Ein halbes Jahr nach dem Tod von Dr. Birgit Böhm hat das Bistum Regensburg einen neuen Missbrauchsbeauftragten.
Dr. Martin Linder ist neuer Beauftragter des Bistums. Foto: Krischker/ pm
Man muss ja nur ein wenig Geduld haben. Kaum ein halbes Jahr, nachdem die Missbrauchsbeauftragte des Bistums Regensburg, Dr. Birgit Böhm, verstorben ist (wir berichteten vor knapp zwei Wochen über die lange Vakanz der Stelle), hat man sich auch schon um einen Nachfolger gekümmert. Wie das bischöfliche Ordinariat vergangene Woche mitgeteilt hat, ist ab sofort Dr. Martin Linder der neue Ansprechpartner für jene, die sich vom hiesigen Bistum Gerechtigkeit, Hilfe und Anerkennung erhoffen. Das also, womit Betroffene bislang eher wenig Erfahrung gemacht haben.
Der 67jährige Jugendpsychiater und Arzt für psychotherapeutische Medizin leitete bis 2011 die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Bezirksklinikum Regensburg. Linder will nach eigenen Worten „dazu beitragen, den Bereich der Prävention (…) zu stärken und immer weiter zu entwickeln“. „Die Verantwortlichen der Kirche werde er unterstützen, Vorwürfe aufzuklären und erwiesene Straftaten aufzuarbeiten. Ich werde beraten, wie mit einem Täter und seinem Umfeld umzugehen ist.“ Der dreifache Familienvater sieht sich selbst als „unabhängigen Berater“.
Böhm: Von der Bistumsleitung ausgebremst?
Sein Wort in Gottes Ohr. Auch Birgit Böhm mag mit hehren Absichten an den Start gegangen sein, als sie 2008 die Stelle als Missbrauchsbeauftragte übernahm. Unterstellt man dies, lässt sich indes konstatieren, dass Böhm dabei jäh von der Bistumsleitung ausgebremst wurde.
In der Vergangenheit hatten mehrere Opfer ihre anfänglichen Erfahrungen mit Böhm als durchaus positiv geschildert – sie sei eine verständnisvolle und aufmerksame Zuhörerin mit viel Einfühlungsvermögen gewesen. Ausgeblieben sind aber stets tatsächliche Hilfe und Anerkennung. Von Entschädigung ganz zu schweigen.
Zeichnet verantwortlich für demütigende Serienbriefe: Generalvikar Michael Fuchs. Foto: Archiv/ Staudinger
Unter dem neuen Bischof Rudolf Voderholzer, dessen Amtsantritt auch von Missbrauchsopfern mit großer Hoffnung begleitet worden war, hat Fuchs seine Posten trotz dieses demütigenden Umgangs mit den Betroffenen weiterhin inne. Ebenso Pressesprecher Clemens Neck, der in der Vergangenheit damit bekannt wurde, eine recht eigenwillige Version der Wahrheit in Sachen Missbrauch und Entschädigung zu verbreiten.
Immerhin: Kein offenes Abhängigkeitsverhältnis
Ein harter Stand also für Dr. Linder, der allerdings gegenüber Böhm einen wesentlichen Vorteil hat. Im Gegensatz zu ihr – Böhm war Angestellte der Katholischen Jugendfürsorge in Kelheim – steht Linder nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Bistum Regensburg.
P.S:: Den seit Jahren versprochenen Abschlussbericht zum sexuellen Missbrauch im Bistum Regensburg gibt es bis heute nicht.
Missbrauchsskandal? War da was? Die Diözese Regensburg lässt die Stelle der im Mai verstorbenen Missbrauchsbeauftragten seit Monaten unbesetzt. Von anfänglichen Versprechungen des neuen Bischofs spüren Betroffene nichts. Doch wenn sich schon die Diözese nicht mehr mit den Missbrauchsfällen und deren Vertuschung beschäftigen will, so tut dies zumindest ein Kurzfilm aus Regensburg.
Bei seinem ersten Auftritt im Regensburger Presseclub hinterließ Bischof Rudolf Voderholzer einen weitgehend positiven Eindruck. Beim „Thema“ sexueller Missbrauch indes wirkt er engagiert, allerdings auch schlecht informiert. Sein Pressesprecher hat dabei ein ganz eigenes Verständnis von der Wahrheit.
Die Diözese Regensburg ist meilenweit von einer transparenten Aufklärung sexueller Missbrauchsfälle entfernt. Beispielhaft zeigt das die über 50 Jahre andauernde Vertuschungsgeschichte des ehemaligen Domspatzen-Direktors Georg Zimmermann.
Ausgerechnet Müller? Der ehemalige Bischof von Regensburg ist bekanntermaßen als Chef der Glaubenskongregation gen Rom gezogen. Am Freitagmorgen hat Papst Franziskus Herrn Müller nun seine erste Audienz gewährt und aufgefordert, „mit Entschiedenheit“ gegen sexuellen Missbrauch zu handeln. Damit beauftragt der Papst also Gerhard Ludwig Müller. Eine gute Entscheidung.
