis der Stadt zivilgesellschaftlicher Widerstand behindert und so die Position der Nazis indirekt gestärkt wird“, kritisiert Luise Gutmann (VVN) bei einer Kundgebung am Dachauplatz – eine Stunde vor Beginn der Sitzung.
Und auch wenn es am Ende dieser Sitzung keine Abstimmung gibt, ist die Botschaft eindeutig: Abgesehen von der CSU sind sich alle Fraktionen im Stadtrat darüber einig, dass Orte und Routen öffentlich gemacht werden sollen. Da helfen auch die wortreichen Ausführungen Schörnigs nichts.
„Unsere Praxis hat sich bewährt“
Der erklärt, ohne konkrete Beispiele zu nennen, dass man sich mit der Geheimhaltungspraxis „in sehr guter Gesellschaft mit anderen Kommunen“ befinde, dass man als Verwaltung neutral agieren müsse und entsprechend entweder alle oder keine Kundgebung öffentlich machen dürfe. Das sei auch einhellige Meinung des bayerischen Städtetags. Dort sitzen auch Städte wie Nürnberg und München.
Muss die Schaidinger-Order an die Verwaltung vertreten: Rechtsreferent Wolfgang Schörnig. Foto: Archiv
In Nürnberg werden bei der Anmeldung von Nazi-Aufmärschen die Fraktionen informiert, in München die Bezirksausschüsse. So oder so: Die Öffentlichkeit erfährt, wann und wo NPD und Konsorten auftreten. Ist das illegal? Schörnig weicht dieser Frage aus. Da gebe es eben Kanäle, da sickere eben etwas durch. Das sei aber die „politische Schiene“. Und von der halte er nichts. „Man sollte sich zu dem bekennen, was man tut.“ Und in Regensburg lehnt die Verwaltung nicht nur eine Information an die Öffentlichkeit ab. Sie verweigert selbst Journalisten, die nachfragen jedwede Information. Der Grund dafür, so Schörnig: „Unsere Praxis hat sich bewährt und wir wollen daran nichts ändern.“
Es tue ihm und seinen Mitarbeitern außerdem weh, wenn bei Kritik an dieser Praxis auch noch immer irgendwie der Vorwurf mitschwinge, man würde mit der Neonazi-Szene sympathisieren. Das sei nicht so und da lege er für jeden seiner Mitarbeiter die Hand ins Feuer.
Wolbergs: „Werde Routen veröffentlichen“
Im Stadtrat erhebt niemand diesen Vorwurf. Nein, das sei eine Frage, die man so oder so sehen könne, meint etwa Thomas Burger (SPD). Dass die SPD das anders sieht, hat deren designierter OB-Kandidat Joachim Wolbergs bereits vor geraumer Zeit deutlich gemacht: Er werde Routen veröffentlichen, sofern er Oberbürgermeister werde. Und dann werden die Zuständigen in der Verwaltung auch diese Praxis wortreich zu rechtfertigen wissen.
Dass der „Volkskörper“ von „Ballastmenschen“ befreit werden sollte, war keine Erfindung der Nazis. Sie griffen nur Thesen auf, die schon lange zuvor in der Ärzteschaft kursierten. Und diese machten nach der Machtübernahme bereitwillig mit. Ein Vortrag am Regensburger Uni-Klinikum.
Selektion pro domo: Pressemitteilungen und Veranstaltungshinweise. Flüchtiger Pöbler: Fahndung erfolgreich Seit Juli hat die Polizei nach einem Mann gefahndet, der wegen Beleidigung zu 600 Euro oder 20 Tagen Knast verurteilt worden war. In Regensburg ging er ihnen ins Netz. JU lässt Wahlprogramm auf Facebook diskutieren Eine Mischung aus Obama-Wahlkampf 2008 und Piraten: Die Junge Union […]
Es ist selten, dass es Grabschmuck zu größeren Schlagzeilen bringt. In Regensburg ist aber manchmal alles etwas anders. Denn hier hat sich ein städtischer Ehrenkranz auf abenteuerliche Wanderschaft begeben und es nun sogar in die Mittelbayerische Zeitung geschafft. Der Kranz liegt nun am Denkmal für sowjetische Zwangsarbeiter.
