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Burger- vs. Bürgermeister oder: Leise ist sch…

„Jeder, der an diesem Lolli lutscht, weiß, dass er fair feiern soll.“ Gerhard Weber ist begeistert. Frank Mosher auch. Bürgermeister und Burgermeister haben sich am Freitag in einer von Moshers McDonald’s-Filialen getroffen, um die Kampagne „Leise ist sch…“ in eine neue Dimension zu führen: Nach Werbespot, Bierdeckeln und Streichholzschachteln sollen nun wohlschmeckende Lutscher mit dem adretten Kampagnen-Logo ab sofort auch Fast-Food-Esser darauf hinweisen, dass es in der Regensburger Altstadt ein Lärmproblem gibt. Es ist eine PR-Veranstaltung, von der jeder etwas haben soll: „Leise ist sch…“ genau so wie der Fast-Food-Mogul. Die anwesenden Medienvertreter erhalten jeweils einen Lolli vom Bürgermeister, schießen ein schönes Lächel-Foto von den beiden und dürfen sich anschließend in Moshers Lokalität einen Kaffee bestellen. Dann setzt man sich nach draußen, um Geschlossenheit im Kampf gegen Müll und Lärm in der Altstadt zu demonstrieren. Doch so sehr Weber und Mosher auch lächeln, sich höflich die Bälle zuspielen und immer wieder sagen „Ja. Da haben Sie recht.“ – darüber wie das Problem gelöst werden soll, gehen die Meinungen sichtlich auseinander. Mosher, der sich bisweilen als „Think Tank mit Ketchup im Blut“ bezeichnet, fordert nämlich ein härteres Vorgehen gegen Ruhestörer: bei Verstoß Geldstrafen, das Ganze flankiert von entsprechender Berichterstattung durch die Medien. Exempel statuieren. „Da muss groß in der Zeitung stehen, dass jemand deshalb 100 Euro gezahlt hat. Dann merken die Leute, dass sie das nicht dürfen“, führt Mosher mit breitem US-Akzent und unter den staunenden Blicken des Bürgermeisters aus. Der muss jetzt doch mal lächelnd unterbrechen. „Kommen wir zurück zum Thema.“ Leise ist sch… nämlich. Damit wolle man ganz bewusst zunächst appellieren und „erst, wenn das nicht fruchtet, werden wir restriktiv vorgehen“. Ohnehin sei der Ordnungsdienst auch nachts im Einsatz. Wann und wo – das wolle er nicht öffentlich sagen, so Weber. „Da bitte ich um ihr Verständnis.“ Gleichzeitig kündigt er aber an, dass die derzeit sieben Mann starke städtische Hilfspolizei weiter ausgebaut werden soll. Doch Mosher lässt sich nicht beirren. Auch die allgemein gültige Sperrzeit um zwei Uhr morgens müsse weg, meint er. Statt Rasenmäherprinzip müsse es einen „Katalog“ geben, der folgende Kriterien umfasst: „Das Lokal muss so groß sein, dass die Leute nicht auf der Straße sind.“ Das Lokal müsse eigenes Sicherheitspersonal haben und dürfe ab 24 Uhr kein Bier mehr ausschenken und – last, but not least – es müssen Videokameras her. Wenn das erfüllt sei, so Mosher, dann müsse die Sperrzeit fallen. Myriaden von Politikern, inklusive Oberbürgermeister Schaidinger, habe er mit diesem Konzept konfrontiert, bekundet Mosher, aber ach: „Es fehlt der politische Wille, vernünftig auf das Problem einzugehen.“ Wieder fährt Weber dazwischen. Das mit der Sperrzeit habe man schon probiert und wieder verworfen. Nicht, dass in Regensburg die sprichwörtlichen Bürgersteige hochgeklappt würden, aber so wie Mosher sich das vorstelle – nein, das gehe nicht. Bei allen Meinungsverschiedenheiten sei es aber schön, sich in dem Bündnis für eine saubere und ruhige Altstadt zu treffen, so Weber. „Das ist eine wunderbare Plattform. Alle bringen hier ihre Meinungen ein.“ Dann lächeln Mosher und Weber sich demonstrativ an. Der Bürgermeister verlässt den Ort des Geschehens und eilt zu einem anderen Termin. Mosher vergräbt derweil etwas verständnislos den Kopf in den Händen. „McDonald’s möchte Teil der Lösung sein“, hat er vorher noch gesagt. Doch sei schönes Konzept ist bei den Regensburger Greenhorns erneut auf taube Ohren gestoßen. Die kostenlosen Lollis wird er aber trotzdem verteilen lassen …
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Kommentare (12)

  • flo

    |

    unfassbar….
    noch mehr videoüberwachung?!

  • Besserwisser

    |

    Kein Bier ab 24 Uhr mehr? Ahahahahahaha

  • Joachim Datko

    |

    Sind Lutscher nicht ungesund? Machen sie Menschen nicht dick und zerstören Zähne?

    Zitat: “Nach Werbespot, Bierdeckeln und Streichholzschachteln sollen nun wohlschmeckende Lutscher … “

  • Ältere Mitbürgerin

    |

    Wenn jetzt die Stadtoberen sich schon mit Herrn Mosher einlassen, dann kann
    man nur sagen: “Sage mir, mit dem Du umgehst und ich sage Dir, wer Du bist”.

