„Das werden die Wähler nicht vergessen“
Die ehemalige Quartiersmanagerin der Humboldtstraße erhebt heftige Vorwürfe gegen die Stadtbau GmbH und die CSU. Die Mieterhöhungen in dem als „Soziale Stadt“ saniertem Viertel kämen einer Vertreibung der angestammten Mieter gleich.
Zehn Jahre war Burgi Geissler Quartiersmanagerin in der Humboldtstraße. Jetzt befürchtet sie eine Vertreibung der angestammten Mieter aus dem Viertel. Foto: Archiv/ as
Es ist ein Brandbrief, den Burgi Geissler verfasst hat. Dass die Stadtbau GmbH Regensburg in ihren 400 Wohnungen in der Humboldtstraße die Mieten kürzlich fast durchweg um die maximal möglichen 20 Prozent erhöht hat, ist für Geissler ein veritabler Skandal. Das kommunale Wohnungsunternehmen habe „mit dieser Politik ihren guten Ruf als verlässlicher Vermieter mit sozialem Augenmaß verspielt“. Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker, dessen Vertrag der Aufsichtsrat mit den Stimmen von CSU, FDP und Freien Wählern vorzeitig verlängert hat, sei angesichts der von ihm praktizierten Mietpolitik eine „völlige Fehlbesetzung“. Den CSU-Stadträten im Aufsichtsrat der Stadtbau prophezeit sie: „Das werden die Mieter nicht vergessen, wenn nächstes Jahr Kommunalwahlen sind.“
Miete: Von vier D-Mark auf acht Euro gestiegen
Zehn Jahre lang war die Sozialpädagogin Quartiersmanagerin in der Humboldtstraße, dem Viertel, das zwischen 2000 und 2010 im Rahmen des Projekts „Soziale Stadt“ saniert wurde. Rund 50 Millionen Euro haben Bund, Freistaat und Stadt an Steuermitteln aufgewendet, um aus dem einstigen „Problemviertel“ einen Vorzeige-Stadtteil zu machen. Und während die Mieten vor der Sanierung bei vier D-Mark gelegen seien, müssten die Mieter nach der letzten Erhöhung durchschnittlich zwischen sieben und acht Euro pro Quadratmeter hinlegen.
…durch die Hintertür zu Sozialhilfeempfängern gemacht
„Die überwältigende Mehrheit der Bewohner in der Humboldtstraße sind kleine Leute, mit mehr Kindern als der Durchschnitt. Leute, die ihr Leben lang gearbeitet, aber wenig verdient haben.“ Dazu kämen Rentner, Alleinerziehende und Migranten. „Diese Menschen, die sich immer abgemüht haben, ihr Leben durch Arbeit selbst zu finanzieren“, würden nun durch die Hintertür zu Hartz IV- oder Sozialhilfeempfängern gemacht.
Eine Zwei-Zimmer-Wohnung mit circa 50 Quadratmetern koste im Monat jetzt um die 500 Euro warm. „In solchen Wohnungstypen leben in der Humboldtstraße überwiegend ältere Frauen mit kleiner Rente und das Wohngeld ist derzeit viel zu niedrig, um solche Mietsteigerungen auszugleichen“, sagt Geissler. Da blieben – „wenn’s gut geht“ – zum Leben vielleicht noch 200 oder 300 Euro. „Wenn´s nicht gut geht, ist der Gang zum Sozialamt fällig. Dort kann es dann passieren, dass man angehalten wird, sich eine billigere Wohnung zu suchen.“
Entgegen der Versprechungen von Oberbürgermeister Hans Schaidinger nach dem Abschluss des Projekts „Soziale Stadt“ stehe nun eine Vertreibung der angestammten Mieter an, die – nach städtischen Angaben – im Schnitt weit über 20 Jahre in diesem Viertel gelebt haben.
„Nutzen haben nur die Investoren.“
Dass die kommunale Wohnbaugesellschaft alle Möglichkeiten zur Mieterhöhung nutze, sei weder zum Vorteil der Mieter noch der Stadt, die mehr Geld für Hartz IV und Grundsicherung ausgeben müsse. „Nutzen haben nur die Investoren für Wohnungsneubau, denn der Mietspiegel steigt und steigt, und bei jeder Neuvermietung muss noch mehr Miete bezahlt werden.“
Tatsächlich liegt Regensburg bundesweit auf Platz drei nach Konstanz und Münster, was die Steigerung bei Neuvermietungen angeht – das belegt eine Untersuchung des Deutschen Mieterbunds. Demnach steigt die Miete in Regensburg dann um 39 Prozent. Zum Vergleich: In München liegt die durchschnittliche Steigerung bei 28 Prozent.
Kontakt zu CSU-Fraktionschef Schlegl?
CSU-Fraktionschef und Oberbürgermeisterkandidat Christian Schlegl, den die Mittelbayerische Zeitung mit Geisslers Vorwürfen konfrontierte, hat erklärt, dass er mit ihr in Kontakt stehe. Darüber kann Geissler nur müde lächeln. „Ich habe Herrn Schlegl angerufen, als ich von den Mieterhöhungen gehört habe und ihm meine Bedenken erklärt. Kurz darauf wurde der Vertrag von Stadtbau-Geschäftsführer Joachim Becker vorzeitig um fünf Jahre verlängert. Seitdem habe ich nichts mehr von Herrn Schlegl gehört.“