Deutschland hat ein „sehr liberale Asylrecht“, dafür gebe es breite Zustimmung, aber „so weiter gehen könne das nicht mit dem Asyl“, die Armut der Welt könne schließlich nicht allein hier gelöst werden. Das und mehr bekam man bei der Pressekonferenz des Landratsamts zur Debatte um das Flüchtlingsheim in Donaustauf zu hören. Betont wurde aber vor allem eines: „Donaustauf ist nicht ausländerfeindlich“.
Weil er begonnen hat, sich mit einem zu Thema beschäftigen, das von den etablierten Medien beharrlich ignoriert wird, galt er beim WDR urplötzlich als schwierig. Der Kölner Journalist, Filmemacher und zweifache Grimme-Preisträger Frieder Wagner recherchiert seit Jahren zu den Folgen von Uranmunition. Am kommenden Mittwoch, 21. November, um 18.45 Uhr Uhr kommt Wagner mit seinem Dokumentarfilm „Todesstaub – Die verstrahlten Kinder von Basra“ ins Kino im Andreasstadel. Unser Kollege Frank Schlößer von der Internet-Zeitung das-ist-rostock.de hat mit Wagner gesprochen.
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Wer dem NS-Bürgermeister Schottenheim den Gedenkkranz der Stadt Regensburg gewidmet hat, weiß man weiter nicht. Eines scheint aber festzustehen: Es war kein Sozialdemokrat.
Im Sommer wurde in Regensburg ein Gewerkschafter von zwei Neonazis zusammengeschlagen. Das Ermittlungsverfahren gegen die unbekannten Täter hat die Staatsanwaltschaft jetzt eingestellt. Eine Neonazi-Seite darf sich straflos über solche Gewalttaten freuen und weiter Hetze betreiben – obwohl der Server in Deutschland liegt und die Urheber bekannt sind.
Ein städtischer Gedenkkranz auf dem Grab von Otto Schottenheim? Bei der Stadtverwaltung weiß man nichts von solch posthumen Ehren für den einstigen Nazi-Bürgermeister. Trotzdem liegt er da – mit offiziellen Bändern der Stadt. Ein übler Scherz oder der Alleingang eines städtischen Mitarbeiters? Fest scheint zu stehen: Ein solcher Kranz liegt dort um Allerheiligen fast jedes Jahr.
„Von mir ist nie ein kriminelles Potential ausgegangen. Ich habe Waffen einfach nur gemocht. Schon als Kind.“ Am Donnerstag begann die juristische Aufarbeitung einer schlagzeilenträchtigen Waffenrazzia. Verantworten musste sich ein 46jähriger, bei dem die Ermittler ein beträchtliches Arsenal sichergestellt hatten.
Im angeblichen Kampf des Veranstalters Peter Kittel um die Pressefreiheit (mehr dazu hier und hier) wirft sich nun der Landtagsabgeordnete Franz Rieger (CSU) für seinen ehemaligen Wahlkampfmamager in die Bresche. Als Beleg dient Rieger – ebenso wie zuvor schon der Mittelbayerischen Zeitung – ein vier Jahre altes Zitat von Wolbergs gegenüber regensburg-digital.de, das wir in […]
Vor Gericht stand am Dienstag ein gebrochener Mann. Wegen Untreue in über 40 Fällen wurde der Ex-Stadtrat Reinhold F. zu drei Jahren Haft verurteilt. Damit sind nicht nur sein Ansehen und sein Ruf dahin, er verliert auch all seine Pensionsansprüche. Vom jähen Absturz eines Vorzeige-Bürgers.
Rebellen gegen alle Widerstände – so geriert sich Frei.Wild. Dabei würden sich die Südtiroler Deutschrocker beim politischen Aschermittwoch der CSU gar nicht schlecht machen.
Zwei berühmt-berüchtigte CSUler besuchen Regensburg. Ein angeblicher Angriff auf die Pressefreiheit wird nun auch vom vermeintlichen Opfer thematisiert und eine Stadträtin erteilt dem OB eine Geschichtsstunde. Das und mehr in den Links und Pressemitteilungen.
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