  • jimbob

    |

    “Leise ist sch…!”

    wirklich – bei allem guten Willen – ein bescheuerterer Slogan war kaum möglich…

  • Schwarze Pappnase

    |

    @Ältere Mitbürgerin
    Der Umgang des CSU-Oberbürgermeisters mit Wirtschaftsvertretern z. B. vom Schlage eines Herrn Mosher ist korrekt und liegt auf der Parteilinie. CSU ist das Kürzel von Capital-Soziale-Union, deswegen suchen und finden diese beiden Herren den Schulterschluß. Die Kapitalphilie der beiden C-Parteien liegt doch schon seit Jahren offenkundig auf der Hand. Zeitarbeit, 400 EUR-Jobs, Aufweichung des Kündigungsschutzes, Ermöglichung des Mißbrauchs von Praktikanten und Werkstudenten, beliebige Fortsetzung von befristeten Arbeitsverträgen, konsequenter Abbau von sozialpflichtigen Massenarbeitsplätzen und deren Verlagerung in “Hochtechnologie-Länder”(!), in den vor lauter “Hochkultur” und “Technik-Innovation” noch nicht einmal die Schulpflicht durchgesetzt werden kann, das alles und viel mehr hat seit Jahrzehnten auch dort politische Heimstatt. Und, man glaubt es kaum, wurde/wird von der entsprechenden parteitreuen Wählerschaft bislang auch immer honoriert. Vielleicht wachen in den nächsten Jahren diese Wählerschichten auf, wenn die sozialen Leistungen in unserem Land deswegen immer weiter gekürzt werden, und mit den nicht zu letzt von den C-Parteistrategen ins Land geholten hochkültürisierten und Hochtechnik-bringenden dringend benötigten Leistungsträgern geteilt werden müssen. Deswegen brauchen wir Arbeitsplätze wie die, die dieser Herr Mosher anbietet, wofür der selbstredend die Anerkennung der Herren Schaidinger, aber auch Rieger (MdL), erhält.

  • Seppl

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    Jetzt kommen wieder ganz viele superintelligente Kommentare.
    Natürlich ist diese Kampagne nicht unbedingt die Beste, aber wer jetzt hier ablästert sollte doch auch einen vernünftigen und realistischen Vorschlag zur Lösung des Problems machen.

    Berichten Sie doch einmal von dem ganz normalen Wahnsinn in der Altstadt zwischen 01:00 und 5:00 Uhr,
    Herr Aigner oder noch besser: begleiten Sie doch einmal die Polizei, den Ordnungsdienst oder die Sicherheitswacht in der Nacht und berichten Sie darüber. Dass diese Medienkampagne “Leise ist sch…” trotzdem ein wenig Efolg hat sieht man daran, dass sogar Sie darüber berichten. Aber bleiben Sie doch bitte ihrem Motto treu: “Journalism is publishing what someone doesn’t want us to know, the rest is propaganda”.

  • Neuromancerr

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    Also ich möchte, wenn ich fröhlich bin, nach wie vor vor mich hinschmettern dürfen beim nach Hause Weg um 4 Uhr früh.
    Wenn mir schlecht ist will ich vor jede Haustüre oder Bushaltestelle kotzen dürfen.
    Und wenn ich einen Frust habe, weil ich die gewollte Discoschlampe nicht bekommen habe, dann möchte ich ungestraft randalieren dürfen.
    Wenn ich einmal alt bin und in der Altstadt wohne möchte ich da nicht mehr(hoffentlich). Das soll dann bitte in Ende haben.
    Und an so ehrenrührigen Menschen wie Frank M. die sich wirklich von unten nach oben gefressen ahben, denen darf man nur guten Willen unterstellen denn:
    Immerhin engagieren die sich und reden nicht bloß. Frank M. mint es doch nur gut!

  • Jeremias Weinknecht

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    Nicht zu fassen! Realsatiren liegen in Regensburg zuhauf auf der Straße! Buntes Haus, König-Ludwig-Denkmal, Leise ist sch… Brücken-, CSU- und Bürgerfest-Streit, Gloria, Bischof, Papstbruder-Parkplatz, Wolli …
    Literaten, sammelt sie! Wenn es nicht so tragisch wäre, könnte man darüber lachen und so viele McBörgers wie man kotzen will, kann man gar nicht fressen.

  • Mats V.

    |

    mir gefällt frank moshers vorschlag ab mitternacht nur noch harte sachen auszuschenken. macht auch sinn, denn alle minderjährigen müssen da ja schon zu hause sein und …sch.
    herr mosher, sie haben in der vergangenheit mit ihren marketingideen viel erfolg gehabt. bitte gehen sie wieder mit gutem beispiel voran (zb “ab 24 uhr: longdrink statt softdrink zu jedem menue!”)

  • Regensburger

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    Hä? Ich lese zwar nicht die hiesige Tageszeitung, aber warum “Leise ist sch…e?”. Ich finde leise auch mal ganz ok. Muss es immer laut sein? Warum soll das sch…e sein? Videokameras, kein Bier mehr aber dafür grölend durch die Stadt? War es die WM, die Hitze … sind jetzt alle durchgeknallt? Muß sich auch noch die Stadtspitze bei der Jugend anbiedern?

  • Neuromancerr

    |

    @Regensburger

    Bitte folgende Wörter nachschlagen:
    Ironie, Sarkasmus, Zynismus, Idiotie, Parodie. Danke!
    Zudem:
    Mats Vorschlag finde ich recht clever. Immerhin hat er das getan was Du versuchst. Einen Text lesen, darüber nachdenken und die Fehler in den Aussagen finden, ne?

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drin