Es war der 5. März 2010. Damals wandte sich die Diözese Regensburg erstmals an die Öffentlichkeit, um die Medien über sexuellen Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen zu informieren. Bistumssprecher Clemens Neck präsentiere damals nur Jahrzehnte zurückliegende Fälle. Doch selbst diese wurden irreführend und falsch dargestellt. Versuch einer Aufarbeitung.
Große Erwartungen richten sich an den neuen Regensburger Bischof. Das liegt an seiner menschlichen Art, vor allem aber an seinem Vorgänger. Ob Rudolf Voderholzer diese Erwartungen erfüllen kann, hängt davon ab, ob er mit dem „System Müller“ aufräumen kann.
Das geplatzte Forschungsprojekt zum sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche ist für einige Opfer kein Grund zur Trauer. Beim „Unabhängigen Archiv ehemaliger Regensburger Domspatzen“ hat man vom Anfang an an dessen Sinn gezweifelt. Nun wollen die dort zusammengeschlossenen Missbrauchsopfer dem Kriminologen Dr. Christian Pfeiffer ihre Zahlen zur Verfügung stellen. Die Deutsche Bischofskonferenz hat unterdessen angekündigt, Pfeiffer zu verklagen. Der sieht einer solchen Auseinandersetzung „mit Freuden“ entgegen.
Das Forschungsprojekt zur Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche ist gescheitert. Der von der Deutschen Bischofskonferenz beauftragte Kriminologe erhebt schwere Vorwürfe. Offenbar wird dabei ein wesentliches Dilemma der Bischofskonferenz: Sie kann solche Forschungsaufträge nicht ernsthaft vergeben. Es steht jedem Bischof frei, sich zu verweigern. Und das Beispiel Regensburg macht deutlich: Hier wurde bislang nicht aufgeklärt, sondern Aufklärung verhindert. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und ohne Konsequenzen.
Die Diözese Regensburg hat zu Weihnachten nicht nur einen neuen Bischof, sondern auch Post aus Karlsruhe erhalten. Im Rechtsstreit mit unserer Redaktion hat das Bundesverfassungsgericht die Beschwerde der Diözese am 3. Dezember 2012 abgewiesen (1 BvR 558/12).
Warum zieht die Diözese Regensburg trotz anhaltender Erfolglosigkeit eigentlich so gern vor Gericht? Vielleicht liegt es daran, dass ein Gutteil der Kosten vom Steuerzahler übernommen werden muss.
Im Rechtsstreit zwischen der Diözese Regensburg und unserer Redaktion hat das Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde der Diözese gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg bestätigt.
Erst Messwein und Hostien, dann Freibier und Bratwurst: Gerhard Ludwig Müller ist am Sonntag nun offiziell aus Regensburg verabschiedet worden. Er hinterlässt eine Diözese mit einschlägigem Ruf.
Die Diözese Regensburg will den Rechtsstreit mit unserer Redaktion offenbar vors Bundesverfassungsgericht bringen. Das geht aus einem Schreiben an unseren Rechtsanwalt Nils Pütz hervor.
Die Mauer des Schweigens in der Diözese Regensburg will eine Gruppe ehemaliger Domspatzen nun durchbrechen. Vergangenes Wochenende trafen sie sich im Altmühltal und brachten ein Archiv auf den Weg, in dem sie möglichst viele Fälle sexuellen Missbrauchs dokumentieren und veröffentlichen wollen. Dem eben nach Rom beförderten Gerhard Ludwig Müller bescheinigen sie: „Er hat es nicht mehr verdient, als ‘Seelsorger’ bezeichnet zu werden.“
Wenn ein erwachsener Mann den Kopf eines Kindes zwischen die Beine nimmt, stöhnend seinen Penis am Genick des Kindes reibt, während er ihm gleichzeitig auf den nackten Hintern schlägt, dann ist das kein sexueller Missbrauch. Das Stöhnen kann nämlich von der Anstrengung beim Verprügeln kommen.
Am heutigen Mittwoch beschäftigt sich das Bayerische Fernsehen mit dem Umgang der Diözese Regensburg mit Missbrauchsopfern. Betroffene, die sich Anfang des Jahres bei unserer Redaktion gemeldet haben, kommen nun auch vor der Kamera zu Wort.
Der Umgang des Bistums Regensburg mit Missbrauchsopfern wird zunehmend innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz ein Thema. Der Trierer Bischof Dr. Stephan Ackermann hat seinem Regensburger Amtskollegen nun einen Brief geschrieben. „Es gibt Dinge, die nachdenklich stimmen“, sagt er dazu gegenüber einer Trierer Zeitung.
Die Bischofskonferenz tagt noch bis Donnerstag in Regensburg. Mit viel Pomp und frohen Botschaften. Unter dessen speist das Bistum Missbrauchsopfer per Serienbrief ab. regensburg-digital liegen mehrere wortgleiche Schreiben vor, in denen Betroffene zu Lügnern abgestempelt werden. Erschütternd ist der Fall eines 61jährigen, der zusammen mit der Missbrauchsbeauftragten der Diözese seinen einstigen Peiniger getroffen hat. Der bat ihn um Verzeihung. Die Diözese kann die Schilderungen des Mannes dennoch „nicht nachvollziehen“. Die Bischofskonferenz äußert sich zum Verhalten der Regensburger Diözese nicht.