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Drohende Abschiebung:
Galgenfrist für Khalaaf A.

Der Flüchtling Khalaaf A. bleibt vorerst in Deutschland. Das Bundesamt für Migration hat die Entscheidung über eine Abschiebung des 20jährigen Kurden bis zum 16. März 2009 vertagt. Wie bereits mehrfach von regensburg-digital berichtet, flüchtete Khalaaf A. Anfang 2008 aus dem Nordirak, nachdem unter anderem sein Vater auf offener Straße erschossen worden war (Mehr dazu). A. ist yezidischer Kurde, eine verfolgte Minderheit im Nordirak. Er landete zunächst in Griechenland, wo er drei Monate lang unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert und misshandelt wurde. Nach seiner Entlassung schaffte A. es nach Deutschland und stellte einen Asylantrag. Das Bundesamt für Migration hat daraufhin Griechenland um Übernahme des Asylverfahrens gebeten. Basis für diese Praxis ist das „Dublin II-Abkommen“. Kern des Abkommens: Der EU-Mitgliedsstaat ist für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, über das der Flüchtling eingereist ist. Sollte A. nach Griechenland abgeschoben werden, wird er aller Wahrscheinlichkeit nach von dort wiederum in den Nordirak abgeschoben. Mit Unterstützung des Regensburger Flüchtlingsforums klagte Khalaaf A. vor dem Regensburger Verwaltungsgericht, doch sein Eilantrag wurde als unzulässig abgewiesen. Das Bundesamt für Migration hat nun gegenüber A.s Anwalt erklärt, mit der Entscheidung über eine Abschiebung bis zum 16. März abzuwarten. Das Regensburger Flüchtlingsforum will nun vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Sprecherin Marion Puhle: „Es geht uns dabei auch darum, auf die Situation der Flüchtlinge in Griechenland aufmerksam zu machen“ Erst im August hat die Flüchtlingsorganisation „Pro Asyl“ ein umfassendes Dossier über die griechische Praxis im Umgang mit Flüchtlingen veröffentlicht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) hat in einem bislang beispiellosen Schritt sämtliche EU-Staaten aufgefordert, keine Abschiebungen nach Griechenland durchzuführen (Der gesamte Text). „Automatische Schubhaft, Mangel an Übersetzern, Asyl-Interviews in für den Betroffenen fremden Sprachen, ungenügende Information über den Verfahrensstand, unzureichende Verfahrensqualität, niedrige Anerkennungsraten sowie Mangel an Unterkünften, der den Asylsuchenden das Mitwirken am Asylverfahren oft unmöglich macht“ seien in Griechenland gängige Praxis, so das UNHCR. Ein neuer Bericht von Pro Asyl zeigt: Aussicht auf Besserung gibt es nicht. Im Jahr 2008 wurden demnach 10.165 Asylanträge in Griechenland gestellt. 8.387 Anträge wurden in erster Instanz von den griechischen Behörden behandelt und allesamt abgelehnt. Asylanhörungen finden ohne Dolmetscher statt. „In Griechenland existiert kein Asylverfahren, welches rechtsstaatlichen Normen entspricht“, lautet das Fazit von Pro Asyl nach einer aktuellen Recherche zwischen September und Oktober 2008. Der Großteil der Flüchtlinge, die in Griechenland landen, lebt auf der Straße. Der Menschenhandel blüht. Minderjährige Jungen aus Afghanistan prostituieren sich auf dem Straßenstrich, berichtet Pro Asyl. Die Haftlager für Flüchtlinge an den griechischen Außengrenzen sind völlig überfüllt. Weit über 15.000 Menschen wurden allein von Januar bis September 2008 in den Lagern auf den griechischen Ägäis-Inseln inhaftiert. Mitte Oktober erlitten 600 Flüchtlinge in einem Haftzentrum auf der Insel Lesbos eine Vergiftung, weil das Trinkwasser verschmutzt war. „Mehrmals mussten die medizinischen Teams Patienten durch Gitterstäbe hindurch behandeln, da die Inhaftierten ihre Zellen nicht verlassen durften”, berichtet der Landeskoordinator der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen in einer Presseerklärung. Noch im Juni hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble in einem Schreiben an die Innenminister der Länder erklärt: „Es kann (…) nicht angenommen werden, dass Griechenland keinen Schutz gewährleistet.“ Anfang Februar will sich das Bundesamt für Migration erneut mit dem Regensburger Flüchtlingsforum in Verbindung setzen. Nachsatz: Am 16. Oktober hat die EU den „Europäischen Pakt zu Einwanderung und Asyl“ verabschiedet. Ein Kernpunkt ist im Besonderen eine stärkere Abschottung gegenüber Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen. Dazu soll unter anderem die Grenzschutzagentur FRONTEX (eine Broschüre, die sich kritrisch mit FRONTEX beschäftigt zum Download) mit höheren Mitteln ausgestattet werden. Eine Aufgabe ist die „Abwehr“ von Flüchtlingen bereits auf hoher See. Bereits für 2008 lag der Haushalt von FRONTEX laut Pro Asyl bei 70 Millionen Euro. Demokratisch legitimiert ist diese Organisation nicht. Sie wurde 2004 durch Verordnung des Europarats errichtet. Während die nationalen Sicherheitsbehörden sich unter der Leitung von FRONTEX vernetzen, ist die Agentur selbst der politischen Kontrolle weitgehend entzogen.
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Kommentare (1)

  • caesar

    |

    Kann man den Schaidinger abschieben? Nimmt den einer?

Kommentare sind deaktiviert

drin